Als kopfschüttelnder Verehrer des Talentverschwenders Klaus Kinski suchte ich jahrelang nach Filmen und Devotionalien des durchgeknallten Mimen. Vor allem die gebundene 1975er Erstauflage seiner vor Saft, Kraft, Potenzprotzerei und allgemeiner Egozentrik platzenden Autobiografie „Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund“ war ein begehrtes Objekt meiner Begierde.
Allerdings ist das Skandalbuch immens schwer aufzutreiben. Das liegt an Kinskis Brüdern, die sich damals davon schwer diffamiert fühlten und es schon nach wenigen Wochen per einstweiliger Verfügung vom Markt nehmen ließen. Die späteren Auflagen (z. B. „Ich brauche Liebe“) waren für mich nicht mehr so interessant; jede geschwärzte oder entfernte Stelle nimmt einem Original eben weit mehr als nur ein paar Sätze.
Ich streifte also allwöchentlich über Hamburger Flohmärkte, auch über den in der Neuen Großen Bergstraße, der alle paar Monate sonntags stattfindet. Mit der üblichen gelangweilten Wachsamkeit wühlte ich eines Tages wieder mal in der Bücherkiste eines jener professionellen Händler, die Nachlässe en gros für Winzbeträge aufkaufen oder Erben gar zur kostenlosen Abgabe bequatschen („Dann sind Sie ihn los, den Krempel, ist eh nichts mehr wert“) – und bingo: Da. War. Es.
Wer weder jagt noch sammelt, kann kaum ermessen, wie es sich anfühlt, nach Jahren der Suche endlich dem Jagdobjekt Aug in Aug gegenüberzustehen. Eine Begegnung, die mit deutlichen körperlichen Symptomen einhergeht. Wärme läuft dir über den Körper wie eine Armada Ameisen, im Nacken kribbelt es, deine Hände beginnen leicht zu zittern, und du atmest – nach kurzem schockartigem Stocken der Lungenmuskulatur – plötzlich so rasch, als seist du ein, zwei Etagen treppauf gelaufen. Puh.
Das Problem in dieser Sekunde: Der Händler darf nullkommanichts merken von deiner Veränderung. Du nimmst das Buch also äußerlich ruhig aus der Kiste, befühlst es, registrierst mit mikroskopischer Enttäuschung das Fehlen des Schutzumschlags (egal, egal …), schlägst es mit ostentativer Uninteressiertheit auf – und erstarrst. Schon wieder stockt dir der Atem, dann japst du, denn … denn … das Buch ist SIGNIERT.
Von. Klaus. Kinski. Persönlich.
Jetzt wird dir allmählich das ganze Ausmaß dieses Fundes klar. Jahrelang hast du gesucht, und dein Glück schien vollkommen, als du das Buch endlich entdecktest; das ist erst zehn Sekunden her, und jetzt muss dein Adrenalinhaushalt mit der Verzehnfachung deines Glücks zurechtkommen, während du äußerlich den angeödeten Allesschongesehenhaber mimen musst.
Bei diesem Buch nämlich – um das noch einmal in aller Deutlichkeit herauszustellen – handelt es sich nicht nur um die verbotene gebundene Erstauflage, sondern um ein Exemplar, welches dein gebrochener Held höchstpersönlich – per Hautkontakt! – mit seiner Aura, seinem Fluidum imprägniert hat.
„Wieviel willsten haben für das Kinskibuch?“ frage ich den Händler mit perfide erzwungener Ruhe. Er blickt kurz auf und sagt: „Fünf Mark.“ (Es war vor der Währungsumstellung.) Fünf Mark. Ich habe mich nicht verhört. Eine unmenschliche Willensanstrengung, auf die ich noch heute stolz bin, erlaubt mir, nicht laut loszuprusten. Ich krame wortlos in der Tasche, fingere das Geld hervor, drücke es ihm in die Hand.
Und dann, ich weiß selbst nicht mehr genau warum, schlage ich das Buch auf, halte ihm die signierte Seite hin und frage: „Ist das echt?“ Er wird sehr bleich. Und während ich abdampfe, ist meine Seligkeit zu groß, um mich für diese kleine Fiesheit zu schämen. Das kommt erst später.
Diese Begebenheit fällt mir wieder ein, weil ich just im Web auf einen Kinski-Clip von 1971 stieß. Der durchgeknallte Mime verwandelt sich während eines Interviews in einem Pariser Park ohne großes Zutun der braven Befragerin in einen Wüterich, der alle Anzeichen von Paranoia zeigt. Es ist witzig und traurig zugleich; und am liebsten würde man ihn sedierend knuddeln.
Vier Jahre nach der Pöbelei im Park hielt er mein Buch in den Händen, er schlug es auf, nahm einen schwarzen Filzstift und krakelte wild sein Autogramm hinein.
Fünf Mark!
Ex cathedra: Die Top 3 der geistreichsten Songtitel
1. „The law is an anagram of wealth“ von Ann Clark
2. „Je t'aime (moi non plus)“ von Serge Gainsbourg
3. „It takes a lot to laugh, but it takes a train to cry“ von Bob Dylan
„3000 Plattenkritiken“ | „Die Frankensaga – Vollfettstufe“ | RSS-Feed | In memoriam | mattwagner {at} web.de |
26 Februar 2006
25 Februar 2006
Die Fundstücke des Tages (8)
1. Neue Google-Suchabfragen, die zu meinem Blog führten:
– „www.sex mit hund.de“ (Sickenreuth, Bayern. Im Ortsnamen scheint ein Kommentar zur Suchabfrage versteckt zu sein. Aber vielleicht interpretiere ich das auch über. Übrigens kommen die schweinischsten Suchabfragen immer aus Bayern. Wer weiß mehr?)
– „meine ersten dritten zähne“ (Kirchtimke, Niedersachsen. Hier würde interessieren, wie alt der Kirchtimker ist – vielleicht so alt wie Charlotte Roche?)
– „deudsche sagen“ (Burghaun, Hessen. Es ist eine Spezialität der Hessen, aus harten Konsonanten weiche zu machen. Allerdings dachte ich bisher, das geschähe nur beim Schbrechen.)
– „was gibt der staat jährlich für drogen aus“ (Halver, Nordrhein-Westfalen. Lustig, dass manche Menschen Google mit einem Allwissenden gleichsetzen, dem man Fragen stellen kann wie einst dem Orakel von Delphi. Die Frage selbst hat allerdings einen gewissen subversiven Charme.)
2. Wer kauft sich bloß Blogbesuche? Ein Ebayverkäufer bietet jedenfalls entsprechende Dienste an und kriegt wirklich Gebote. Dem höchstbietenden Blogger garantiert er fünf Besuche am Tag, und zwar vier Wochen lang. Mitgeliefert werden sinnvolle Kommentare. Die Offerte zielt auf Blogs, die unbeachtet in der Weite des Webs vereinsamen, also ganz frische oder ganz schlechte. Aber kann man sich wirklich darüber freuen, wenn man jemand dafür bezahlt, dass er vorbeischaut? Kann man sich in die eigene Tasche lügen? Man verwechselt doch auch die Dame eines Eskortservice nicht mit seiner Freundin. Richtig Geld via Ebay scheffeln könnten dagegen hochfrequentierte Blogger wie ix, indem sie ein Plätzchen auf ihrer Blogroll versteigerten. Unmoralischer als AdSense ist das auch nicht.
3. Der bescheuertste Songtitel des Monats heißt „Pompeii am Gotterdammerung“ und wurde verbrochen von der ansonsten unbescholtenen Band Flaming Lips.
4. Im „FISCHclub Blankenese“ knöpfte man uns heute für eine Tasse nesquickartiger Schokobrühe mit Sprühsahne – Gesamtmaterialwert, grob geschätzt: fünf Cent – drei Euro fünfzig ab. Offenbar haben sie uns mit Touristen verwechselt. Vielleicht mussten wir aber auch einfach nur den Blick (Foto) mitbezahlen; anders ist es ja im Tabledancelub auch nicht.
Ex cathedra: Die Top 3 der blödesten Songtitel
1. „Itsy Bitsy Teeny Weeny Yellow Polka Dot Bikini“ von Bryan Hyland
2. „Ring um meine Eier“ von Stefan Raab
3. „Deutscher Girls" von Adam Ant.
– „www.sex mit hund.de“ (Sickenreuth, Bayern. Im Ortsnamen scheint ein Kommentar zur Suchabfrage versteckt zu sein. Aber vielleicht interpretiere ich das auch über. Übrigens kommen die schweinischsten Suchabfragen immer aus Bayern. Wer weiß mehr?)
– „meine ersten dritten zähne“ (Kirchtimke, Niedersachsen. Hier würde interessieren, wie alt der Kirchtimker ist – vielleicht so alt wie Charlotte Roche?)
– „deudsche sagen“ (Burghaun, Hessen. Es ist eine Spezialität der Hessen, aus harten Konsonanten weiche zu machen. Allerdings dachte ich bisher, das geschähe nur beim Schbrechen.)
– „was gibt der staat jährlich für drogen aus“ (Halver, Nordrhein-Westfalen. Lustig, dass manche Menschen Google mit einem Allwissenden gleichsetzen, dem man Fragen stellen kann wie einst dem Orakel von Delphi. Die Frage selbst hat allerdings einen gewissen subversiven Charme.)
