26 November 2005

Der Eigentumsschein

Ich marschiere bei Saturn in der Mönckebergstraße durch den Haupteingang, weil ich eine gestern gekaufte externe Festplatte umtauschen will. Eine Rolltreppe abwärts erreiche ich munter die zuständige Abteilung, wo ich meinen Wunsch vorbringe.

„Haben Sie einen Eigentumsschein?“, fragt mich der Saturnmensch. Keineswegs – was ist denn das? Nun, ein Nachweis, den man sich vor Betreten des Ladens holen muss und der einen als rechtmäßigen Eigentümer des eingeführten Gerätes ausweist.


Ich kann allerdings nur den Kassenzettel vorweisen. „Au, das ist schlecht“, ächzt der Mann. Er mustert mich mit einer Mischung aus Skepsis, Misstrauen und Mitgefühl. Dann führt er mich angespannt zur Information. Der Sicherheitsdienst wird gerufen. Wann ich denn das Haus betreten hätte und durch welchen Eingang. Vor fünf Minuten, Haupttor.

Es wird telefoniert. Der Überwachungszentrale werden meine Angaben geschildert. Das Security-Model bezeichnet mich als „Herr, der neben mir steht“, und erst in diesem Moment begreife ich, dass ich gefilmt werde. Immer noch. Denn natürlich auch schon beim Betreten des Geschäftes.


Jetzt muss Big Brother also die Aufzeichnung meines Entrees finden, man wird die Ausbeulung meiner Tragetasche vergleichen mit den Ausmaßen des Festplattenkartons. Und am Ende wird man beurteilen, ob meine Angaben korrekt sind oder ich einfach ein dilettantischer Tölpel bin, der mit Chuzpe und Kassenzettel versucht hat, den Megamarkt Saturn zu linken.

Ich könnte nach Abschluss der Untersuchung mit leeren Händen dastehen. Mir fällt der Matrose in B. Travens „Das Totenschiff“ ein, der seinen Pass verliert und damit gleichsam seine Existenz.


20 Minuten später kann ich die Festplatte umtauschen. Beim Hinausgehen sehe ich mich selbst auf einem Monitor, und ich versuche, unschuldig auszusehen. Auf der Stirn spüre ich einen hauchdünnen Schweißfilm.


Große Musik, die heute durch den iPod floss: „Levitation Groove“ von Magic Sound Fabric, „River man“ von Brad Mehldau und „Groove“ von Sonica 2005 CELL.



4 Kommentare:

  1. Unheimliche Welt, da draussen...
    Aber ich muss ja nicht mehr aus dem Haus, wenn ich nicht will. Hab ja Internet. Das ist die Dialektik des technischen Fortschritts ;-)

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  2. Big Brother ist aber auch nicht weit im Internet. Hast du einen Windows-Rechner? Dann weiß Mr. Gates auf jeden Fall, was du letzten Sommer getan hast … ;-)

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  3. Gleicher Ort, gleiches Datum, beim Bezahlen einer CD (cash).

    "Verraten sie mir ihre Postleitzahl?"
    "???"
    "Wegen der Statistik"
    "Nein, ich bin kein Verräter."

    Unfreundliches Gegrummel, 'durfte' dann aber doch bezahlen. Ich geh' da nicht wieder hin.

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  4. Mein Begleiter hat ihnen seine Postleitzahl verraten. Es war eine aus der hessischen Provinz, genauer gesagt der Schwalm. Bei den Saturnstatistikern könnte das für Grübeleien sorgen.

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