Die Bäckerei Dat Backhus im neuen Brauhausquartier auf der anderen Seite der Reeperbahn ist erfreulich leer, das sehe ich durch die großen Schaufenster.
Vor mir betritt noch eine Frau den Laden. Macht nichts, ist sogar besser: So bleibt mir etwas mehr Zeit, mich der optischen Brötchenprüfung zu widmen. Es gilt nämlich gerüstet zu sein für das Entscheidungsfreude verlangende Backhusangebot „Fünf Brötchen nach Wahl für 2 Euro“.
Mit einem Ohr höre ich, wie die Frau irgendetwas bestellt. „Welches?“, fragt der stoppelhaarige Backhusverkäufer hinter der Theke. „Na, das von der Tafel!“, schnappt die Frau überraschend ungehalten.
Das lenkt meine Aufmerksamkeit augenblicks weg von den Backwaren und hin zur sich schlagartig verdüsternden Stimmungslage im Backhus. „Ruhig …“, sagt der Verkäufer und bewegt beide Handflächen mehrmals parallel Richtung Boden – eine besänftigend scheinende, aber dank ihrer kühlen Ausführung durchaus ungehalten, ja vorwurfsvoll wirkende Geste.
Die Frau geht sofort in die Luft. „Sie haben mich warten lassen!“, zetert sie. „Erst lesen Sie Zeitung, und dann holen Sie auch noch Brötchen aus dem Ofen!“ Harter Tobak. Noch ehe der Angegriffene sich rechtfertigen kann, tritt aus dem Hintergrund ein kompakter kinnbärtiger Kollege hinzu und übernimmt die Verhandlungsführung.
„Das muss er tun“, bescheidet er der Frau kühl und ohne sie anzusehen, „sonst wären sie verbrannt.“ Die Kundin spürt endgültig: Hier ist sie keineswegs Königin. Und mit einem verächtlichen „Pah!“ dampft sie so umstands- wie umsatzlos ab. Sie wird nie mehr wiederkommen, das ist uns drei Verbliebenen insgeheim klar.
Etwas belämmert stehe ich da, nun der einzige Repräsentant der Kundschaft. Als solcher empfinde ich absurderweise so etwas wie Verantwortung für die atmosphärische Verfahrenheit der Situation.
Schließlich bin ich auch einer von denen, die abends, wenn die Backhusleute ein Fazit ihres Elends ziehen, in der Schublade „Diese Kunden!“ abgelegt werden, gemeinsam mit einer ordentlichen Portion Verachtung.
Trotzdem schaffe ich es unfallfrei, meine fünf Brötchen für zwei Euro zusammenzustellen. Als der Kinnbart mir die Tüte reicht, sagt er, ohne es zu meinen: „Ich wünsche Ihnen schöne Pfingsten.“
Er lächelt nicht einmal dabei.
PS: Statt eins der Brötchen abzulichten, fiel meine Wahl aus rein ästhetischen Gründen auf einen Hafengeburtstagsheißluftallon.
Herr Matt,
AntwortenLöschenwann startete Wal-Mart nochmal diese Deutschlandoffensive? 1999?
Ich hab damals bloß still in mich hinein gelächelt.
Und inzwischen gibt es in Deutschland nicht mal mehr Wal-Mart. Eine Information, die man dem Backhus mal zukommen lassen sollte.
AntwortenLöschenund sie hat wirklich "pah!" gesagt?
AntwortenLöschenJa, es war ein Laut zwischen „Ph“ und „Pah“, also einer des Ärgers und der Missbilligung. Ich hoffe, das kam rüber.
AntwortenLöschenquasi ein "pffft"?
AntwortenLöschenEin ziemlich zickiger Laut - wahrscheinlich hat sie stilvollendet auch den Kopf nach hinten geworfen, damit das Haar noch etwas wallt und der Schwung beim Abdrehen zur Tür noch eleganter wirkt.
AntwortenLöschenIch empfehle die Sonnenkrustis (die gibt es auch mit Walnuss), aber mehr als zwei von derselben Sorte dürfen Sie unter der Rubrik "gemischte Brötchen" nicht erwerben. Mich hat übrigens gewundert, daß die "Weltmeisterbrötchen" 2006 nicht verboten worden sind.
Hi , ich arbeite im Backhus seit 16 Jahren , teilweise stimmt die kritik schohn , Leider!!
AntwortenLöschenwollte nur anmerken das mann bei unseren "5 gemischten" 3 von einer sorte nehmen darf , und nicht 2 wie olaf berichtete .