2. Wer kauft sich bloß Blogbesuche? Ein Ebayverkäufer bietet jedenfalls entsprechende Dienste an und kriegt wirklich Gebote. Dem höchstbietenden Blogger garantiert er fünf Besuche am Tag, und zwar vier Wochen lang. Mitgeliefert werden sinnvolle Kommentare. Die Offerte zielt auf Blogs, die unbeachtet in der Weite des Webs vereinsamen, also ganz frische oder ganz schlechte. Aber kann man sich wirklich darüber freuen, wenn man jemand dafür bezahlt, dass er vorbeischaut? Kann man sich in die eigene Tasche lügen? Man verwechselt doch auch die Dame eines Eskortservice nicht mit seiner Freundin. Richtig Geld via Ebay scheffeln könnten dagegen hochfrequentierte Blogger wie ix, indem sie ein Plätzchen auf ihrer Blogroll versteigerten. Unmoralischer als AdSense ist das auch nicht.
3. Der bescheuertste Songtitel des Monats heißt „Pompeii am Gotterdammerung“ und wurde verbrochen von der ansonsten unbescholtenen Band Flaming Lips.
4. Im „FISCHclub Blankenese“ knöpfte man uns heute für eine Tasse nesquickartiger Schokobrühe mit Sprühsahne – Gesamtmaterialwert, grob geschätzt: fünf Cent – drei Euro fünfzig ab. Offenbar haben sie uns mit Touristen verwechselt. Vielleicht mussten wir aber auch einfach nur den Blick (Foto) mitbezahlen; anders ist es ja im Tabledancelub auch nicht.
Ex cathedra: Die Top 3 der blödesten Songtitel
1. „Itsy Bitsy Teeny Weeny Yellow Polka Dot Bikini“ von Bryan Hyland
2. „Ring um meine Eier“ von Stefan Raab
3. „Deutscher Girls" von Adam Ant.
24 Februar 2006
Die Liederliste
Mit Listen (in der Blogsprache: „Stöckchen“) kriegt man mich immer. Diesmal ist zahnwart schuld und indirekt Anke Gröner. Und am Ende möchte ich das Stöckchen joshuatree zuwerfen.
1. Ein Lied aus deiner frühesten Kindheit:
„Wigwam bam“ von The Sweet.
2. Ein Lied, das du mit deiner ersten großen Liebe assoziierst:
„San Bernadino“ von Christie. Warum, steht hier.
3. Ein Lied, das dich an einen Urlaub erinnert:
„Tu t’en vas“ von Alain Barrière. 1975, auf Klassenfahrt in der Schweiz, am Fuß des Matterhorns. Ich: schmerzhaft verliebt in eine Supersüße aus der Parallelklasse. Sie: denkt nur an ihren Freund zu Hause. Schluchz.
4. Ein Lied, von dem du in der Öffentlichkeit nicht so gerne zugeben möchtest, dass du es eigentlich ganz gerne magst:
Hm, „If you think you know how to love me“ von Smokie? Nein, ich schäme mich nicht mehr für das, was ich höre. Ich gebe alles zu. Alles.
5. Ein Lied, das dich – geplagt von Liebeskummer – begleitet hat:
„Waiting“ von John Otway. Warum, steht hier.
6. Ein Lied, das du in deinem Leben vermutlich am häufigsten gehört hast:
„Sweet thing“ von Van Morrison. Liegt an meinem sich über Jahre hinziehenden manischen Versuch, Morrisons 1968er Album „Astral weeks“ zu verstehen. Methode: täglich hören. Irgendwann wöchentlich, dann monatlich. Aber ich höre es immer noch von Zeit zu Zeit. Und „Sweet thing“ am liebsten. Ich habe das Stück auch immer mal wieder auf Sampler gepackt, daher der Vorsprung gegenüber anderen Songs von „Astral weeks“.
7. Ein Lied, das dein liebstes Instrumental ist:
„The history of rain“ von Paul K. & The Weathermen.
8. Ein Lied, das eine deiner liebsten Bands repräsentiert:
„The kids are on high street“ von Madrugada.
9. Ein Lied, in dem du dich selbst wiederfindest oder in dem du dich auf eine gewisse Art und Weise verstanden fühlst:
„Northern sky“ von Nick Drake. Zumindest war das eine (lange) Zeit so. Ein typischer Fall von depressivem Song, der dich vor deiner Depression retten kann. Paradox, aber wahr.
10. Ein Lied, das dich an eine spezielle Begebenheit erinnert (und welche das ist):
„I’ll be there in the morning“ von Townes van Zandt. Marburg, 1993: Van Zandt war eigentlich zu betrunken, um zu spielen, er tat es dann aber doch, in Zeitlupe. Er war mental und physisch am Ende. Die Hälfte des Publikums schüttelte den Kopf oder lachte; es ging irgendwann. Der Rest, darunter ich, versuchte, diesen Mann zu retten. Es gelang – natürlich nicht endgültig, aber für eine Nacht. In der Pause traute ich mich in seine Garderobe, wo er schon wieder am Saufen war. Ich hatte alle meine Platten dabei, er signierte sie mir und malte mit zittrigen Fingern Kakteen darauf und Wüstenhighways, die sich in der Ferne verlieren. Das einzige echte Genie (außer Frank Zappa), mit dem ich jemals gesprochen habe. Das wunderbare Foto zeigt ihn, wie er knorrig aus dem Dunkel herauswächst, als habe ein Bildhauer ihn aus einem Baumstamm geschnitzt. Er grinst gequält und betrunken und wird gleich wieder zurücktreten ins Dunkel für immer. Geschossen hat es mein Freund Claus-Marco.
11. Ein Lied, bei dem du am besten entspannen kannst:
„Troll valley“ von Wavestar.
12. Ein Lied, das für eine richtig gute Zeit in deinem Leben steht:
„Talkin’ about a revolution“ von Tracy Chapman. Es war der Sommer, als ich im Freibad als Bademeister jobbte. Und Tracy lieferte den Soundtrack dazu. Unvergesslich.
13. Ein Lied, das momentan dein Lieblingssong ist:
„Exodus damage“ von John Vanderslice
14. Ein Lied, das du deinem besten Freund widmen würdest:
„Forever young“ von Bob Dylan.
15. Ein Lied, bei dem du das Gefühl hast, dass es außer dir niemand gerne hört:
„Lyin’ eyes“ von The Eagles.
16. Ein Lied, das du vor allem aufgrund seiner Lyrics magst:
„Cylea “ von François Villon, gesungen/rezitiert von Christian Redl
17. Ein Lied, das weder deutsch- noch englischsprachig ist und dir sehr gefällt:
„Voir un ami pleurer“ von Jacques Brel.
18. Ein Lied, bei dem du dich bestens abreagieren kannst:
„Memphis, Tennessee“ von Chuck Berry. Einer jener Songs, in denen die Urformel versteckt ist.
19. Ein Lied, das auf deiner Beerdigung gespielt werden sollte:
„It was a very good year“ von Frank Sinatra. Und „Worlds away“ von Strange Advance.
20. Ein Lied, das du zu den besten aller Zeiten rechnen würdest:
„Heroes“ von David Bowie.
1. Ein Lied aus deiner frühesten Kindheit:
„Wigwam bam“ von The Sweet.
2. Ein Lied, das du mit deiner ersten großen Liebe assoziierst:
„San Bernadino“ von Christie. Warum, steht hier.
3. Ein Lied, das dich an einen Urlaub erinnert:
„Tu t’en vas“ von Alain Barrière. 1975, auf Klassenfahrt in der Schweiz, am Fuß des Matterhorns. Ich: schmerzhaft verliebt in eine Supersüße aus der Parallelklasse. Sie: denkt nur an ihren Freund zu Hause. Schluchz.
4. Ein Lied, von dem du in der Öffentlichkeit nicht so gerne zugeben möchtest, dass du es eigentlich ganz gerne magst:
Hm, „If you think you know how to love me“ von Smokie? Nein, ich schäme mich nicht mehr für das, was ich höre. Ich gebe alles zu. Alles.
5. Ein Lied, das dich – geplagt von Liebeskummer – begleitet hat:
„Waiting“ von John Otway. Warum, steht hier.
6. Ein Lied, das du in deinem Leben vermutlich am häufigsten gehört hast:
„Sweet thing“ von Van Morrison. Liegt an meinem sich über Jahre hinziehenden manischen Versuch, Morrisons 1968er Album „Astral weeks“ zu verstehen. Methode: täglich hören. Irgendwann wöchentlich, dann monatlich. Aber ich höre es immer noch von Zeit zu Zeit. Und „Sweet thing“ am liebsten. Ich habe das Stück auch immer mal wieder auf Sampler gepackt, daher der Vorsprung gegenüber anderen Songs von „Astral weeks“.
7. Ein Lied, das dein liebstes Instrumental ist:
„The history of rain“ von Paul K. & The Weathermen.
8. Ein Lied, das eine deiner liebsten Bands repräsentiert:
„The kids are on high street“ von Madrugada.
