08 Juli 2007

Angriff der Hossa-Hamas

Der Traum ging so: Tagsüber sollte es niagaraartig schütten und die Spaßterroristen des Schlagermove vom Kiez spülen; abends dann würde es plötzlich aufklaren, so dass wir uns unter linden Bedingungen dem größten Konzert aller Zeiten widmen könnten, nämlich „Live Earth“ im Volksparkstadion.

Zunächst lief alles nach Plan. Es goss, als stünde Noah persönlich an den Schleusen. Ms. Columbo und ich frohlockten, während das vom Spielbudenplatz herüberwehende „Griechischer Wein“ übertönt wurde vom infernalischen Pladdern der Sintflut.

Das anschließende Aufklaren verfolgten wir bang, nahmen aber gegen 15:26 Uhr das göttliche Geschenk eines anständigen Gewitters gerne an.

Komischerweise schien den Veranstaltern ein Abbruch des Schlagermoves gleichwohl keine Option. Und dann wurde es um kurz nach 4 auch noch empörend trocken; nur die von Westen heraneilenden Wolkenwände ließen die Hoffnung leben.

Und siehe da: Um 16:55 zog irgendwo dort droben jemand erneut den ganz großen Stöpsel raus. Yippie! 17:35 aber ein ernster Rückschlag. Kurz bevor John Denvers „Country roads“ die Scheiben der Sexshops zum Klirren brachte, kam gar die verdammte Sonne raus.

Andererseits nahte auch unserer „Live Earth“-Besuch, und ein minutengenaues Timing kann man selbst Petrus nicht abverlangen. Wir brachen also auf. Ich schlug vor, über die Reeperbahn zur S-Bahn zu gehen, um einen angeekelten Blick auf die durchgeknallte Hossa-Hamas zu werfen. Doch erwies sich das als die schlechteste Idee, seit ich damals in Belgrad den falschen Zug bestiegen hatte und dies erst acht Stunden später bemerkte: an der Endstation.

Wir hingen nämlich sofort fest zwischen Massen lallender Rosaperückenträger, während auf der Reeperbahn Themenwagen entlangkrochen, die uns mit gefühlten zwanzigtausend Watt „Fremder Mann“ in alle Körperöffnungen pressten.

Endlich bei „Live Earth“. Der zweite Teil des Traum wurde einschränkungslos wahr: Es blieb trocken. Das Stadion aber gähnte vor Leere. In den Umbaupausen lief auf der Leinwand das Schwesterfestival in London, was uns schmerzlich bewusst machte, mit welchem Mittelmaß wir abgespeist wurden.

Hier Revolverheld – dort Duran Duran. Hier Juli – dort Metallica. Hmpf. Immerhin interpretierte Juli-Sängerin Eva Briegel die herbstlichen Temperaturen ganz und gar Gore-gemäß: „Es ist kälter geworden“, freute sie sich über ein wichtiges globales Ziel der Megaveranstaltung, „es wirkt schon!“

Das erklärt übrigens auch meine Aufmachung auf dem Foto.

11 Kommentare:

  1. Gottseidank habe ich mich rechtzeitig abgesetzt.

    Im Allgäu hatten wir heute einen herrlichen sonnigen Tag mit himmlischer Ruhe.

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  2. Die TV-Aufnahmen vom Konzert aus Hamburg machten den Eindruck, als sei das Stadion ganz gut gefüllt. Wir hörten im Radio, dass 28.000 Besucher dort gewesen sein sollen. Gut, damit ist das Stadion zwar nicht voll. Aber gähnend leer ist es damit auch nicht.

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  3. Wenn wir hier jetzt alles auf die Goldwaage legen wollen, Herr queergedacht, dann mach ich den Laden dicht … ;-)

    Von den Menschen, die uns auf der Reeperbahn einquetschten, trugen auch nicht ALLE rosa Perücken. Aber fast alle haben gelallt!

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  4. Also ich finde ja, daß dieses Konzert wunderbar die Doppelmoral der Bonoisten aufzeigt: Zigtausend Maßeinheiten (ganz schlimm!) CO2-Ausstoß für ein bißchen auf der Klampfe fiedeln.

    Wenn es denn darum ginge, die Welt - und vor allem die Umwelt - zu verbessern, dann müßte man das Konzert konsequenterweise ausfallen lassen.

