28 Oktober 2011

Stuck in the middle with you



Der arme Linienbus hatte sich auf dem Wendehammer eingangs der Speicherstadt heillos festgefahren. Nichts ging mehr, kein Vor, kein Zurück, auch eine spontane Levitation stand augenscheinlich nicht zur Debatte.

Der Lenker hatte im verständlichen Bestreben, die Kurve zu kriegen, seinen Trumm von Bus wohl so lange rumrangiert, bis die Hinterräder auf dem Bordstein standen und die Vorderräder ebenfalls. Dadurch wurde das Reifenpaar vor der Hinterachse, welches anscheinend ganz allein für den Antrieb verantwortlich war, zu seinem großen Entzücken weitgehend entlastet. Es hatte praktisch jeden Bodendruck verloren und drehte jetzt so richtig durch.

Eine automobilistische Fehlkonstruktion, die allerdings einer zusätzlichen fahrerischen Fehlleistung an einem geeigneten Ort wie diesem bedurfte, um weltöffentlich zu werden. Jedenfalls war der Busfahrer in Not sowie die Passagiere ratlos bis verärgert und teils schon frustriert ausgestiegen.

Doch schnell fand sich eine Gruppe zufälliger Passanten, zu der ich die Ehre hatte, zählen zu dürfen, die gewillt war anzupacken. Wie in „Erdbeben“ oder „The Day after tomorrow“. Wir klemmten also unter Beifallsbekundungen des Fahrers allerhand herumliegende Gegenstände probehalber unter die Reifen der Antriebsachse, um dem Bus den nötigen Widerstand für den Vortrieb zu verschaffen.

Doch nichts half. Selbst kapitale Bretter von der Dauerbaustelle an der Brücke flogen munter drunter durch oder ließen sich behaglich eine breit grinsende Gummispur verpassen. Ich wuchtete daraufhin sogar eine Steinplatte, die mir beinah das Rückgrat brach, vor die Mittelachse. Auch das vergebens.

Zweifellos: Hier musste die Kavallerie ran, also ein Abschleppdienst für die ganz großen Brocken. Das sah inzwischen auch der beschämte Fahrer ein, der bisher noch gehofft hatte, sich die blamagenahe Blöße eines SOS-Anrufs nicht geben zu müssen.

Das tat er aber nun doch, und so trollten wir Zufallspassanten uns alle wieder, verschwitzt, zufrieden – und beseelt von diesem unnachahmlichen Mutter-Teresa-Gefühl, für das man sich gelegentlich auch mal das Rückgrat brechen kann: das Richtige getan zu haben, ohne auch nur einen Millimeter weitergekommen zu sein.

Immerhin: Für einen belanglosen Blogeintrag an einem Tag, an dem sonst nichts Berichtenswertes passierte, hat es allemal gereicht.

Und machen wir uns nichts vor: Darum geht es hier doch seit Jahren.

6 Kommentare:

  1. Also, Sie hätten doch nur das Heck leicht anheben und zwölf Meter nach rechts drehen müssen, dann wäre der Bus wieder frei gewesen. Naja, auf die einfachsten Ideen kommt man meist, wenn es zu spät ist ...

    Das erinnert mich an den vorletzten Winter in einer österreichischen Großstadt mit Gelenkbussen und verschneit-glatten und abschüssigen Haltestellen-Buchten. Da ebenso hinterradgetrieben haben sich die Busse reihenweise in die Haltestellen, aber auch in die daneben parkenden Autos regelrecht reingefaltet - lustig, aber eben nur für Unbeteiligte.

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  2. blogspargel, natürlich haben Sie Recht mit Ihrem Lösungsvorschlag. Aber so was fällt mir halt immer erst im Nachhinein ein. Und diesmal sogar nicht mal.

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  3. Vielleicht hätten die Reifen ja genug Bodenhaftung gehabt, wenn die Leute nicht zwischendurch alle ausgestiegen wären?

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  4. Wir sind zeitweise sogar alle eingestiege, auch die heldenhaften Zufallspassanten – nüscht.

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  5. Ich habe in der Gegend schon viel mit den Bussen erlebt. Auch, dass sich welche festgefahren hatten, aber noch nie auf diese Weise.

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  6. Heullol...danke für diesen Eintrag...*tränen lach*

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