9. Ein Lied, in dem du dich selbst wiederfindest oder in dem du dich auf eine gewisse Art und Weise verstanden fühlst:
„Northern sky“ von Nick Drake. Zumindest war das eine (lange) Zeit so. Ein typischer Fall von depressivem Song, der dich vor deiner Depression retten kann. Paradox, aber wahr.
10. Ein Lied, das dich an eine spezielle Begebenheit erinnert (und welche das ist):
„I’ll be there in the morning“ von Townes van Zandt. Marburg, 1993: Van Zandt war eigentlich zu betrunken, um zu spielen, er tat es dann aber doch, in Zeitlupe. Er war mental und physisch am Ende. Die Hälfte des Publikums schüttelte den Kopf oder lachte; es ging irgendwann. Der Rest, darunter ich, versuchte, diesen Mann zu retten. Es gelang – natürlich nicht endgültig, aber für eine Nacht. In der Pause traute ich mich in seine Garderobe, wo er schon wieder am Saufen war. Ich hatte alle meine Platten dabei, er signierte sie mir und malte mit zittrigen Fingern Kakteen darauf und Wüstenhighways, die sich in der Ferne verlieren. Das einzige echte Genie (außer Frank Zappa), mit dem ich jemals gesprochen habe. Das wunderbare Foto zeigt ihn, wie er knorrig aus dem Dunkel herauswächst, als habe ein Bildhauer ihn aus einem Baumstamm geschnitzt. Er grinst gequält und betrunken und wird gleich wieder zurücktreten ins Dunkel für immer. Geschossen hat es mein Freund Claus-Marco.
11. Ein Lied, bei dem du am besten entspannen kannst:
„Troll valley“ von Wavestar.
12. Ein Lied, das für eine richtig gute Zeit in deinem Leben steht:
„Talkin’ about a revolution“ von Tracy Chapman. Es war der Sommer, als ich im Freibad als Bademeister jobbte. Und Tracy lieferte den Soundtrack dazu. Unvergesslich.
13. Ein Lied, das momentan dein Lieblingssong ist:
„Exodus damage“ von John Vanderslice
14. Ein Lied, das du deinem besten Freund widmen würdest:
„Forever young“ von Bob Dylan.
15. Ein Lied, bei dem du das Gefühl hast, dass es außer dir niemand gerne hört:
„Lyin’ eyes“ von The Eagles.
16. Ein Lied, das du vor allem aufgrund seiner Lyrics magst:
„Cylea “ von François Villon, gesungen/rezitiert von Christian Redl
17. Ein Lied, das weder deutsch- noch englischsprachig ist und dir sehr gefällt:
„Voir un ami pleurer“ von Jacques Brel.
18. Ein Lied, bei dem du dich bestens abreagieren kannst:
„Memphis, Tennessee“ von Chuck Berry. Einer jener Songs, in denen die Urformel versteckt ist.
19. Ein Lied, das auf deiner Beerdigung gespielt werden sollte:
„It was a very good year“ von Frank Sinatra. Und „Worlds away“ von Strange Advance.
20. Ein Lied, das du zu den besten aller Zeiten rechnen würdest:
„Heroes“ von David Bowie.
23 Februar 2006
Der historische Tag
Von allen höchst erstaunlichen Un- und Eigenarten des Franken ist die erstaunlichste sein immenses Esstempo. Gäbe es eine Formel 1 in dieser Disziplin und wäre sie ähnlich dotiert wie die, in der Fernando Alonso tätig ist, so bräuchte sich der Franke um sein Auskommen nie mehr zu sorgen. Und seine Nachfahren auch nicht.
Jahrelang schlug er uns beim Essen um Längen, immer und überall. Regelmäßig wurde er so zum Gegenstand unseres süffisanten Spotts, der sich aus Hilflosigkeit ebenso speiste wie aus blankem Entsetzen.
Worin genau seine überlegene Esstechnik besteht, wie er auf dieses immense Tempo kommt, das offenbar niemand inner- und außerhalb Ottensens mitzugehen in der Lage ist, wurde übrigens bis heute nicht richtig erforscht. Dabei ist der Ablauf praktisch immer gleich: Das Essen wird serviert (bis dahin hat der Franke meist schon den Inhalt zweier Brotkörbe intus, minus jener Bröckchen, die der Rest von uns ihm mühsam entwand), alle beginnen mit dem Verzehr, das Gespräch dreht sich um dies und das, der Franke macht hier eine Bemerkung und da eine (er klinkt sich also nicht aus, wie man vermuten könnte), und schwuppdiwupp legt er plötzlich das Besteck beiseite, während Dagteller noch dabei ist, das zweite Salatblatt mit der Gabel anzuvisieren.
Man merkt einfach nicht, wie er das macht. Geräuschlos und ruhig saugt er in Sekunden zwei Nürnberger Rostbratwürste mit Salzkartoffeln und Sauerkraut weg. Und danach stiert er dir zufrieden grinsend auf den Teller und will dich nervös machen während der Viertelstunde, die du unweigerlich noch beschäftigt sein wirst mit deiner Portion.
Einmal aber geschah etwas, was bis heute schwer begreiflich ist: Er verlor. Ich erinnere mich noch daran, als wäre es gestern gewesen. Wenn man mich fragte, wo ich war, als Lady Di starb, würde ich sagen: in einem Flur in Wolfsburg. Und genauso deutlich weiß ich auch noch, wo ich war, als der Franke verlor: am gleichen Tisch wie er, in der Werkstatt 3 in Ottensen.
Aus irgendeinem Grund saß einer von uns plötzlich vor seinem blankgeputzten Teller, während der Franke gerade erst auf die Zielgerade einbog. Es war ein andächtiger Augenblick, der uns unwillkürlich gemeinsam innehalten ließ. Doch dieser Moment hatte auch etwas zutiefst Beunruhigendes. War der Franke krank? Ging es ihm nicht gut? War ein bislang inaktives Gen – vielleicht durch geheime militärische Experimente des Mossad in der Stratosphäre – zum Leben erwacht, welches ihm die Möglichkeit des Langsamessens, des Gönnenkönnens, des Nichtgewinnenwollens bot?
Es war vollkommen rätselhaft. Nach diesem gleichsam metaphysischen Moment allgemeiner Würdigung und Kontemplation am Tisch war es der Franke selbst, der die heilige Stille brach. „Du bist vor mir fertig“, stellte er fest, und zwar mit jener wuchtigen Nüchternheit, mit der Mose dereinst das erste Gebot verlesen haben muss. Wir alle wussten sofort: Dies war ein historischer Moment. Und wir durften dabei sein. Das unfassliche Ereignis wurde sodann zum Gespräch des Tages, wie auch anders. Jetzt diskutierten alle durcheinander, fassungslos, aufgebracht und rotwangig vor Erregung.
Wie sich herauskristallisierte, war der Franke gottlob keineswegs krank, sondern hatte es lediglich beim Frühstück versäumt, die Kalorienzufuhr leidlich im Rahmen zu halten, was sein mittägliches Esstempo auf unerwartet enorme Weise abbremste. Und so konnte jemand aus der Bezirksklasse den Champ besiegen, ein einziges Mal.
Nach diesem Tag beschlossen wir, den Themenkomplex nicht mehr anzuschneiden. Kein Spott mehr, keine Süffisanzen. Wir hatten die Sonne gesehen, jetzt war es nicht mehr wie früher. Ein Mythos war zerstört.
Natürlich folgten Jahre, in denen er uns wieder unerbittlich in Grund und Boden aß. Doch jener Tag, als einer von uns vor ihm fertig war, wird für immer unvergessen bleiben. Wie der 4. Juli 1954 im Berner Wankdorfstadion. Oder der, als die Dinosaurier ausstarben.
--> Weitere Teile der Frankensaga:
Der Alditag
Der Faschingskrapfen
Der Klozechpreller
Der Dude
Jahrelang schlug er uns beim Essen um Längen, immer und überall. Regelmäßig wurde er so zum Gegenstand unseres süffisanten Spotts, der sich aus Hilflosigkeit ebenso speiste wie aus blankem Entsetzen.
Worin genau seine überlegene Esstechnik besteht, wie er auf dieses immense Tempo kommt, das offenbar niemand inner- und außerhalb Ottensens mitzugehen in der Lage ist, wurde übrigens bis heute nicht richtig erforscht. Dabei ist der Ablauf praktisch immer gleich: Das Essen wird serviert (bis dahin hat der Franke meist schon den Inhalt zweier Brotkörbe intus, minus jener Bröckchen, die der Rest von uns ihm mühsam entwand), alle beginnen mit dem Verzehr, das Gespräch dreht sich um dies und das, der Franke macht hier eine Bemerkung und da eine (er klinkt sich also nicht aus, wie man vermuten könnte), und schwuppdiwupp legt er plötzlich das Besteck beiseite, während Dagteller noch dabei ist, das zweite Salatblatt mit der Gabel anzuvisieren.
Man merkt einfach nicht, wie er das macht. Geräuschlos und ruhig saugt er in Sekunden zwei Nürnberger Rostbratwürste mit Salzkartoffeln und Sauerkraut weg. Und danach stiert er dir zufrieden grinsend auf den Teller und will dich nervös machen während der Viertelstunde, die du unweigerlich noch beschäftigt sein wirst mit deiner Portion.