    Oder aber - und das wäre das, was ich favorisiere - das ganze Ding beim Namen nennen: Es ist eben Unterhaltung. Mehr nicht. Es verbessert die Welt nicht, es hält den Klimawandel nicht auf, und das Sterben tausender Kinder in Afrika wird dadurch auch nicht aufhören.

    Die Radikalislamisten in Afghanistan haben es ja konsequent vorgemacht: Einfach jegliche Art von Musik verbieten. Vielleicht wäre das ja eine Option. Dann gäbe es auch keinen Schlagermove mehr.

    Auf dem ich vor einigen Jahren mal war. Lustig. Ich landete mit einer zehn Jahre älteren Bankangestellten im Bett, aber das ist eine andere Geschichte.

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  5. Man könnte Schäuble bitten, die Talibanstrategie hinsichtlich einer deutschen Adaption zu prüfen. Vielleicht kann er sich drum kümmern, sobald er die genauen Modalitäen des Erschießens von Verdächtigen ausgearbeitet hat.

    Die andere Geschichte, Herr GP: Haben wir die schon lesen dürfen? Wenn ja, bitte ich um einen Link. Andernfalls nachholen, ja?

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  6. An Radikalislamisten habe ich übrigens auch denken müssen, als ich obiges Foto sah ...

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  7. Ich möchte mich gerne dem deutschen Psychopathen anschliessen:
    Der Sinn einer Veranstaltung zu der sich die gesammelte Riege der "Superstars" (möglichst per Privatjet) einfindet, um ihren Namen im Zusammenhang mit der Klimaerwärmung in die Medien zu bringen, erschliesst sich mir nicht.
    Jeder, der in den letzten 3 Wochen auch nur einmal die Tagesschau gesehen hat, weiss über die Bedeutung des Themas und braucht keine mehr oder weniger musikalischen Millionäre die ihm diese Bedeutung näher bringen.

    Durch diese Veranstaltung soweit genervt, dass ich mich erstmalig zu einem Kommentar hinreissen liess möchte ich Herrn Matt meiner wohlwollenden Leserschaft versichern und ihn auffordern: Weiter, immer weiter...

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  8. Das fordert mich zu künftigen Themen heraus, die weitere Kommentare nach sich ziehen, denn einmal ist keinmal. Mal schauen, was ich tun kann.

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  9. Ich ging vor der genauen Betrachtung des Bildes davon aus, dass Ihnen Schäuble ein sofortiges Handy- und Internetverbot erteilen wird.

    Nach der genaueren Betrachtung werde ich wohl zum Klosterschüler von Don Alphonso mutieren müssen. Ich hoffe, Sie können jetzt mehrere Monate kostenlos trainieren.

    *feix*

    btw: Ich fand Crowded House nach mehrjähriger Abstinenz in Downunder bemerkenswert.

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  10. Daß Herr Schäuble noch weit schärfere Eingriffe in die
    persönliche Freiheit von erkannten oder vermuteten
    Terroristen plant, Herr Matt, lassen sie unter den Tisch
    fallen.
    Claudia Roth und Chris' Ströbele sind vorgesehen um
    mit den Selbstmordattentätern deren Vorhaben
    auszudiskutieren.

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  11. Ich möchte noch etwas zum Schlagergedöns hinzufügen. Sie sprechen (bzw. schreiben) mir da so aus dem Herzen.

    Trotz des Regens ging in meinem Herzen die Sonne auf, als ich die ganzen "lustigen", mit Perücken verschandelten Jünger mit hängenden Gesichtern in der U-Bahn sitzen sah. Irgendwie kann ich mit Veranstaltungen, bei denen man auf Knopfdruck lustig wird und Musik hört, für die man früher seine Eltern ausgelacht hat, nichts anfangen. Das gilt übrigens auch für Karneval.

    Zum Konzert: Mal davon abgesehen, dass die ganze Veranstaltung ziemlich langweilig im TV rüberkam (bis auf den Auftritt von Madonna), glaube ich auch, dass das Ganze nicht wirklich was bringt. Zwar wurden die Plakate auf Umweltpapier gedruckt und später Taschen raus geklöppelt, aber beim nächsten Konzert ist wieder alles wie vorher.

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