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17 Juli 2009
Vom Leben und Leiden in der Melkzentrale
Der traurigtrotzige Dokumentarfilm „Empire St. Pauli“ von Steffen Jörg u. a. (Creative-Commons-Lizenz BY-NC-ND 3.0) erzählt von der Verwandlung unseres Stadtteils und wie das bei den Menschen, die hier wohnen, so ankommt.
Wer mal eben 85 Minuten Zeit hat: herzlich willkommen.
Alle anderen: Geht doch rüber! (nach Eppendorf.)
Edit 30.7.2009, 00:19: Der Film ist inzwischen nicht mehr als Stream verfügbar. Wo man die DVD kaufen und den Film öffentlich sehen kann, erfährt man auf der offiziellen Webseite.
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Hammer.Vielen Dank für diesen Link.Hab selber jahrelang auf St. Pauli gelebt.Und irgendwie hinterlässt die Doku nur noch Wut...
AntwortenLöschenIch hatte grad 85 Min und habe sie investiert.
AntwortenLöschenHat sich wirklich gelohnt, danke dafür.
Mir wurde ganz besonders übel bei 53:04 und 76:22. Das ist ein solches Armutszeugnis für diese Stadt, nicht zu fassen.
Besonders schön für sich sprechend fand ich auch die Meinung des Herrn Gühring zur Heißen Ecke. Da fasst man sich doch an den Kopp!
Ein Werbeflyer für die Lounge im Empire Riverside müsste eigentlich lauten: "Genießen Sie bei einem kühlen Cocktail und chilliger Loungemusik den Ausblick auf dieses belebte, spannende Viertel. Sehen Sie Prügeleien aus nächster Nähe, Penner beim Flaschensammeln, lustige Anwohnergestalten, beobachten Sie Huren dabei, wie sie sich keck die Freier von der Straße angeln und genießen Sie dabei unsere entspannte Atmosphäre! Spannung und Entspannung zugleich, das gibt es nur bei uns!"
- Ok ok ich bin kein Texter. Aber so ungefähr passt es doch. ;)
Ja - auch ich danke für diesen link.
AntwortenLöschenVielleicht könnte man Frau Bettina Bunge ("brennender Stadtteil, ein Bereich für jedermann") vermitteln, daß dieser Stadtteil keine öffentlich-rechtlichen Gärtner dieser Art braucht. Und daß hier schon Leute wohnen.
Dieser Architekt in der x-ten Etage hinter Glas: "Hopfenstraße, (...), die Bernhard-von-Utrecht-(!)Straße..." (46:30). Ein echter Kenner der Örtlichkeiten. Bernhard heißt Simon, Du Humpel.
Und: "Ich nehme meine Umgebung wie eine Tapete wahr, nicht unbedingt bewußt." Dann geh' nach Hause und mach uns nicht zu Deiner oder anderer Tapete.
Leider schafft Geld Rechte.
Eine Latte-Macchiato-Situation...
Nochmal danke.
Übrigens: Was Eppendorf angeht - da bin ich Anfang Oktober 2001 hergekommen.
Danke, Matt. Eine Dokumemtation, die auch in Nordbaden erhellte.
AntwortenLöschenDass die Stadt einen öffentlichen Platz mit Steuergeldern saniert und dann mit Gewinn verkauft - es ist für mich nur ein Beispiel, wie subtil manche "Entwicklungen" (nicht nur die Gentrifizierung) nicht nur in HH ablaufen. Unter dem Decknamen: "Wir wollen die Lebensqualität verbessern" ...
btw: Hätte das gerne in der "Holsten Schwemme" oder so diskutiert.
Oh oh - 20:56.
AntwortenLöschenBettina Bunge hat nicht "brennender" Stadtteil gesagt, sondern zeitjargongemäß "boomender" Stadtteil - für Jedermann. Der dann da mit seinem "Konzept" boomen kann. Wenn er Gebühren zahlt, für mehr Übernachtungen/ Umsatz in Hamburg sorgt oder investiert.
Sorry, Freud und ein entsprechender Verhörer...
Diese Finanzkünstler mit Krawatte. Rargh.
Danke für den Link. Ich werde mir die Doku mal heute nachmittag anschauen.
AntwortenLöschenWas mich allerdings etwas an der ganzen „Gentrifizierungsdebatte“ nervt: Es wird immer so dargestellt, als wenn das erst in den letzten fünf oder zehn Jahren in die Richtung geht, dass die „Alteingesessenen“ von „Besserverdienenden“ vertrieben werden. Und das unter dem Motto: Böse Neuanwohner, gute Eingeborene.