Einmal aber geschah etwas, was bis heute schwer begreiflich ist: Er verlor. Ich erinnere mich noch daran, als wäre es gestern gewesen. Wenn man mich fragte, wo ich war, als Lady Di starb, würde ich sagen: in einem Flur in Wolfsburg. Und genauso deutlich weiß ich auch noch, wo ich war, als der Franke verlor: am gleichen Tisch wie er, in der Werkstatt 3 in Ottensen.
Aus irgendeinem Grund saß einer von uns plötzlich vor seinem blankgeputzten Teller, während der Franke gerade erst auf die Zielgerade einbog. Es war ein andächtiger Augenblick, der uns unwillkürlich gemeinsam innehalten ließ. Doch dieser Moment hatte auch etwas zutiefst Beunruhigendes. War der Franke krank? Ging es ihm nicht gut? War ein bislang inaktives Gen – vielleicht durch geheime militärische Experimente des Mossad in der Stratosphäre – zum Leben erwacht, welches ihm die Möglichkeit des Langsamessens, des Gönnenkönnens, des Nichtgewinnenwollens bot?
Es war vollkommen rätselhaft. Nach diesem gleichsam metaphysischen Moment allgemeiner Würdigung und Kontemplation am Tisch war es der Franke selbst, der die heilige Stille brach. „Du bist vor mir fertig“, stellte er fest, und zwar mit jener wuchtigen Nüchternheit, mit der Mose dereinst das erste Gebot verlesen haben muss. Wir alle wussten sofort: Dies war ein historischer Moment. Und wir durften dabei sein. Das unfassliche Ereignis wurde sodann zum Gespräch des Tages, wie auch anders. Jetzt diskutierten alle durcheinander, fassungslos, aufgebracht und rotwangig vor Erregung.
Wie sich herauskristallisierte, war der Franke gottlob keineswegs krank, sondern hatte es lediglich beim Frühstück versäumt, die Kalorienzufuhr leidlich im Rahmen zu halten, was sein mittägliches Esstempo auf unerwartet enorme Weise abbremste. Und so konnte jemand aus der Bezirksklasse den Champ besiegen, ein einziges Mal.
Nach diesem Tag beschlossen wir, den Themenkomplex nicht mehr anzuschneiden. Kein Spott mehr, keine Süffisanzen. Wir hatten die Sonne gesehen, jetzt war es nicht mehr wie früher. Ein Mythos war zerstört.
Natürlich folgten Jahre, in denen er uns wieder unerbittlich in Grund und Boden aß. Doch jener Tag, als einer von uns vor ihm fertig war, wird für immer unvergessen bleiben. Wie der 4. Juli 1954 im Berner Wankdorfstadion. Oder der, als die Dinosaurier ausstarben.
--> Weitere Teile der Frankensaga:
Der Alditag
Der Faschingskrapfen
Der Klozechpreller
Der Dude
22 Februar 2006
Der Streik(unter)brecher
Nichts gegen den Streik im Öffentlichen Dienst, soviel vorweg. Wenn eine Gewerkschaft es zuließe, dass Menschen, die bereits einen Arbeitsplatz haben, zu Mehrarbeit gezwungen würden, obwohl genug Arbeitslose parat stünden, die jene Mehrarbeit leicht erledigen könnten; wenn man das also zuließe als Gewerkschaft, dann könnte man sich gleich wegen Schizophrenie einweisen lassen.
Doch zufällig gibt es ein paralleles Phänomen, welches die Lage verändert: die Vogelgrippe. Auf Rügen fielen schon hunderte Vögel vom Himmel. Rügen ist nicht sooo weit weg von Hamburg. Und parallel zur Seuche streikt die Müllabfuhr.
Für den Kiez ist das eine Katastrophe. Normalerweise kommen die Müllmänner hier zweimal am Tag. In Worten: z-w-e-i-m-a-l am Tag. Das tun sie zurzeit nicht. Weil die Abfallberge binnen kurzem fast so hoch wuchsen, dass man die Huren an der Davidstraße nur noch hüftaufwärts beurteilen konnte, wurde mehr oder weniger heimlich etwas weggekarrt. Merkt man aber kaum.
Also Müll überall, zerfledderte Zeitungen auf den Straßen und Gehwegen (vor allem BILD, was ein höchst adäquater Verwendungszweck für dieses Blatt ist), zerquetschte McDonalds-Boxen, Flaschen, Scherben, zertretene Pommes Frites – was immer du willst.
Kurz: ein Fest für Vögel. Eine Megaparty. Woodstock und Monterey zusammen. Wenn ich morgens auf dem Weg zur S-Bahn die Reeperbahn entlanggehe, sehe ich Trauben von Tauben, überall. Und Möwen, die sich dazwischenstürzen. Die Tauben stieben gurrend hoch und flattern wieder zu Boden, zurück zu den Leckereien im Straßendreck.
Ein Chaos aus Müll und Federvieh. Die Tiere gedeihen prächtig dabei, das spricht sich rum, sie kommen von überallher. Sie werden sich explosionsartig vermehren diese Saison. Und irgendwo da draußen – auf Rügen oder vielleicht schon näher – lauert H5N1 auf seine ganz große Chance. Voilà: Hier ist sie, mitten auf St. Pauli. Denn der Kiez wird gerade zu Bodega Bay. Wenn nur ein einziger infizierter Rügener Schwan hier mal guten Tag sagt, dann gute Nacht.
Es ist also ein ganz, ganz schlechter Zeitpunkt für einen Streik der Müllabfuhr. Gut, das konnte kein Mensch wissen, selbst Frank Bsirske nicht. Aber jetzt weiß er es. Und er könnte sich dafür stark machen, den Streik auszusetzen, bis die Seuche im Griff ist. Wie wäre das, Bsirske?
Bitte denk mal darüber nach.
Ex cathedra: Die Top 3 der Gewerkschaftssongs
1. „Part of the union“ von The Strawbs
2. „Joe Hill“ von Joan Baez
3. „There is power in a union“ von Billy Bragg
Doch zufällig gibt es ein paralleles Phänomen, welches die Lage verändert: die Vogelgrippe. Auf Rügen fielen schon hunderte Vögel vom Himmel. Rügen ist nicht sooo weit weg von Hamburg. Und parallel zur Seuche streikt die Müllabfuhr.
Für den Kiez ist das eine Katastrophe. Normalerweise kommen die Müllmänner hier zweimal am Tag. In Worten: z-w-e-i-m-a-l am Tag. Das tun sie zurzeit nicht. Weil die Abfallberge binnen kurzem fast so hoch wuchsen, dass man die Huren an der Davidstraße nur noch hüftaufwärts beurteilen konnte, wurde mehr oder weniger heimlich etwas weggekarrt. Merkt man aber kaum.
Also Müll überall, zerfledderte Zeitungen auf den Straßen und Gehwegen (vor allem BILD, was ein höchst adäquater Verwendungszweck für dieses Blatt ist), zerquetschte McDonalds-Boxen, Flaschen, Scherben, zertretene Pommes Frites – was immer du willst.
Kurz: ein Fest für Vögel. Eine Megaparty. Woodstock und Monterey zusammen. Wenn ich morgens auf dem Weg zur S-Bahn die Reeperbahn entlanggehe, sehe ich Trauben von Tauben, überall. Und Möwen, die sich dazwischenstürzen. Die Tauben stieben gurrend hoch und flattern wieder zu Boden, zurück zu den Leckereien im Straßendreck.
Ein Chaos aus Müll und Federvieh. Die Tiere gedeihen prächtig dabei, das spricht sich rum, sie kommen von überallher. Sie werden sich explosionsartig vermehren diese Saison. Und irgendwo da draußen – auf Rügen oder vielleicht schon näher – lauert H5N1 auf seine ganz große Chance. Voilà: Hier ist sie, mitten auf St. Pauli. Denn der Kiez wird gerade zu Bodega Bay. Wenn nur ein einziger infizierter Rügener Schwan hier mal guten Tag sagt, dann gute Nacht.
Es ist also ein ganz, ganz schlechter Zeitpunkt für einen Streik der Müllabfuhr. Gut, das konnte kein Mensch wissen, selbst Frank Bsirske nicht. Aber jetzt weiß er es. Und er könnte sich dafür stark machen, den Streik auszusetzen, bis die Seuche im Griff ist. Wie wäre das, Bsirske?
Bitte denk mal darüber nach.
Ex cathedra: Die Top 3 der Gewerkschaftssongs
1. „Part of the union“ von The Strawbs
2. „Joe Hill“ von Joan Baez
3. „There is power in a union“ von Billy Bragg
21 Februar 2006
Die wahren Psychopathen
„Sofort, als sie hereinkamen, wusste ich, dass es ein Fehler gewesen war, mich mit German Psycho und Pat Bateman zu verabreden. Bewusst hatte ich einen öffentlichen Treffpunkt vorgeschlagen, nämlich das Aurel in Ottensen. Hier war ich einst dem Dude begegnet, hier fühlte ich mich sicher.
