21 Januar 2006

Der Tag der Pannen

Zu meinem großen Bedauern scheiterte das für heute Nachmittag geplante Kaffeekränzchen mit Lyssa in letzter Minute – und zwar an einem Jack-Russell-Terrier. Die blutigen Details gibt es möglicherweise bald in ihrem Blog. Behaltet ihn im Auge. Nicht nur deswegen.

Heute war eh ein Tag der Pannen. Auf dem Weg zu Edeka muss ich geschlafwandelt haben, denn ich fand mich plötzlich in unserer Stammbäckerei wieder, wo man überrascht auf meinen Besuch reagierte. Normalerweise tauche ich dort nämlich erst sonntags auf. Auch ich war verdattert, überspielte die Situation aber, wie ich finde, probat: mit dem Kauf von vier Brötchen. Das waren zwar zu viele, denn von gestern war noch eins übrig. Aber manche Notlagen lassen sich eben nicht bis ins letzte Detail meistern. Ich fand mich im Rückblick zufriedenstellend.

Auch im Käseladen geschah Ungewöhnliches. Ich sah mich nämlich gezwungen, Renate ein unbefristetes Hartkäsemoratorium anzukündigen, weil die aus Little Italy (vulgo Wolfsburg)
eingetroffenen Vorräte mindestens bis Ostern 2007 reichen werden.

Wenige Meter weiter beim Gemüse- und Obsthändler Thorsten gab es zum wiederholten Male keine Kräutersaitlinge, eine Pilzart, die wir sehr schätzen gelernt haben. Thorsten versicherte glaubhaft, auf dem Großmarkt durchaus meiner Vorlieben gedacht, indes keine adäquaten Saitlinge gesichtet zu haben, sondern nur unansehnliche. Und wenn er das schon fände, dann ja wohl auch ich, als Kunde.

Bei Thorsten nämlich bin ich, der Kunde, wirklich König, selbst wenn meine Residenz manchmal was von einem Luftschloss hat. Thorsten ist ein hinterm Tresen ergrauter, irgendwie öko wirkender Höflichkeitsfetischist alter Schule. Sein stets während der Wechselgeldübergabe
mit einer kleinen Verbeugung vorgebrachtes „Freut mich, dass Sie da waren“ und „Beehren Sie mich wieder“ verliert mit der Zeit allerdings ein wenig an Charme.

Dennoch spielen seine geduldig schlangestehenden Kunden das Spielchen amüsiert mit; immerhin ist seine Ware spitze. Und innerlich schmunzelnd genießen wir Thorstens kleine Inszenierungen. So holt er nicht etwa einfach die zwei gewünschten Raukebündel aus der Kiste, sondern dreht jedes dreimal kritisch um, beäugt es stirnrunzelnd von Nord bis Süd und legt es dann mit sanfter Missbilligung beiseite, um sich für ein anderes, vermeintlich besseres zu entscheiden.

Der überübernächste Kunde bekommt dann natürlich doch das beiseite gelegte, klar. Aber Thorstens kleine Königsrunde fühlt sich umhegt und umsorgt. Das alles führt dazu, dass die Schlange sich im Tempo eines Alpengletschers vorwärts bewegt. Doch Thorsten ist das egal. Er hat nur Augen und Ohren für den Kunden, der gerade dran ist; den hofiert er, als gäbe es kein Morgen und vor allem kein Ladenschlussgesetz.

Abends Geburtstagsparty in Ottensen, wo uns die abgebildete katholische Schule scheu ihr anmutiges Antlitz entgegenwandte. Auch hier Pannen: Von drei Fotos gelang nur eins. Wenigstens.


Ex cathedra: Die Top 3 der größten Gitarrenhymnen aller Zeiten
1. „Like a hurricane“ von Neil Young
2. „Broken chairs“ von Built To Spill
3. „The errors of my ways“ von Wishbone Ash


5 Kommentare:

  1. Ich sehe Dich schon auf dem samstäglichen Wochenmarkt mit sardischen Spezialitäten sehen. Inkl. dem speziellen Wein, den Du wohl unter der Ladentheke nur für wissende Besucher bereit hältst (bereit halten darfst). Deine "familia" würde Dich dafür sicher mit vielen Küssen und viel Ehre belohnen. Wo findet man das in diesen Tagen schon? Think about ;-).

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  2. Niemals! Diese Köstlichkeiten werden eingelagert bzw. tiefgefroren und im Lauf des Jahres peu à peu hervorgeholt und mit größten Vergnügen selbst verzehrt. Sie werden nur mit Ms. Columbo geteilt, der ich ja überhaupt den Zugang zu diesem kulinarischen Reich zu verdanken habe.

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  3. Es ging ja nicht nur um den sinnvoll-notwendigen Eigenbedarf, wirtschaftlich gesehen ist der Verkauf von Überschüssen eine durchaus gern gesehene und gesellschaftlich akzeptierte Leistung. Da ich davon ausgehe, daß die genannten kulinarischen Güter keinen Lieferengpaß kennen, konnte ich nur im merkantilen Sinne kommentieren.

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  4. Man darf aber auch die menschliche Seite nicht außer Acht lassen. Für das gebrochene Herz meines sardischen Schwiegervaters möchte ich keinesfalls Ursache sein …

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  5. Oh - jetzt verstehe ich. Er erwirtschaftet den Eigenbedarf schlichtweg zur Versorgung der familia. Nein, Merkantilität hat gegenüber gebrochenen Herzen dann keine Bedeutung mehr.

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