Schon vor über 30 Jahren sind viele Familien (!) aus St. Pauli geflüchtet, weil die Wohnungen dunkel waren, nur eine Ofenheizung besaßen, die sanitären Anlagen den Standards der Kaiserzeit entsprachen oder es denen einfach als ein zu miserables Umfeld für ihre Kinder erschien. Das wird immer gern unterschlagen. Nur als Beispiel: Ich selbst habe es 1985 erlebt, dass eine Familie nach fast 30 Jahren aus ihrer 5-Zimmer-Altbauwohnung auszog, weil ihre Kinder in der Schule auf dem Niveau von „Fast-nicht-deutschsprachigen“ anderen Kindern mit Migrationshintergrund unterrichtet wurden. Die wollten nicht, dass ihre Kinder so ein oder zwei Jahre hinterherhinken. Verständlich, oder?
Mit Sicherheit sind Eigentumsklötze mit Neureichen, die es „spannend finden“ auf St. Pauli zu wohnen (nicht zu leben) nicht wünschenswert. Aber wer dort drinnen wohnt, der will auch nur seine popelige Verwandschaft aus dem Schwäbischen damit beeindrucken, was er doch für ein aufregendes Leben hat. Auf solche Leute kann jeder Stadtteil verzichten.
Deshalb finde ich auch Ihren Spruch „Alle anderen: Geht doch rüber! (nach Eppendorf.)“ etwas mehr als unpassend.
Hiermit haben Sie sich eigentlich disqualifiziert und so richtig schön als Zugezogener geoutet. Und zwar als jemand, der bem Discounter kauft, der sich nicht für seine Nachbarn interessiert und den die „Hipness St. Pauli“ antreibt, ein Blog zu betreiben. Von Zugezogenen für Zugezogene. Oder: Mein wildes Leben im Blog – für die Verwandtschaft vom Dorf.
Ich wohne in Eppendorf (Hoheluft-Ost, um genau zu sein). Und hier gebt es etwas, was man sich wahrscheinlich außerhalb der Gegend rund um die Seilerstraße nicht vorstellen kann: Zahlreiche Menschen, die seit über 40 oder 50 Jahren in ihren Wohnungen leben, gewachsene Strukturen mit Schlachter, Fischhändler und Bäckern, die nicht zu einer Kamps-Backhus-Irgendwas-Kette gehören. Und man kauft hier auch nicht sein Obst im Penny-Markt, nur weil man 50 Cent sparen möchte oder zu faul ist, ein paar Meter zu laufen.
Natürlich mag die frühere Sozialfolklore St. Paulis ihren Charme gehabt haben. Wer dort allerdings vor 20 oder 30 Jahren wohnen musste (!) war in der Regel froh, wenn er wegziehen konnte (!)
Ich empfehle Ihnen als Lektüre „Die weiße Taube flog für immer davon“ von Günter Zint. Bekommt man vielleicht nicht auf den hippen Flohmärkten, aber bestimmt beim Antiquar seines Vertrauens. Ach halt: der am Schulterblatt ist ja auch nicht mehr da, weil dort nie jemand was gekauft hat ...
Nichtsdestotrotz: Schönes Wochenende - und vielleicht auch mal Gedanken machen, was man selbst so zum „Gentrifizierungsprozess“ beiträgt ...
Mike, ich war nach Lektüre Ihres bedenkenswerten Kommentar davon ausgegangen, Sie hätten das „Geh doch rüber!“ durchaus so verstehen können, wie es gemeint war: als satirische Anspielung auf den einst in konservativen Kreisen kursierenden Spruch gegen westdeutsche Systemkritiker; gemeint war damals die DDR.
AntwortenLöschenAber gut, das kann ich nicht automatisch verlangen, und Ihr Unverständnis liegt wahrscheinlich an Ihrer persönlichen Betroffenheit als Eppendorfer. Allerdings war das nur eine Chiffre, ich hätte auch Blankenese oder Uhlenhorst einsetzen können.
Was den Status als Zugezogener angeht: Wahrscheinlich verliert man den nie, aber nach anderthalb Jahrzehnten auf St. Pauli ist mir das immer seltener bewusst, und wenn Sie glauben, man verspürte gleichsam jahrzehntelang das Bedürfnis, die „Verwandtschaft vom Dorf“ mit seinem Wohnsitz zu beeindrucken, dann mögen Sie vielleicht von sich selber reden, sollten aber mit Übertragungen auf andere vorsichtig sein. Zumal es hier im Blog allzu oft um Kotze, Pisse, Dreck und Elend geht, was die Bewunderung der „Verwandtschaft vom Dorf“ wahrscheinlich etwas dämpfen dürfte (wobei das rein hypothetisch ist, denn ich kenne niemand aus der Familie, der hier mitliest).
Wenn Sie ein bisschen quergelesen hätten, wäre Ihnen zudem aufgefallen, dass wir mit Herzblut die verbliebenen „gewachsenen Strukturen“ der Tante-Emma-Läden unterstützen, siehe z. B. auch oben links den Punkt „In memoriam“, aber auch die Notfallversorgung eines Pennyladens zu schätzen wissen.