Doch was da torkelnd und schreiend durch die Eingangstür hereinbrach wie zwei gleichzeitige Hurrikane über die Florida Keys, war in höchstem Maße beunruhigend. GP, den ich von einem gemailten Passfoto kannte, sah aus, als hätte er im Müllcontainer übernachtet. Sein Zegnahemd hing ihm aus den Baggypants, in den schulterlangen Dreadlocks hatten sich Stofffetzen verfangen, seine schneeweiße Wildlederhose war gesprenkelt mit roten Flecken irgendeiner Flüssigkeit, die sich an den Rändern bereits dunkel verfärbte; offenbar aufgrund eines Trocknungsprozesses.
Batemans hagere Gestalt hingegen wurde umflattert von einer ärmellosen Jeansjacke, darunter trug er ein vollkommen verdrecktes Hell's-Angels-T-Shirt, das lange parallele Risse aufwies – als hätte ihm jemand mit einer riesigen Gabel die Brust gefurcht. Oder war es eine verkrampfte, panische, mit langen spitzen Fingernägeln gespickte Hand gewesen? Auf seiner vollverspiegelten Dolce&Gabbana-Sonnenbrille schimmerte es öligbunt, die orangefarbenen Spandexleggings waren dunkelfleckig und mit Brandlöchern übersät.
Beide, mit den Armen über des anderen Schultern, grölten „Eat the rich“ und waren augenscheinlich völlig von Sinnen. Dennoch hätte dieser bizarre Auftritt mit etwas gutem Willen noch als hanseatische Exzentrik durchgehen können. Was aber die Gäste des Aurel – und mich – augenblicklich erstarren ließ, war die gewaltige Axt, die Bateman an seiner schwergliedrigen silbernen Halskette befestigt hatte und deren Stiel ihm fast bis an die Knie reichte. Vom einst chromblitzenden Keil tropfte eine rote Flüssigkeit, fleischartige Bröckchen säumten die Schneide, irgendetwas Furchtbares musste geschehen sein.
„Come on baby, eat the rich“, schrie Bateman, und GP antwortete: „Put the bite on the son of a bitch!“ Ich duckte mich hinter mein gottlob hoch aufragendes Halbliterglas Große Freiheit und hoffte, sie würden mich nicht entdecken.
Mir wurde schlagartig alles klar. Es war ein verdammter Fehler gewesen zu glauben, diese beiden hätten sich ihre psychopathischen Blogidentitäten nur zugelegt. Nein, alles, was GP und Bateman in ihren Blogs geschrieben hatten, alle blutigen Metzelfantasien, diese ganze scheinbar literarische Bret-Easton-Ellis-Mimikry war nichts weniger als wahr, wahr, wahr – und das zynische, gefühllose Schreiben darüber die beste Tarnung, die sich Psychopathen nur wünschen konnten.
Ich musste hier raus, musste diesen Irrsinn stoppen, sofort. Beide taumelten jetzt brüllend auf die Theke zu, der wild schlenkernde Axtstiel streifte einen Gast am Knie, doch der wagte nichts zu sagen, sondern stand geduckt auf und huschte zur Tür.
Meine Chance! Im Windschatten des Fliehenden schlüpfte ich hinaus, ich rannte wie wahnsinnig zum Bahnhof Altona, stürzte in ein Taxi, „Zur Davidwache!“, schrie ich, dort stolperte ich mit jagendem Puls die Treppe hoch, klammerte mich hechelnd an den Tresen und stammelte meine Geschichte.
Der Beamte schaute mich an. Dann lächelte er. Er glaubte mir kein Wort. Kein einziges.“
Ex cathedra: Die Top 3 der gefährlichsten Songs
1. „Careful with that axe, Eugene“ von Pink Floyd
2. „Don't fear the reaper“ von Blue Öyster Cult
3. „The killer in the rain“ von Paul K. & The Weathermen
Doch was da torkelnd und schreiend durch die Eingangstür hereinbrach wie zwei gleichzeitige Hurrikane über die Florida Keys, war in höchstem Maße beunruhigend. GP, den ich von einem gemailten Passfoto kannte, sah aus, als hätte er im Müllcontainer übernachtet. Sein Zegnahemd hing ihm aus den Baggypants, in den schulterlangen Dreadlocks hatten sich Stofffetzen verfangen, seine schneeweiße Wildlederhose war gesprenkelt mit roten Flecken irgendeiner Flüssigkeit, die sich an den Rändern bereits dunkel verfärbte; offenbar aufgrund eines Trocknungsprozesses.
Batemans hagere Gestalt hingegen wurde umflattert von einer ärmellosen Jeansjacke, darunter trug er ein vollkommen verdrecktes Hell's-Angels-T-Shirt, das lange parallele Risse aufwies – als hätte ihm jemand mit einer riesigen Gabel die Brust gefurcht. Oder war es eine verkrampfte, panische, mit langen spitzen Fingernägeln gespickte Hand gewesen? Auf seiner vollverspiegelten Dolce&Gabbana-Sonnenbrille schimmerte es öligbunt, die orangefarbenen Spandexleggings waren dunkelfleckig und mit Brandlöchern übersät.
Beide, mit den Armen über des anderen Schultern, grölten „Eat the rich“ und waren augenscheinlich völlig von Sinnen. Dennoch hätte dieser bizarre Auftritt mit etwas gutem Willen noch als hanseatische Exzentrik durchgehen können. Was aber die Gäste des Aurel – und mich – augenblicklich erstarren ließ, war die gewaltige Axt, die Bateman an seiner schwergliedrigen silbernen Halskette befestigt hatte und deren Stiel ihm fast bis an die Knie reichte. Vom einst chromblitzenden Keil tropfte eine rote Flüssigkeit, fleischartige Bröckchen säumten die Schneide, irgendetwas Furchtbares musste geschehen sein.
„Come on baby, eat the rich“, schrie Bateman, und GP antwortete: „Put the bite on the son of a bitch!“ Ich duckte mich hinter mein gottlob hoch aufragendes Halbliterglas Große Freiheit und hoffte, sie würden mich nicht entdecken.
Mir wurde schlagartig alles klar. Es war ein verdammter Fehler gewesen zu glauben, diese beiden hätten sich ihre psychopathischen Blogidentitäten nur zugelegt. Nein, alles, was GP und Bateman in ihren Blogs geschrieben hatten, alle blutigen Metzelfantasien, diese ganze scheinbar literarische Bret-Easton-Ellis-Mimikry war nichts weniger als wahr, wahr, wahr – und das zynische, gefühllose Schreiben darüber die beste Tarnung, die sich Psychopathen nur wünschen konnten.
Ich musste hier raus, musste diesen Irrsinn stoppen, sofort. Beide taumelten jetzt brüllend auf die Theke zu, der wild schlenkernde Axtstiel streifte einen Gast am Knie, doch der wagte nichts zu sagen, sondern stand geduckt auf und huschte zur Tür.
Meine Chance! Im Windschatten des Fliehenden schlüpfte ich hinaus, ich rannte wie wahnsinnig zum Bahnhof Altona, stürzte in ein Taxi, „Zur Davidwache!“, schrie ich, dort stolperte ich mit jagendem Puls die Treppe hoch, klammerte mich hechelnd an den Tresen und stammelte meine Geschichte.
Der Beamte schaute mich an. Dann lächelte er. Er glaubte mir kein Wort. Kein einziges.“
Ex cathedra: Die Top 3 der gefährlichsten Songs
1. „Careful with that axe, Eugene“ von Pink Floyd
2. „Don't fear the reaper“ von Blue Öyster Cult
3. „The killer in the rain“ von Paul K. & The Weathermen
20 Februar 2006
Die Ritze
Von den unzähligen Clubs rund um die Reeperbahn, für deren Besuch man nach Meinung meiner seligen Oma sicher in der Hölle gelandet wäre, habe ich erst drei von innen gesehen. Trotz unserer ausgesprochen günstigen Wohnlage.
Das wenig einladende Wesen der Koberer mag daran nicht ganz unschuldig sein. Bislang jedenfalls hat noch keiner der meist untersetzten, Shampoo skeptisch gegenüberstehenden Herren spätmittleren Alters den richtigen auf mich abgestimmten Lockton gefunden.
Der erste jener keinesfalls omakompatiblen Orte, den ich je betrat, war die Ritze an der Reeperbahn 140. Dabei handelt es sich jedoch nicht um einen Club jener Art, wie ihn angestellte Koberer tunlichst füllen sollen, sondern eher um eine Siffkneipe mit angelagertem Boxkeller.
Die Ritze hat es auch gar nicht nötig, Koberergehälter als Werbungskosten abzusetzen; sie hat ja ihren spektakulären Eingang. Man schreitet schamhaft kichernd durch weitgespreizte Frauenbeine. Dahinter indes wartet keinesfalls das Paradies.
Ich und Dr. K. aus Berlin enterten die Ritze morgens gegen drei. Uns beschlich gleich das Gefühl, die Einrichtung samt Anwesender sei seit 1970 nicht renoviert, geschweige denn ausgetauscht worden. Die vergilbten Autogrammpostkarten an der Wand, die noch vergilbteren Gestalten hinter und vor der Theke, die welken Witzchen, die man sich hin und her reichte wie zerzauste tote Mäuse: Das alles schien seltsam unwahr, wie inszeniert. Doch alles war echt.
