19 Juli 2007

Das blaue Wunder

Re:Re: Ihre Anfrage vom 16.07.2007: Produktverbesserungsvorschläge

Sehr geehrter Herr Bxxxx, sehr geehrter Herr Pxxxxxxx,

dass ich mich heute erneut bei Ihnen melde, liegt an keinem Geringeren als dem Bundesgerichtshof. Nicht schlecht, was?

Denn unser kleiner Disput über Ihre SMSse, die Sie mir trotz meines ausdrücklichen Widerwillens störrischerweise immer weiter zusenden wollen, fand heute lustigerweise seine Entsprechung in den Hauptnachrichten.

Wie Sie gewiss vernommen haben, billigt der BGH Handynutzern nun das Recht zu, die Versender unverlangter SMS-Nachrichten zu ermitteln. Der jeweilige Netzanbieter muss also den Namen des Spammers rausrücken, damit der gequälte Adressat den Unhold dingfest machen und nach Gutdünken vermöbeln kann (im übertragenen Sinne, haha).

Das ist sehr, sehr gut so, dafür liebe ich den Bundesgerichtshof sogar ein bisschen, denn unverlangte SMS-Nachrichten sind nicht nur die Pest, sondern auch illegal. In unserem Fall ist es sogar noch simpler: Denn Sie, blau.de, mein eigener Telefonanbieter also, sind höchstselbst der Unhold, der mir unverlangte SMSse schickt. Unglaublich, aber wahr!

Auf mein daher doch eigentlich sehr gut nachvollziehbares Begehr, dies sofort zu unterlassen, teilten Sie mir mehrfach bedauernd mit, das Versenden dieser SMS-Spams sei leider nicht zu stoppen, da „systemgeneriert“.

Interessante Begründung, blau.de. Nein: gewagte Begründung. Denn wenn ich Sie richtig verstehe, ist die Sachlage höchst brisant: Sie haben eine Technik erfunden, die systematisch illegale Handlungen Ihrerseits planbar, durchführbar und vor allem unstoppbar macht – und Sie geben das sogar zu. Wow!

Aber mal ehrlich: Nehmen Sie wirklich ernsthaft an, damit über alle Instanzen hinweg siegreich zu bleiben ...?

Tut mir Leid, blau.de: Ich bezweifle das. Daher bin ich ganz gelassen und trotz der Allmacht Ihres „Systems“ sehr optimistisch, wenn ich Sie hiermit ultimativ auffordere: Behelligen Sie mich nie, nie, niemals mehr mit unverlangten SMS-Nachrichten. Verständlich?

Wenn ja, dann können Sie mir das bestimmt auch umgehend bestätigen. Oder wollen wir das doch lieber in andere Hände geben, zum Beispiel in die eines Verbraucherschutzverbandes?

Von mir aus gerne, doch es liegt ganz an Ihnen.

Ich bin gespannt auf Ihre Entscheidung. Nein: sehr gespannt.

Mit freundlichen Grüßen

Matt Wagner

PS: Sie haben sicherlich Verständnis dafür, dass ich diesen Fall wegen seines besonderen öffentlichen Interesses auch in meinem Blog offen zur Diskussion stelle. Ihre Namen werde ich natürlich nicht nennen, das ist Ehrensache.

11 Kommentare:

  1. tachchen!
    man man man kannst du aber gemein sein!;)
    SCHÖN!

    blondyonly

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  2. Sie handeln meines Erachtens völlig richtig. Es kann einfach nicht sein, daß sich ein Netzbetreiber damit herauszureden versucht, daß eine Geschäftsverbindung ja bereits besteht, denn diese Begründung hilft ja eigentlich nur, um festzustellen, ob EINE ERSTE Werbemail gerechtfertigt sein könnte. Wenn Sie aber deutlich gemacht haben, daß Sie an Werbung kein Interesse haben, dann sollte der Fall eindeutig sein.

    Die Begründung ist so schwachsinnig, daß man den Textbausteinverantwortlichen rüttele und schüttele möcht.

