29 September 2007

Arme Rauke

Vor einigen Jahren startete die Etepetetekamarilla eine überraschend erfolgreiche Kampagne. Ihre Mitglieder sind bis heute nicht namentlich bekannt, man weiß nur soviel: Diverse bis dahin klaglos funktionierende deutsche Wörter ersetzten diese Leute mit gespreiztem kleinem Finger durch Begriffe aus dem romanischen Sprachraum, die in ihrem Ohren offenbar cooler klangen, obwohl sie das Gleiche bedeuteten.

Dieses pseudoelitäre Getue, wahrscheinlich motiviert durch einen Minderwertigkeitskomplex und geplant als Vergrämung des Plebs, ging allerdings nach hinten los.


Denn plötzlich plapperte das ganze Volk diese überflüssigen Ersatzwörter nach – gerne auch, ohne überhaupt zu wissen, was es da so vor sich hin bramarbasierte. Altbekannte Musterbeispiele für Etepetetesprech sind Modebegriffe wie „Pinot noir“ für Spätburgunder – oder „Rucola“ für die stinknormale Rauke.

Ich weiß, ich weiß: All das habe ich schon mehrfach ordnungsgemäß verhöhnt, doch dank Edeka muss es jetzt schon wieder sein. Denn der ansonsten recht sympathische Laden in der Paul-Roosen-Straße auf St. Pauli schafft es nicht nur, der unschuldigen Rauke das scheinbar nach italienischer Lebensart duftende Rucolaröckchen umzuhängen. Ihm gelingt es dabei auch noch, sein unverschleierbares Fremdeln gegenüber diesem Wort mithilfe mehrerer Rechtschreibfehler peinigend klar herauszuarbeiten.

Denn dort heißt die arme Rauke neuerdings sage und schreibe „Ruccula“ … (das Deppenleerzeichen ignoriere ich mal geflissentlich.) Wenn Ädekka oder so ähnlich beim Unterscheiden von Öko-, Bio- und Pestizidprodukten genauso kompetent vorgeht wie beim verdummenden Beschönigen von Begriffen, dann aber gute Nacht.

Ich jedenfalls traue dank „Ruccula“ jetzt auch den Tomaten dort nicht mehr so richtig.

11 Kommentare:

  1. Naja, immerhin korrekt als Deutsch-Italienisch gekennzeichnet.

    Soll das heissen, irgendwo zwischen Deutschland und Italien angebaut(Österreich??)

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  2. Und wir wollen jetzt nicht über Tirol sprechen...

    Das Thema Rauke ist ja ein besonders schönes Beispiel: War dieses ungenießbare, bittere Kraut ja völlig zu Recht aus unseren Speiseplänen verschwunden, trat es dann aber seinen unaufhaltsamen Siegeszug als Rucola (oder eben Ruccola, Ruh-Cola, Ruckolla oder wie auch immer) an.

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  3. Manchmal nannte man es auch einfach nur Sauerampfer.
    Allerdings gibt es das unter diesem Namen nur bei pený, nicht aber bei Aidêccá oder gar bei Lidêlle.

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  4. Moooment mal: Dieses herrlich aromatische, nussige Kraut gehört zu den Favoriten unserer Küche, Mr. GP.

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  5. Etepetete 1: Wer ins Web schreibt, der muss noch lange nicht linken können.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Rucola

    Und nicht der Kram da oben. Von wegen etepetete und so...

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  6. Etepetete 2: Oder, äh, semantisch (?) korrekt:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Rauken

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  7. Genau, nussig. Das wars. Nussig is the new bitter. Dann bitte aber auch Rucola. Rauke ist bitter. Rucola nussig.

    Bäh.

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  8. Bitter? Nussig? Die in der Kurpfalz frisch geerntete Rauke oder Rucola schmeckt mild und würzig, wie wir eben gerade wieder feststellen konnten. Sie passt sich erntefrischen Salaten und selbst warmen Speisen geschmacklich an, ohne den Gesamteindruck zu dominieren. Und das zu Marktpreisen von einem Euro für 100 Gram vom hiesigen Ökobauern.

    Sollte die Kurpfälzer Raukenexportrate durch diesen Beitrag steigen - sei es auch nur im prozentualen Promillebereich - so hat er seinen Zweck erfüllt.

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  9. "Wir von Edekaaa lieben Lebensmittel. und das schon seit 100 Jahren" Mehr fällt mir dazu nicht ein.

    Viele Grüße aus der Nacht, hier ist dunkel!

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