26 März 2007

Am Gefängnis

Im Park Planten un Blomen blüht die Kirsche, Eichhörnchen turnen durchs Gehölz, und die Schilder an den Bäumen, die transsaisonal vor brüchigen Eisflächen auf den Teichen warnen, wirken wie ein schlechter Witz, über den wir trotzdem schmunzeln müssen an einem Strahletag wie diesem.

Der Park drängt an seiner Nordseite gegen die Mauern des Untersuchungsgefängnisses, und all das – Kirschblüte, Eichhörnchen, Teiche – können auch die Gefangenen sehen, wenn sie an den Zellenfenstern stehen.

Manche stecken die Unterarme durch die Gitterstäbe, lassen sie baumeln im Freien, in Freiheit. Unten, auf dem Parkweg, der sich an den Mauern des Gefängnisses entlangschlängelt, stehen die Angehörigen und schreien Grüße hoch, und von oben schallt es tieffrequent zurück; hier werden wichtige Dinge geklärt, meist auf türkisch oder kurdisch, es ist wie in diesem Raubkopiererspot, nur dass die Gefangenen mit dem Blick auf Kirschblüten, Eichhörnchen und Teiche noch nicht wissen, was sie erwartet, denn es ist ja ein Untersuchungsgefängnis.

Nennt uns Spaziergänger schadenfroh, doch das Gefangensein derer, die den Park nur anschmachten dürfen aus der Höhe, trübt unsere Stimmung keineswegs – im Gegenteil: Die Freiheit wird uns gar doppelt bewusst.


Und ohne schlechtes Gewissen fotografieren wir Kirschblüten, Eichhörnchen, Teiche und uns selber – und beschließen insgeheim, nichts zu unternehmen, was uns je dazu zwänge, den Park aus jener speziellen Perspektive anschmachten zu müssen.

4 Kommentare:

  1. es sei mir der hinweis gestattet, dasz man nicht unbedingt selbst etwas tun muss um in u-haft zu landen. mitunter erledigen das auch besonders liebenswerte mitmenschen oder gesichtsfeldbeengte karrierepolizeier.

    trotzdem ist euer beschluss sehr löblich ;)

    und zu pimpernuckel nur noch so viel:
    meine frau gemahlin weiss wo sie bei bedarf einen solchen findet - also gibt es ihn auch ;)

    blondyonly

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  2. Dann habe ich jetzt etwas gelernt … ;-)

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  3. Hamburger ticken gleich ;) Ich war gestern auch mit Ms. Elbebass im Planten un Blomen und auch wir haben das Gefängnis beäugt, nur sind uns nicht so schadenfrohe Gedanken in den Sinn gekommen.

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  4. ich fahre oft mit dem Fahrrad daran vorbei und finde es jedesmal bizarr. Mich berührt das enorm, wenn ich höre, wie die Menschen sich dort Sachen zurufen. Oft ist die Verzweiflung so greifbar. Ein komischer Standort, so mitten in der Stadt ein Knast, gleich neben der idyllischen Parkanlage.
    Meine alte Schule liegt auch einen Steinwurf von einem Untersuchungsgefängnis entfernt, gleich neben einem großem Wald. Ich fand das als Kind sehr praktisch, ich dachte, wenn die mal ausbüxen, dann können die sich prima im Wald verstecken. (he, ich war damals sehr klein! Und hab wohl zu oft Räuber Hotzenplotz gelesen...)

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