24 Februar 2011

Guttenzwerg nach Goa

Was für ein todtrauriger Tag für unsere parlamentarische Demokratie.

Ein Lügner und Betrüger, ein Mann von offenkundig verrotteter Moral darf weiterhin eine hochgerüstete Armee von 250 000 Soldaten befehligen. Ein Lügner und Betrüger, ein Mann von offenkundig verrotteter Moral darf weiter oberster Dienstherr zweier deutscher Universitäten bleiben.

Es ist einfach nicht zu glauben, aber es lief in der Tagesschau. Also muss es wahr sein.

Es gäbe unzählige Gründe für diesen vermeintlichen Superstar, der sich als armseliger Guttenzwerg entpuppt hat, tief beschämt das Weite zu suchen. Allein schon deshalb, weil es unsagbar peinlich ist, auf so entwürdigende Weise beim plumpen Tricksen und Täuschen erwischt zu werden, würde sich jeder Mensch mit Restehre freiwillig für Jahre in ein hochalpines Kloster verkriechen. Oder gleich nach Goa.

Wahrscheinlich würden das sogar die meisten Kiezluden freiwillig tun. Aber er nicht.

Wie eitel muss man sein, um selbst eine solche Schmach wegignorieren zu können? Und wie machtgeil müssen jene sein, die einem solchen Mann bedingungslos beispringen?

Da saß heute eine Forschungsministerin im Bundestag, die unlängst erfolgreich die sogenannte Exzellenzinitiative angeschoben hat, welche die Qualität der Wissenschaft in Deutschland steigern soll – und forderte mit keinem einzigen Wort, den Betrüger, der sich einen wissenschaftlichen Doktortitel erschleichen wollte, unverzüglich aus dem Kollegenkreis zu entfernen. Es ist einfach nicht zu glauben.

Heute ist mir jedenfalls die Lust auf irgendeine launige Geschichte vom Kiez genauso gründlich vergangen wie das Lachen; selbst die Sammlung von Guttenberg-Witzen, die Ms. Columbo mir zur Kenntnisnahme mailte, konnte daran nichts ändern. Denn das alles ist einfach nicht mehr witzig.

Es ist nur eins: todtraurig.

Foto: www.zuguttenberg.de. Mit freundlicher Genehmigung des Ministers.

15 Kommentare:

  1. ach herr matt von und zu reeperbahn,

    todtraurig sind sie nicht alleine,

    was so aussah wie eine posse wurde/wird zum lehrstück brd 2.0.

    "ich kann gar nicht soviel essen, wie ich kotzen möchte"

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  2. blogg-hittn-wirtin24.02.11, 06:59

    (frei nach) Zitat: Max Liebermann, 1933 zum Thema Nationalsozialismus

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  3. Der Truppenchef ain't alright
    -> Einblick in die Plattensammlung Guttenzwergs: http://flugzeuge-auf-dem-cover.de/logbuch/item/1595-dertruppenchef-aint-alright

    Grüße aus Oberfranken

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  4. Die Schambefreiten treffen irgendwann alle ihren Mexikaner. Das muss so sein. Vielleicht mag das trösten.

    http://www.youtube.com/watch?v=boTEZ_sP5uQ&feature=related

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  5. Ich glaub der Guttenberg wäre schon gerne ins Kloster gegangen aber Frau Merkel hat´s ihm nicht erlaubt. Die hat angst, wenn der fällt, reißt er sie mit.

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  6. Ich erwarte zum Ende der Woche das die Bildungsministerin die Uni des Herren G. in ihre Exzellenzinitiative aufnimmt ... das Niveau gerade des Dr.Vaters und der zuständigen Kommission ist ja auch berauschend!

    Herr G. nimmt sich sicher ein Bsp an den Herren Kohl und Koch -> aussitzen das Problem,
    oder aber
    er wird demnächst nach Brüssel oder ins NATO Hauptquatier weggelobt.

    Wetten werden gerne angenommen.
    Frau-Irgendwas-ist-immmer

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  7. Todtraurig trifft es wirklich.