70er-Jahre-Retrorock troff hoffnungslos aus den depressiven Boxen, und gegenüber der Theke an der Wand standen zwei betagte Röhrenfernseher. Sie zeigten lautlos und mit irgendwie frappierender Ungerührtheit immer das Gleiche: Hardcorepornos, etwa so alt wie die toten Mäuse, die an der Theke als Witze hin und hergereicht wurden.
Es war eine trübe, unvergessliche Szenerie mit der Faszination des Morbiden, die uns zwang, mehrere Saure zu trinken, ein eigentlich ungenießbares Gesöff, das es aus längst verschollenen Gründen geschafft hat, sich unbemerkt zum Ensemble der Kiezfolklorismen zu gesellen. Jetzt steht es auf jeder Getränkekarte zwischen Seiler- und Hafenstraße, und keiner wagt es mehr zu streichen – es gehört ja zur Folklore.
Die Ritze muss also auf jeden Fall einmal aufgesucht werden. Dr. K. und ich erinnerten uns noch lange danach mit wehmütigem Grusel an diese Kneipengruft, die man nur durch gespreizte Beine betreten kann. In den Boxkeller haben wir uns übrigens nicht getraut. Die Chance, dort die angeblichen Stammgäste Sasha oder Kai Ebel beim Sandsackvermöbeln anzutreffen, war einfach zu groß.
Der bereits erwähnte Text zur Aura des Samplers ist jetzt auch als Podcast online. Ich habe nach dieser achtminütigen Lesung allerdings das Gefühl, Belletristisches, Fiktionales eigne sich besser als Hörstoff.
Ex cathedra: Die Top 3 der Boxersongs
1. „Hurricane“ von Bob Dylan
2. „The Boxer“ von Simon & Garfunkel
3. „In Zaire“ von Johnny Wakelin
Das wenig einladende Wesen der Koberer mag daran nicht ganz unschuldig sein. Bislang jedenfalls hat noch keiner der meist untersetzten, Shampoo skeptisch gegenüberstehenden Herren spätmittleren Alters den richtigen auf mich abgestimmten Lockton gefunden.
Der erste jener keinesfalls omakompatiblen Orte, den ich je betrat, war die Ritze an der Reeperbahn 140. Dabei handelt es sich jedoch nicht um einen Club jener Art, wie ihn angestellte Koberer tunlichst füllen sollen, sondern eher um eine Siffkneipe mit angelagertem Boxkeller.
Die Ritze hat es auch gar nicht nötig, Koberergehälter als Werbungskosten abzusetzen; sie hat ja ihren spektakulären Eingang. Man schreitet schamhaft kichernd durch weitgespreizte Frauenbeine. Dahinter indes wartet keinesfalls das Paradies.
Ich und Dr. K. aus Berlin enterten die Ritze morgens gegen drei. Uns beschlich gleich das Gefühl, die Einrichtung samt Anwesender sei seit 1970 nicht renoviert, geschweige denn ausgetauscht worden. Die vergilbten Autogrammpostkarten an der Wand, die noch vergilbteren Gestalten hinter und vor der Theke, die welken Witzchen, die man sich hin und her reichte wie zerzauste tote Mäuse: Das alles schien seltsam unwahr, wie inszeniert. Doch alles war echt.
70er-Jahre-Retrorock troff hoffnungslos aus den depressiven Boxen, und gegenüber der Theke an der Wand standen zwei betagte Röhrenfernseher. Sie zeigten lautlos und mit irgendwie frappierender Ungerührtheit immer das Gleiche: Hardcorepornos, etwa so alt wie die toten Mäuse, die an der Theke als Witze hin und hergereicht wurden.
Es war eine trübe, unvergessliche Szenerie mit der Faszination des Morbiden, die uns zwang, mehrere Saure zu trinken, ein eigentlich ungenießbares Gesöff, das es aus längst verschollenen Gründen geschafft hat, sich unbemerkt zum Ensemble der Kiezfolklorismen zu gesellen. Jetzt steht es auf jeder Getränkekarte zwischen Seiler- und Hafenstraße, und keiner wagt es mehr zu streichen – es gehört ja zur Folklore.
Die Ritze muss also auf jeden Fall einmal aufgesucht werden. Dr. K. und ich erinnerten uns noch lange danach mit wehmütigem Grusel an diese Kneipengruft, die man nur durch gespreizte Beine betreten kann. In den Boxkeller haben wir uns übrigens nicht getraut. Die Chance, dort die angeblichen Stammgäste Sasha oder Kai Ebel beim Sandsackvermöbeln anzutreffen, war einfach zu groß.
Der bereits erwähnte Text zur Aura des Samplers ist jetzt auch als Podcast online. Ich habe nach dieser achtminütigen Lesung allerdings das Gefühl, Belletristisches, Fiktionales eigne sich besser als Hörstoff.
Ex cathedra: Die Top 3 der Boxersongs
1. „Hurricane“ von Bob Dylan
2. „The Boxer“ von Simon & Garfunkel
3. „In Zaire“ von Johnny Wakelin
19 Februar 2006
Der geschädigte Mittelstand
Zu meiner insgeheimen Erleichterung erschien Lyssa zu unserem Treffen im Absurd mit völlig heilen Knochen, obwohl sie vorher in Planten und Blomen unter abenteuerlichen Umständen Eislaufen war. Mir wäre ein unbeschadetes Davonkommen keinesfalls gelungen.
In den folgenden Stunden verplauderten wir uns ziemlich, und zwar zuungunsten des sanktpaulianischen Mittelstandes: Sowohl Käse-Renate als auch Gemüse-Thorsten, die ich und mein Hackenporsche eigentlich aufsuchen wollten, hatten nämlich bereits geschlossen.
Lyssa erbot sich honorigerweise, gegenüber Ms. Columbo die komplette Schuld an meiner käse- und gemüselosen Heimkehr auf sich zu nehmen, doch ich lehnte entrüstet ab und befriedete stattdessen die Situation präventiv und problemlos mit einem Grillhähnchen von Freddy. Jetzt, zwei Tage nach dem Mahl, zeigen wir noch immer keinerlei Grippesymptome.
Heute reiche ich ein überfälliges Foto des letztwöchigen Konzerts von TempEau im Knust nach – einfach, weil noch nicht ausreichend gewürdigt wurde, wie diese kleine große Band die ehrenvolle Schlappe bei Stefan Raabs Bundesvision Songcontest (Platz 12) weggesteckt hat.
Statt danach in Sack und Asche zu gehen, ließen sich Jan Plewka (Hut) und Marek Harloff (Hände) von sechs Sargträgern auf einer Holzpalette durchs Knust schaukeln und taten so ironisch glorios, als seien sie die Könige der Welt. Ein schöner Tag.
Der am 16. 2. ausgelobte Privatsampler ging jetzt doch noch weg, und zwar an Opa Edi. Lösung war weder St. Pauli Theater, noch Altonaer Rathaus, sondern: Tivoli.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs, die ich auf Opa Edis Sampler packen werde
1. „Valley of the morning sun“ von Kendra Smith
2. „Exodus damage“ von John Vanderslice
3. „Losing my religion“ von Makrosoft
In den folgenden Stunden verplauderten wir uns ziemlich, und zwar zuungunsten des sanktpaulianischen Mittelstandes: Sowohl Käse-Renate als auch Gemüse-Thorsten, die ich und mein Hackenporsche eigentlich aufsuchen wollten, hatten nämlich bereits geschlossen.
Lyssa erbot sich honorigerweise, gegenüber Ms. Columbo die komplette Schuld an meiner käse- und gemüselosen Heimkehr auf sich zu nehmen, doch ich lehnte entrüstet ab und befriedete stattdessen die Situation präventiv und problemlos mit einem Grillhähnchen von Freddy. Jetzt, zwei Tage nach dem Mahl, zeigen wir noch immer keinerlei Grippesymptome.
Heute reiche ich ein überfälliges Foto des letztwöchigen Konzerts von TempEau im Knust nach – einfach, weil noch nicht ausreichend gewürdigt wurde, wie diese kleine große Band die ehrenvolle Schlappe bei Stefan Raabs Bundesvision Songcontest (Platz 12) weggesteckt hat.
Statt danach in Sack und Asche zu gehen, ließen sich Jan Plewka (Hut) und Marek Harloff (Hände) von sechs Sargträgern auf einer Holzpalette durchs Knust schaukeln und taten so ironisch glorios, als seien sie die Könige der Welt. Ein schöner Tag.
Der am 16. 2. ausgelobte Privatsampler ging jetzt doch noch weg, und zwar an Opa Edi. Lösung war weder St. Pauli Theater, noch Altonaer Rathaus, sondern: Tivoli.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs, die ich auf Opa Edis Sampler packen werde
1. „Valley of the morning sun“ von Kendra Smith
2. „Exodus damage“ von John Vanderslice
3. „Losing my religion“ von Makrosoft
18 Februar 2006
Sag mir quando, sag mir wann
Ein Wochenende in Wolfsburg – guter Anlass also, der ersten Skizze über die sardische Verwandtschaft eine zweite folgen zu lassen. Hier ist sie.
Bei den Verwandten auf Sardinien schien ich, der deutsche Schwiegersohn, recht gut anzukommen. Allerdings registrierten sämtliche Onkels, Tanten und Cousinen mit deutlichem Missfallen, dass sich Ms. Columbo noch nicht im Zustand freudiger Erwartung befand. Dabei nahm vor allem Tante Giovannina eine federführende Rolle ein.
