06 Mai 2010

Wie Mediamarkt den Konkurrenten Medimax auskontert

Aus der Mopo fällt mir am Montag der neue Medimaxprospekt entgegen. Er offeriert die Blu-ray-Version des zauberhaften Pixarfilms „Oben“ für noch zauberhaftere 12 Euro, und ich begebe mich schnurstracks ins Mercado nach Ottensen, um ihn zu erwerben.

Im Laden finde ich ihn nicht und wende mich an den Kassenmann. Beim Stichwort „Oben“ sackt er merklich in sich zusammen – wie jemand, dem man diese Frage heute nicht zum ersten, sondern zum hundertsten Mal stellt.

„Leider schon ausverkauft“, antwortet er erschöpft. „Dienstag oder Mittwoch kommt er wieder rein.“ Zeit für eine Belehrung. „Aber Sie bewerben das Produkt doch in Ihrem Prospekt“, sage ich, „dann sollten Sie ihn auch in ausreichenden Mengen vorrätig haben. Andernfalls“, demonstriere ich gesundes Halbwissen im Wettbewerbsrecht, „wäre das ein Lockvogelangebot.“

Der Medimaxmann sackt noch tiefer in sich zusammen, was bei seiner hageren Statur und dem farblosen Teint beinah mitleiderregend wirkt. Doch mir gelingt es ganz gut, die aufkeimende Empathie niederzukämpfen. „Wie gesagt“, seufzt er, „Dienstag oder Mittwoch.“

Na gut, dann eben nicht. Also gehe ich mal schauen, was der Mediamarkt um die Ecke zur „Oben“-Frage sagt. Unter O ist die Blu-ray aber nicht zu finden. Ich spreche einen Verkäufer an. Er sucht, blättert und findet „Oben“ schließlich ganz hinten unter P.

„Hier“, sagt er und reicht mir die Scheibe mit der gelangweilten Lässigkeit desjenigen, der einen anderen zur eigenen Freude bei einer lässlichen Dummheit ertappt hat. Ich schaue aufs Preisschild. Dort steht 22,99 Euro. Zweiundzwanzigneunundneunzig.

„Bei Medimax“, trumpfe ich unter geflissentlichem Verschweigen ihres dortigen Ausverkauftseins auf, „gibt’s die für 12.“ Weiterhin erstaunlich gelangweilt schaut mich der Verkäufer an. „Kein Problem“, sagt er, „dann eben 12.“

Ich bin sturzverblüfft und reiche ihm den Film, als er mir wortlos fordernd die Hand entgegenstreckt. Wir gehen zu Kasse. „Wissen Sie“, erläutert er beim Klappern auf der Tastatur, „wir sind da sehr kulant. Sobald die den Prospekt rausbringen, passen wir sofort die Preise an.“

Er zuppelt das 22,99-Schild vom Cover und reicht mir die Disc. „Im System ist der neue Preis auch schon drin. Kein Problem.“ Ich trotte zur Kasse, der Scanner blinzelt über den Strichcode, und das Display zeigt wahrhaftig 12 Euro an, nicht 22,99.

Medimax legt der Mopo also für einen wahrscheinlich fünfstelligen Betrag ein Riesenfaltblatt bei – und generiert damit wegen dilettantischer Einkaufspolitik Umsätze beim größten örtlichen Konkurrenten.

Manchmal liebe ich den Kapitalismus.

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7 Kommentare:

  1. Vielen Dank für den Bericht.

    DRdR ist nicht nur zauberhaft und irgendwie maxgoldig, sondern zudem bares Geld wert!

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  2. Warum bin ich nicht auf diese Idee gekommen?
    - Hier bitte blanken Neid einfügen -
    Stattdessen habe ich mich in eine Liste eintragen lassen und warte immer noch auf einen Anruf. Ich hatte übrigens drei Medimax-Märkte abgeklappert und in keinem sah es so aus, als hätten sie größere Mengen der beworbenen BluRays gehabt - es gab nicht mal Reste eines Aufbaus, wie man ihn bei einer derartigen Aktion erwarten würde.

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  3. Vermutlich hat ihn ein Einkäufer der Media-Markt-Kette direkt am Morgen komplett gekauft, um dem Konkurrenten die Werbeaktion zu vermiesen.

    Ein teuflischer, aber auch effektiver Plan.

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  4. Medimax diktiert ohne eigenes Angebot die Preise der Konkurrenz.

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  5. 22605, danke für das (unverdiente) Kompliment.

    Thies, dann hat es Medimax wirklich nicht besser verdient. Eigentlich bräuchte Mediamarkt gar keine eigenen Prospekte mehr zu produzieren. Kleinanzeigen à la „Alle Preise wie bei Medimax“ würden reichen.

    GP, dann hätte Mediamarkt aber mühelos deutlich mehr als 12 Euro nehmen können …

    Sakana, vielleicht liegen die 12 Euro für „Oben“ ja auch unterm Einkaufspreis, was wiederum Mediamarkt schädigen würde. Das wäre von Medimax ganz besonders teuflisch.

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  6. Zu Medimax verirre ich mich schon gar nicht mehr. Der Laden hat noch weniger fachunkundiges Personal als ein Mitbewerber ein paar Meter weiter und fündig bin ich da noch nie geworden.
    Also lieber im Bahnhof eine Rolltreppe hoch als im Mercado eine runter.
    Wobei ich beide Märkte nicht mag und zumindest bei größeren Anschaffungen lieber den fachkundigen Einzelhändler aufsuche.
    Wobei mein letztes Handy von dem dritten Mitbewerber vor Ort ist, der sich dann allerdings in Sachen Garantie disqualifiziert hat.

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  7. Bei Blu-rays etc. ist es mir egal, wo ich sie kaufe. Die Qualität ist überall zu 100 Prozent die gleiche; es geht nur um den Preis.

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