Unglaublich: Der WM-Pokal ist in der Stadt! Genauer gesagt: in einem großen schwarzen Zelt auf dem Rathausmarkt, und als ich das erfuhr, schwang ich mich sofort aufs Rad, um mich mit dieser bedeutendsten aller Trophäen, die zuletzt Ronaldo triumphierend stemmen durfte, fotografieren zu lassen.
Ich weiß: Es gibt plausiblere Bedürfnisse. Aber auch profanere. Als ich ankam, sah ich mich allerdings einer rund 50 Meter langen Menschenschlange gegenüber, die alles mögliche ausstrahlte (z. B. grimmige Entschlossenheit), doch keinerlei Bereitschaft, Quereinsteigern wie mir mit Höflichkeit („Kommen Sie, ich lasse sie vor!“) oder Sanftmut zu begegnen.
Ich orientierte mich einsichtig ein paar Meter weiter, wo die Postbank eine Torwand aufgestellt hatte. Wer oben und unten je drei Bälle versenke, so das elektrisierende Versprechen, gewänne zwei WM-Tickets. An dieser Stelle darf ich mein Expertentum in dieser Disziplin nicht länger verschweigen. Bereits mehrfach ging ich nämlich aus solchen Wettbewerben siegreich hervor.
Vor einigen Jahren etwa gewann ich dank vierer Treffer beim Schauspielhaussommerfest ein Saisonabonnement, tauschte es aber wegen meiner mangelnden Theateraffinität ein gegen zwei schreiendgelbe Struwwelpeter-T-Shirts, die ich seither nie mehr getragen habe. Und bei einem Torwandschießen in meinem Heimatdorf, bei dem ich die Konkurrenz im Stechen niedergerungen hatte, überreichte man mir einst einen Pokal, auf den der Graveur – offenbar dank eines telefonischen Übermittlungsfehlers – die Inschrift „Sieger im Torwartschießen“ eingestanzt hatte. Diese Trophäe wuchs mir daher nie richtig ans Herz.
Wie auch immer: Für die Chance auf zwei WM-Tickets würde ich natürlich jederzeit versuchen, die alte Schusstechnik wieder aus der Versenkung der vegetativen Erinnerung hervorzuholen. Doch auch hier: eine verflixte Menschenschlange, deren fernes Ende sich irgendwo im Rathausmarkttrubel verlor. Die Aussicht auf stundenlanges Warten hatte auf meinen Eifer sofort einen lähmenden Einfluss, und ich trollte mich. Auf der Heimfahrt sonnte ich mich – think positive, verdammt noch mal! – ersatzweise im Bewusstsein, mich nur gefühlte fünf Meter entfernt vom WM-Pokal aufgehalten zu haben.
Neulich entdeckte ich übrigens beim geschätzten Bloggerkollegen ramses101 die oben abgebildete Veräppelung des WM-Emblems, und rückblickend scheint mir das nun doch besser zu diesem Tag zu passen als die Imagination einer gefühlten Nähe.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs über Frust
1. „Creep“ von Radiohead
2. „Summertime blues“ von Eddie Cochran
3. „Loser“ von Beck
„3000 Plattenkritiken“ | „Die Frankensaga – Vollfettstufe“ | RSS-Feed | In memoriam | mattwagner {at} web.de |
26 Mai 2006
Damen drücken
Ich nehme ja halb unbewusst an, schlechtes Deutsch sei immer auch ein Indiz für die überschaubare Qualität einer offerierten Dienstleistung. Nehmen wir „Rosi's Grillimbi's“: Rosi mischt doch mit Sicherheit Sägemehl unter die Pferdewurst. Auch das Angebot dieses Berliners, der zurzeit etwas im Gerede ist, kommt mir nur deshalb gleich weniger vielversprechend vor, weil er über sich selber schreibt: „Arbeitsmäßig bin ich Callboy und in der Wehrbebrange tätig.“
Ehrlich gesagt würde ich allein dank dieses Satzes all seinen Dienstleistungsarten mit Skepsis entgegenblicken. Vielleicht tue ich ihm auch unrecht, vielleicht war er es ja, der den Slogan „Das König der Biere“ erfunden hat. Das wäre dann ein gutes Beispiel dafür, wie sich aus Legasthenie Kapital schlagen lässt.
Wo wir gerade bei Fehlleistungen sind: Neulich erhielt ich eine Mail mit einem hübschen Tippfehler, versteckt in dem Satz „Jetzt heißt es Damen drücken!“ Oftmals im Leben möchte man dem allzu gerne Folge leisten, seufzte ich als Hetero, und ich denke, auch die lesbischen Damen rundherum unterschrieben dies sehr gerne, so man sie nur dazu aufforderte.
Die Fülle der Fehler indes, die der Film „Der DaVinci Code – Sakrileg“ sich leistet, würde ein eigenes Blog erfordern. Ms. Columbo hatte es heute geschafft, meine Abwehrmauer aus Muffeligkeit und zitierbaren Verrissen zu durchbrechen und mich ins Cinemaxx am Dammtor zu entführen. Der Film ist unfassbar schlecht. Wer sich vom Versprechen, einen Thriller vorgesetzt zu bekommen, ins Kino locken lassen will, dem rufe ich hiermit zu: Tu's nicht, das ist gar kein Thriller! Es sei denn, Langeweile, Geschwätzigkeit, die Spritzigkeit einer bulgarischen Landschildkröte auf Arktisurlaub und Drehbuchlöcher von der Tiefe des Grand Canyons sind neuerdings Thrillerkriterien. Und Tom Hanks hat übrigens die Ausdruckskraft einer Wachsleiche.
All das jedoch will ich eigentlich gar nicht bemäkeln, sondern einen positiven Aspekt des Filmes hervorheben, obwohl dieser nur der Synchronisation anzurechnen ist. An einer Stelle nämlich vermeidet sie sorgsam einen grassierenden Deppenanglizismus: Es ist völlig korrekt die Rede von „DNS“ (Desoxyribonukleinsäure), während immer mehr Leute mit „DNA“ glauben glänzen zu müssen.
Dabei wüsste von diesen anglophilen Möchtegernschlaumeiern wahrscheinlich so gut wie keiner, was das ausgeschrieben überhaupt heißt, nämlich desoxyribonucleic acid. Gut, bei DNS habe ich zur Sicherheit auch bei Wikipedia nachschlagen müssen. Doch nähme man mir auch dieses Argument noch, was bliebe dann von „Der DaVinci Code – Sakrileg“ überhaupt übrig an abspeicherwürdigen Erinnerungen? Also.
Das beste an diesem Nachmittag war übrigens – neben der Gesellschaft von Ms. Columbo – der Anblick der Cinemaxx-Wandlampen.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs übers Malen
1. „Vincent“ von Don McLean
2. „When I paint my masterpiece“ von Bob Dylan
3. „30 coins of gold“ von David Olney
Ehrlich gesagt würde ich allein dank dieses Satzes all seinen Dienstleistungsarten mit Skepsis entgegenblicken. Vielleicht tue ich ihm auch unrecht, vielleicht war er es ja, der den Slogan „Das König der Biere“ erfunden hat. Das wäre dann ein gutes Beispiel dafür, wie sich aus Legasthenie Kapital schlagen lässt.
Wo wir gerade bei Fehlleistungen sind: Neulich erhielt ich eine Mail mit einem hübschen Tippfehler, versteckt in dem Satz „Jetzt heißt es Damen drücken!“ Oftmals im Leben möchte man dem allzu gerne Folge leisten, seufzte ich als Hetero, und ich denke, auch die lesbischen Damen rundherum unterschrieben dies sehr gerne, so man sie nur dazu aufforderte.
Die Fülle der Fehler indes, die der Film „Der DaVinci Code – Sakrileg“ sich leistet, würde ein eigenes Blog erfordern. Ms. Columbo hatte es heute geschafft, meine Abwehrmauer aus Muffeligkeit und zitierbaren Verrissen zu durchbrechen und mich ins Cinemaxx am Dammtor zu entführen. Der Film ist unfassbar schlecht. Wer sich vom Versprechen, einen Thriller vorgesetzt zu bekommen, ins Kino locken lassen will, dem rufe ich hiermit zu: Tu's nicht, das ist gar kein Thriller! Es sei denn, Langeweile, Geschwätzigkeit, die Spritzigkeit einer bulgarischen Landschildkröte auf Arktisurlaub und Drehbuchlöcher von der Tiefe des Grand Canyons sind neuerdings Thrillerkriterien. Und Tom Hanks hat übrigens die Ausdruckskraft einer Wachsleiche.
All das jedoch will ich eigentlich gar nicht bemäkeln, sondern einen positiven Aspekt des Filmes hervorheben, obwohl dieser nur der Synchronisation anzurechnen ist. An einer Stelle nämlich vermeidet sie sorgsam einen grassierenden Deppenanglizismus: Es ist völlig korrekt die Rede von „DNS“ (Desoxyribonukleinsäure), während immer mehr Leute mit „DNA“ glauben glänzen zu müssen.
Dabei wüsste von diesen anglophilen Möchtegernschlaumeiern wahrscheinlich so gut wie keiner, was das ausgeschrieben überhaupt heißt, nämlich desoxyribonucleic acid. Gut, bei DNS habe ich zur Sicherheit auch bei Wikipedia nachschlagen müssen. Doch nähme man mir auch dieses Argument noch, was bliebe dann von „Der DaVinci Code – Sakrileg“ überhaupt übrig an abspeicherwürdigen Erinnerungen? Also.
Das beste an diesem Nachmittag war übrigens – neben der Gesellschaft von Ms. Columbo – der Anblick der Cinemaxx-Wandlampen.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs übers Malen
1. „Vincent“ von Don McLean
2. „When I paint my masterpiece“ von Bob Dylan
3. „30 coins of gold“ von David Olney
24 Mai 2006
Poodle-Bob
Heute Abend in der Tanzhalle spielte der kanadische Songwriter Jason Collett mit seiner Band auf, doch die Idee, Bob Dylan ein Ständchen zum 65. zu singen, kam dem guten Mann nicht. Ich zählte auf die Zugaben, doch Collett spielte störrisch Selbstkomponiertes.
Das war toll, keine Frage, aber ein kleines „Forever young“ oder so hätte mein Herz genauso erfreut wie sein zwischendurch erzählter Jugendschwank von einem Tanzabend, der an einem Joint scheiterte.
Dessen noch nicht ganz verglommener Stummel nämlich war Collett irgendwie in den Kragen seines Polyesterpullovers geraten, was ihn zunächst weder bekümmerte noch davon abhielt, mit einer gewissen Crystal Vanderbilt ins Highschoolfoyer zu marschieren. Darauf aber hatte der perfide Jointstummel nur gewartet – und setzte Colletts Pullover in Flammen. Polyester, das weiß er seither, brennt verdammt gut. „Crystal was screaming and laughing“, schilderte Collett den recht holprigen Verlauf der Rettungsaktion, aber ein Dylanstück spielte er nicht mehr heute Abend.
Dafür liefert der hochgeschätzte Herr Poodle ein ebensolches, was mir die beabsichtigte Eloge vollkommen erspart, die mir eh wieder viel zu lang geraten wäre und einen Teil der Leserschaft zum Augenrollen gezwungen hätte. Bis auf Herrn Boogie natürlich, der mich gar zu einer dylanologischen Abhandlung animieren wollte.
Nicht nur ihn hoffe ich daher mit dem dritten Teil von Dylans Radioshow zu besänftigen, diesmal zum Thema Trinken. Apropos Nahrungsaufnahme: In seiner Autobiografie schildert der Musikmanager Walter Yetnikoff, wie er 1986 mal zum Lunch mit Bob Dylan verabredet war und dieser nicht alleine, sondern mit seiner Mutter, mehreren Onkeln und Kusinen anrauschte.
Während des Mahls musste Yetnikoff dann mit großem Befremden erleben, wie sich der mysteriöse Dichter in Klein-Bobby Zimmerman verwandelte. Dylans Mutter nämlich schnitt Sohnemann das Essen klein, fand ihn zu dünn, drängte darauf, er möge tüchtiger zulangen und sich vor allem klarer artikulieren.
„Bobby", mahnte sie streng das Sprachrohr seiner Generation, „be nice!“
Ergo: Happy birthday, Bob!
*** Exklusiver Bonustrack: „Big River“, ein offiziell unveröffentlichtes Duett von Johnny Cash und Bob Dylan, aufgenommen im Februar 1969 in Nashville, Tennessee.
Das war toll, keine Frage, aber ein kleines „Forever young“ oder so hätte mein Herz genauso erfreut wie sein zwischendurch erzählter Jugendschwank von einem Tanzabend, der an einem Joint scheiterte.
Dessen noch nicht ganz verglommener Stummel nämlich war Collett irgendwie in den Kragen seines Polyesterpullovers geraten, was ihn zunächst weder bekümmerte noch davon abhielt, mit einer gewissen Crystal Vanderbilt ins Highschoolfoyer zu marschieren. Darauf aber hatte der perfide Jointstummel nur gewartet – und setzte Colletts Pullover in Flammen. Polyester, das weiß er seither, brennt verdammt gut. „Crystal was screaming and laughing“, schilderte Collett den recht holprigen Verlauf der Rettungsaktion, aber ein Dylanstück spielte er nicht mehr heute Abend.
Dafür liefert der hochgeschätzte Herr Poodle ein ebensolches, was mir die beabsichtigte Eloge vollkommen erspart, die mir eh wieder viel zu lang geraten wäre und einen Teil der Leserschaft zum Augenrollen gezwungen hätte. Bis auf Herrn Boogie natürlich, der mich gar zu einer dylanologischen Abhandlung animieren wollte.
Nicht nur ihn hoffe ich daher mit dem dritten Teil von Dylans Radioshow zu besänftigen, diesmal zum Thema Trinken. Apropos Nahrungsaufnahme: In seiner Autobiografie schildert der Musikmanager Walter Yetnikoff, wie er 1986 mal zum Lunch mit Bob Dylan verabredet war und dieser nicht alleine, sondern mit seiner Mutter, mehreren Onkeln und Kusinen anrauschte.