Ich lernte recht schnell, die von allen Seiten und speziell von Giovannina auf mich einstürzende Frage „Quando? – Wann?“, die stets mit der gestischen Umschreibung eines gewölbten Bauches untermalt wurde, bedauernd lächelnd ins Leere laufen zu lassen.
Aus diesem Lächeln sprachen – wie ich hoffte – nicht nur Gelassenheit und Würde, sondern auch die dringliche Ermunterung, doch bitte jetzt mal für mindestens zwei Stunden die Wiederholung dieser Frage zu unterlassen.
Vergebens. Meine eigentlich recht klare mimische Aussage schien auf sardischer Seite nicht komplett anzukommen. Vielleicht hätte ein mit hochrotem Kopf hervorgebrülltes „No!“ die Botschaft einprägsamer vermittelt.
Aber schon gab’s Mittagessen bei Giovannina in Sassari. Man testete bei solchen Gelegenheiten gern die kulinarische Belastbarkeit des tedesco. Diesmal gab es Lammfüße, eine Spezialität der Region. Dieses bemerkenswerte Gericht besteht im Wesentlichen aus kleinteiligen Knochenstückchen und -splittern, die von einer gallertartigen Masse umwabbelt werden. Mir ist völlig schleierhaft, wie Lämmer auf so etwas laufen können.
Es schmeckte nicht schlecht, fühlte sich nur schlecht an. Da ich nur ersteres durch eifriges Nicken und kauend gestöhnte Wohllaute vermittelte, konnte ich einige Pluspunkte sammeln.
Doch schon hieß es wieder „Quando?“. Cousine Sonja hatte es zwischen zwei Lammfüßen eingestreut. Ich ließ die Frage routiniert abtropfen, wenngleich mein bedauerndes Lächeln etwas beeinträchtigt wurde vom Herumkauen auf splitterdurchsetztem Lammwabbel. Was aber gar nicht von Nachteil war: So konnte ich dem Lächeln nämlich beiläufig eine Nuance von „Krieg doch selber erst mal eins!“ beimischen.
Insgesamt ein schöner Tag in Sassari. Im September fahren wir wieder hin.
Und da Ms. Columbo noch immer keine äußeren Anzeichen freudiger Erwartung zeigt, werden das die größten „Quando?“-Festspiele, die Sardinien je gesehen hat. Oh Mann.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs mit Essensbezug
1. „Eggs and Sausage (In a cadillac with Susan Michelson)“ von Tom Waits
2. „Tom's diner“ von Suzanne Vega
3. „Supper's ready“ von Genesis
Bei den Verwandten auf Sardinien schien ich, der deutsche Schwiegersohn, recht gut anzukommen. Allerdings registrierten sämtliche Onkels, Tanten und Cousinen mit deutlichem Missfallen, dass sich Ms. Columbo noch nicht im Zustand freudiger Erwartung befand. Dabei nahm vor allem Tante Giovannina eine federführende Rolle ein.
Ich lernte recht schnell, die von allen Seiten und speziell von Giovannina auf mich einstürzende Frage „Quando? – Wann?“, die stets mit der gestischen Umschreibung eines gewölbten Bauches untermalt wurde, bedauernd lächelnd ins Leere laufen zu lassen.
Aus diesem Lächeln sprachen – wie ich hoffte – nicht nur Gelassenheit und Würde, sondern auch die dringliche Ermunterung, doch bitte jetzt mal für mindestens zwei Stunden die Wiederholung dieser Frage zu unterlassen.
Vergebens. Meine eigentlich recht klare mimische Aussage schien auf sardischer Seite nicht komplett anzukommen. Vielleicht hätte ein mit hochrotem Kopf hervorgebrülltes „No!“ die Botschaft einprägsamer vermittelt.
Aber schon gab’s Mittagessen bei Giovannina in Sassari. Man testete bei solchen Gelegenheiten gern die kulinarische Belastbarkeit des tedesco. Diesmal gab es Lammfüße, eine Spezialität der Region. Dieses bemerkenswerte Gericht besteht im Wesentlichen aus kleinteiligen Knochenstückchen und -splittern, die von einer gallertartigen Masse umwabbelt werden. Mir ist völlig schleierhaft, wie Lämmer auf so etwas laufen können.
Es schmeckte nicht schlecht, fühlte sich nur schlecht an. Da ich nur ersteres durch eifriges Nicken und kauend gestöhnte Wohllaute vermittelte, konnte ich einige Pluspunkte sammeln.
Doch schon hieß es wieder „Quando?“. Cousine Sonja hatte es zwischen zwei Lammfüßen eingestreut. Ich ließ die Frage routiniert abtropfen, wenngleich mein bedauerndes Lächeln etwas beeinträchtigt wurde vom Herumkauen auf splitterdurchsetztem Lammwabbel. Was aber gar nicht von Nachteil war: So konnte ich dem Lächeln nämlich beiläufig eine Nuance von „Krieg doch selber erst mal eins!“ beimischen.
Insgesamt ein schöner Tag in Sassari. Im September fahren wir wieder hin.
Und da Ms. Columbo noch immer keine äußeren Anzeichen freudiger Erwartung zeigt, werden das die größten „Quando?“-Festspiele, die Sardinien je gesehen hat. Oh Mann.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs mit Essensbezug
1. „Eggs and Sausage (In a cadillac with Susan Michelson)“ von Tom Waits
2. „Tom's diner“ von Suzanne Vega
3. „Supper's ready“ von Genesis
17 Februar 2006
Die Fundstücke des Tages (7)
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16 Februar 2006
Der Alditag
Mittwochs ist Alditag. Dann flanieren wir nach dem Lunch immer noch durch die Filiale in der Bahrenfelder Straße. Wir tun nichts, wir wollen nur schielen (sorry, war unverkneifbar, dieser Kalauer …).
Mal hier schauen, mal da, sich despektierliche Bemerkungen zuwerfen über vollsynthetische Jogginghosen, die sich beim Tragen derart statisch aufladen, dass du zu Hause damit den DVD-Player betreiben kannst, und dann einfach wieder gemessenen Schrittes gehen. So läuft der Alditag.
Flanieren bedeutet schließlich müßiges Umherschlendern, den schnöden Kaufakt sieht die Theorie nicht vor. Am Ende quetschen wir uns stets vorbei an der langen Mittwochsschlange, obwohl uns Aldi das vorsätzlich erschwert. In Kassenhöhe nämlich haben die Albrechtbrüder eine antiflanierend gemeinte Engstelle eingebaut, so dass wir in peinlichen Körperkontakt mit der manchmal nicht völlig repräsentablen Aldikundschaft geraten. Doch das nehmen wir in Kauf – hey, wir sind Flaneure!
Gestern war wieder Alditag. Dabei entspann sich eine Diskussion über das Wesen dieses allmittwochlichen Tuns, welches ich in Ermangelung eines vom Duden offerierten Nomens gern als Flanage bezeichne. Während der Franke der Auffassung ist, sie funktioniere völlig unabhängig vom Aldiangebot, da sie ja grundsätzlich als Konsumverweigerung angelegt sei, bin ich der Auffassung, die Flanage geriete umso genussvoller, je üppiger das Warensortiment sich geriert, dessen Kauf ich verweigere.
Wir kommen zu keinem allgemeingültigen Ergebnis. Beide Auffassungen jedoch, darin sind wir uns einig, stehen im Widerspruch zu den flehentlichen Appellen von Kanzlerin und Bundespräsident, zwecks Ankurbelung der Binnennachfrage endlich unsere Kaufverweigerung aufzugeben. Doch damit können wir leben. Flaneure sind keines Herrn Knecht, und das spöttische Lächeln im Vorübergehen ersetzt ihnen die schalen Pseudofreuden des Konsums.
Von der gefährlichen Aufladung vollsynthetischer Aldijogginghosen vermag ich übrigens nicht aus eigener Erfahrung zu berichten. Ausgerechnet der Aldimann an der Kasse warnte mich nämlich einst in konspirativem Ton davor, als ich einmal eine aufs Laufband gelegt hatte. Er habe sie, flüsterte er flackernden Blicks, selbst ausprobiert, es sei furchtbar, ganz furchtbar.
Wie man sieht, ist es gefährlich, der Flanage ohne Not zu entsagen.
So, das nächste Rätsel: Welches Gebäude ist ansatzweise auf diesem Foto zu sehen? Es winkt ein weiterer Mattsampler – allerdings nicht dem ersten Kandidaten, der die richtige Lösung mailt, sondern dem elften … Das war zu ja simpel beim letzten Mal.
Ex cathedra: Die Top 3 der miesesten Coverversionen aller Zeiten
1. „Like a hurricane“ von The Mission (Original: Neil Young)
2. „American pie“ von Madonna (Original: Don McLean)
3. „Song of joy“ von Miguel Rios (Original: Beethoven/Schiller)
Mal hier schauen, mal da, sich despektierliche Bemerkungen zuwerfen über vollsynthetische Jogginghosen, die sich beim Tragen derart statisch aufladen, dass du zu Hause damit den DVD-Player betreiben kannst, und dann einfach wieder gemessenen Schrittes gehen. So läuft der Alditag.