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  3. Sollte das nötig werden, lieber Herr GP, werde ich mich vertrauensvoll an Sie wenden. Sie können mir ja schon mal Ihre Rüttel- und Schütteltarife nennen, inklusive Anfahrt und evtl. anfallender Reinigungskosten. Danke!

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  4. Ich liebe solche Briefe, habe selbst einige dieser Art verfasst (Telekom, 1 & 1). Nirgendwo kann man gewaltfrei besser Aggressionen abbauen :-) Dass blau.de aber so nervige SMS schickt, habe ich noch gar nicht mitbekommen. Liegt vielleicht daran, dass ich bei debitel-light (von blau übernommen) bin und wir nur die wichtigen SMS bekommen. Zum Beispiel "Ab jetzt zahlen Sie nur noch 10 ct/SMS und 15 ct/Min" lese ich doch gerne :-)

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  5. Per Mail können sie das meinetwegen auch tun (sofern ich mich damit einverstanden erkläre), aber nicht per SMS. Und auf gar keinen Fall, wenn ich es ihnen untersagt habe.

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  6. Gut gebrüllt, Löwe!
    Cheers aus Wien,
    Jürgen von 'Cheers - auf uns!' | http://cheers.podspot.de

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  7. Hallo,

    sollte mich wundern wenn dieses Schreiben den Hausinternen Beschwerde-SPAM-Filter von blau.de überwindet...

    So was geht den Herren der Geschäftsleitung doch genauso am Ar... vorbei wie eine Erhöhung der Bezüge unterhalb 6 stelliger Beträge ...

    Aber schön ist der Schrieb trotzdem !

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  8. Immerhin haben sie heute versucht, mich anzurufen. Leider war ich gerade in einem sog. Meeting und bat um spätere Kontaktaufnahme – die aber nicht erfolgte.

    Dafür erhielt ich eine unverlangte SMS. Immerhin.

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  9. Moinsen !
    vollig richtig !
    Derselbe*nervnerv* Faktor wie die täglichen Anrufe....*wir haben da ein Angebot für Sie*
    halten Sie uns auf dem laufenden..
    ich bin gespannt....*feix*

    Grüße nach HaHa

    Pitty

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  10. Würde es jemanden traurig stimmen, wenn einmal ein Exempel statuiert würde und eine Unterlassungserklärung auf 10.000.000€ festgesetzt würde? Mich nicht.

    Man sollte einfach regeln, dass sich nach einer Übergangszeit von einem Jahr alle daran zu halten haben. Und plötzlich wird das möglich...

    Ich gehe da garnicht mal von der zivilrechtlichen Seite aus, sondern viel mehr von der strafrechtlichen. Und wir werden sehen, wie all der Mist verschwindet... Dann muss man nur noch Klingeltonwerbung und Cold Calls verbieten, und wir leben in einem Verbraucherwunderland, dass keine unmündigen Kunden mehr kennt, sondern kritische, die selbst auf Unternehmen wegen ihrer guten Angebote zugehen.

    Cold Calls sollten meiner Ansicht nach im wiederholten Fall mit Haftstrafe bis zu 2 Jahren belegt werden. Dann werden es sich die Call-Center zweimal überlegen, wen sie anrufen. In einer komplett überregulierten Republik wäre dies mal einer der wenigen nützlichen Schritte, die Verbrauchermacht zu stärken.

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  11. Cold Calls sind bereits verboten:

    „Wer als Unternehmer einen Verbraucher ohne dessen Einwilligung zu Werbezwecken per Telefon, Fax oder E-Mail (Spam), kontaktiert, handelt unlauter. Nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) stellt eine Werbung mit Telefonanrufen gegenüber Verbrauchern ohne deren Einwilligung eine unzumutbare Belästigung dar, wenn der Telefonanruf eine Wettbewerbshandlung ist, also mit dem Ziel erfolgt, zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens den Absatz oder den Bezug von Waren oder die Erbringung oder den Bezug von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, zu fördern (§ 7 Abs. 1 und 2 Nr. 2, 1. Alt. in Verbindung mit § 3 und § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG).“

    Über das Strafmaß – und das damit verbundene Risiko im Vorfeld – kann man aber gerne mal diskutieren, da haben Sie Recht … ;-)

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