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06 August 2007
Kein Lamm, nirgends
Das versuche ich auch, doch der zuständige Automat ruckelt und piept zwar eifrig, folgt aber seiner einzigen Bestimmung hienieden nicht: Flaschen zu schlucken und dafür einen Bon auszuspucken. Streik also nicht nur bei der Bahn.
Frustriert packe ich den Kasten draußen auf den Gepäckträger des Fahrrads und schlendere über den Flohmarkt – in der Hoffnung, die Kiste geklaut zu bekommen und somit diese Last ohne weitere Mühe, aber auch ohne Erlös los zu sein. Doch heute streiken selbst die Diebe.
Später versuche ich, Lammfilets zu kaufen, weil Ms. Columbo vom Fischmarkt aus irgendwelchen Gründen Bohnen heimbrachte. Und was kann man zu Bohnen schon essen außer Lamm? Also muss ich los.
Doch die Frustrationsserie reißt nicht ab. Bei Penny: kein Lamm. Bei Lidl: dito. Da wohnen wir schon in einem Viertel mit gefühlt mehr als 50 Prozent kleinasiatischer Bevölkerung, der doch wohl eine deutliche Lammaffinität unterstellt werden darf – und der hiesige Einzelhandel setzt dennoch voll auf Huhn und Schwein.
Vorm Lidl-Markt schläft übrigens ein besoffener Teenager im Stehen und hat sich zur Unterstützung seines vegetativen Nervensystems, das neben der Atmung auch seine aufrechte Haltung sichern soll, an einen Pfosten gelehnt.
Während er also dalehnt und sanft schwankend schläft, dreht er sich in Höhe der Körpermitte eine Zigarette. Ganz erstaunlich.
Heute Abend gab es dann übrigens weder Lamm noch Bohnen, sondern Käse und Salat. Auch lecker.
04 August 2007
Schrei nach Liebe
Darin jammert die Atomindustrie uns einen vor: Sie fühlt sich missverstanden, zu Unrecht ungeliebt. Außerdem listet sie fünf Gründe auf, weshalb sie der wahre Klimaschützer sei.
Nur eins kam in diesem rührenden Schrei nach Liebe schamhafterweise nicht vor: Plutonium.
Deshalb hier kurz eine Ergänzung, damit der Prospekt auch vollständig ist: Die ungeliebten Klimaschützer produzieren tagtäglich das tödlichste Gift der Welt, ohne auch nur den Schimmer einer Ahnung zu haben, wo es am Ende hin soll.
Sie produzieren das tödlichste Gift der Welt und halsen es einfach unseren Nachfahren auf, und zwar für die nächsten 24 000 Jahre – also fast zehnmal so lange, wie die gesamte bisherige Geschichte der menschlichen Zivilisation andauert.
Mal ehrlich, ihr armen ungeliebten Klimaschützer: Dann. lieber. Klimawandel.
Amputate in Plastikfolie
Bei der Eröffnungsparty stieß ich nicht nur auf exotische Schränke und patinöse Plakate aus Post-Pu-Yi-Zeiten, sondern unvorbereitet auch auf eingeschweißte Hühnerfüße.
„Die gibt’s dort an jedem Imbiss“, winkte einer der Inhaber lässig ab. Dank des luftdichten Verschlusses sollen die wenig appetitlichen Amputate recht lange haltbar sein. Mich erinnern sie übrigens an Menschenhände.
Doch sie sind natürlich kleiner, und deshalb dürfte man beim Hühnerfußfuttern kaum richtig satt werden, wie mir auch das Betasten durch die Folie hindurch zu bestätigen schien. Reizvoll sind sie wohl nur für jene, die von einem Leben als Nager träumen oder eine Party in Schwung bringen wollen.
Ob es an chinesischen Imbissständen auch eingeschweißte Hundenasen oder Kuhschwanzquasten gibt? Das habe ich leider vergessen zu fragen.
Doch ich komme ja öfter vorbei. Geradezu täglich.