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  8. http://verfassungsblog.de/wenn-guttenberg-zurcktritt/

    Ich befürchte, dieser Artikel ergänzt den ihren sehr gut. Und ich befürchte sogar sehr, dass viel Wahrheit drin steckt.

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  9. Kopf hoch Matt. Noch ist die Sache nicht vorbei.

    Interessant ist doch, dass Herr Dr. Thilo S. sich noch nicht zu Wort gemeldet hat. Fast erstaunlich. Andererseits findet man Statements von Herrn G. in Richtung Herrn S. Die fanatischen Anhänger von Herrn S. (wohin ich jetzt nicht verlinken will) haben sich schon eine klare, weltverschwörerische Meinung zu Herrn G gebildet. Da ist wenig Liebe.

    Szenario: In ein paar Tagen veröffentlicht ein bekanntes Nachrichtenmagazin ein Exklusiv-Interview mit Herrn Dr. S. (Daher bisher noch kein Statement). Dieser äußert sich darin deutlich kritisch zu Herrn G. Dann kollabiert bei nicht wenigen G.-Fans das Weltbild - die kognitive Dissonanz wäre dann doch zu groß, die Heuchelei nicht mehr aufrechtzuerhalten.

    Die sind im Moment schon sehr angespannt, je mehr Fakten reinkommen, desto größer wird der Druck. Die Stimmung würde kippen und die Kräfte, die Hern G. im Moment im Job halten, hätten entprechend zu reagieren. Die haben dann keine andere Wahl. Nach diesem Szenario hängt das weitere berufliche Schicksal von Herrn G. also an Herrn S.

    Amusing.

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  10. Seien wir doch auch mal dankbar: Immerhin werden solche Raubkopierer hierzulande in breitester Öffentlichkeit geoutet und wehren sich höchstens mit ausdauernden, aber gewaltfreien Peinlichkeiten gegen die Vorwürfe.
    Woanders aktivieren Gesetzebeuger die Armee gegen ihre Kritiker...

    Ja, ein solcher Vergleich mag nicht angemessen erscheinen - aber wer sagt eigentlich, dass immer nur die herrschende Klasse die Maßstäbe beerdigen darf? Ich bin sauer, nicht traurig. Und es geht um Ehrlichkeit und Vertrauen, nicht um Titel.

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  11. Sind eigentlich alle auf der Suche nach dem Übermensch?

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  12. @anonym 14:52:
    Nein. So etwas suchen nur die, die es brauchen.

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  13. das war eindeutig sehr kreatives wahrheitsmanagement.
    seit der gorch fock geschichte
    hätte der herr von + zu eigentlich wegen absoluter inkompetenz geschichte sein müssen.

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  14. Anonym 13:23: Gegen kognitive Dissonanz immun zu sein, ist doch eine weitverbreitete Grundfähigkeit unserer Gesellschaft. Mir wäre es sowieso lieber, wenn nicht ein Herr S., sondern der Spiegel, Stern oder die SZ mit der exklusiven Präsentation des Ghostwriters um die Ecke käme. Alle arbeiten fieberhaft an diesem Coup. Möge er bald gelingen.

    Anonym 14:52: Zumindest die BILD-Leser scheinen zu denken, Sie hätten den Übermenschen schon gefunden. Anders ist das alles ja nicht mehr zu erklären.

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  15. Professor Oliver Lepsius, Bayreuth: "Wir sind einem Betrüger aufgesessen" (FAZ, Focus)
    Norbert Lammert: „deprimierend eindeutig“ (Tagesspiegel)
    Dr. Berglar, Brief an Merkel "gelogen, betrogen und gestohlen", "Legitimationskrise des bürgerlichen Lagers" (zitiert von Sigmar Gabriel)
    Im Vorstand der Atlantik-Brücke kracht es gewaltig (FAZ)
    Offener Brief von 70 Professoren der Ludwig-Maximilians-Universität München (Spiegel)

    Das werden jetzt jeden Tag immer mehr Stimmen, die "von denen" gehört werden. Prognose: nächste Woche ist es vorbei. Wenn nicht noch ein "Hallo da hinten ist ist ein dreiköpfiger Affe" kommt.

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