22 September 2011

Die widerlegte Strohhutthese



Meine Kommentatoren sind mir heilig, selbst die, die sich nicht heraustrauen aus dem Dunkel der Anonymität.

Deshalb folgten wir heute dem Rat eines ortskundigen Lesers und begaben uns in Palma zur Bar Bosch auf dem Placa Rei Joan Carles, wo man angeblich deutsche Landsleute mit dämlichen Strohhüten ihren Café con leche schlürfen sieht und sie dabei aufs Trefflichste belauschen kann.

Meinen eigenen dämlichen Strohhut hatte ich leider auf dem Schiff zurückgelassen; jetzt hätte er mir beim Eintauchen in diese fremde und seltsame Welt gute Incognitodienste leisten können. Na ja, es musste auch so gehen.

Bereits der erste schweifende Blick über den Außenbereich der rappelvollen Bar Bosch zeigte in der Tat eine beträchtliche Zahl stiernackiger Männer mit dämlichen Strohhüten, von denen ich sofort einen als prototypisch einzustufen vermochte und in aller Heimlichkeit ablichtete (siehe oben).

Alsdann wollte ich ihren Gesprächen lauschen, wollte herausfinden, wie sie die BILD-Themen des Tages stammtischmäßig ventilierten – doch das klappte nicht: Die Strohhüte unterhielten sich durchweg auf Spanisch …

Vorher, in der Mittagszeit, hatten wir uns in eine Seitengasse geschlagen auf der Suche nach einer wirklich authentischen Tapasbar und fanden eine in der C. Pelaires. Die Bedienung beherrschte weder Englisch noch Deutsch, was uns begeisterte. Hier waren wir richtig.

Wir orderten jeweils einen gemischten Tapasteller – und erhielten grandios matschige, in großzügigen Öllachen ertrunkene Komponenten von bestürzender Qualität. So fanden wir beide etwa die Häute von Knoblauchzehen in der Tunke vor; bei mir war sogar irgendwie ein sorgsam abgenagter Knochen undefinierbarer Herkunft in die Komposition hineingeraten. „Vielleicht ein bisschen zu authentisch“, fand Ms. Columbo. Ja, vielleicht.

Vorm Mittagessen waren wir in einer Cafeteria am Pl. Espanya gewesen, wo es freies WLAN gab. Wie Ausgehungerte fingerten wir die iPhones hervor und loggten uns mit zittrigen Fingern ein. Ich setzte sogar einen Tweet ab!

Dieses Erlebnis sorgte für eine höchst gehobene Stimmung, und vielleicht war sie es auch, welche sogar später noch die Matschtapas in der Pelaires ins milde Licht der Versöhnung tunkte.

Wie ich uns kenne, hält sie vor bis Barcelona.

6 Kommentare:

  1. Hoffentlich konnten Sie noch ein wenig mehr von Mallorca genießen, jenseits von matschigen Tapas und dämlichen Strohhüten ist diese Insel wirklich wunderschön, der Nordwesten geradezu traumhaft.
    Viel Spaß noch beim Rumschippern :)