03 August 2007
Von Humor- und anderen Bomben
Im schwäbische Kneipenrestaurant Brachmanns Galeron in der Hein-Hoyer-Straße sind wir die ersten Gäste.
Als wir eintreten, läuft dissonanter Avantgardepop mit extremem Nervpotenzial, der bestimmte Lebenssituationen durchaus adäquat illustrieren könnte (zum Beispiel eine Kniespiegelung), doch keinesfalls ein Abendessen mit Ms. Columbo.
„Sind Sie wirklich sicher“, frage ich den Ober, „dass diese Musik appetitanregend wirkt?“ Er grinst säuerlich. Sie hätten diese Platte, führt er ernst aus, „nur zum Aufbauen“ aufgelegt, wobei mir nicht ganz klar ist, was er mit Aufbauen meint.
Ist ja auch nicht wichtig, solange er die Musik wechselt. Das tut er, und ein schöner Abend schließt sich an, einer mit Lachs auf Linsen, Rösti mit Rauke, Hefebrand nach Grauburgunder.
Am Ende möchte ich mit Karte zahlen. „Tut mir Leid“, sagt der Avantgardepop-Ober, „nur bar.“
„Na gut“, antworte ich, „können wir dann Teller waschen?“ Sein säuerliches Grinsen ist am Tisch bereits bekannt. Eine echte Humorbombe, der Mann.
Eine Bombe spielt übrigens auch eine wichtige Rolle in diesem kleinen bösen Clip von heute. Und wer das jetzt empörend mühsam zusammengebogen findet, der hat völlig Recht.
02 August 2007
Audienz beim Fußballgott
Natürlich, objektiv gesehen ist das völlig gaga, schon klar. Doch für mich hat es etwas unbeschreiblich Erhebendes, im gleichen Stadion ein- und auszuatmen wie Alessandro Del Piero.
Nur wenige Meter von mir entfernt schreitet der Fußballgott zur Eckfahne, und ich bin verzückt, auch wenn der Ball im Strafraum versandet. Hach, der Atem der Fußballgeschichte! Am Ende verliert Del Piero mit Juventus Turin 0:1 beim HSV in einem bedeutungslosen Testspiel, das ich mir jedoch legendär zu reden versuche. Denn wir sehen nirgends Fernsehkameras, diese Partie findet unter Ausschluss der medialen Öffentlichkeit statt, und das hat man ja heutzutage nicht mal mehr auf dem Kiez.
Mir wird ganz pathetisch beim Gedanken daran. „Dieses Spiel“, raune ich dem Franken zittrig zu, „wird ausschließlich in unserer Erinnerung weiterexistieren!“ „Und auf tausenden Digicams“, lässt der tumbe Aurakiller ungerührt die Luft aus meinem Pathos und filmt den nächsten Freistoß.
Verdammt, er hat Recht. Also knipse ich Del Piero, wie er sich den Ball zur Ecke zurechtlegt. Ein Moment, den mir niemand mehr nehmen kann.
PS: Hier gibt es drei Minuten lang Del-Piero-Tore.
01 August 2007
Sinkewitz’ gelöschte Lüge
Wieso eigentlich kaufen die Chinesen plötzlich unsere ganze Milch? Ich dachte immer, sie könnten sie gar nicht verdauen.
Nein, mit Logik kommt man manchmal einfach nicht weiter. Zum Beispiel gibt es Radrennfahrer, die schmieren sich abends ein Testosterongel auf den Arm, obwohl sie wissen, dass der Missbrauch der Paste pipileicht auffliegt.
Wie Patrik Sinkewitz, der heute endlich alles zugegeben hat. Am 18. Juli klang das noch einen Tuck anders, wie mein vorsorgliches Bildschirmfoto seiner Webseite dokumentiert.
Seitdem habe ich auf zweierlei gewartet: auf Sinkewitz’ Einknicken und das Verschwinden seines Dementis. Heute geschah beides. Er gab alles zu, und unterm 18. Juli steht auf einmal etwas ganz anderes.