Während des Mahls musste Yetnikoff dann mit großem Befremden erleben, wie sich der mysteriöse Dichter in Klein-Bobby Zimmerman verwandelte. Dylans Mutter nämlich schnitt Sohnemann das Essen klein, fand ihn zu dünn, drängte darauf, er möge tüchtiger zulangen und sich vor allem klarer artikulieren.
„Bobby", mahnte sie streng das Sprachrohr seiner Generation, „be nice!“
Ergo: Happy birthday, Bob!
*** Exklusiver Bonustrack: „Big River“, ein offiziell unveröffentlichtes Duett von Johnny Cash und Bob Dylan, aufgenommen im Februar 1969 in Nashville, Tennessee.
Auf heißen Sohlen
Heute gibt es auf Spiegel Online einen Rückblick auf die Geschichte jener Fußballschuhe, die bei Weltmeisterschaften getragen wurden – und ich verweise deswegen darauf, weil ich darin verwickelt bin.
Für meine Zeitschrift u_mag habe ich die Buffergalerie nämlich zusammengestellt. Titel: „Shoeting Stars“ …
Im Druck sehen die Schuhe einfach großartig aus, vor allem Helmut Rahns vergoldeter Linker von 1954. Dieser Treter, mit dem er den Ungarn das unschätzbare 3:2 reinnagelte, prangt majestätisch auf einer Doppelseite – beim heiligen Pelé, das ist wie eine Auravolldusche!
Der Werbeblock ist hier noch nicht zu Ende, denn im Spiegel-Online-Text ist auch die komplette Galerie als Bilderstrecke integriert, versehen mit meinen Kurzkommentaren.
Ach ja, der Tippfehler im Rahn-Text („würde“ statt wurde): Ich war das nicht, das war SpOn! ;-)
Für meine Zeitschrift u_mag habe ich die Buffergalerie nämlich zusammengestellt. Titel: „Shoeting Stars“ …
Im Druck sehen die Schuhe einfach großartig aus, vor allem Helmut Rahns vergoldeter Linker von 1954. Dieser Treter, mit dem er den Ungarn das unschätzbare 3:2 reinnagelte, prangt majestätisch auf einer Doppelseite – beim heiligen Pelé, das ist wie eine Auravolldusche!
Der Werbeblock ist hier noch nicht zu Ende, denn im Spiegel-Online-Text ist auch die komplette Galerie als Bilderstrecke integriert, versehen mit meinen Kurzkommentaren.
Ach ja, der Tippfehler im Rahn-Text („würde“ statt wurde): Ich war das nicht, das war SpOn! ;-)
10 Wörter, die ich schon immer mal lesen wollte (2)
Kraftgriffschraubendreher
Fesselriemchensandalen
Handtuftlangflorteppich
Flockenquetsche
Fremdkörperfalle
Dauerfusselroller
Pomponwuschel
Graupelschauer
Wuschellampe
Zuglufttiere
Teil 1
Fesselriemchensandalen
Handtuftlangflorteppich
Flockenquetsche
Fremdkörperfalle
Dauerfusselroller
Pomponwuschel
Graupelschauer
Wuschellampe
Zuglufttiere
Teil 1
23 Mai 2006
Letzte Geheimnisse: Das Herrenklo (1)
Zeit für eine neue Serie in diesem Blog. Sie soll sich – vor allem visuell – mit dem beschäftigen, was der weiblichen Hälfte der Menschheit gemeinhin verborgen bleibt, sofern sie nicht mit der professionellen Reinigung desselben ihr allzu karges Brot verdienen muss: Herrentoiletten. Genauer gesagt: dem Innern der Kabinen.
Denn dort, wo der Mann noch Mann sein darf und muss, sieht es bisweilen heimelig aus und oft klinisch; und immer, wenn es wenigstens ein bisschen ästhetisch dort zugeht, zücke ich gewöhnlich meine selbst an diesem merkwürdigen Örtchen klaglos treue Digicam. Doch keine Angst: Blicke in die Abgründe des männlichen Seins werde ich mir und uns ersparen.
Heute erregte der Sanitärbereich der Bar Hamburg in der Nähe des Hauptbahnhofs meine Aufmerksamkeit. Die stoffbespannte, an eine Nachttischlampe erinnernde Wandleuchte, die hier warmherzig Spülkasten und Keramik anlächelt, überrascht doch an einem Ort, wo gemeinhin eher Abwaschbarkeit gefragt ist.
Dorthin verschlagen hatte es uns wegen eines Showcase' des schwedischen Künstlers Daniel Cirera, der daherkommt wie ein Folkie, aber ein Vokabular drauf hat wie ein Straßenköter aus Compton. Später, im Smalltalk, stellte sich heraus: Cirera hatte Deutsch in der Schule. Und er kann auch noch einen Satz aufsagen: „Ick bin ajne ajngebildede Ssiege“.
Guter Mann.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs ab 18 (Reihenfolge willkürlich)
1. „Sexy MF“ von Prince
2. „Motherfucker“ von Daniel Cirera
3. „Motherfuckin asshole“ von Martha Wainwright
Denn dort, wo der Mann noch Mann sein darf und muss, sieht es bisweilen heimelig aus und oft klinisch; und immer, wenn es wenigstens ein bisschen ästhetisch dort zugeht, zücke ich gewöhnlich meine selbst an diesem merkwürdigen Örtchen klaglos treue Digicam. Doch keine Angst: Blicke in die Abgründe des männlichen Seins werde ich mir und uns ersparen.
Heute erregte der Sanitärbereich der Bar Hamburg in der Nähe des Hauptbahnhofs meine Aufmerksamkeit. Die stoffbespannte, an eine Nachttischlampe erinnernde Wandleuchte, die hier warmherzig Spülkasten und Keramik anlächelt, überrascht doch an einem Ort, wo gemeinhin eher Abwaschbarkeit gefragt ist.
Dorthin verschlagen hatte es uns wegen eines Showcase' des schwedischen Künstlers Daniel Cirera, der daherkommt wie ein Folkie, aber ein Vokabular drauf hat wie ein Straßenköter aus Compton. Später, im Smalltalk, stellte sich heraus: Cirera hatte Deutsch in der Schule. Und er kann auch noch einen Satz aufsagen: „Ick bin ajne ajngebildede Ssiege“.
Guter Mann.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs ab 18 (Reihenfolge willkürlich)
1. „Sexy MF“ von Prince
2. „Motherfucker“ von Daniel Cirera
3. „Motherfuckin asshole“ von Martha Wainwright
22 Mai 2006
Alarm in Entenhausen
Die Entenmutter mit ihren zehn Küken gehört eindeutig nicht mitten auf die Clemens-Schultz-Straße. Das wird mir sogleich klar, als ich die Bäckerei mit den Sonntagsbrötchen verlasse und die Bescherung sehe. Wo kommen die überhaupt her? Weit und breit kein Teich noch Tümpel.
Ein Passantin mit zum Glück parierendem Hund schirmt die fehlgeleiteten Vögel nach hinten ab, wo bereits eine Kolonne Sonntagsfahrer Ungeduld ausdünstet, angeführt und in Schach gehalten indes von einer sichtbar gerührten Mittelklassewagenlenkerin. Die Enten müssen in den Park, nach Planten un Blomen, so viel ist klar. Das wird tüftelig, denn zwei selbst sonntags stark frequentierte vierspurige Straßen gilt es zu überwinden.
Angesichts dieser nur im Team zu bewältigenden Aufgabe findet sich spontan eine Schicksalsgemeinschaft, der auch ich anzugehören die Ehre habe. Sie besteht aus der Dame mit Hund, einem gemütlichen Schnauzbartträger mit Balkanakzent, der weiterhin hochentzückten Mittelklassewagenlenkerin, die inzwischen geparkt hat und mitsamt ihrer Freundin – Conny, zufällig aus Frankfurt zu Gast – der Entenrettung höchste Priorität einräumt. Eigentlich waren die beiden ja auf dem Weg in die Kunsthalle, wo es ein gutes Frühstück geben soll, doch wat mutt, dat mutt.
Es ist übrigens interessant, wie man als Hüter einer Entenfamilie plötzlich mit den Augen der Schutzbefohlenen in die Welt schaut. Plötzlich scheint aus jeder zweiten Passage ein yetigroßer Hund hervorzustürmen (was ist eigentlich aus dem Leinenzwang geworden, Herr Innensenator?!), und diese lautlos uns entgegenrollenden, ultraschmalen, aber immens hohen Dinger mit nichtsahnenden Menschen obendrauf (sog. „Fahrräder”) nerven ungemein.
Uns gelingt es dennoch irgendwie, die Enten auf den Bürgersteig zu drängen, was immerhin den Verkehrsfluss im Viertel wieder begünstigt. Doch der Gehweg ist eng, die Entenmutter, um die sich die Küken halbkreisförmig scharen, zeigt deutliche Anzeichen aufkeimender Panik. Manchmal versucht sie zur Seite auszubrechen, doch mal der Schnauzbart, mal ich, mal eine der Frauen wissen das jeweils sanft, doch bestimmt zu unterbinden.
Inzwischen haben sich uns auch ein ungefähr 12-jähriges Mädchen namens Lotte (Foto), eine etwa 40-jährige Radlerin und ein so weißhaariger wie solariumsgebräunter Ruheständler angeschlossen. Die illustre, die Gesamtbevölkerung in ihrer Alters- und Milieustruktur verblüffend genau abbildende Rettungstruppe nähert sich mitsamt ihren Schützlingen jetzt der ersten großen Hürde. Sie heißt Budapester Straße und brüllt vor Verkehr.
Der wird kurzerhand gestoppt. Rauf auf die Straße, Blickkontakt zu den Automobilisten und mit breiten Armen entschuldigende Stoppgesten wedeln – die Verblüffung der auf freie Fahrt eingestellten freien Bürger weicht nur in der ersten Reihe dem offenbar genetisch bedingten Entzücken beim Anblick der Vogelfamilie. Dahinter aber geht das Gehupe los. Wir ertragen es mit gandhiesker Gleichmut. Geschafft.
Übers Heiligengeistfeld geht es gut voran. Eins der Küken verschwindet zwar fast zwischen den obszön weit auseinanderliegenden Streben eines Gullydeckels, doch es rettet sich in letzter Sekunde. Puh. Jetzt aber die Glacischaussee; das nächste Problem mit vier Spuren. Wir bringen erneut den Verkehr mit den inzwischen bewährten Mitteln minutenlang zum völligen Erliegen, und die Entenarmada watschelt nervös durchs Spalier.
Nur noch wenige zehn Meter bis zum Parkeingang. Daisy Duck scheint allmählich das rettende Wasser zu riechen, oder ist es die nun doch überhandnehmende Panik? Jedenfalls setzt sie zum Watschelsprint an, der die vor Eifer und Schutzbedürfnis fast platzenden kleinen Wollknäuel in ihrem Gefolge unter höchsten Stress setzt.
Da, der Teich! Die Alte bricht durchs Ufergebüsch, ihre Küken stolpern, klettern, wackeln hinterher, und plötzlich sind alle im Wasser: eine adrenalinüberflutete Entenmama mit ihren zehn Winzlingen, denen nun auch über den heutigen Tag hinaus eine Zukunft beschert sein dürfte.
Für uns alle ein außergewöhnlich schönes Sonntagserlebnis. Wir tauschen Mailadressen, plaudern noch ein wenig, gehen ein Stück gemeinsam und verabschieden uns dann voneinander, fast wie Freunde.
Erst als ich in die Seilerstraße einbiege, dämmert mir: Wir hätten eigentlich die Feuerwehr rufen müssen; die kümmert sich ja professionell um so was. Und sie ist vor allem eins: versichert. Ein von uns verursachter Auffahrunfall beim mutwilligen Stauen einer Hauptverkehrsstraße hätte bei der Assekuranz sicherlich Stirnrunzeln hervorgerufen.
So aber fühlt er sich verdammt gut an, dieser Sonntag. Und zwar nur deshalb, weil wir die Sache selbst in die Hand genommen haben. Wie Jack Bauer in „24“.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs über Vögel (via Andreas)
1. „Surfin' bird“ von The Trashmen
2. „Blackbird“ von The Beatles
3. „Bird on the wire“ von Leonard Cohen
Ein Passantin mit zum Glück parierendem Hund schirmt die fehlgeleiteten Vögel nach hinten ab, wo bereits eine Kolonne Sonntagsfahrer Ungeduld ausdünstet, angeführt und in Schach gehalten indes von einer sichtbar gerührten Mittelklassewagenlenkerin. Die Enten müssen in den Park, nach Planten un Blomen, so viel ist klar. Das wird tüftelig, denn zwei selbst sonntags stark frequentierte vierspurige Straßen gilt es zu überwinden.
Angesichts dieser nur im Team zu bewältigenden Aufgabe findet sich spontan eine Schicksalsgemeinschaft, der auch ich anzugehören die Ehre habe. Sie besteht aus der Dame mit Hund, einem gemütlichen Schnauzbartträger mit Balkanakzent, der weiterhin hochentzückten Mittelklassewagenlenkerin, die inzwischen geparkt hat und mitsamt ihrer Freundin – Conny, zufällig aus Frankfurt zu Gast – der Entenrettung höchste Priorität einräumt. Eigentlich waren die beiden ja auf dem Weg in die Kunsthalle, wo es ein gutes Frühstück geben soll, doch wat mutt, dat mutt.
Es ist übrigens interessant, wie man als Hüter einer Entenfamilie plötzlich mit den Augen der Schutzbefohlenen in die Welt schaut. Plötzlich scheint aus jeder zweiten Passage ein yetigroßer Hund hervorzustürmen (was ist eigentlich aus dem Leinenzwang geworden, Herr Innensenator?!), und diese lautlos uns entgegenrollenden, ultraschmalen, aber immens hohen Dinger mit nichtsahnenden Menschen obendrauf (sog. „Fahrräder”) nerven ungemein.