Dennoch geben Sie viele interessante Anregungen. Ihre Kritik am Gut-Böse-Schema ist berechtigt, alles ist immer differenzierter, diffiziler, schwieriger, als es scheint. Dass mir das bewusst ist, hätten Sie sich allerdings ebenfalls blogintern erschließen können, zum Beispiel in diesem Beitrag.
Matt, vielen Dank für die Antwort. Zur Erklärung: ich bin kein „betroffener Eppendorfer“ und auch sonst nicht betroffen. Ganz und gar nicht. Auch ich bin vor über 30 Jahren nach Hamburg gekommen und wohnte die ersten 23 Jahre in Eimsbüttel.
AntwortenLöschenEs ist allerdings schon drollig, wie sich Menschen, die erst seit ein paar Jahren einen Stadtteil kennen (damit meine ich jetzt nicht Sie!) auf einmal engagieren und eine Vergangenheit verklären, die es so nie gab.
Ich kenne den Film nur in Ausschnitten und aus Besprechungen, aber: Da wird dann Bierschwemmen nachgetrauert, die die Macher des Films bestimmt nie betreten hätten (kennt jemand noch das alte Lehmitz? Ich meine das, wo man jederzeit für fünf Mark 'ne Freundin ohne Zähne finden konnte.). Da wird dann irgendein „sozialer Zusammenhalt“ vermutet, den es so nie gab (vielleicht, weil die Bewohner sich das gleiche Plumpsklo auf dem Hof teilten, oder was?). Da wird die Ursprünglichkeit der St. Paulianer gepriesen (Die Ursprünglichkeit sah so aus, dass auch gern mal ein Unbeteiligter was über den Schädel bekam). Und dass die Nutten damals genauso wenig freiwillig anschaffen gingen wie heute erhöht auch nicht die Romantik ...
Ich bin da eher skeptisch ...
Nicht alles, was sich in den letzten Jahren im Stadtteil getan hat ist schlecht. Und diejenigen, die sich heute darüber echauffieren, dass ein paar reiche Schnösel irgendein Penthouse beziehen wollen, sollten vielleicht mal kurz innehalten. Und dann beim Innehalten mal darüber nachdenken, wie es war, als sie den Stadtteil für sich entdeckten und anfingen in der günstigen 120-Quadratmeter-Altbauwohnung, die vorher eine mehrköpfige türkische Familie bewohnt hatte, den Fußboden abzuschleifen und ihr Single-Dasein zu genießen ... Aber das hört man halt nicht so gern ... ist ja unbequem.
Wir können das ja mal beim Bier erörtern, Herr Wagner. Wenn es einen Laden gibt, der außer dem hippen „Wir retten-unseren-Stadtteil-Astra“ (früher auch als Maurerpisse bezeichnet) noch eine andere Sorte (außer Warsteiner) führt, gern auch auf St. Pauli ;-)
Aber erstmal schaue ich den Film an ;-)
@ mike,
AntwortenLöschen"Da wird dann Bierschwemmen nachgetrauert, die die Macher des Films bestimmt nie betreten hätten " - Sie mögen wohl Klischees.
Den Film anschauen, ist eine gute Idee. Er läuft übrigens in verschiedenen öffentlichen Vorstellungen, bei denen es häufig Gelegenheit gibt, mit dem Publikum und den Filmemachern zu diskutieren, mit oder ohne Bier. (Was das Astra betrifft, sind Sie mit dem Klischee auch nicht ganz uptodate)
Hintergründiges und gesellige Filmtermine unter www .empire-stpauli.de
Normalerweise mag ich es nicht, wenn nachts Menschen vor meinem Fenster (Lincolnstr.) herumgrölen, aber neulich, nach der Vorführung des Filmes im Park Fiction, kam es zu einer kleinen, aber feinen (und lautstarken) Demo, der ich mich gerne spontan anschloß:
AntwortenLöschen"Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns St. Pauli klaut!"
Denn selbst als überzeugter Pazifist, der ich eigentlich bin, muß ich bei Typen wie dem Vogel im Astra-Turm (für den wir nur Tapete sind) doch manchmal denken: 'Die, Yuppiescum!' Schlimm?
Ja. Finde ich schlimm. Wenn man seine eigenen Partikularinteressen zugrundelegt, um Menschen als Abschaum zu deklarieren und den Tod zu wünschen, ist das nichts weiter als: faschistoid.
AntwortenLöschenSchlimm?
28.07.09 zum Video:
AntwortenLöschenDas war auf vimeo unautorisiert und ist jetzt nicht mehr dort.
Wer den Film ansehen will, schaue bitte auf www.empire-stpauli.de nach Terminen. (Dort ist übrigens auch ein Gästebuch verlinkt für Lob und Tadel ;)
Der Film ist übrigens auch für schmale 10 Euro zu kaufen (was ich bereits getan habe). Wo man ihn bekommt, steht ebenfalls auf www.empire-stpauli.de.
AntwortenLöschendiese Seite ist so überfüssig wie ein pickel auf dem Arsch
AntwortenLöschennur leeres Gelaber von Vollpfosten für Vollpfosten