Pinocchio Sinkewitz hat die dreiste Lüge flugs gegen ein dopingbereinigtes Bulletin ausgetauscht; jetzt betreibt der Mann auch noch Geschichtsklitterung. Ts, ts.
Übrigens verdamme ich das Lügen nicht grundsätzlich; schließlich soll das jedem von uns rund 200-mal pro Tag unterlaufen, meistens unmerklich. Doch man sollte lieber keine Lüge wagen, deren Entdeckung einen dazu zwingt, monatelang mit hochrotem Kopf rumzulaufen.
Sinkewitz tat fatalerweise genau das, und er dachte, jetzt lösch ich den peinlichen Quatsch einfach und behebe damit das Problem. War aber nix.
Uns Normallügnern droht gemeinhin nur dank eines Sonnenbrands ein hochroter Kopf, doch den zu erwerben fällt in diesem grausamen Juli immens schwer. Dafür bietet der pflichtvergessene Monat wenigstens weiterhin den Vorteil eines actionreichen Himmels.
Über den Kiez ziehen zurzeit gewaltige Wolkenwattebäusche, die geformt sind wie Walhaimünder oder wie Riesenmäuseköpfe mit liegenden Nixenkörpern. Manche sehen sogar aus wie der Drache Fuchur, und einer erinnerte mich geradezu an ein plattes Fahrrad.
Wobei der letzte Vergleich erstunken und erlogen ist. Aber sonst stimmt alles, ehrlich.
31 Juli 2007
Ein alberner Beitrag, der gerade noch die Kurve kriegt
Genau genommen gibt es also keinen Beweis für seinen Tod. Vielleicht ist der Fall Villon gar ein Indiz für die Unrichtigkeit der statistisch sonst gut belegten These von der Sterblichkeit des Menschen. Vielleicht geistert Villon seit 544 Jahren durch die Weltgeschichte, mal hier, mal da.
Wenn ja, dann scheint er sich zurzeit immer noch in Frankreich aufzuhalten, allerdings unter einem lachhaft leicht zu durchschauenden Pseudonym. Der aktuelle französische Premierminister heißt nämlich – François Fillon … Da Mord nicht verjährt, sollte man Monsieur le Premier bald mal mit den forensischen Erkenntnissen von 1455 konfrontieren.
Diese alberne Überlegung hat zumindest einen Vorteil: Sie verschafft mir mal wieder die Gelegenheit, auf die so lebenstrunkene wie wehmütige Vertonung von Villons Gedicht „Cylea“ durch Christian Redl hinzuweisen und dringend den Kauf seines eigentlich vergriffenen, aber gebraucht hie und da noch erhältlichen Albums anzuregen. Es heißt „14 und ein viertel Jahr“, wurde 1991 aufgenommen und ist unbedingt dem jüngeren und viel schwächeren „CR singt François Villon“ vorzuziehen.
Wie komme ich nach dieser Verzettelung bloß wieder zurück auf den Kiez? Vielleicht über ein verdienstvolles Projekt der Künstlerin Gabriele Horndasch. Sie suchte nach deutschen Synonymen für „Hure“ und sammelte verblüffenderweise fast 600, darunter „Zwitscherliese“ und „Amüsierfleisch“.
Die meisten davon fand sie mit Sicherheit hier, auf dem Kiez. Wo Villon übrigens nie war – aber das könnte Fillon ja nachholen.
29 Juli 2007
Wenn es Nacht wird auf St. Pauli
Als dann auch noch ein als Mensch getarnter Panzerschrank mit Glatze und riesigem „Thor Steinar“-Schriftzug auf dem Rücken an der Theke auftaucht, verlassen wir den Laden – nicht ohne dass GP ein Naserümpfen der Missbilligung und des Ekels Richtung Tresendame schickt. Hoffentlich hat sie verstanden.
Nächste Station: der Club Inside. Er liegt im Keller, ein DJ spielt ausschließlich Musik der 80er, doch meinen Wunsch („Electricity“, OMD) kann er trotzdem nicht erfüllen. Im Inside hängen halbierte Discokugeln an der Decke, und wenn man hochschaut durch die Kellerfenster, kann man den Huren unter die Röcke sehen.
