Es nehmen Teams teil, die aus diversen Gründen, darunter fadenscheinigen, bisher nicht von der Fifa aufgenommen wurden. Nehmen wir Grönland. Grönland ist zwar sechsmal so groß wie Deutschland, darf aber nicht in die Fifa, weil es keinen Naturrasenplatz hat. Talente, Supertechniker, Hooligans: haben sie alles, die Grönländer, das ist Fifa-Boss Sepp Blatter aber alles wurst. Gras muss wachsen, sonst schüttelt er, dem selbst dort kaum noch was wächst, wo’s wirklich wichtig ist, bedauernd den Kopf. Auch Tibet rüttelt verzweifelt, doch vergebens am Zaun. Und warum – weil es zu hoch liegt? Blatter, selbst alpiner Herkunft, schweigt dazu betreten.
Auch gegenüber Sansibar und der Republik St. Pauli zeigt die Fifa sich arrogant und hartleibig. Bei der Mini-WM aber dürfen sie mitspielen; dafür sorgt die Kieztoleranz. Wer tagtäglich mit Olivia Jones konfrontiert wird, hat schließlich ein ausgeleiertes Verständnis von dem, was geht und was nicht.
Zurück zum Spocht: Wie ist eigentlich die Formkurve der Teams, was sagt der Biorhythmus, gibt es verletzte Stars, sind die Bälle aufgepumpt? Es ist nicht leicht, Einzelheiten in Erfahrung zu bringen. Ich sage nur: Geheimtraining! Schreiten wir also zur Ferndiagnose.
Tibet scheint mir persönlich immense Vorteile zu haben. Schließlich trainieren sie das ganze Jahr über in ungefähr 60 000 Metern Höhe, ihre Atmungsorgane müssen sogar im Schlaf schuften wie Reiner Calmund allerhöchstens beim Liebesakt. Das führt natürlich – bei Tibetern, nicht bei Calmund – zu einer Lungenmuskulatur, die sogar der Hulk allenfalls am Glutaeus maximus aufweisen kann. Reisen die Tibeter also jetzt zur Rückseite der Reeperbahn, die sich nur eine Daumenbreite über Meereshöhe befindet, sind sie so leistungsfähig wie Popeye nach einer Überdosis Spinat.
Gegen die Favorisierung des Bergvolks spricht allerdings die schmähliche 1:4-Klatsche, die es sich trotz überlegener Lungen 2001 auf Grönland einfing. Offenbar führt die fischreiche Ernährung der Nordmänner zu fußballspezifischen Vorteilen. Zumindest in dieser Hinsicht dürfte Sansibar problemlos mithalten. Die klimatischen Verhältnisse am Millerntor im Spätfrühling werden dem Sansibarer bekannter vorkommen als dem dauerhaft vereisten Grönländer. Problem: Die Männer von vor der Küste Ostafrikas werden von einem ausgewiesenen Hirni trainiert, nämlich Oliver Pocher. Mal ehrlich: Dann hätten sie auch gleich Lothar Matthäus nehmen können.
Kaum Akklimatisierungsprobleme dürfte auch Gibraltar haben, das zudem, wäre es ein Club, zu den altehrwürdigsten Traditionsvereinen der Welt gezählt werden müsste. Seit 1895 trainieren die Männer vom Affenfelsen für den Fifi Wild Cup 2006; jetzt könnte ihre große Stunde schlagen. Bleibt als große Unbekannte die Republik St. Pauli, mit 2,6 Quadratkilometern der flächenmäßig kleinste Teilnehmerstaat. Man muss sich das mal vorstellen: St. Pauli passt 833.000-mal in Grönland!
Eine noch größere Unbekannte ist allerdings das ominöse sechste Team, welches aus bundesweiten Bewerbern ausgesucht wird und kurz vor Turnierbeginn noch ins Feld rutschen soll. Wie auch immer: Ich und meine Kumpels werden da sein ab 29. Mai, wenn die Mini-WM angepfiffen wird; vielleicht kann ich sogar Ms. Columbo überreden. Ja, ich will dabei sein, wenn die tibetanischen Pferdelungen alle anderen in Grund und Boden rennen und die Grönländer schwitzen wie die Iltisse. Vielleicht sehen wir uns ja auf der Gegengeraden.
Man kann sich übrigens einfach so eine Karte kaufen. Blatter wird toben!
PS: Dass auch diese Veranstaltung von interessierten Firmen gesponsert wird, ist mir egal. Dazu ist sie einfach zu charmant.
Ex cathedra: Die Top 3 der Lieder über die Kleinen
1. „Short people“ von Randy Newman
2. „Little Willy“ von The Sweet
3. „Tiny island“ von Leo Kottke