Uns gelingt es dennoch irgendwie, die Enten auf den Bürgersteig zu drängen, was immerhin den Verkehrsfluss im Viertel wieder begünstigt. Doch der Gehweg ist eng, die Entenmutter, um die sich die Küken halbkreisförmig scharen, zeigt deutliche Anzeichen aufkeimender Panik. Manchmal versucht sie zur Seite auszubrechen, doch mal der Schnauzbart, mal ich, mal eine der Frauen wissen das jeweils sanft, doch bestimmt zu unterbinden.
Inzwischen haben sich uns auch ein ungefähr 12-jähriges Mädchen namens Lotte (Foto), eine etwa 40-jährige Radlerin und ein so weißhaariger wie solariumsgebräunter Ruheständler angeschlossen. Die illustre, die Gesamtbevölkerung in ihrer Alters- und Milieustruktur verblüffend genau abbildende Rettungstruppe nähert sich mitsamt ihren Schützlingen jetzt der ersten großen Hürde. Sie heißt Budapester Straße und brüllt vor Verkehr.
Der wird kurzerhand gestoppt. Rauf auf die Straße, Blickkontakt zu den Automobilisten und mit breiten Armen entschuldigende Stoppgesten wedeln – die Verblüffung der auf freie Fahrt eingestellten freien Bürger weicht nur in der ersten Reihe dem offenbar genetisch bedingten Entzücken beim Anblick der Vogelfamilie. Dahinter aber geht das Gehupe los. Wir ertragen es mit gandhiesker Gleichmut. Geschafft.
Übers Heiligengeistfeld geht es gut voran. Eins der Küken verschwindet zwar fast zwischen den obszön weit auseinanderliegenden Streben eines Gullydeckels, doch es rettet sich in letzter Sekunde. Puh. Jetzt aber die Glacischaussee; das nächste Problem mit vier Spuren. Wir bringen erneut den Verkehr mit den inzwischen bewährten Mitteln minutenlang zum völligen Erliegen, und die Entenarmada watschelt nervös durchs Spalier.
Nur noch wenige zehn Meter bis zum Parkeingang. Daisy Duck scheint allmählich das rettende Wasser zu riechen, oder ist es die nun doch überhandnehmende Panik? Jedenfalls setzt sie zum Watschelsprint an, der die vor Eifer und Schutzbedürfnis fast platzenden kleinen Wollknäuel in ihrem Gefolge unter höchsten Stress setzt.
Da, der Teich! Die Alte bricht durchs Ufergebüsch, ihre Küken stolpern, klettern, wackeln hinterher, und plötzlich sind alle im Wasser: eine adrenalinüberflutete Entenmama mit ihren zehn Winzlingen, denen nun auch über den heutigen Tag hinaus eine Zukunft beschert sein dürfte.
Für uns alle ein außergewöhnlich schönes Sonntagserlebnis. Wir tauschen Mailadressen, plaudern noch ein wenig, gehen ein Stück gemeinsam und verabschieden uns dann voneinander, fast wie Freunde.
Erst als ich in die Seilerstraße einbiege, dämmert mir: Wir hätten eigentlich die Feuerwehr rufen müssen; die kümmert sich ja professionell um so was. Und sie ist vor allem eins: versichert. Ein von uns verursachter Auffahrunfall beim mutwilligen Stauen einer Hauptverkehrsstraße hätte bei der Assekuranz sicherlich Stirnrunzeln hervorgerufen.
So aber fühlt er sich verdammt gut an, dieser Sonntag. Und zwar nur deshalb, weil wir die Sache selbst in die Hand genommen haben. Wie Jack Bauer in „24“.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs über Vögel (via Andreas)
1. „Surfin' bird“ von The Trashmen
2. „Blackbird“ von The Beatles
3. „Bird on the wire“ von Leonard Cohen
20 Mai 2006
Wenn Opelflittchen Amok fahren
(Foto via Cabman)
Ok, bisher habe ich mich hier brav mit allen möglichen Themen beschäftigt, ohne etwas zu den tobenden blog wars zu sagen, obwohl auch ich heftig zwischen die Fronten geraten bin. Jetzt muss es doch sein.
Was ist geschehen? Poodle hatte eine heftige, brillant formulierte Polemik gegen vier sogenannte „A-Blogger“ losgelassen, die sich vom Autohersteller Opel einen Wagen leihen ließen, über den sie dann auch vier Wochen lang bitteschön zu bloggen haben. Ist natürlich eklig, die Vorstellung, bei vier der meistfrequentierten Blogs nur noch was über Onkelautos lesen zu müssen (ix schwärmte denn auch gleich von der „absurd kleinen heckscheibe“). Ich fand die Aktion ebenfalls sehr, sehr peinlich und verwies bei MC Winkel und ix, zwei der von Opel Auserwählten, auf Poodles Text und machte zudem kein Hehl aus meiner Parteinahme für den ebenso klar argumentierenden wie kompromisslos harten Blogger aus Schwaben.
Dann geschah Folgendes: Von ix erntete ich aufmunternde Komplimente („flasche“, „penner“), Don Dahlmann lobte mich für mein selbstloses Engagement („kläffendes Schoßhündchen“), und in MC Winkel erwachte der Mutterinstinkt, weshalb er sofort meine Kommentare von seiner Website entfernte, dies aus lauter Fürsorglichkeit auch weiteren Bloggern empfahl und mich anderswo verbal als „Pfeife“ liebkoste. Derweil heizte die Opelflittchen-Fan-Kamarilla (hier von Don Alphonso unnachahmlich zur Schnecke gemacht) auf unfassbare Weise dem guten Poodle ein – vor allem hinter den Kulissen. Folge: Er schloss sein Blog.
All das, die Reaktionen der Opelblogger und ihrer nicht zur Räson gerufenen Bluthunde, erinnert lustigerweise genau an das Image, welches Opelfahrern seit seligen Manta-Zeiten anhängt. Schon immer galten sie als etwas schlicht, ihre begrenzte Fähigkeit zu verbaler Streitkultur war sprichwörtlich. Wichtig war, wer den größten Fuchsschwanz und die blondeste Friseuse hatte. Klar, dass Herr „Schwanzvergleich“ ix und Obermacho Winkel sich in diesem gefühlten Umfeld höchst heimisch fühlen.
Das entscheidende Argument von Poodle ist übrigens dieses: Was die Blogosphäre auszeichnet, ist jene Glaubwürdigkeit, die nur durch Unabhängigkeit entsteht – also genau das, was Werbung nicht hat und niemals haben wird. Wenn ein Autokonzern diese Glaubwürdigkeit anzapfen will, darf man das Spielchen einfach nicht mitspielen; denn egal, was man auch bloggt und wie man versucht, sich zu distanzieren: Die exklusive Währung, welche die Blogosphäre aufzuweisen hat – ihre Subjektivität, Unmittelbarkeit, Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit –, geht dabei flöten. Und ist auch nicht mehr zurückzugewinnen.
Klar: Auf den ersten Blick sieht das mit dem Opelbloggen alles aus wie eine Kleinigkeit. Ist es aber nicht. Eher ein Sündenfall, um mal etwas pathetisch zu werden. Also, ihr Opelblogger: Stellt die Wagen ins Halteverbot (wie es Neobazi mal feinsinnig anregte), schmeißt die Schlüssel in den jeweiligen Fluss, der durch eure Stadt fließt, und bloggt. Über euer Leben oder irgendeinenen anderen Quatsch, der euch so einfällt. Aber macht es für euch.
Poodle ist übrigens wieder online. Die beste Nachricht des Wochenendes.
Und jetzt alle wieder an die Arbeit, husch, husch!
Ok, bisher habe ich mich hier brav mit allen möglichen Themen beschäftigt, ohne etwas zu den tobenden blog wars zu sagen, obwohl auch ich heftig zwischen die Fronten geraten bin. Jetzt muss es doch sein.
Was ist geschehen? Poodle hatte eine heftige, brillant formulierte Polemik gegen vier sogenannte „A-Blogger“ losgelassen, die sich vom Autohersteller Opel einen Wagen leihen ließen, über den sie dann auch vier Wochen lang bitteschön zu bloggen haben. Ist natürlich eklig, die Vorstellung, bei vier der meistfrequentierten Blogs nur noch was über Onkelautos lesen zu müssen (ix schwärmte denn auch gleich von der „absurd kleinen heckscheibe“). Ich fand die Aktion ebenfalls sehr, sehr peinlich und verwies bei MC Winkel und ix, zwei der von Opel Auserwählten, auf Poodles Text und machte zudem kein Hehl aus meiner Parteinahme für den ebenso klar argumentierenden wie kompromisslos harten Blogger aus Schwaben.
Dann geschah Folgendes: Von ix erntete ich aufmunternde Komplimente („flasche“, „penner“), Don Dahlmann lobte mich für mein selbstloses Engagement („kläffendes Schoßhündchen“), und in MC Winkel erwachte der Mutterinstinkt, weshalb er sofort meine Kommentare von seiner Website entfernte, dies aus lauter Fürsorglichkeit auch weiteren Bloggern empfahl und mich anderswo verbal als „Pfeife“ liebkoste. Derweil heizte die Opelflittchen-Fan-Kamarilla (hier von Don Alphonso unnachahmlich zur Schnecke gemacht) auf unfassbare Weise dem guten Poodle ein – vor allem hinter den Kulissen. Folge: Er schloss sein Blog.
All das, die Reaktionen der Opelblogger und ihrer nicht zur Räson gerufenen Bluthunde, erinnert lustigerweise genau an das Image, welches Opelfahrern seit seligen Manta-Zeiten anhängt. Schon immer galten sie als etwas schlicht, ihre begrenzte Fähigkeit zu verbaler Streitkultur war sprichwörtlich. Wichtig war, wer den größten Fuchsschwanz und die blondeste Friseuse hatte. Klar, dass Herr „Schwanzvergleich“ ix und Obermacho Winkel sich in diesem gefühlten Umfeld höchst heimisch fühlen.
Das entscheidende Argument von Poodle ist übrigens dieses: Was die Blogosphäre auszeichnet, ist jene Glaubwürdigkeit, die nur durch Unabhängigkeit entsteht – also genau das, was Werbung nicht hat und niemals haben wird. Wenn ein Autokonzern diese Glaubwürdigkeit anzapfen will, darf man das Spielchen einfach nicht mitspielen; denn egal, was man auch bloggt und wie man versucht, sich zu distanzieren: Die exklusive Währung, welche die Blogosphäre aufzuweisen hat – ihre Subjektivität, Unmittelbarkeit, Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit –, geht dabei flöten. Und ist auch nicht mehr zurückzugewinnen.
Klar: Auf den ersten Blick sieht das mit dem Opelbloggen alles aus wie eine Kleinigkeit. Ist es aber nicht. Eher ein Sündenfall, um mal etwas pathetisch zu werden. Also, ihr Opelblogger: Stellt die Wagen ins Halteverbot (wie es Neobazi mal feinsinnig anregte), schmeißt die Schlüssel in den jeweiligen Fluss, der durch eure Stadt fließt, und bloggt. Über euer Leben oder irgendeinenen anderen Quatsch, der euch so einfällt. Aber macht es für euch.
Poodle ist übrigens wieder online. Die beste Nachricht des Wochenendes.
Und jetzt alle wieder an die Arbeit, husch, husch!
19 Mai 2006
Der Reaktionstest oder Netter Versuch
Gesendet: Donnerstag, 18. Mai 2006 20:25
An: G*******, Jens, WM-Organisationskomitee
Betreff: Bloggen über die WM
Betreff: Re: Bloggen über die WM
Gesendet: 19. Mai 2006 16:13:54 MESZ
An: Wagner, Matthias
Betreff: Re: WG: Bloggen über die WM
Gesendet 19. Mai 2006 16:22:54 MESZ
An: G****, Gerd
An: G*******, Jens, WM-Organisationskomitee
Betreff: Bloggen über die WM
Sehr geehrter Herr G*******,
in den USA ist es längst üblich, dass Blogger zu wichtigen Veranstaltungen in Politik, Kultur und Sport akkreditiert werden.
Ich denke, in Deutschland ist die Zeit ebenfalls reif dafür.
Daher möchte ich Sie bitten, mich als Blogger für die WM-Spiele in Hamburg zu akkreditieren, damit ich in meinem täglich aktualisierten Weblog „Die Rückseite der Reeperbahn“ darüber berichten und diesem globalen Ereignis auch in der Blogosphäre eine entsprechende Resonanz verschaffen kann.
Wenn Sie sich ein Bild meiner Tätigkeit machen wollen, so lade ich Sie gerne zur Lektüre ein.
Die Webadresse lautet: www.mattwagner.de/blog.htm.
Über einen entsprechenden Akkreditierungsantrag würde ich mich sehr freuen.
Vielen Dank für Ihre Mühe
Beste Grüße
Betreff: Re: Bloggen über die WM
Gesendet: 19. Mai 2006 16:13:54 MESZ
An: Wagner, Matthias
Sehr geehrter Herr Wagner,
meine Kollege Jens G******* hat Ihre Anfrage an mich weitergeleitet. Einmal ganz davon abgesehen, dass die Akkreditierungsphase schon seit September 2005 abgeschlossen ist und keine Nachakkreditierungen mehr vorgenommen werden können, wird es auch nicht möglich sein, Blogger zu akkreditieren. Die Zahl der Akkreditierungsgesuche überschritt bei weitem die Zahl des Kontingentes.
Natürlich ist auch uns bewusst, welch rasante Entwicklung das Thema Blogg genommen hat, zu einer Medienakkreditierung genügt dies jedoch bei weitem noch nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Gerd G****
Pressesprecher
OK FIFA WM 2006
Betreff: Re: WG: Bloggen über die WM
Gesendet 19. Mai 2006 16:22:54 MESZ
An: G****, Gerd
Sehr geehrter Herr G****,
danke für Ihre rasche Antwort.
Schade – so kann ich nur über Costa Rica-Ecuador bloggen. Aber immerhin.
Bis zur nächsten WM hat sich die OK-Einschätzung sicher geändert.
Dann können Sie mich ja nach Südafrika schicken.
Möge der Bessere gewinnen – solange er nicht gegen Deutschland spielt.