Beim Weiterziehen Richtung Kogge verliert sich unsere Gruppe binnen zehn Metern, so viel Trubel herrscht hier nachts um eins, und wir müssen uns zusammentelefonieren. GP versucht noch schnell in einer Kneipe aufs Klo zu gehen, doch er kommt schon nach wenigen Sekunden wieder zurück. „Geht nicht“, sagt er, „da kotzt gerade einer die Treppe voll.“
Später, gegen zwei, auf dem Weg ins nächste Kneipenirgendwo, begegnen wir einem Typen, der an die ehrwürdigen Mauern der Davidwache pinkelt, doch es ist keine despektierliche Kritik an der Ordnungsmacht, sondern pures Laufenlassenmüssen in Verbindung mit Faulheit.
„Drüben an der Reeperbahn ist eine öffentliche Toilette!“, belle ich den Neandertaler an und hoffe, dass ihm vor lauter Scham der Strahl erstirbt, während ich gleichzeitig versuche, das über den Gehweg schäumende Rinnsal zu umtänzeln.
Er stammelt etwas Unverständliches, während sein Genital weiter in der kalten Julinacht baumelt und einen unbeeindruckt kräftigen Strahl gegen die Davidwache pladdern lässt. Es ist alles so vergeblich, so hoffnungslos.
Und darüber verliert sich erneut die Gruppe, wir stehen unversehens nur noch zu zweit auf dem Spielbudenplatz, schauen hin und her – doch die anderen sind verschwunden, verschluckt von den Menschenmassen, und es ist zu spät, um sich zum zweitenmal in dieser Nacht zusammenzutelefonieren.
Also verabschieden wir uns, ich kämpfe mich gegen den Strom die Reeperbahn hoch und frage mich eine Sekunde lang ernsthaft, was diese Menschen überhaupt alle hier wollen. Aber ich weiß es ja, und deshalb frage ich keinen einzigen von ihnen.
Zum Trost hing heute ein Regenbogen überm Kiez. Alles war gut.
28 Juli 2007
Nass und baff
Wie ich außerdem erstaunt erfahren muss, sind die Tagesschau-Damen Laura Dünnwald und Caroline Hamann beide gleichzeitig schwanger – und ich wusste nicht mal, dass die beiden überhaupt einen Unterkörper haben.
Merkwürdiger Tag, echt.
27 Juli 2007
Ratten kreuzten seinen Weg
Sexy auf Sächsisch
„Döss iss heude owwer de falsche Zeidung“, strahlt er mich augenzwinkernd an. Was denn die richtige sei heute, merke ich interessiert auf. „Ei, de BILD!“, juchzt er hochvergnügt. „Weil, die had heude ’n sexy Bild!“
In meinen Ohren klingt das nach der üblichen Busentussi von Seite eins. Doch der Sachse, das weiß ich aus Erfahrung, hat es fingerdick hinter den Ohren und sicher noch einen Überraschungspfeil im Köcher.
Also begehre ich unverzüglich den Beweis für seine Behauptung präsentiert zu bekommen. Das hat der Fuchs vorausgesehen. Vorfreudig in sich hineinkichernd zückt der fidele Weißbart eine bereits beweiskräftig zurechtgefaltete BILD-Ausgabe und hält sie mir erwartungfroh hin.
Ich sehe Angela Merkel, sie trägt ein von oben bis unten fliederfarbenes Kostüm.
„Jö, döss is dor Frihling!“, gluckst der Sachse und genießt mein verunsichertes schiefes Grinsen. „Fliederforbm!“, klopft er sich im übertragenen Sinne auf die Schenkel, dass es kracht, „döss is owwer werglich wos fir Männerohchen, nich wohr?“
Ich komme nicht umhin, vorbehaltlos zuzustimmen. Danach muss ich ihm dennoch eröffnen, die bei mir eh schlecht beleumundete BILD nun erst recht nicht mehr kaufen zu wollen, da ich ja das sexy Bild schon gesehen habe, und welche größere Attraktion könnte mir die BILD darüberhinaus schon noch bieten?
