Ok, es ist zwar schon ein paar Tage her, es geschah nämlich am 26. Januar. Doch so richtig durch Kleinbloggersdorf getrieben wurde die Sau noch nicht, deshalb gebe ich ihr hier noch mal hübsch die Peitsche.
Es geht um Thomas Doll, den Trainer des HSV. Und es geht um die Pokalsensation, die meinem kleinen Stadtteilclub FC St. Pauli gegen den gigantischen SV Werder Bremen gelang. Die Begleitumstände des Kieztaumels wurden an dieser Stelle ja ausführlich erörtert.
So weit, so gut. Doch am Tag danach, nämlich am 26. Januar, erschien in der altehrwürdigsten Fußballfachpostille überhaupt, dem kicker, eine Kolumne von besagtem Doll. Darin schrieb der Fußballlehrer laut dem etwas weniger altehrwürdigen Fußballmagazin 11 Freunde Folgendes:
„Den Sieg der Bremer am Hamburger Millerntor habe ich mir gestern angesehen. Schade für St. Pauli zwar, dass es nicht zu einer weiteren Pokal-Sensation reichte, aber unser Nachbar ist wieder auf dem Weg nach oben.“
Das schreibt der Doll, bzw. der kicker. An Dolls Stelle hätte ich mich daraufhin in eins der zahlreichen Ackerlöcher des AOL-Arenarasens verkrochen, vor lauter Scham.
Die Vorgeschichte dieses hochnotpeinlichen kicker-Kolumnen-Fakes muss ungefähr so abgelaufen sein:
Chefredakteur (kumpelhaft): „Mensch, Thomas, wir müssen aktuell sein, megaaktuell! Wir müssen das Pokalspiel vom Mittwochabend noch reinnehmen in deine Kolumne.“
Doll (naiv): „Aber das Heft erscheint doch schon Donnerstag. Wie soll denn das gehen?“
Chefredakteur (herzlich auflachend): „Ach was, Thomas, das Heft ist doch sogar längst gedruckt, wenn das Spiel angepfiffen wird! Wir schreiben dir einfach vorher die Kolumne, Bremen gewinnt doch eh. Das merkt kein Schwein, garantiert. Du musst nicht mal auflaufen in diesem maroden Quarree am Millerntor. Vertrau uns einfach, wir machen das schon seit dem 14. Juli 1920. Das hat noch immer hingehauen.“
Doll (schüchtern): „Aber … nur mal angenommen … ich meine, man hat ja schon allerhand erlebt, ich sage nur: Ditmar Jacobs am Karabinerhaken … und dann fällt mir noch dieses doofe Kaff ein, wie hieß das noch – Eppingen? Die haben den HSV sogar mal …“
Chefredakteur: (lacht schallend, kann nicht mehr aufhören, läuft puterrot an, muss notärztlich behandelt werden)
Doll (geschlagen): „Ist ja gut, dann schreibt ihr mir mal den Text. Ich vertrau euch. Ihr seid der kicker, ihr habt die Ahnung, was man alles machen darf und was nicht. Und, klar, Bremen gewinnt das Ding. Logo. Was mach ich mir überhaupt nen Kopp.“
Chefredakteur: (kurzatmig, prustend) „Genau, bruhaha, ganz genau, Thomas!“
Und dann kamen Luz & Co.
Und noch während am Millerntor ein St.Pauli-Tor nach dem anderen fiel, fuhren Lkws den megaaktuellen kicker zu jedem Kiosk in Deutschland. Die hochnotpeinliche Selbstentlarvung lief, und nichts und niemand konnte sie mehr stoppen.
Doll wird übrigens auch während der WM Kolumnen für den kicker schreiben.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs, die ich gerne mal als Stadionhymne hören würde
1. „Torches of liberty“ von The Three Johns
2. „Helden/Heroes“ von Six By Seven
3. „Hard to come back“ von Madrugada
Kennst Du Redakteure, die sich ernsthaft mit Sportlergewerkschaften auseinandersetzen?
AntwortenLöschenJosh, weiß leider nicht, worauf deine Frage abzielt.
AntwortenLöschenIst ja ein Doll-es Ding. Wahrscheinlich waren die meisten Blogger mit Stöckchenwerfen beschäftigt, so dass ein solch außerordentlicher faux pas nicht auffallen konnte. Und da behaupte noch einmal jemand, Blogger würden nicht gründlich recherchieren. Danke.
AntwortenLöschenHoffentlich war's kein Glückstreffer. Da arbeite ich dran.
AntwortenLöschenDas ist nun mal eben der Unterschied, was meinen Sie, was los gewesen wäre, hätte das Opfer HSV geheißen (Trotz Stöckchenwerferei).
AntwortenLöschenIch hatte gestern abend Besuch von einem sehr aktiven, jungen Pauli-Fan, der u.a. auch Damen trainiert. Was haben wir gelacht!
Es würde mich jetzt nicht wundern, wenn die WM-Kolumnen auch bereits fertig in der Schublade liegen, vielleicht vorsorglich in zwei Versionen, damit es nicht wieder ganz so daneben geht.
AntwortenLöschenDem kicker wird so etwas wohl auf Jahre nicht mehr passieren. So eine Wunde schmerzt sehr lange und erinnert an die Schmach, auch dank des guten Langzeitgedächtnisses der Blogosphäre … ;-)
AntwortenLöschen@matt: Ja, die Frage war zu ungenau formuliert.
AntwortenLöschenIm "Soccer-Business" macht sich eine Art der Hybris breit, die selbst vor solchen "dollen" Aussagen nicht halt macht. Das meinte ich. Die Frage wäre also nun korrekt: Wird Thomas Doll sich bei den St.Pauli-Spielern entschuldigen?
Nicht Doll bei St. Pauli, aber der kicker bei seinen Lesern – und Doll:
AntwortenLöschen"im „Einwurf“ von Thomas Doll in der aktuellen kicker-Donnerstag-Ausgabe ist uns ein peinlicher Fehler unterlaufen. Natürlich hat das Pokalspiel nicht Werder Bremen, sondern der FC St. Pauli gewonnen.
Wie das passieren konnte? Bereits während des Spiels wurde auch eine so genannte „kalte“ Version des besagten Absatzes geschrieben. Lediglich als Platzhalter. Nach der Partie hat der dafür eigens beauftragte Redakteur einen schwerwiegenden technischen Fehler gemacht, sodass nicht die mit Thomas Doll aktualisierte Fassung, sondern die Platzhalter-Version im Blatt erschienen ist.
Wir bedauern dies sehr und entschuldigen uns für diesen Fehler bei Ihnen und nicht zuletzt bei Thomas Doll.
kicker-sportmagazin, Chefredaktion“