Beste Grüße
Matthias Wagner
18 Mai 2006
Wie ich mal die Steuerzahler entlastet habe
Was ist denn los? Warum geht es nicht weiter? Seit fünf Minuten steht der Bus an der S Reeperbahn, und mir dämmert das erst allmählich, weil ich auf den Ohren den alten Al Green habe und vor den Augen ein Buch. Ich blicke auf.
Vorn diskutiert ein massiger Mann afrikanischer Prägung erregt mit dem Fahrer. Eine Einigung scheint fern. Der Fahrer ist offenbar nicht gewillt loszufahren, solange der lautstarke Diskutant sich nicht trollt. „Steigen Sie aus!“ schallt es durch den Bus. Der so unfein schroff Aufgeforderte aber denkt nicht im Traum daran, sondern kommt jetzt den Gang herunter und setzt sich schräg hinter mich.
Zu einer Lösung der Lage trägt diese Entscheidung freilich nicht bei, denn der Fahrer stellt den Motor ab und nestelt an seinem Funkgerät. Offenbar ist er zu dem Schluss gekommen, externe Hilfe sei opportun. Immerhin ist die Davidwache (Foto) nah, da könnte in Bälde ein wirksamer Eingriff der Exekutive erfolgen.
„Was ist denn los?“ frage ich den Herrn hinter mir. Froh über ein offenes Ohr, dem er sein Leid klagen kann, erläutert er, sich im Besitz einer Tageskarte zu befinden – und es stimmt, er hält sie mir hin –, die nach Aussage des für den Verkauf zuständigen Schaltermenschen auch für diesen Bus hier Gültigkeit besäße. Doch der Fahrer sei uneinsichtig, ja geradezu renitent. Dieser Bürokrat, führt er sinngemäß weiter aus, habe seiner Auslegung der Tageskartenfunktion gänzlich unaufgeschlossen gegenübergestanden und ihm als Alternative in recht deutlichen Worten den Kauf eines zusätzlichen Tickets anempfohlen. Kostenpunkt: einszwanzig.
Dies hält mein Nachbar weiterhin für inakzeptabel. Schließlich habe er zum einen eine gültige Tageskarte und andererseits zehn Cent zu wenig in der Tasche.
Hm, mir schwant ein Polizeieinsatz, mir schwanen schreiende Menschen, über Muskeln sich spannende Uniformen, ich höre vor meinen geistigen Ohr das silbrige Klirren von Handschellen, sehe Tränengasschwaden, es droht eine Gefährdung des öffentlichen Personennahverkehrs, ich sehe Verhaftung, Abschiebung, eine zerrissene Familie und schließliches Dahindämmern in den Slums von Kinshasa oder Ouagadougou … Und alles nur wegen einer fehlenden Münze, der viertkleinsten überhaupt.
Während der Fahrer vorne offenbar im Begriff ist, eine erfolgreiche Funkverbindung zur Einsatzleitung herzustellen, offeriere ich dem Mann zehn Cent, zunächst in Form einer Ein-Euro-Münze, die er mit einem Wort des Dankes auch annimmt. Damit stapft er ungebrochen verärgert nach vorne und legt wortlos seinen und meinen Euro dem Fahrer hin. Der beendet den Funkkontakt, ratscht – ebenfalls stumm – ein Ticket aus dem Automaten, zählt das Wechselgeld ab, und der Mann steckt es samt Ticket still ein, stapft durch den Gang zurück und gibt mir 90 Cent zurück. Der Bus fährt los, alles ist gut.
Wäre man Haushaltsexperte im Fachbereich polizeiliche Einsatzkräfte, könnte man wohl leicht ausrechnen, wieviele Steuern die Stadt Hamburg just durch die Investition einer Zehn-Cent-Münze zur richtigen Zeit am richtigen Ort gespart hat.
Die Rendite ist jedenfalls atemberaubend. Schade, dass ich bei privaten Finanzgeschäften dagegen immer auf die Schnauze falle.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs von Al Green
1. „Love is a beautiful thing“
2. „I can't stop“
3. „Call me“
Vorn diskutiert ein massiger Mann afrikanischer Prägung erregt mit dem Fahrer. Eine Einigung scheint fern. Der Fahrer ist offenbar nicht gewillt loszufahren, solange der lautstarke Diskutant sich nicht trollt. „Steigen Sie aus!“ schallt es durch den Bus. Der so unfein schroff Aufgeforderte aber denkt nicht im Traum daran, sondern kommt jetzt den Gang herunter und setzt sich schräg hinter mich.
Zu einer Lösung der Lage trägt diese Entscheidung freilich nicht bei, denn der Fahrer stellt den Motor ab und nestelt an seinem Funkgerät. Offenbar ist er zu dem Schluss gekommen, externe Hilfe sei opportun. Immerhin ist die Davidwache (Foto) nah, da könnte in Bälde ein wirksamer Eingriff der Exekutive erfolgen.
„Was ist denn los?“ frage ich den Herrn hinter mir. Froh über ein offenes Ohr, dem er sein Leid klagen kann, erläutert er, sich im Besitz einer Tageskarte zu befinden – und es stimmt, er hält sie mir hin –, die nach Aussage des für den Verkauf zuständigen Schaltermenschen auch für diesen Bus hier Gültigkeit besäße. Doch der Fahrer sei uneinsichtig, ja geradezu renitent. Dieser Bürokrat, führt er sinngemäß weiter aus, habe seiner Auslegung der Tageskartenfunktion gänzlich unaufgeschlossen gegenübergestanden und ihm als Alternative in recht deutlichen Worten den Kauf eines zusätzlichen Tickets anempfohlen. Kostenpunkt: einszwanzig.
Dies hält mein Nachbar weiterhin für inakzeptabel. Schließlich habe er zum einen eine gültige Tageskarte und andererseits zehn Cent zu wenig in der Tasche.
Hm, mir schwant ein Polizeieinsatz, mir schwanen schreiende Menschen, über Muskeln sich spannende Uniformen, ich höre vor meinen geistigen Ohr das silbrige Klirren von Handschellen, sehe Tränengasschwaden, es droht eine Gefährdung des öffentlichen Personennahverkehrs, ich sehe Verhaftung, Abschiebung, eine zerrissene Familie und schließliches Dahindämmern in den Slums von Kinshasa oder Ouagadougou … Und alles nur wegen einer fehlenden Münze, der viertkleinsten überhaupt.
Während der Fahrer vorne offenbar im Begriff ist, eine erfolgreiche Funkverbindung zur Einsatzleitung herzustellen, offeriere ich dem Mann zehn Cent, zunächst in Form einer Ein-Euro-Münze, die er mit einem Wort des Dankes auch annimmt. Damit stapft er ungebrochen verärgert nach vorne und legt wortlos seinen und meinen Euro dem Fahrer hin. Der beendet den Funkkontakt, ratscht – ebenfalls stumm – ein Ticket aus dem Automaten, zählt das Wechselgeld ab, und der Mann steckt es samt Ticket still ein, stapft durch den Gang zurück und gibt mir 90 Cent zurück. Der Bus fährt los, alles ist gut.
Wäre man Haushaltsexperte im Fachbereich polizeiliche Einsatzkräfte, könnte man wohl leicht ausrechnen, wieviele Steuern die Stadt Hamburg just durch die Investition einer Zehn-Cent-Münze zur richtigen Zeit am richtigen Ort gespart hat.
Die Rendite ist jedenfalls atemberaubend. Schade, dass ich bei privaten Finanzgeschäften dagegen immer auf die Schnauze falle.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs von Al Green
1. „Love is a beautiful thing“
2. „I can't stop“
3. „Call me“
Die letzten 36 Stunden
Dienstag
8.15: Wecker klingelt, Bad, Frühstück, Abschiedskuss für Ms. Columbo.
9.15: Radle zur Arbeit. Heute werden 100 Mails auf mich warten. Und tausend Dinge mehr. F…
12.19: Mittagspause. Wir hetzen los. In 30 Minuten müssen wir wieder zurück sein. Verschlinge Viktoriabarschfilet. Esstempo kann nicht gesund sein. Egal. Hetze zurück. Höchstens noch 50 Mails. Beruhigend. Auf eine gewisse Art.
18.15: Radle rasend heim. Willkommenskuss von Ms. Columbo. Schnell was essen. Muss zum Konzert.
21.00: Treffe vorm Knust ein. Der Franke auch. Okkervil River spielen. Folk noir aus den USA. Düster, verletzlich, wild. Band lässt uns aber erst mal eine Stunde warten. Wir trösten uns mit Beck's. Band spielt bis Mitternacht. Radle rasend heim. Muss noch bloggen. Aber was? Am besten die Dylan-Radioshow. Die Welt soll davon erfahren.
2.00: Ins Bett. Kann nicht gleich schlafen wegen irgendwelcher Musik im Ohr. Geht nicht weg; wie ein Loop.
Mittwoch
8.15: Wecker klingelt, Bad, Frühstück, Abschiedskuss für Ms. Columbo.
9.05: Zur Bushaltestelle, weil Fitnesstasche zu unhandlich fürs Fahrrad. Muss feststellen, dass Haltestelle verlegt worden ist. 800 Meter laufen mit blöder Fitnesstasche. Kriege den Bus noch so eben. Im Büro werden 100 Mails auf mich warten. Und tausend Dinge mehr. F…
12.45: Mittagspause. Wir hetzen los. In 30 Minuten müssen wir wieder zurück sein. Verschlinge Currywurst mit Pommes Frites. Esstempo kann nicht gesund sein. Egal. Hetze zurück. Höchstens noch 50 Mails. Beruhigend. Auf eine gewisse Art.
18.15: Mit dem Bus ins Fitnessstudio. Vorm Bauch/Rückenkurs noch schnell für 20 Minuten auf den Crosstrainer zum Aufwärmen. Sage tschüs zu 317 Kalorien.
20.35: U-Bahn nach St. Pauli. Hetze die Treppen hoch, werfe Tasche ins Bad, stelle Fernseher an: Champions-League-Finale. Genieße beim Laufen in die Küche die Tatsache, die gleiche Luft zu atmen wie Ronaldinho, global gesehen. Esse Käsebrote mit Basilikumtomaten, während erste Halbzeit läuft.
21.45: Zeichne Finale weiter auf. Muss zum Konzert von Gregor Samsa ins Molotow (Foto: die Decke). Club liegt auf der anderen Seite der Reeperbahn, drei Fußminuten weg. Zum Glück.
22.02: Treffe erregt und verschwitzt im Molotow ein. Hatte mich durch den Absperrzaun der Riesenbaustelle Reeperbahn gezwängt, fand aber an der anderen Seite keinen Ausgang. Irrte minutenlang über den Spielbudenplatz. Fühlte mich wie auf Guantanamo Bay. Musste schließlich am Dixieklo den Zaun anheben, quetschte mich durch. Erfahre im Molotow, dass die Band schon gespielt hat. Könnte heulen.
22.15: Eile durch die Seilerstraße zurück nach Hause. Vor mir watschelt ein Typ in Shorts und Hawaiihemd. Er stoppt an einem Auto und stellt, während er seine Wagenschlüssel sucht, eine Motorsäge aufs Dach. Will lieber nicht wissen, warum.
22.50: Aufzeichnung des Champions-League-Finales. Barca schießt zwei Tore in drei Minuten. Ms. Columbo kommt nach Hause. Willkommenskuss. Vertrete die Theorie, Arsenal-Keeper Jens Lehmann habe sich in der ersten Halbzeit beim Stand von 0:0 nur deshalb vom Platz stellen lassen, um seinen Torrekord nicht zu gefährden und vor der WM keinen Treffer mehr zu kassieren. Hat funktioniert.
22:58: Spiel ist aus. Schaue Ronaldinho beim Feiern zu. Atme die gleich Luft wie er, global gesehen, was eine Gnade ist. Aber jetzt Schluss mit lustig: Private Mails müssen erledigt werden. Sind zum Glück nur 19.
23.31: Verdammt, muss noch bloggen! Aber was bloß, WAS? Ach, warum nicht einfach die letzten 36 Stunden im Zeitraffer zusammenfassen? Genau. So mach ich's.
0.14: Jetzt noch geschäftliche Korrespondenz, Banküberweisungen, Kram. Und dann ab ins Bett. Wenn nur diese komische Musik im Ohr wegginge. Ist hartnäckig wie ein Loop. Aber immerhin anderes Stück als gestern.
8.15: Wecker klingelt, Bad, Frühstück, Abschiedskuss für Ms. Columbo.
9.15: Radle zur Arbeit. Heute werden 100 Mails auf mich warten. Und tausend Dinge mehr. F…
12.19: Mittagspause. Wir hetzen los. In 30 Minuten müssen wir wieder zurück sein. Verschlinge Viktoriabarschfilet. Esstempo kann nicht gesund sein. Egal. Hetze zurück. Höchstens noch 50 Mails. Beruhigend. Auf eine gewisse Art.
18.15: Radle rasend heim. Willkommenskuss von Ms. Columbo. Schnell was essen. Muss zum Konzert.
21.00: Treffe vorm Knust ein. Der Franke auch. Okkervil River spielen. Folk noir aus den USA. Düster, verletzlich, wild. Band lässt uns aber erst mal eine Stunde warten. Wir trösten uns mit Beck's. Band spielt bis Mitternacht. Radle rasend heim. Muss noch bloggen. Aber was? Am besten die Dylan-Radioshow. Die Welt soll davon erfahren.
2.00: Ins Bett. Kann nicht gleich schlafen wegen irgendwelcher Musik im Ohr. Geht nicht weg; wie ein Loop.
Mittwoch
8.15: Wecker klingelt, Bad, Frühstück, Abschiedskuss für Ms. Columbo.
9.05: Zur Bushaltestelle, weil Fitnesstasche zu unhandlich fürs Fahrrad. Muss feststellen, dass Haltestelle verlegt worden ist. 800 Meter laufen mit blöder Fitnesstasche. Kriege den Bus noch so eben. Im Büro werden 100 Mails auf mich warten. Und tausend Dinge mehr. F…
12.45: Mittagspause. Wir hetzen los. In 30 Minuten müssen wir wieder zurück sein. Verschlinge Currywurst mit Pommes Frites. Esstempo kann nicht gesund sein. Egal. Hetze zurück. Höchstens noch 50 Mails. Beruhigend. Auf eine gewisse Art.