„Döss konn ich verschdähn!“, ruft der Sachse lachend aus. Dann packt er frohgemut die BILD wieder ein und eine Mopo aus.
Über die letzten Skandale bei der Tour de France steht dann aber gar nichts drin, nur über die vorletzten.
26 Juli 2007
Doping, überall
Apropos Chemie auf zwei Rädern: Ich plante heute bei der Leitung der Tour de France anzuregen, die beiden Führenden Rasmussen und Contador einfach allein fahren zu lassen, weil offenbar nur sie unter den absolut gleichen Voraussetzungen antreten.
Dummerweise wurde aber kurz vorm Klick auf den Sendeknopf Rasmussen rausgeschmissen, so dass mein hübscher Vorschlag verpufft. Natürlich könnte man auch Contador ganz alleine fahren lassen, was ebenfalls seine Reize hätte.
Nachteil: Die Zuschauer müssten sich um die dramatisch reduzierte Anzahl weggeworfener Trinkflaschen – die begehrtesten Toursouvenirs – geradezu prügeln. Und das kann keiner wollen; es gibt eh zu viel Gewalt auf der Welt.
Apropos Gewalt: „Ich mach das tot!“, droht der Franke lauthals dem Insekt, das gerade in einer Ritze der Fensterbank verschwunden ist. Kramer versucht die Kreatur zu retten, doch beeinflusst von jüngsten mittäglichen Diskussionen um Sein oder Nichtsein faselt der Franke sarkastische Sachen wie: „Es stirbt ja nicht, es wird nur eins mit dem Weltganzen!“
In diesem Moment wird mir klar, warum Esoteriker nicht einfach nur nette Spinner sind. Obwohl der Franke natürlich gar keiner ist, das muss hier klargestellt werden. Doch manchmal verhelfen einem auch Leute zu Erkenntnissen, die das Gegenteil derer sind, die einem eigentlich zu diesen Erkenntnissen verhelfen müssten.
Mann, was für ein mäanderndes Gefasel heute … Gerät dieses Blog etwa allmählich an seine Grenzen? Vielleicht sollte ich einfach nicht mich, sondern den Staffelstab übergeben, und zwar an Anna oder Olaf.
Obwohl auch die beiden manchmal wirken wie gedopt.
PS: Wie so oft seht das heutige Davidstraßenfoto in einem allenfalls krampfhaft herbeigebogenen Zusammenhang mit diesem Beitrag. Komischerweise ist mir das aber völlig egal.
25 Juli 2007
Botanischer Dialog
Ms. Columbo: Vielleicht gießt du sie zu wenig.
Matt: Jeden Tag!
Ms. Columbo: Vielleicht gießt du sie zu viel.
Matt: Aber sie säuft alles weg.
Ms. Columbo: Etwas Ähnliches passiert, wenn man Kindern Snickers hinlegt – und ist auch nicht gut.
Matt: Ich mag Snickers.
Ms. Columbo: Ich auch.
23 Juli 2007
Fundstücke (34)
Das Stöffche dürfte unabhängig von seiner objektiven Qualität vor allem in die Mallorquiner Schinkenstraße passen wie die Faust aufs Maul – Sangria war gestern. Auf der Webseite des Hersteller wird übrigens gerade ein „Rückenetikettenspruchwettbewerb“ durchgeführt, was ich vorbehaltlos unterstütze, weil der Fickenlikörhöker es mit dieser Schreibweise überraschend schafft, in keine der aufgebauten Deppenbindestrichfallen zu tappen. Kompliment.
2. Arne Beekmann vom Hannoveraner Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung sucht für eine wissenschaftliche Studie Leute, die schon einmal private oder kommerzielle Blogs genutzt haben. Betroffen sind also quasi alle, die hier mitlesen. Wer mag, kann den Fragebogen ausfüllen; habe ich auch getan. Und warum? Weil’s der Wahrheitsfindung dient.
