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13 Januar 2010
Unsere ermordeten Nachbarn
Erst vor kurzem sind mir die zwei Stolpersteine in der Seilerstraße aufgefallen. Das liegt wohl daran, dass ich beim Gang zur U-Bahn fast immer unsere, also die gegenüberliegende Straßenseite bevorzuge.
Die Stolpersteine sind vor der Hausnummer 17 ins Pflaster eingelassen. Sie erinnern an Bruno Müller und Werner Schmidt, zwei Männer, deren Verbrechen es war, zur falschen Zeit schwul zu sein.
Heute gibt es in der Seilerstraße eine Schwulenvideothek mit der Chance auf Vollkontakt. Ein paar Hundert Meter weiter floriert der Transenstrich, und wenn ein Freier zickt, gehen die Huren zur Davidwache und vertrauen auf die Rechtssicherheit dieses Staates.
Vor 70 Jahren wären sie dafür ins KZ gekommen, während Bruno Müller und Werner Schmidt heute im normalen Figurenensemble des Kiez nicht weiter auffielen.
Die Hausnummer 17 belegt momentan eine Diskothek: der türkische Bodrum Club.
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Gerne hätte ich auf einen "Link geklickt", der die Geschichte der beiden Männer zusammenfasst - gibt es da etwas?
AntwortenLöschenHabe eben Antonys Version von "Here comes the Sun" gehört und widme sie spontan hier Bruno und Werner.
http://www.youtube.com/watch?v=z6EmyO5lviI
Dat ist nicht Dein Ernst. Die Stolpersteine kennt jeder in Hamburgo. Oh Oh... Den Rest lasse ich mal so stehen. Ohne Wertung!
AntwortenLöschenHHmyPearl, natürlich kenne ich viele Stolpersteine in Hamburg. Nur die in der Seilerstraße waren mir noch nicht aufgefallen.
AntwortenLöschenJoshuatree, die Links sind repariert.
Danke, Matt.
AntwortenLöschenIch finde die Idee der Stolpersteine in HH wichtig und spannend.
Der Künstler Gunter Demnig, der das Projekt erdachte, ist übrigens beileibe nicht nur in Hamburg aktiv, sondern inzwischen in über 530 europäischen Kommunen. Er verlegte bereits mehr als 22 000 Steine.
AntwortenLöschenJoshuatree,
AntwortenLöschenda gibt es differenzierte Meinungen. Immerhin wird auf den Opfern weiterhin herumgetrampelt.
… natürlich. Genauso wie auf den armen Hollywoodlegenden auf dem Walk of Fame in Hollywood.
AntwortenLöschenBei uns in Duisburg gibt es auch mehrere der "Stolpersteine".
AntwortenLöschenAuf mich wirken die Steine mit den individuellen Schicksalen der Opfer auf jeden Fall persönlicher als diese offiziellen "Mahnmale".
Sie haben mich zum Stolpern gebracht, verehrter Herr Matt.
AntwortenLöschenDas Nord-Süd Gefälle lässt mich grübeln.
Hamburg : 2980 Stolpersteine
(stolpersteine-hamburg.de)
Stuttgart : 400 Stolpersteine
(stolpersteine-stuttgart.de)
München : Verlegung verboten
(stolpersteine-muenchen.de/Aktuell/konzept.htm)
@Anonym,
Sie wohnen in München?
Ich finde die Aktion wunderbar.
AntwortenLöschenVom Volk fürs Volk in Gedenken an Freunde, Verwandte, Nachbarn - für mich wesentlich glaubwürdiger als z.B. das Holocaust Mahnmal in Berlin. Einfach unfassbar, dass sie in München sogar entfernt wurden.
Herr Oldman, wahrscheinlich gab es damals in Süddeutschland einfach keine Nazis, deshalb braucht man z. B. in München so was gar nicht.
AntwortenLöschen@anonym: Ein für mich realitätsfremder Gedankenansatz: Würde eine Gedenktafel an einem solchen Haus an die Personen erinnern, käme sofort der Besitzer und verlangte wahrscheinlich Schadensersatz an die Kommune, weil wer will schon in einem Haus leben, in dem ... und dann sind wir wieder da, wo wir nie sein wollten.
AntwortenLöschenNein, diese Idee sollte weiter Schule und Gedanken machen. Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einem hiesigen Makler, der mir sagte, dass in einem nahen Neubaugebiet die "Anne-Frank-Straße", obwohl lukrativ gelegen, eher gemieden wird. Die daneben gelegene "Maria-Montessori-Straße" dagegen nicht. In Gesprächen fand er heraus, dass viele potenzielle Kunden ihre Zukunft der "Anne-Frank-Straße" zu düster sahen...
Ich meinte übrigens @anonym 8:05. Der Klarheit halber.
AntwortenLöschenEs geht mit dieser Idee auch nicht ums Trampeln, sondern ums Stolpern. Ich hoffe, sie können die Unterscheidung nachvollziehen. Wahrscheinlich werde ich aber wieder hier als "Gutmensch" beleidigt... *feix*
@ oldman und Joshuatree,
AntwortenLöschenich weiß nicht, ob und was Sie mir hier genau andichten wollen, jedenfalls ist das, was ich geäußert habe, exakt die Meinung des Zentralrats der Juden. Ich habe sie einfach abgekupfert:
http://de.wikipedia.org/wiki/Stolpersteine#Kritische_Stimmen
Erschütternd, dass sogar die bloße Erwähnung des Umstandes über das Bestehen kritischer Stimmen dazu führt, sofort eine politische Gesinnung zu wittern. Phobie?
Ohne Gutmenschen wäre die Welt halt eine anderen.
*nochmehrfeix*
Sie sollten Ihre eigenen Quellen besser kennen. Die zitierte Kritik ist nicht „exakt die Meinung des Zentralrats der Juden“, sondern lediglich die Meinung der Vorsitzenden. Ihr Vize ist schon wieder ganz anderer Meinung.
AntwortenLöschenJedenfalls gehören die Stolpersteine anscheinend zu den ganz wenigen Fällen, bei denen Neonazis und Frau Knobloch einer Meinung sind …
Herr Matt, da haben Sie recht.
AntwortenLöschenDie Wenigen sind inzwischen ohnehin weg gestorben.
1995, Geburtstag (80)von Otto Ramberger Münchener Geschäftsmann in Glonn.
Einer seiner Alterskameraden hatte gedichtet:
"... und glaubts mir, schon mit 17 Jahr, der Otto bei de Nazis war...".
Beifallsrufe der Männer, die immer noch aussahen wie Robert Ley:
"Jawoll, jawoll!".
@anonym: Wichtiger erscheint mir die Erlaubnis und der Wille der Angehörigen von Opfern, die einem Stolperstein zustimmten. Wichtiger als die Einzelmeinung von Frau Knobloch, die ebenfalls nicht den Unterschied von "Trampeln" und "Stolpern" zu kennen scheint.
AntwortenLöschenIch dichte Ihnen übrigens nur diese Unwissenheit an, sonst nichts.