18.15: Mit dem Bus ins Fitnessstudio. Vorm Bauch/Rückenkurs noch schnell für 20 Minuten auf den Crosstrainer zum Aufwärmen. Sage tschüs zu 317 Kalorien.
20.35: U-Bahn nach St. Pauli. Hetze die Treppen hoch, werfe Tasche ins Bad, stelle Fernseher an: Champions-League-Finale. Genieße beim Laufen in die Küche die Tatsache, die gleiche Luft zu atmen wie Ronaldinho, global gesehen. Esse Käsebrote mit Basilikumtomaten, während erste Halbzeit läuft.
21.45: Zeichne Finale weiter auf. Muss zum Konzert von Gregor Samsa ins Molotow (Foto: die Decke). Club liegt auf der anderen Seite der Reeperbahn, drei Fußminuten weg. Zum Glück.
22.02: Treffe erregt und verschwitzt im Molotow ein. Hatte mich durch den Absperrzaun der Riesenbaustelle Reeperbahn gezwängt, fand aber an der anderen Seite keinen Ausgang. Irrte minutenlang über den Spielbudenplatz. Fühlte mich wie auf Guantanamo Bay. Musste schließlich am Dixieklo den Zaun anheben, quetschte mich durch. Erfahre im Molotow, dass die Band schon gespielt hat. Könnte heulen.
22.15: Eile durch die Seilerstraße zurück nach Hause. Vor mir watschelt ein Typ in Shorts und Hawaiihemd. Er stoppt an einem Auto und stellt, während er seine Wagenschlüssel sucht, eine Motorsäge aufs Dach. Will lieber nicht wissen, warum.
22.50: Aufzeichnung des Champions-League-Finales. Barca schießt zwei Tore in drei Minuten. Ms. Columbo kommt nach Hause. Willkommenskuss. Vertrete die Theorie, Arsenal-Keeper Jens Lehmann habe sich in der ersten Halbzeit beim Stand von 0:0 nur deshalb vom Platz stellen lassen, um seinen Torrekord nicht zu gefährden und vor der WM keinen Treffer mehr zu kassieren. Hat funktioniert.
22:58: Spiel ist aus. Schaue Ronaldinho beim Feiern zu. Atme die gleich Luft wie er, global gesehen, was eine Gnade ist. Aber jetzt Schluss mit lustig: Private Mails müssen erledigt werden. Sind zum Glück nur 19.
23.31: Verdammt, muss noch bloggen! Aber was bloß, WAS? Ach, warum nicht einfach die letzten 36 Stunden im Zeitraffer zusammenfassen? Genau. So mach ich's.
0.14: Jetzt noch geschäftliche Korrespondenz, Banküberweisungen, Kram. Und dann ab ins Bett. Wenn nur diese komische Musik im Ohr wegginge. Ist hartnäckig wie ein Loop. Aber immerhin anderes Stück als gestern.
17 Mai 2006
Bob Dylan: Vom Schweiger zur Plaudertasche
Nicht nur, weil er über lange Zeiten schwieg oder pro Dekade höchstens ein Interview gab (und das an konspirativen Orten), gilt der amerikanische Sänger, Dichter und Komponist Bob Dylan als Mysterium. Selbst auf der Bühne spricht er nicht, er brummt am Ende eines Konzertes allenfalls die Namen der Mitmusiker.
Ein Rätsel, dieser Mann. Und wahrscheinlich der bedeutendste, einflussreichste, geheimnisvollste US-Künstler der letzten 100 Jahre. Als vor einigen Monaten der Regisseur Martin Scorsese auf seiner DVD „No direction home“ gefilmte Interviews mit ihm veröffentlichte, konstatierte die internationale Dylanologie erstaunt und ergriffen: Der Mann kann ja doch sprechen. Und das sogar flüssig und fein mit Witz gewürzt.
Doch nicht genug der Sensationen. Bob Dylan, die Sphinx unserer Zeit, hat jetzt eine eigene Radioshow.
Als DJ.
Ungelogen.
Jede Woche mittwochs geht er auf Sendung. Er knöpft sich ein Thema vor, erzählt mit sonorer Stimme kleine Geschichten über die Künstler, die er gleich spielen wird, wirft uns nonchalant Nachtschattenaphorismen hin und scheint uns dabei zuzuzwinkern.
Ja: Dylan ist jetzt ein DJ, man fasst es nicht. Die Sendung gibt es natürlich nur gegen Bares im Internet, bei XM Satellite Radio. Doch ich habe zwei Links zu MP3-Mitschnitten der Sendungen entdeckt. Die online zu stellen, ist vielleicht illegal, mag sein, aber damit muss sich die Ursprungsquelle herumschlagen. Und wer weiß, wie lange diese 60-Minuten-Wunderwerke der Radiogeschichte noch dort verfügbar sein werden.
Doch solange sie da sind: Hört sie euch an. Ladet sie auf eure Rechner. Dann kann sie euch niemand mehr nehmen. Denn wenn jemand jahrzehntelang mehr oder weniger schwieg und jetzt redet, dann sollte man zuhören, was er zu sagen hat. Es ist ja nicht irgendjemand. Es ist Bob Dylan. Wir haben nicht viele, die größer sind als er.
Hier sind die Links:
3. Mai 2006: Thema „Weather“
10. Mai 2006: Thema „Mothers“.
Aber verpetzt mich nicht, ok?
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs, die DJ Bob aufgelegt hat
1. „Mama don't allow“ von Julia Lee
2. „The wind cries Mary“ von Jimi Hendrix
3. „Have you seen your mother, baby, standing in the shadow“ von The Rolling Stones
Ein Rätsel, dieser Mann. Und wahrscheinlich der bedeutendste, einflussreichste, geheimnisvollste US-Künstler der letzten 100 Jahre. Als vor einigen Monaten der Regisseur Martin Scorsese auf seiner DVD „No direction home“ gefilmte Interviews mit ihm veröffentlichte, konstatierte die internationale Dylanologie erstaunt und ergriffen: Der Mann kann ja doch sprechen. Und das sogar flüssig und fein mit Witz gewürzt.
Doch nicht genug der Sensationen. Bob Dylan, die Sphinx unserer Zeit, hat jetzt eine eigene Radioshow.
Als DJ.
Ungelogen.
Jede Woche mittwochs geht er auf Sendung. Er knöpft sich ein Thema vor, erzählt mit sonorer Stimme kleine Geschichten über die Künstler, die er gleich spielen wird, wirft uns nonchalant Nachtschattenaphorismen hin und scheint uns dabei zuzuzwinkern.
Ja: Dylan ist jetzt ein DJ, man fasst es nicht. Die Sendung gibt es natürlich nur gegen Bares im Internet, bei XM Satellite Radio. Doch ich habe zwei Links zu MP3-Mitschnitten der Sendungen entdeckt. Die online zu stellen, ist vielleicht illegal, mag sein, aber damit muss sich die Ursprungsquelle herumschlagen. Und wer weiß, wie lange diese 60-Minuten-Wunderwerke der Radiogeschichte noch dort verfügbar sein werden.
Doch solange sie da sind: Hört sie euch an. Ladet sie auf eure Rechner. Dann kann sie euch niemand mehr nehmen. Denn wenn jemand jahrzehntelang mehr oder weniger schwieg und jetzt redet, dann sollte man zuhören, was er zu sagen hat. Es ist ja nicht irgendjemand. Es ist Bob Dylan. Wir haben nicht viele, die größer sind als er.
Hier sind die Links:
3. Mai 2006: Thema „Weather“
10. Mai 2006: Thema „Mothers“.
Aber verpetzt mich nicht, ok?
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs, die DJ Bob aufgelegt hat
1. „Mama don't allow“ von Julia Lee
2. „The wind cries Mary“ von Jimi Hendrix
3. „Have you seen your mother, baby, standing in the shadow“ von The Rolling Stones
15 Mai 2006
Tannenzapfenzupfen (4)
(Foto via FHS Holztechnik)
Heute gibt es eine weitere Folge mit gruseliger Promoprosa und Pidginpoesie am Rande der Körperverletzung. Alles Blaugefärbte wurde Pressetexten zu neuen CDs entnommen und so belassen, wie der Promoter es schuf. Los geht’s mit dem besonders gruseligen Genre …
… Denglisch:
1. Lässig wie ein Sonnenuntergang, leicht wie ein tighter Surf.
2. Unser neuer general Partner wird uns im nächsten halben Jahr mit einigen Releases versorgen.
3. Der Style der aus Estland stammenden Combo representiert das heftigste und tiefgestimmte Gitarren Riffing des modernen Death Metals. Gemischt mit unheimlichen, komplexen Keyboard Melodien sind Horricane eine einzigartige Erfahrung.
4. Auf Fuse.tv kann man sich zudem noch das neue Amber Pacific Video zu ihrem Song Poetically Pathetic (aus deren full-length Debut "The Possibility And The Promise") anschauen. Und wenn man schonmal da ist, am besten auch gleich Ihren Tourblog von der Take Action! Tour anschauen und/oder sich die exklusive akkustik Version von "Save Me From Me" downloaden.
5. Wenn sich also der Headliner als Langweiler entpuppt, mach dich auf den Weg ins Basement, wo die gutaussehenden Boys und Girls lässig ihre Booties shaken.
Einfach nur schlecht, schlecht, schlecht:
1. Kain heute erschlägt höchstens sein abliges Publikum, und auch dabei findet man sie einfach höllisch sympatisch. (Hier muss eine kleine Anmerkung sein: Denn „ablig“ ist eine äußerst kühne Adjektivierung des Namens Abel. Man glaubt es kaum, aber es ist so.)
2. Wir wissen nicht, ob Glenn Frey und Don Henley während ihrer High School-Zeit Koryphäen in Biologie waren – jedenfalls ist ihnen in späteren Jahren in beeindruckender Weise gelungen, zahlreiche Ohrwürmer hervorzubringen.
3. Unserer Meinung nach braucht Integration Vorbild-Charakter und beide Gruppen beweißen, dass in ihren aktuellen Projekten.
Was bisher geschah
Tannenzapfenzupfen 3
Tannenzapfenzupfen 2
Tannenzapfenzupfen 1
Heute gibt es eine weitere Folge mit gruseliger Promoprosa und Pidginpoesie am Rande der Körperverletzung. Alles Blaugefärbte wurde Pressetexten zu neuen CDs entnommen und so belassen, wie der Promoter es schuf. Los geht’s mit dem besonders gruseligen Genre …
… Denglisch:
1. Lässig wie ein Sonnenuntergang, leicht wie ein tighter Surf.
2. Unser neuer general Partner wird uns im nächsten halben Jahr mit einigen Releases versorgen.
3. Der Style der aus Estland stammenden Combo representiert das heftigste und tiefgestimmte Gitarren Riffing des modernen Death Metals. Gemischt mit unheimlichen, komplexen Keyboard Melodien sind Horricane eine einzigartige Erfahrung.
4. Auf Fuse.tv kann man sich zudem noch das neue Amber Pacific Video zu ihrem Song Poetically Pathetic (aus deren full-length Debut "The Possibility And The Promise") anschauen. Und wenn man schonmal da ist, am besten auch gleich Ihren Tourblog von der Take Action! Tour anschauen und/oder sich die exklusive akkustik Version von "Save Me From Me" downloaden.
5. Wenn sich also der Headliner als Langweiler entpuppt, mach dich auf den Weg ins Basement, wo die gutaussehenden Boys und Girls lässig ihre Booties shaken.
Einfach nur schlecht, schlecht, schlecht:
1. Kain heute erschlägt höchstens sein abliges Publikum, und auch dabei findet man sie einfach höllisch sympatisch. (Hier muss eine kleine Anmerkung sein: Denn „ablig“ ist eine äußerst kühne Adjektivierung des Namens Abel. Man glaubt es kaum, aber es ist so.)
2. Wir wissen nicht, ob Glenn Frey und Don Henley während ihrer High School-Zeit Koryphäen in Biologie waren – jedenfalls ist ihnen in späteren Jahren in beeindruckender Weise gelungen, zahlreiche Ohrwürmer hervorzubringen.
3. Unserer Meinung nach braucht Integration Vorbild-Charakter und beide Gruppen beweißen, dass in ihren aktuellen Projekten.
Was bisher geschah
Tannenzapfenzupfen 3
Tannenzapfenzupfen 2
Tannenzapfenzupfen 1
14 Mai 2006
Cottbus und die Formel 1
Nein, ich bin wirklich kein Fußballjunkie. Bundesliga, Champions League und Länderspiele: Da komme ich allerdings nicht dran vorbei. An der zweiten Liga aber schon. Doch am letzten Spieltag, wenn es um die Dramatik von Ab- und Aufstieg geht, dann darf es auch mal eine als Konferenz aufgezogene Zusammenfassung beim DSF sein. Natürlich weiß ich keine Ergebnisse, schließlich will ich mir die Spannung erhalten.
Kaum habe ich mich indes in den Freischwinger gefläzt und fiebere den Entscheidungen entgegen, kommt Ms. Columbo herein, verbreitet sich elegant auf der Couch, schaut zwei Minuten zu und sagt: „Ich finde es doof, dass Cottbus aufgestiegen ist.“
Super. Resigniert schalte ich den Fernseher aus, checke online die Ergebnisse und führe Ms. Columbo zum Sushi aus, eine Stunde früher als geplant.
Überhaupt war es ein Sonntag der problematischen Aussagen. Nachmittags im Fitnessclub verfolgte ich während des Trainings die Formel-1-Übertragung aus Barcelona. Und was erzählten mir verblüffenderweise die RTL-Reporter Heiko Waßer und Christian Danner? Dass die Formel 1 eine ziemlich öde Veranstaltung sei. Die Wagen, winkten sie müde ab, führen doch eh nur noch hintereinander her, ohne dass auch nur irgendeiner überholen könne oder wolle. Ja, der ganze Sport sei zum schematischen Schachspiel verkommen, Rennen würden nur noch per Boxenstrategie entschieden, und trotzdem wolle Bernie Ecclestone immer mehr Geld.