3. Neulich lieferte GP mit dem Satz des Tages auch zugleich eine neue Diagnosemethode: „Ich vergesse immer, wo ich parke – Parkinson!“ Genial.
Dazu passt ein hübscher Patzer der Sportstudiomoderatorin Katrin Müller-Hohenstein vom letzten Samstag. Im Interview mit dem Formel-1-Küken Sebastian Vettel informierte sie ihn so gekonnt wie nebenbei über ihre Sachkenntnis in Sachen Motorsport: „Immer nur testfahren ist auch nicht gut – irgendwann braucht man auch mal Fahrpraxis.“
Sie weiß offensichtlich nicht, dass wahrscheinlich niemand auf der Welt mehr Kilometer runterreißt als ein Formel-1-Testfahrer. Zu Vettel fällt mir übrigens sofort der passende Song ein: Paul Simons „Baby Driver“, hier auch zum Reinhören.
4. Als ausgewiesener Kalauerfan muss ich diesem Schlusssatz einer Promotermail von heute höchsten Respekt zollen: „Yehudi desto Menuhin!“ Doch genug des Lobes – demnächst gibt es zum Ausgleich wieder mal eine Reihe von Fehlleistungen jener Berufsgruppe. Freut euch drauf.
22 Juli 2007
Letzte Geheimnisse: Das Herrenklo (6)
Fitnessstudio, Toilette. In der Nachbarkabine schnauft es schwer, und mir fallen dafür gerade nur zwei denkbare Gründe ein.
Apropos: Die beliebte Herrenkloserie geriet etwas in Vergessenheit, doch heute soll sie fortgesetzt werden. Diesmal dran: das Örtchen im Windjammer in der Davidstraße.
Die Verantwortlichen dort begegnen innerhäusiger Graffiti offensichtlich mit sehr großem Wohlwollen. An eine Entfernung der Höhlenmalereien denken sie jedenfalls im Traume nicht.
Und warum auch? Zum einen werden sie erfahrungsgemäß in 30 000 Jahren mal wichtig, zum anderen geben die typografisch eigenwilligen Nachrichten aus einer verborgenen Männerwelt dem Windjammerklo genau jene eigentümliche Spezifik, die blanke Kacheln nun mal nicht liefern können.
Ich habe mich dort jedenfalls recht wohl gefühlt. Irgendwie.
Der lausigste Verkäufer der Welt
Dass Andreas und ich zunächst ratlos vor der simplen Mechanik unseres Tapeziertischs stehen, mag bei ihm an gestern Nacht liegen, bei mir aber einer grundsätzlichen Begriffsstutzigkeit angesichts simpler Mechanik.
Schließlich schaffen wir es doch, und ein traumhafter Sommertag beginnt. Fast acht Stunden lang, bis kurz vor Mitternacht, genießen wir das Defilee des Kiezvolks, gönnen uns zwischendurch Bratfisch vom Stand gegenüber und später – trotz Windjammer – einen Sixpack von der Tankstelle schräg hinter uns.
Ein sehr erholsamer Stillstand, der dennoch die Zeit wundersam beschleunigt: Acht Stunden sind plötzlich rum wie nix. Am Ende habe ich nicht mal die Tageszeitung geschafft, bin aber mindestens eine Kiste Zeugs losgeworden.
Irgendwann ist St.Pauli-Präsident Corny Littmann kubabraun vorbeigelaufen, hat aber unseren Stand ignoriert, obwohl wir beide Vereinsmitglieder sind. Hmpf.
Andreas entpuppt sich übrigens als der lausigste Flohmarktverkäufer aller Zeiten. Seine fatale Taktik besteht darin, derart niedrige Preise anzusetzen, dass selbst der zarteste Kundenwunsch nach Verhandlung präventiv im Keim erstickt wird.