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  2. Da liegt ein kleines Missverständnis vor, der etwas rundliche Herr mit dem dämlichen Strohhut und der viel zu großen Sonnenbrille sitzt meistens zwischen 17h bis 19h in dem erwähnten Ollies Cafe in unmittelbarer Nähe des Fähr und Kreuzfahrtschiffhafens zwischen philippinischen Seeleuten und hat Sie am Morgen mit dem Schwenken seines Strohhutes Richtung der zwei Schiffe mit dem großen C am Kamin und dem Schiff mit dem angedeuteten roten Smiley eines deutschen Touristikkonzerns symbolisch von der Dachterrasse aus gegrüßt. Interessant und etwas irritierend Ihr Besuch in der Bar Bosch. Hat da das Folkloreministerium Spanier mit Strohhüten platziert um den geschätzten ca. 5000 Palma Besucher die es von den an diesem Tag anlegenden vier Kreuzfahrtschiffen gespült hat ein traditionelles Bild zu vermitteln? Selbst habe ich wie jeden Donnerstag, da ich an diesem Wochentag stets meine administrativen Dinge im Zentrum erledige, das Wochenende beginnt inoffiziell eigentlich bereits am Freitag, um ca. 13:30h wie jede Woche meinen Cafe con leche dort zu mir genommen. Ich habe dort erfahren das der Papst nach Deutschland kommt (Was sich zum Glück mit den Nachrichten des Morgenmagazin gedeckt hat, Fernsehen lügt doch nicht), das der Besuch viele Steuergelder kostet und das Ralf Rangnick zurück getreten ist, was ich bis dahin noch nicht wusste und das Warum mir dann über Smartphone erarbeitet habe.
    Leider hatte ich vergessen Ihnen den Besuch der Foundation Joan Miro zu empfehlen, u.a. ist dort sein Atelier zu besichtigen in dem von dem Tag an dem er sein Schaffen beendet hat nichts verändert wurde. Aber vielleicht haben Sie einmal ein Zeitfenster für einen Kurzurlaub sollte das Wetter in Hamburg über einen längeren Zeitraum schlecht sein und Sie das Bedürfnis haben diesem zu entfliehen. Heutzutage ist ein kurzfristig gebuchtes Bahnticket von Hamburg nach München teurer wie ein Flugticket nach Mallorca. Gut essen im Zentrum von Palma kann man beim Italiener, z. B. im Rossini, das sollten Sie dann unbedingt überprüfen (Auch wenn der Chef deutsch spricht sollte er Lust dazu haben).
    Nun hätte ich noch eine Frage an Sie, da Sie ggf. zur Beantwortung einen kurzen Weg zu den Kompetenzpersonen haben. Diese Frage beschäftigt mich seit dem ich in Palma am Hafen wohne. Warum lässt der Kapitän eines Kreuzfahrtschiffes beim Auslaufen sogar spät abends das Schiffhorn blasen? Ist es „Hallo, schaut euch alle mein tolles Schiff an“, ist es Folklore für die zahlende Kundschaft an Bord um Seefahrtsromantik zu vermitteln oder ist es doch zwingende Verkehrsvorschrift in der Seefahrt? Die täglich an und ablegenden Fährschiffe kommen ohne dem aus und kleine Boote sind das auch nicht. Bei abendlicher Lektüre oder bei einem spannenden Film im TV kann so ein plötzliches Tuten des Schiffshorns die Wirkung eines Defibrillators der einen aus seinen Träumen holt erzielen. Vielleicht haben Sie das Kapitänsdinner noch vor sich und könnten so nebenbei meine Frage einfließen lassen…
    Ich wünsche Ihnen und Ihrer Begleitung weiterhin eine schöne und ereignisreiche Reise.

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  3. Ja ja, authentisch ist manchmal gewöhnungsbedürftig

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  4. Sie hatten hoffentlich in memoriam Vicco von Bülow das passende Zitat griffbereit, um sich stilgerecht zu echauffieren: "Das können Sie Ihren Gästen in Neapel anbieten. Hier kommen Sie damit nicht durch!"

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  5. Zaphod, wir waren nur einen Tag lang dort. Aber der Eindruck ist traumhaft.

    Anonym 05:45 Uhr: Komischerweise tutet unser Kapitän überhaupt nie, nicht mal tagsüber, was ich sehr bedauerlich finde. Er spielt nicht mal eine Auslaufmusik, dieser Faulpelz.

    Faouzi, mir gebricht es generell an Schlagfertigkeit. Die besten Sachen fallen mir immer erst im Nachhinein ein. Deshalb bin ich ja auch Blogger und kein Standupcomedian.

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  6. Eklig. Ich habe mir bereits vor langer Zeit geschworen, daß ich NIEMALS in meinem gesamten Leben nach Mallorca reisen werde (ganz egal, wie oft mir Bekannte erzählen, daß es da "schöne Ecken" gibt). Ich werde mich da auch nicht bequatschen lassen.

    Ich empfehle übrigens Bornholm.

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