Erstaunlich! Selten hat man im deutschen Fernsehen – zumal im privaten – zwei Reporter ihr eigenens Produkt derart madig machen gehört. Heiko Waßer und Christian Danner übten sich in Mäkelei, während die Wagen fein hintereinander her fuhren, das Geschehen an ein schematisches Schachspiel erinnerte und alles durch die Boxenstrategie entschieden wurde, zugunsten von Fernando Alonso. Ob Bernie Ecclestone auch heute wieder mehr Geld wollte, war die einzige Info von Waßer und Danner, die nicht unmittelbar verifizierbar war.
Die beiden hatten natürlich in allem Recht, was sie sagten. Aber es war ungefähr so, als hielte der Präsident des WM-Organisationskomitees, Franz Beckenbauer, öffentlich das Vergabesystem der Tickets für hirnrissig, die Sicherheit in den Stadien für unterirdisch und die Fans in ihrer Mehrzahl für grenzdebile Suffköppe.
Natürlich: All das stimmt höchstwahrscheinlich. Doch Beckenbauers Produkt ist die WM; da müsste er schon so tun, als sei das Ticketing gottgesandt, die Stadien unbrennbar und die Fans Shakespeare-Leser mit Gandhi-Buttons am Fanschal.
Ich wüsste gern, wie RTL-Werbekunden die Übertragung so gefunden haben. Tolle Leistung jedenfalls vor Waßer und Danner. Bei Ms. Columbo überlege ich noch.
Allerdings finde ich es, ehrlich gesagt, auch doof, dass Cottbus aufgestiegen ist.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs übers Fahren
1. „Let’s get some drugs and drive around“ von Michael Hall
2. „Cadillac walk“ von Mink de Ville
3. „Me and Bobbie McGhee“ von Kris Kristofferson
Kaum habe ich mich indes in den Freischwinger gefläzt und fiebere den Entscheidungen entgegen, kommt Ms. Columbo herein, verbreitet sich elegant auf der Couch, schaut zwei Minuten zu und sagt: „Ich finde es doof, dass Cottbus aufgestiegen ist.“
Super. Resigniert schalte ich den Fernseher aus, checke online die Ergebnisse und führe Ms. Columbo zum Sushi aus, eine Stunde früher als geplant.
Überhaupt war es ein Sonntag der problematischen Aussagen. Nachmittags im Fitnessclub verfolgte ich während des Trainings die Formel-1-Übertragung aus Barcelona. Und was erzählten mir verblüffenderweise die RTL-Reporter Heiko Waßer und Christian Danner? Dass die Formel 1 eine ziemlich öde Veranstaltung sei. Die Wagen, winkten sie müde ab, führen doch eh nur noch hintereinander her, ohne dass auch nur irgendeiner überholen könne oder wolle. Ja, der ganze Sport sei zum schematischen Schachspiel verkommen, Rennen würden nur noch per Boxenstrategie entschieden, und trotzdem wolle Bernie Ecclestone immer mehr Geld.
Erstaunlich! Selten hat man im deutschen Fernsehen – zumal im privaten – zwei Reporter ihr eigenens Produkt derart madig machen gehört. Heiko Waßer und Christian Danner übten sich in Mäkelei, während die Wagen fein hintereinander her fuhren, das Geschehen an ein schematisches Schachspiel erinnerte und alles durch die Boxenstrategie entschieden wurde, zugunsten von Fernando Alonso. Ob Bernie Ecclestone auch heute wieder mehr Geld wollte, war die einzige Info von Waßer und Danner, die nicht unmittelbar verifizierbar war.
Die beiden hatten natürlich in allem Recht, was sie sagten. Aber es war ungefähr so, als hielte der Präsident des WM-Organisationskomitees, Franz Beckenbauer, öffentlich das Vergabesystem der Tickets für hirnrissig, die Sicherheit in den Stadien für unterirdisch und die Fans in ihrer Mehrzahl für grenzdebile Suffköppe.
Natürlich: All das stimmt höchstwahrscheinlich. Doch Beckenbauers Produkt ist die WM; da müsste er schon so tun, als sei das Ticketing gottgesandt, die Stadien unbrennbar und die Fans Shakespeare-Leser mit Gandhi-Buttons am Fanschal.
Ich wüsste gern, wie RTL-Werbekunden die Übertragung so gefunden haben. Tolle Leistung jedenfalls vor Waßer und Danner. Bei Ms. Columbo überlege ich noch.
Allerdings finde ich es, ehrlich gesagt, auch doof, dass Cottbus aufgestiegen ist.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs übers Fahren
1. „Let’s get some drugs and drive around“ von Michael Hall
2. „Cadillac walk“ von Mink de Ville
3. „Me and Bobbie McGhee“ von Kris Kristofferson
13 Mai 2006
Fuck forever!
Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ist der Leistungssport des Extremkonzerthopping nur in Hamburg möglich, einer Millionenstadt mit einem glasklaren Ballungszentrum: St. Pauli. Hier sagt ein Club dem anderen Hallo; manchmal trennt sie nur eine Straßenbreite. Am besten ausüben lässt sich das Extremkonzerthopping, wenn man mittendrin wohnt in diesem Ballungszentrum, etwa auf der Rückseite der Reeperbahn.
Als großer Schwachpunkt erweist sich höchstens der Terminkalender. Ein falscher Eintrag, und schon ist ein ganzer Tag verdorben, manchmal unrettbar. Ich habe es zum Beispiel mal geschafft, gleich zwei Konzerte an einem Abend zu verpassen. In der Markthalle in Bahnhofsnähe sollten die Cowboy Junkies spielen, eine verehrungswürdige Americanaband aus Toronto; am gleichen Abend spielten Muse in der Großen Freiheit auf dem Kiez.
Zwei Bands also, die ich sehen musste, klar. Um kurz vor halb neun stehe ich vor der Markthalle und wundere mich über Hamburgs komplettes Desinteresse. Ich bin einsam. Und das ist kein Wunder, denn in Wahrheit spielen die Cowboy Junkies, wie sich durch ein Telefonat mit Ms. Columbo herausstellt, in der Musikhalle, und die liegt ganz woanders.
Statt nun durch die Stadt zu karriolen und weitere Zeit zu verlieren, hake ich die Kanadier bedauernd ab und begebe mich direkt auf den Weg zu Muse. In der Großen Freiheit indes kommen mir bei meiner Ankunft verblüffenderweise bereits glückstrunkene Fans entgegen. Wie sich herausstellt, hatten Muse vor allem deshalb so früh und schnörkellos gespielt, weil abends noch eine Fußballübertragung mit einem englischen Team anstand. Die wollten Muse keinesfalls versäumen.
Tatsache jedenfalls war: Ich hatte es geschafft, an nur einem Abend zwei Konzerte zu verpassen. Heute gelang mir das Gegenteil. Um 20 Uhr betrete ich die Große Freiheit, um Belle & Sebastian zu sehen. Sänger Stuart Murdoch, ein schottisches Sensibelchen mit den feinsten Folkpopsongs im Köcher seit Erfindung der Byrds, trägt ein weißes langärmliges T-Shirt mit schwarzen Querstreifen, und als ich eine Dreiviertelstunde später das nur wenige Meter entfernte Grünspan betrete und die Babyshambles in Augenschein nehme, fällt mir auf: Auch Skandalnudel, Superjunkie und Kate-Moss-Popper Pete Doherty trägt genau dieses Hemd.
Das überhaupt feststellen zu können, fällt schon unter die Rubrik „Wunder gibt es immer wieder“, denn eigentlich lässt Doherty circa neun von zehn Konzerten ausfallen. Entweder wurde er gerade mal wieder wegen Drogenbesitzes verhaftet oder wegen Schlägereien; oder weil Kate ihn in die Entziehungsklinik schickte oder weil er zu doof, zu stoned oder zu wirr war, rechtzeitig ins richtige Flugzeug zu steigen.
Heute Abend aber ist all das merkwürdigerweise nicht geschehen. Doherty hat sich nicht einmal chemisch immobilisiert. Im Gegenteil: Der Abend verläuft hocherfreulich; die Band jagt durch ein weites Land, dessen Grenzen Dylan, Pogues, Sex Pistols, Bob Marley und Clash abgesteckt haben, und am Ende explodiert ihr Hit „Fuck forever!“ in den Raum und schneidet die aus einer zähen dampfenden Suppe bestehende Grünspanluft in wadendicke Scheiben.
Vor mir taumelt dazu ein blonder besoffener Teenager konvulsivisch durch einen selbstgeschaffenen Freiraum, und plötzlich rennt er los und springt einem korpulenten Teddybär von Twen in den massigen Rücken. Der wird in andere Menschen hineingeschleudert, dreht sich empört um, funkelt den Blonden aber nur unsicher und passiv aggressiv an, ehe er sich hilfesuchend seiner Freundin zuwendet. Für ihn ist die Sache damit erledigt.
Doch kaum hat er sich wieder der Bühne zugewandt, nimmt der Blonde wieder Anlauf und springt ihn erneut von hinten an wie ein Känguru im Koffeinrausch. Der Teddybär belässt es neuerlich bei einem mittelbösen Blick; dabei wäre inzwischen eine scharfe, gar körperliche Reaktion mehr als angemessen. Doch er ist jemand, der immer einstecken wird. Und der blonde Bengel wird irgendwann im Suff einmal an den Falschen geraten und danach mit einer krummen Nase durchs Leben laufen müssen.
Jetzt weiß er das noch nicht. Im Moment beherrscht Doherty seine Gedanken und Gefühle ganz und gar. Wie Doherty auf dem Wellenkamm brüllender Gitarren sein „Fuck forever!“ in die Welt schreit, als gäbe es kein Morgen: Das ist alles, was zählt. Und was kann ein Popsong mehr erreichen, als für drei Minuten der Zeit in die Speichen zu greifen, so dass Vergangenheit und Zukunft aufhören zu existieren und alles nur Gegenwart ist, eingefroren in Lärm und Schweiß und der Verheißung eines ewigen, glückseligen Stillstands?
Ja, das ist die große Fähigkeit des Pop: Für drei Minuten kann er eine Lüge so glaubhaft groß in den Raum stellen, dass sie zur unumstößlichen Wahrheit wird. Selbst ein Junkie wie Doherty kann das; selbst wenn er das gleiche Hemd trägt wie Stuart Murdoch, das schottische Sensibelchen von nebenan.
Foto: Die Deckenlampe des Grünspans, zitternd im Energiefeld des Pop.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs, welche die Zeit stillstehen lassen können
1. „Gone up in flames“ von Morning Runner
2. „Sway“ von The Rolling Stones
3. „When the sun hits“ von Slowdive
Als großer Schwachpunkt erweist sich höchstens der Terminkalender. Ein falscher Eintrag, und schon ist ein ganzer Tag verdorben, manchmal unrettbar. Ich habe es zum Beispiel mal geschafft, gleich zwei Konzerte an einem Abend zu verpassen. In der Markthalle in Bahnhofsnähe sollten die Cowboy Junkies spielen, eine verehrungswürdige Americanaband aus Toronto; am gleichen Abend spielten Muse in der Großen Freiheit auf dem Kiez.
Zwei Bands also, die ich sehen musste, klar. Um kurz vor halb neun stehe ich vor der Markthalle und wundere mich über Hamburgs komplettes Desinteresse. Ich bin einsam. Und das ist kein Wunder, denn in Wahrheit spielen die Cowboy Junkies, wie sich durch ein Telefonat mit Ms. Columbo herausstellt, in der Musikhalle, und die liegt ganz woanders.
Statt nun durch die Stadt zu karriolen und weitere Zeit zu verlieren, hake ich die Kanadier bedauernd ab und begebe mich direkt auf den Weg zu Muse. In der Großen Freiheit indes kommen mir bei meiner Ankunft verblüffenderweise bereits glückstrunkene Fans entgegen. Wie sich herausstellt, hatten Muse vor allem deshalb so früh und schnörkellos gespielt, weil abends noch eine Fußballübertragung mit einem englischen Team anstand. Die wollten Muse keinesfalls versäumen.
Tatsache jedenfalls war: Ich hatte es geschafft, an nur einem Abend zwei Konzerte zu verpassen. Heute gelang mir das Gegenteil. Um 20 Uhr betrete ich die Große Freiheit, um Belle & Sebastian zu sehen. Sänger Stuart Murdoch, ein schottisches Sensibelchen mit den feinsten Folkpopsongs im Köcher seit Erfindung der Byrds, trägt ein weißes langärmliges T-Shirt mit schwarzen Querstreifen, und als ich eine Dreiviertelstunde später das nur wenige Meter entfernte Grünspan betrete und die Babyshambles in Augenschein nehme, fällt mir auf: Auch Skandalnudel, Superjunkie und Kate-Moss-Popper Pete Doherty trägt genau dieses Hemd.
Das überhaupt feststellen zu können, fällt schon unter die Rubrik „Wunder gibt es immer wieder“, denn eigentlich lässt Doherty circa neun von zehn Konzerten ausfallen. Entweder wurde er gerade mal wieder wegen Drogenbesitzes verhaftet oder wegen Schlägereien; oder weil Kate ihn in die Entziehungsklinik schickte oder weil er zu doof, zu stoned oder zu wirr war, rechtzeitig ins richtige Flugzeug zu steigen.
Heute Abend aber ist all das merkwürdigerweise nicht geschehen. Doherty hat sich nicht einmal chemisch immobilisiert. Im Gegenteil: Der Abend verläuft hocherfreulich; die Band jagt durch ein weites Land, dessen Grenzen Dylan, Pogues, Sex Pistols, Bob Marley und Clash abgesteckt haben, und am Ende explodiert ihr Hit „Fuck forever!“ in den Raum und schneidet die aus einer zähen dampfenden Suppe bestehende Grünspanluft in wadendicke Scheiben.
Vor mir taumelt dazu ein blonder besoffener Teenager konvulsivisch durch einen selbstgeschaffenen Freiraum, und plötzlich rennt er los und springt einem korpulenten Teddybär von Twen in den massigen Rücken. Der wird in andere Menschen hineingeschleudert, dreht sich empört um, funkelt den Blonden aber nur unsicher und passiv aggressiv an, ehe er sich hilfesuchend seiner Freundin zuwendet. Für ihn ist die Sache damit erledigt.