Ich meine: Für die DVD „Butch Cassidy and the Sundance Kid“ will der Scherzbold nur zwei Euro! „Vier Euro, mindestens!“, zische ich ihm zu, nachdem der vor Glück fassungslose Kunde die DVD kopfschüttelnd an seine Brust gepresst hat und davongeeilt ist.
Beim nächsten Kunden wagt er sich in seiner Preisgestaltung trotzdem nur vor bis drei Euro. Ich verziehe vernehmlich das Gesicht. Es kommt, wie es kommen muss: Der Kunde hält zwei Euro dagegen, Andreas sagt unter völliger Verkennung des Lernziels: „Nein, drei Euro“, und der Kunde geht muffelnd ab, natürlich ohne DVD.
Ich versuche meinem Standkumpel das Prinzip der Verhandlungsmasse begreiflich zu machen. Hätte er nämlich vier Euro gewollt, wäre er die DVD für drei losgeworden, weil der Kunde sich über den Verhandlungserfolg gefreut hätte.
Aber nein: Bis zum Schluss bleibt Andreas entweder zu defensiv oder zu störrisch. Ein hoffnungsloser Fall.
Immerhin stärkt das letztlich sein Karma, um mal im Duktus des zurzeit hier weilenden Dalai Lama zu sprechen. Der kam übrigens ebensowenig an unseren Stand wie Corny Littmann. Ignoranten.
21 Juli 2007
Erst Wind-, dann Katzenjammer
Denn Windjammerwirt Fred (66) und seine polnische Komplizin Isabella (ca. 33) neigen dazu, dich nebenbei den ganzen Abend samt Nacht lang mit illuster gefärbten kryptischen Schnäpsen zu versorgen (die am Ende – das ist der Trick – natürlich trotzdem auf der Rechnung auftauchen …).
Einmal frage ich ratend Richtung Isabella „Eierlikör?“ und ernte nur ein präempörtes Stirnrunzeln. Denn die korrekte Kombination dieses gelblichen Teufelsbräus lautet: Kokos vs. Ananas. Plus Promille natürlich.
Dies alles – in Kombination mit Andreas' buchstäblicher Schnapsidee, Jägermeisterlokalrunden zu schmeißen – führt generell nicht dazu, Freds Begründungen für seine robuste Gesundheit („Gene plus Sport“) viel Aufmerksamkeit zu schenken. Zumal er sie unverdrossen rauchend, trinkend und mit blaue Flecken erzeugender Gestik untermauert. Dass man zwischendurch Freds immensen Bizeps betasten muss, belegt seine Philosophie dennoch eindrucksvoll.
Beim Heimwärtstaumeln fällt mir ein Gesprächsfetzen ein, den ich zuvor am Hamburger Berg aufschnappte: „Hör auf zu betteln, geh ackern!“
Ein weiser Rat, auch wenn ich nicht zur Zielgruppe gehöre.
19 Juli 2007
Das blaue Wunder
Sehr geehrter Herr Bxxxx, sehr geehrter Herr Pxxxxxxx,
dass ich mich heute erneut bei Ihnen melde, liegt an keinem Geringeren als dem Bundesgerichtshof. Nicht schlecht, was?
Denn unser kleiner Disput über Ihre SMSse, die Sie mir trotz meines ausdrücklichen Widerwillens störrischerweise immer weiter zusenden wollen, fand heute lustigerweise seine Entsprechung in den Hauptnachrichten.
Wie Sie gewiss vernommen haben, billigt der BGH Handynutzern nun das Recht zu, die Versender unverlangter SMS-Nachrichten zu ermitteln. Der jeweilige Netzanbieter muss also den Namen des Spammers rausrücken, damit der gequälte Adressat den Unhold dingfest machen und nach Gutdünken vermöbeln kann (im übertragenen Sinne, haha).
Das ist sehr, sehr gut so, dafür liebe ich den Bundesgerichtshof sogar ein bisschen, denn unverlangte SMS-Nachrichten sind nicht nur die Pest, sondern auch illegal. In unserem Fall ist es sogar noch simpler: Denn Sie, blau.de, mein eigener Telefonanbieter also, sind höchstselbst der Unhold, der mir unverlangte SMSse schickt. Unglaublich, aber wahr!
Auf mein daher doch eigentlich sehr gut nachvollziehbares Begehr, dies sofort zu unterlassen, teilten Sie mir mehrfach bedauernd mit, das Versenden dieser SMS-Spams sei leider nicht zu stoppen, da „systemgeneriert“.
Interessante Begründung, blau.de. Nein: gewagte Begründung. Denn wenn ich Sie richtig verstehe, ist die Sachlage höchst brisant: Sie haben eine Technik erfunden, die systematisch illegale Handlungen Ihrerseits planbar, durchführbar und vor allem unstoppbar macht – und Sie geben das sogar zu. Wow!
Aber mal ehrlich: Nehmen Sie wirklich ernsthaft an, damit über alle Instanzen hinweg siegreich zu bleiben ...?
Tut mir Leid, blau.de: Ich bezweifle das. Daher bin ich ganz gelassen und trotz der Allmacht Ihres „Systems“ sehr optimistisch, wenn ich Sie hiermit ultimativ auffordere: Behelligen Sie mich nie, nie, niemals mehr mit unverlangten SMS-Nachrichten. Verständlich?
Wenn ja, dann können Sie mir das bestimmt auch umgehend bestätigen. Oder wollen wir das doch lieber in andere Hände geben, zum Beispiel in die eines Verbraucherschutzverbandes?
Von mir aus gerne, doch es liegt ganz an Ihnen.
Ich bin gespannt auf Ihre Entscheidung. Nein: sehr gespannt.
Mit freundlichen Grüßen
Matt Wagner
PS: Sie haben sicherlich Verständnis dafür, dass ich diesen Fall wegen seines besonderen öffentlichen Interesses auch in meinem Blog offen zur Diskussion stelle. Ihre Namen werde ich natürlich nicht nennen, das ist Ehrensache.
18 Juli 2007
Der Ring blieb heil
Augenblicklich wird sie physisch spürbar, die geballte Kraft des Global Players, der verbissen gegen die Zeitläufte ankämpft.
Sofort danach überprüfe ich verstohlen den Zustand des goldenen Rings, den ich einst gemeinsam mit Ms. Columbo als Symbol unserer Liebe bei Wempe an der Reeperbahn auserkor und seither praktisch ununterbrochen trage.
Ergebnis: Er ist nicht verbogen. Den Auftritt Peter Cincottis verfolge ich daher deutlich wohlgesonnener.
Später werde ich dem Künstler vorgestellt. Lächelnd, doch mit grimmiger Entschlossenheit drückt er mir die Hand, so fest es einem Menschen möglich ist, der davon lebt, seine Finger über eine Ansammlung toter Elefantenzähne tanzen zu lassen.
Dabei bleibt Cincotti natürlich deutlich hinter der Barzahl seines Chefs zurück. Offensichtlich ist er jemand, der Risiko und Chance sorgsam abzuwägen vermag.
Wie gesagt: ein kommender Popstar. Glaubt mir einfach.
PS: Das Foto erweckt zwar nicht den Eindruck, doch Cincotti verfügt wirklich über zwei Hände.
Arme Touristen
Und plötzlich geht mir auf, wie ungemein großartig es doch ist, dies einfach so tun zu können, auf die simpelste, schlichteste Weise: indem man aus dem Haus tritt mit einer Tasche voll Bier, dort hingeht zum warmen Grashügel und in der Dämmerung unter einer Blechpalme den Kränen in den Docks zuschaut, während der Rest der Welt sich schon eine ganze Reise zumuten muss, um das tun zu können – und es dann doch nicht tut, sondern in irgendein Musical stolpert.
Und darauf stoßen wir an.
PS: Das Foto zeigt zwar die Blechpalmen, wurde aber nicht heute Abend aufgenommen, weil ich die Hände nicht frei bekam – da war einfach kein gerader Platz auf dem warmen Grashügel, wo ich die Bierflasche hätte abstellen können.