Doch kaum hat er sich wieder der Bühne zugewandt, nimmt der Blonde wieder Anlauf und springt ihn erneut von hinten an wie ein Känguru im Koffeinrausch. Der Teddybär belässt es neuerlich bei einem mittelbösen Blick; dabei wäre inzwischen eine scharfe, gar körperliche Reaktion mehr als angemessen. Doch er ist jemand, der immer einstecken wird. Und der blonde Bengel wird irgendwann im Suff einmal an den Falschen geraten und danach mit einer krummen Nase durchs Leben laufen müssen.
Jetzt weiß er das noch nicht. Im Moment beherrscht Doherty seine Gedanken und Gefühle ganz und gar. Wie Doherty auf dem Wellenkamm brüllender Gitarren sein „Fuck forever!“ in die Welt schreit, als gäbe es kein Morgen: Das ist alles, was zählt. Und was kann ein Popsong mehr erreichen, als für drei Minuten der Zeit in die Speichen zu greifen, so dass Vergangenheit und Zukunft aufhören zu existieren und alles nur Gegenwart ist, eingefroren in Lärm und Schweiß und der Verheißung eines ewigen, glückseligen Stillstands?
Ja, das ist die große Fähigkeit des Pop: Für drei Minuten kann er eine Lüge so glaubhaft groß in den Raum stellen, dass sie zur unumstößlichen Wahrheit wird. Selbst ein Junkie wie Doherty kann das; selbst wenn er das gleiche Hemd trägt wie Stuart Murdoch, das schottische Sensibelchen von nebenan.
Foto: Die Deckenlampe des Grünspans, zitternd im Energiefeld des Pop.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs, welche die Zeit stillstehen lassen können
1. „Gone up in flames“ von Morning Runner
2. „Sway“ von The Rolling Stones
3. „When the sun hits“ von Slowdive
11 Mai 2006
Null zu eins
Kramer und ich wollen unsere Fähigkeiten im Tischtennis wieder reaktivieren, wollen sie aus den Tiefen unserer neuronalen Netze hervorfischen. So etwas verlernt man ja nicht mehr, es ist nur verschüttet. Man muss das Körpergedächtnis wecken.
Entscheidend dafür ist eine Tischtennisplatte, und die haben wir unlängst auf einem Spielplatz in der Nähe der Redaktion entdeckt. Als wir mit Schlägern, Bällen und erwartungsfrohen neuronalen Netzen dort eintreffen, stellt die Platte sich als missbraucht heraus.
Eine Handvoll Erstklässlerinnen schubst darauf einen fußballgroßen Plastikball hin und her, und die Ansage eines der Mädchen („Eins zu null!“) minimiert unsere Hoffnung, in absehbarer Zeit die Spielfläche okkupieren zu können.
Trotzdem warten wir eine Weile, während der Punktestand enervierend langsam fortschreitet. Die Kinder sind offenbar angetan von ihrem öden Spiel. Also beschließen wir, den Spielplatz suchend zu umrunden – in der Hoffnung auf eine weitere, am besten freie Platte, finden aber nichts.
Alles ist da: Rutschbahnen, Drehscheiben, Reifenschaukeln, krakeelende Bälger aller Sprachen und Nationen, doch kein weiteres Rechteck mit aufgespanntem Netz. Wir postieren uns wieder in Plattennähe, um sofort einschreiten zu können, wenn die rücksichtslose Brut für eine Sekunde das Territorium freigeben sollte. „Eins zu null!“, schallt es schon wieder herüber, und wir sacken innerlich zusammen. Sie haben offenbar von vorne angefangen.
Mir wird kurz bewusst, wie die Situation auch missdeutet werden kann. Zwei erwachsene Männer mit deutlichen Alterungserscheinungen lungern an einem Kinderspielplatz herum und beobachten Vorschulmädchen beim elastischen Körperspiel. Ich versuche, möglichst antipädophil dreinzuschauen. Kramer auch.
„Eins zu null!“
Wir geben auf. Im Weggehen passieren wir eine ungefähr Vierjährige. „Du wirst irgendwann unsere Rente bezahlen müssen“, eröffne ich ihr freundlich und bestimmt, doch die Göre heuchelt Unverständnis.
Ein Tag der Niederlagen. Dabei haben wir keinen einzigen Ball geschlagen.
PS: Nein, das Bild hat keinen Bezug zu dieser Geschichte. Aber ich konnte die Kinder ja schlecht fotografieren. Spätestens dann hätte irgendjemand die Polizei gerufen.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs mit Sportbezug
1. „Rummenigge all night long“ von Alain & Denise
2. „Football“ von Iggy Pop
3. „In Zaire“ von Johnny Wakelin
Entscheidend dafür ist eine Tischtennisplatte, und die haben wir unlängst auf einem Spielplatz in der Nähe der Redaktion entdeckt. Als wir mit Schlägern, Bällen und erwartungsfrohen neuronalen Netzen dort eintreffen, stellt die Platte sich als missbraucht heraus.
Eine Handvoll Erstklässlerinnen schubst darauf einen fußballgroßen Plastikball hin und her, und die Ansage eines der Mädchen („Eins zu null!“) minimiert unsere Hoffnung, in absehbarer Zeit die Spielfläche okkupieren zu können.
Trotzdem warten wir eine Weile, während der Punktestand enervierend langsam fortschreitet. Die Kinder sind offenbar angetan von ihrem öden Spiel. Also beschließen wir, den Spielplatz suchend zu umrunden – in der Hoffnung auf eine weitere, am besten freie Platte, finden aber nichts.
Alles ist da: Rutschbahnen, Drehscheiben, Reifenschaukeln, krakeelende Bälger aller Sprachen und Nationen, doch kein weiteres Rechteck mit aufgespanntem Netz. Wir postieren uns wieder in Plattennähe, um sofort einschreiten zu können, wenn die rücksichtslose Brut für eine Sekunde das Territorium freigeben sollte. „Eins zu null!“, schallt es schon wieder herüber, und wir sacken innerlich zusammen. Sie haben offenbar von vorne angefangen.
Mir wird kurz bewusst, wie die Situation auch missdeutet werden kann. Zwei erwachsene Männer mit deutlichen Alterungserscheinungen lungern an einem Kinderspielplatz herum und beobachten Vorschulmädchen beim elastischen Körperspiel. Ich versuche, möglichst antipädophil dreinzuschauen. Kramer auch.
„Eins zu null!“
Wir geben auf. Im Weggehen passieren wir eine ungefähr Vierjährige. „Du wirst irgendwann unsere Rente bezahlen müssen“, eröffne ich ihr freundlich und bestimmt, doch die Göre heuchelt Unverständnis.
Ein Tag der Niederlagen. Dabei haben wir keinen einzigen Ball geschlagen.
PS: Nein, das Bild hat keinen Bezug zu dieser Geschichte. Aber ich konnte die Kinder ja schlecht fotografieren. Spätestens dann hätte irgendjemand die Polizei gerufen.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs mit Sportbezug
1. „Rummenigge all night long“ von Alain & Denise
2. „Football“ von Iggy Pop
3. „In Zaire“ von Johnny Wakelin
Warten auf TempEau
Kurzfristig hat TempEau, die älteste Boygroup der Welt, zu einem Barkassenkonzert in den Hafen geladen.
Die Schaluppe, so der Plan, schippert elbauf und -ab, während die Band den wolken- und makellosen Frühlingsabend mit Punkrock veredelt.
Ein genialer Trick: Wenn man’s doof findet, kann man trotzdem nicht abhauen.
Doch ich komme dank diverser Termine eh zu spät und vertreibe mir an Brücke 10 die Zeit bis zur Rückkehr der Ausflügler. Ergebnis des Wartens auf TempEau: dieses Foto.
PS: Eine Barkasse ist keine Schaluppe, stimmt. Aber schon so ähnlich.
Ex cathedra: Die Top 3 der Hafensongs
1. „Le port d’Amsterdam“ von Jacques Brel
2. „When the ship comes in“ von Bob Dylan
3. „Harbour city“ von Third I Vision
Die Schaluppe, so der Plan, schippert elbauf und -ab, während die Band den wolken- und makellosen Frühlingsabend mit Punkrock veredelt.
Ein genialer Trick: Wenn man’s doof findet, kann man trotzdem nicht abhauen.
Doch ich komme dank diverser Termine eh zu spät und vertreibe mir an Brücke 10 die Zeit bis zur Rückkehr der Ausflügler. Ergebnis des Wartens auf TempEau: dieses Foto.
PS: Eine Barkasse ist keine Schaluppe, stimmt. Aber schon so ähnlich.
Ex cathedra: Die Top 3 der Hafensongs
1. „Le port d’Amsterdam“ von Jacques Brel
2. „When the ship comes in“ von Bob Dylan
3. „Harbour city“ von Third I Vision
09 Mai 2006
Fifa World Cup? Nö: Fifi Wild Cup!
Nur noch drei Wochen bis zur WM!! Aber es sind doch noch mehr als vier, werden Schlaumeier jetzt einwenden. Falsch. Denn bereits ab 29. Mai steigt auf der Rückseite der Reeperbahn – genauer gesagt: im Millerntorstadion – die Mini-WM. Oder offiziell: der Fifi Wild Cup 2006.
Es nehmen Teams teil, die aus diversen Gründen, darunter fadenscheinigen, bisher nicht von der Fifa aufgenommen wurden. Nehmen wir Grönland. Grönland ist zwar sechsmal so groß wie Deutschland, darf aber nicht in die Fifa, weil es keinen Naturrasenplatz hat. Talente, Supertechniker, Hooligans: haben sie alles, die Grönländer, das ist Fifa-Boss Sepp Blatter aber alles wurst. Gras muss wachsen, sonst schüttelt er, dem selbst dort kaum noch was wächst, wo’s wirklich wichtig ist, bedauernd den Kopf. Auch Tibet rüttelt verzweifelt, doch vergebens am Zaun. Und warum – weil es zu hoch liegt? Blatter, selbst alpiner Herkunft, schweigt dazu betreten.
Auch gegenüber Sansibar und der Republik St. Pauli zeigt die Fifa sich arrogant und hartleibig. Bei der Mini-WM aber dürfen sie mitspielen; dafür sorgt die Kieztoleranz. Wer tagtäglich mit Olivia Jones konfrontiert wird, hat schließlich ein ausgeleiertes Verständnis von dem, was geht und was nicht.
Zurück zum Spocht: Wie ist eigentlich die Formkurve der Teams, was sagt der Biorhythmus, gibt es verletzte Stars, sind die Bälle aufgepumpt? Es ist nicht leicht, Einzelheiten in Erfahrung zu bringen. Ich sage nur: Geheimtraining! Schreiten wir also zur Ferndiagnose.
Tibet scheint mir persönlich immense Vorteile zu haben. Schließlich trainieren sie das ganze Jahr über in ungefähr 60 000 Metern Höhe, ihre Atmungsorgane müssen sogar im Schlaf schuften wie Reiner Calmund allerhöchstens beim Liebesakt. Das führt natürlich – bei Tibetern, nicht bei Calmund – zu einer Lungenmuskulatur, die sogar der Hulk allenfalls am Glutaeus maximus aufweisen kann. Reisen die Tibeter also jetzt zur Rückseite der Reeperbahn, die sich nur eine Daumenbreite über Meereshöhe befindet, sind sie so leistungsfähig wie Popeye nach einer Überdosis Spinat.
Gegen die Favorisierung des Bergvolks spricht allerdings die schmähliche 1:4-Klatsche, die es sich trotz überlegener Lungen 2001 auf Grönland einfing. Offenbar führt die fischreiche Ernährung der Nordmänner zu fußballspezifischen Vorteilen. Zumindest in dieser Hinsicht dürfte Sansibar problemlos mithalten. Die klimatischen Verhältnisse am Millerntor im Spätfrühling werden dem Sansibarer bekannter vorkommen als dem dauerhaft vereisten Grönländer. Problem: Die Männer von vor der Küste Ostafrikas werden von einem ausgewiesenen Hirni trainiert, nämlich Oliver Pocher. Mal ehrlich: Dann hätten sie auch gleich Lothar Matthäus nehmen können.
Kaum Akklimatisierungsprobleme dürfte auch Gibraltar haben, das zudem, wäre es ein Club, zu den altehrwürdigsten Traditionsvereinen der Welt gezählt werden müsste. Seit 1895 trainieren die Männer vom Affenfelsen für den Fifi Wild Cup 2006; jetzt könnte ihre große Stunde schlagen. Bleibt als große Unbekannte die Republik St. Pauli, mit 2,6 Quadratkilometern der flächenmäßig kleinste Teilnehmerstaat. Man muss sich das mal vorstellen: St. Pauli passt 833.000-mal in Grönland!
Eine noch größere Unbekannte ist allerdings das ominöse sechste Team, welches aus bundesweiten Bewerbern ausgesucht wird und kurz vor Turnierbeginn noch ins Feld rutschen soll. Wie auch immer: Ich und meine Kumpels werden da sein ab 29. Mai, wenn die Mini-WM angepfiffen wird; vielleicht kann ich sogar Ms. Columbo überreden. Ja, ich will dabei sein, wenn die tibetanischen Pferdelungen alle anderen in Grund und Boden rennen und die Grönländer schwitzen wie die Iltisse. Vielleicht sehen wir uns ja auf der Gegengeraden.
Man kann sich übrigens einfach so eine Karte kaufen. Blatter wird toben!
PS: Dass auch diese Veranstaltung von interessierten Firmen gesponsert wird, ist mir egal. Dazu ist sie einfach zu charmant.
Ex cathedra: Die Top 3 der Lieder über die Kleinen
1. „Short people“ von Randy Newman
2. „Little Willy“ von The Sweet
3. „Tiny island“ von Leo Kottke
Es nehmen Teams teil, die aus diversen Gründen, darunter fadenscheinigen, bisher nicht von der Fifa aufgenommen wurden. Nehmen wir Grönland. Grönland ist zwar sechsmal so groß wie Deutschland, darf aber nicht in die Fifa, weil es keinen Naturrasenplatz hat. Talente, Supertechniker, Hooligans: haben sie alles, die Grönländer, das ist Fifa-Boss Sepp Blatter aber alles wurst. Gras muss wachsen, sonst schüttelt er, dem selbst dort kaum noch was wächst, wo’s wirklich wichtig ist, bedauernd den Kopf. Auch Tibet rüttelt verzweifelt, doch vergebens am Zaun. Und warum – weil es zu hoch liegt? Blatter, selbst alpiner Herkunft, schweigt dazu betreten.
Auch gegenüber Sansibar und der Republik St. Pauli zeigt die Fifa sich arrogant und hartleibig. Bei der Mini-WM aber dürfen sie mitspielen; dafür sorgt die Kieztoleranz. Wer tagtäglich mit Olivia Jones konfrontiert wird, hat schließlich ein ausgeleiertes Verständnis von dem, was geht und was nicht.
Zurück zum Spocht: Wie ist eigentlich die Formkurve der Teams, was sagt der Biorhythmus, gibt es verletzte Stars, sind die Bälle aufgepumpt? Es ist nicht leicht, Einzelheiten in Erfahrung zu bringen. Ich sage nur: Geheimtraining! Schreiten wir also zur Ferndiagnose.
Tibet scheint mir persönlich immense Vorteile zu haben. Schließlich trainieren sie das ganze Jahr über in ungefähr 60 000 Metern Höhe, ihre Atmungsorgane müssen sogar im Schlaf schuften wie Reiner Calmund allerhöchstens beim Liebesakt. Das führt natürlich – bei Tibetern, nicht bei Calmund – zu einer Lungenmuskulatur, die sogar der Hulk allenfalls am Glutaeus maximus aufweisen kann. Reisen die Tibeter also jetzt zur Rückseite der Reeperbahn, die sich nur eine Daumenbreite über Meereshöhe befindet, sind sie so leistungsfähig wie Popeye nach einer Überdosis Spinat.
Gegen die Favorisierung des Bergvolks spricht allerdings die schmähliche 1:4-Klatsche, die es sich trotz überlegener Lungen 2001 auf Grönland einfing. Offenbar führt die fischreiche Ernährung der Nordmänner zu fußballspezifischen Vorteilen. Zumindest in dieser Hinsicht dürfte Sansibar problemlos mithalten. Die klimatischen Verhältnisse am Millerntor im Spätfrühling werden dem Sansibarer bekannter vorkommen als dem dauerhaft vereisten Grönländer. Problem: Die Männer von vor der Küste Ostafrikas werden von einem ausgewiesenen Hirni trainiert, nämlich Oliver Pocher. Mal ehrlich: Dann hätten sie auch gleich Lothar Matthäus nehmen können.
Kaum Akklimatisierungsprobleme dürfte auch Gibraltar haben, das zudem, wäre es ein Club, zu den altehrwürdigsten Traditionsvereinen der Welt gezählt werden müsste. Seit 1895 trainieren die Männer vom Affenfelsen für den Fifi Wild Cup 2006; jetzt könnte ihre große Stunde schlagen. Bleibt als große Unbekannte die Republik St. Pauli, mit 2,6 Quadratkilometern der flächenmäßig kleinste Teilnehmerstaat. Man muss sich das mal vorstellen: St. Pauli passt 833.000-mal in Grönland!
Eine noch größere Unbekannte ist allerdings das ominöse sechste Team, welches aus bundesweiten Bewerbern ausgesucht wird und kurz vor Turnierbeginn noch ins Feld rutschen soll. Wie auch immer: Ich und meine Kumpels werden da sein ab 29. Mai, wenn die Mini-WM angepfiffen wird; vielleicht kann ich sogar Ms. Columbo überreden. Ja, ich will dabei sein, wenn die tibetanischen Pferdelungen alle anderen in Grund und Boden rennen und die Grönländer schwitzen wie die Iltisse. Vielleicht sehen wir uns ja auf der Gegengeraden.
Man kann sich übrigens einfach so eine Karte kaufen. Blatter wird toben!
PS: Dass auch diese Veranstaltung von interessierten Firmen gesponsert wird, ist mir egal. Dazu ist sie einfach zu charmant.
Ex cathedra: Die Top 3 der Lieder über die Kleinen
1. „Short people“ von Randy Newman
2. „Little Willy“ von The Sweet
3. „Tiny island“ von Leo Kottke
08 Mai 2006
Doktor, meine Augen!
Wenn du acht Stunden lang über fünfzig Plattenkritiken redigiert hast, fühlen sich deine Augen an wie glühende Bleikugeln; du willst sie am liebsten in eine Schüssel mit zerstampftem Eis legen.
Und wenn dir nach einem solchen Tag abends ein freundlicher Mensch die Gelegenheit gibt, aus dem 14. Stock des Reeperbahnhochhauses einen blutigen Sonnenuntergang zu fotografieren, dann … kann am Ende schon mal eine wilde Photoshoppsychedelia dabei herauskommen.
Den blauen Fleck hinterließ übrigens eins jener Neonvierecke, die zurzeit über Hamburgs Dächern schweben und Fußballtore symbolisieren. Es gibt kein Entkommen.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs mit Augenbezug
1. „Doctor my eyes“ von Jackson Browne
2. „As long as I can see the light“ von CCR
3. „Blinded by the light“ von Manfred Mann’s Earthband
Und wenn dir nach einem solchen Tag abends ein freundlicher Mensch die Gelegenheit gibt, aus dem 14. Stock des Reeperbahnhochhauses einen blutigen Sonnenuntergang zu fotografieren, dann … kann am Ende schon mal eine wilde Photoshoppsychedelia dabei herauskommen.
Den blauen Fleck hinterließ übrigens eins jener Neonvierecke, die zurzeit über Hamburgs Dächern schweben und Fußballtore symbolisieren. Es gibt kein Entkommen.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs mit Augenbezug
1. „Doctor my eyes“ von Jackson Browne
2. „As long as I can see the light“ von CCR
3. „Blinded by the light“ von Manfred Mann’s Earthband
07 Mai 2006
Bloggerlesung im Narrengarten
Während sich MILLIONEN unten an den Landungsbrücken beim 817. Hafengeburtstag die Kante geben, tun es rund 100 im proppevollen Fools Garden bei der Bloggerlesung. Das Gros der Promille erarbeitet man sich hier aber erst nach der Prosa, soviel Anstand muss sein. In nur fünf Minuten radle ich von der Rückseite der Reeperbahn dorthin: ein Entgegenkommen bei der Auswahl des Veranstaltungsortes, das ich spaßeshalber kurzzeitig auf mich münze.
Versammelt ist die Crème de la Crème der Szene. Es lesen Burnster (über einen großen Affen aus der Sicht einer kleinen Frau), MC Winkel (über Schwanzvergleiche auf dem Herrenklo), Kid37 (über das Schwimmengehen mit phallischen Baguettes), Don Dahlmann (über Lachanfälle beim Tantrakurs), die Schwadroneuse (über die komplexe Verbindung zwischen Hundehaufen und Flirtchancen), Lu (über … hm, weiß nicht mehr, waren aber mehrere klasse Kurztexte), Lyssa (über das Schicksal, beim Ballett wegen eines „soliden“ Körperbaus immer als Herrenersatz herhalten zu müssen), Herr Paulsen (über das versehentliche Verlieren der späteren Verlobten während einer Überfahrt nach Sylt), Merlix (über etwas … ganz großartig Witziges, das mir aber gerade beim Niederschreibenwollen gedanklich entflutscht) und weitere, die mir just nicht mehr einfallen.
Im Publikum sichtet man weitere Blogger, darunter ix und mspro, und das Ganze wird zu einem höchst kurzweiligen Dreistundenabend, der eins klar beweist: Blogs sind eine wunderbare Kreativmaschine, in denen es so witzig wie tabulos zugeht, so tragikomisch wie rabenschwarz – und die einzige Dame, die garantiert kein Visum kriegt fürs wilde, weite, schillernde Blogsurdistan, ist Frau Langeweile.
Das alles hat – zum Glück – noch immer viel von fröhlich legerem Untergrund, was man auch an kleinen Vorfällen am Rande merkt. Auf meinen Fünfzigeuroschein kann man an der Kasse nicht herausgeben (die lachhaften drei Euro Eintritt definieren übrigens – wie sich später herausstellen wird – ein Kosten/Nutzen-Verhältnis, für das jeder Großfirmensanierer töten würde); trotzdem kriege ich nach meiner treuherzig-pathetisch vorgebrachten Versicherung „Ich zahle später, ihr könnte mir vertrauen!“ den Einlassstempel auf den Daumenballen gedrückt.
Als ehrliche Haut marschiere ich sofort zum Tresen, um zum einen den Bierpegel auf bloglesungskompatibles Niveau zu hieven und zugleich meinen Fünfziger in handliche Teilmengen zu zerlegen, damit ich rasch meine Schulden am Einlass begleichen kann. Eine Minute später habe ich zusätzlich Schulden an der Bar, weil man auch dort vor der Gewaltigkeit des Fuffis kapitulieren muss – gleichwohl aber bereit ist, mir ein Flens auf Pump auszuhändigen.
Ich und mein unkaputtbarer Fünfziger müssen uns also im Lauf des Abends nicht nur auf die Lesung konzentrieren, sondern auch darauf, die anwachsende Zahl der Gläubiger zeitnah zu bedienen. Beides klappt.
Auf dem Rückweg muss ich feststellen, dass die Brandung der MILLIONEN Besucher des Hafengeburtstags inzwischen hochgeschwappt ist bis in Reeperbahnrückseitennähe. Autos stauen sich, sie hupen wütend, ihre Fenster sind offen, und aus einem, das vollbesetzt ist mit türkischen Teenagertestosteronbomben, kreischt mir beim Vorüberfahren ein Gesicht scatartige Lautfolgen vors Rad, als wollte es meine Reifen zum Platzen bringen. Seine Augen sind weitaufgerissen unterm Druck der pulsierenden Energie verbotener Substanzen, und sie leuchten, als unterzöge sich der junge Mann gerade einer Elektroschocktherapie.
Der ganze Kiez: ein einziger Fools Garden.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs mit Lesebezug
1. „A day in a life“ von The Beatles
2. „Summertime in England“ von Van Morrison
3. „Book artists and poets“ von Steve Miller
Versammelt ist die Crème de la Crème der Szene. Es lesen Burnster (über einen großen Affen aus der Sicht einer kleinen Frau), MC Winkel (über Schwanzvergleiche auf dem Herrenklo), Kid37 (über das Schwimmengehen mit phallischen Baguettes), Don Dahlmann (über Lachanfälle beim Tantrakurs), die Schwadroneuse (über die komplexe Verbindung zwischen Hundehaufen und Flirtchancen), Lu (über … hm, weiß nicht mehr, waren aber mehrere klasse Kurztexte), Lyssa (über das Schicksal, beim Ballett wegen eines „soliden“ Körperbaus immer als Herrenersatz herhalten zu müssen), Herr Paulsen (über das versehentliche Verlieren der späteren Verlobten während einer Überfahrt nach Sylt), Merlix (über etwas … ganz großartig Witziges, das mir aber gerade beim Niederschreibenwollen gedanklich entflutscht) und weitere, die mir just nicht mehr einfallen.
Im Publikum sichtet man weitere Blogger, darunter ix und mspro, und das Ganze wird zu einem höchst kurzweiligen Dreistundenabend, der eins klar beweist: Blogs sind eine wunderbare Kreativmaschine, in denen es so witzig wie tabulos zugeht, so tragikomisch wie rabenschwarz – und die einzige Dame, die garantiert kein Visum kriegt fürs wilde, weite, schillernde Blogsurdistan, ist Frau Langeweile.
Das alles hat – zum Glück – noch immer viel von fröhlich legerem Untergrund, was man auch an kleinen Vorfällen am Rande merkt. Auf meinen Fünfzigeuroschein kann man an der Kasse nicht herausgeben (die lachhaften drei Euro Eintritt definieren übrigens – wie sich später herausstellen wird – ein Kosten/Nutzen-Verhältnis, für das jeder Großfirmensanierer töten würde); trotzdem kriege ich nach meiner treuherzig-pathetisch vorgebrachten Versicherung „Ich zahle später, ihr könnte mir vertrauen!“ den Einlassstempel auf den Daumenballen gedrückt.
Als ehrliche Haut marschiere ich sofort zum Tresen, um zum einen den Bierpegel auf bloglesungskompatibles Niveau zu hieven und zugleich meinen Fünfziger in handliche Teilmengen zu zerlegen, damit ich rasch meine Schulden am Einlass begleichen kann. Eine Minute später habe ich zusätzlich Schulden an der Bar, weil man auch dort vor der Gewaltigkeit des Fuffis kapitulieren muss – gleichwohl aber bereit ist, mir ein Flens auf Pump auszuhändigen.
Ich und mein unkaputtbarer Fünfziger müssen uns also im Lauf des Abends nicht nur auf die Lesung konzentrieren, sondern auch darauf, die anwachsende Zahl der Gläubiger zeitnah zu bedienen. Beides klappt.
Auf dem Rückweg muss ich feststellen, dass die Brandung der MILLIONEN Besucher des Hafengeburtstags inzwischen hochgeschwappt ist bis in Reeperbahnrückseitennähe. Autos stauen sich, sie hupen wütend, ihre Fenster sind offen, und aus einem, das vollbesetzt ist mit türkischen Teenagertestosteronbomben, kreischt mir beim Vorüberfahren ein Gesicht scatartige Lautfolgen vors Rad, als wollte es meine Reifen zum Platzen bringen. Seine Augen sind weitaufgerissen unterm Druck der pulsierenden Energie verbotener Substanzen, und sie leuchten, als unterzöge sich der junge Mann gerade einer Elektroschocktherapie.
Der ganze Kiez: ein einziger Fools Garden.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs mit Lesebezug
1. „A day in a life“ von The Beatles
2. „Summertime in England“ von Van Morrison
3. „Book artists and poets“ von Steve Miller
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