Flanieren bedeutet schließlich müßiges Umherschlendern, den schnöden Kaufakt sieht die Theorie nicht vor. Am Ende quetschen wir uns stets vorbei an der langen Mittwochsschlange, obwohl uns Aldi das vorsätzlich erschwert. In Kassenhöhe nämlich haben die Albrechtbrüder eine antiflanierend gemeinte Engstelle eingebaut, so dass wir in peinlichen Körperkontakt mit der manchmal nicht völlig repräsentablen Aldikundschaft geraten. Doch das nehmen wir in Kauf – hey, wir sind Flaneure!
Gestern war wieder Alditag. Dabei entspann sich eine Diskussion über das Wesen dieses allmittwochlichen Tuns, welches ich in Ermangelung eines vom Duden offerierten Nomens gern als Flanage bezeichne. Während der Franke der Auffassung ist, sie funktioniere völlig unabhängig vom Aldiangebot, da sie ja grundsätzlich als Konsumverweigerung angelegt sei, bin ich der Auffassung, die Flanage geriete umso genussvoller, je üppiger das Warensortiment sich geriert, dessen Kauf ich verweigere.
Wir kommen zu keinem allgemeingültigen Ergebnis. Beide Auffassungen jedoch, darin sind wir uns einig, stehen im Widerspruch zu den flehentlichen Appellen von Kanzlerin und Bundespräsident, zwecks Ankurbelung der Binnennachfrage endlich unsere Kaufverweigerung aufzugeben. Doch damit können wir leben. Flaneure sind keines Herrn Knecht, und das spöttische Lächeln im Vorübergehen ersetzt ihnen die schalen Pseudofreuden des Konsums.
Von der gefährlichen Aufladung vollsynthetischer Aldijogginghosen vermag ich übrigens nicht aus eigener Erfahrung zu berichten. Ausgerechnet der Aldimann an der Kasse warnte mich nämlich einst in konspirativem Ton davor, als ich einmal eine aufs Laufband gelegt hatte. Er habe sie, flüsterte er flackernden Blicks, selbst ausprobiert, es sei furchtbar, ganz furchtbar.
Wie man sieht, ist es gefährlich, der Flanage ohne Not zu entsagen.
So, das nächste Rätsel: Welches Gebäude ist ansatzweise auf diesem Foto zu sehen? Es winkt ein weiterer Mattsampler – allerdings nicht dem ersten Kandidaten, der die richtige Lösung mailt, sondern dem elften … Das war zu ja simpel beim letzten Mal.
Ex cathedra: Die Top 3 der miesesten Coverversionen aller Zeiten
1. „Like a hurricane“ von The Mission (Original: Neil Young)
2. „American pie“ von Madonna (Original: Don McLean)
3. „Song of joy“ von Miguel Rios (Original: Beethoven/Schiller)
15 Februar 2006
Matt, der Missionar
„Hometaping is killing music“ stand früher immer auf Platteninnenhüllen. Wäre das wahr, hätte ich mindestens die halbe Popgeschichte auf dem Gewissen. Denn ich kompiliere manisch private Sampler, und das schon ungefähr so lange ich Ohren habe.
Trotzdem fühle ich mich nicht als Serienkiller, wie oben zitierter Spruch mir weismachen will, sondern eher als Missionar. Meine Sampler, soviel glaube ich behaupten zu dürfen, generierten mehr Plattenkäufe als sie verhinderten. Sehr viel mehr.
„Hometaping is saving music“, sage ich daher gut fundiert, und ich würde mich auf den Küchentisch des Phonoverbandschefs stellen und diese These verteidigen. Warum ich das alles erzähle? Weil mich das lesenswerte Webmagazin mindestens haltbar um einen Beitrag zum Thema „Verspielt“ bat, was mir ausgesprochen schmeichelte; aber natürlich fiel mir Einbahnstraßendenker nix anderes ein, als über meine reichlich infantile Kompiliererei zu schreiben.
Der Text ist jetzt online, er heißt „Tape as tape can“ und würde, wie ich gestehen muss, ebensogut zu den Themenkomplexen „Süchtig“, „Bescheuert“, „Zeitverschwendung“, „Nutzlose Hingabe“ oder „Leidenschaftliche Liebe“ passen.
Wie auch immer: Ich wäre beglückt, wenn ihr dort einmal vorbeischauen würdet. Kommmentare, hier wie dort, sind natürlich willkommen. Übrigens gehört auch, wie jeden Monat, die wunderbare Lyssa zu den Autorinnen der aktuellen Ausgabe – das Killerargument fürs sofortige Vorbeisurfen.
3 (wahrscheinliche) Songs von meinen allerallerersten Sampler von ca. 1972
1. „Jeepster“ von T. Rex
2. „Annabell ach Annabell“ von Reinhard Mey
3. „Am Tag, als Conny Kramer starb“ von Juliane Werding
Trotzdem fühle ich mich nicht als Serienkiller, wie oben zitierter Spruch mir weismachen will, sondern eher als Missionar. Meine Sampler, soviel glaube ich behaupten zu dürfen, generierten mehr Plattenkäufe als sie verhinderten. Sehr viel mehr.
„Hometaping is saving music“, sage ich daher gut fundiert, und ich würde mich auf den Küchentisch des Phonoverbandschefs stellen und diese These verteidigen. Warum ich das alles erzähle? Weil mich das lesenswerte Webmagazin mindestens haltbar um einen Beitrag zum Thema „Verspielt“ bat, was mir ausgesprochen schmeichelte; aber natürlich fiel mir Einbahnstraßendenker nix anderes ein, als über meine reichlich infantile Kompiliererei zu schreiben.
Der Text ist jetzt online, er heißt „Tape as tape can“ und würde, wie ich gestehen muss, ebensogut zu den Themenkomplexen „Süchtig“, „Bescheuert“, „Zeitverschwendung“, „Nutzlose Hingabe“ oder „Leidenschaftliche Liebe“ passen.
Wie auch immer: Ich wäre beglückt, wenn ihr dort einmal vorbeischauen würdet. Kommmentare, hier wie dort, sind natürlich willkommen. Übrigens gehört auch, wie jeden Monat, die wunderbare Lyssa zu den Autorinnen der aktuellen Ausgabe – das Killerargument fürs sofortige Vorbeisurfen.
3 (wahrscheinliche) Songs von meinen allerallerersten Sampler von ca. 1972
1. „Jeepster“ von T. Rex
2. „Annabell ach Annabell“ von Reinhard Mey
3. „Am Tag, als Conny Kramer starb“ von Juliane Werding
14 Februar 2006
Die Noppen
Heute passierte praktisch nichts. Dass der Franke vorm Mittagessen zwar über Sattheit klagte, dann aber doch einen kapitalen Teller Chili con carne wegschaufelte und sich sogar nachlud, ist nur eine Randnotiz wert. So kennen wir ihn schließlich.
Und dass unermüdliche Bautrupps inzwischen fast die kompletten Gehwege der Reeperbahn samt Querstraßen in Trümmerfelder aus Gruben, Gattern und pluckernden Presslufthämmern verwandelt haben: geschenkt. An der Haltestelle steht man halt da mit Ohrhörern unter der Wollmütze und fleht den Bus herbei, um die Musik wieder identifizieren zu können, die einem wahrscheinlich gerade durch die Schnecke fließt.
Der Bus kommt natürlich nicht, nicht um elf nach, was er laut Plan tun müsste, auch nicht um viertel nach, aber dann um neun vor halb. Er nennt sich übrigens „Schnellbus“. Pah.
Deswegen fahre ich heute abend mit der S-Bahn. Im Bahnhof Altona gehe ich zum tausendsten Mal an diesen seltsam genoppten Pfeilern vorbei, komme aber erstmals auf die Idee, einen davon zu fotografieren. Manchmal wüsste ich wirklich gerne, nach welchen Kriterien unsere Synapsen Entscheidungen für uns treffen.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs, die sogar Presslufthämmer übertönen können
1. „Good times are back“ von TV Smith
2. „Ace of spades“ von Motörhead
3. „Toccata“ von The Toy Dolls
Und dass unermüdliche Bautrupps inzwischen fast die kompletten Gehwege der Reeperbahn samt Querstraßen in Trümmerfelder aus Gruben, Gattern und pluckernden Presslufthämmern verwandelt haben: geschenkt. An der Haltestelle steht man halt da mit Ohrhörern unter der Wollmütze und fleht den Bus herbei, um die Musik wieder identifizieren zu können, die einem wahrscheinlich gerade durch die Schnecke fließt.
Der Bus kommt natürlich nicht, nicht um elf nach, was er laut Plan tun müsste, auch nicht um viertel nach, aber dann um neun vor halb. Er nennt sich übrigens „Schnellbus“. Pah.
Deswegen fahre ich heute abend mit der S-Bahn. Im Bahnhof Altona gehe ich zum tausendsten Mal an diesen seltsam genoppten Pfeilern vorbei, komme aber erstmals auf die Idee, einen davon zu fotografieren. Manchmal wüsste ich wirklich gerne, nach welchen Kriterien unsere Synapsen Entscheidungen für uns treffen.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs, die sogar Presslufthämmer übertönen können
1. „Good times are back“ von TV Smith
2. „Ace of spades“ von Motörhead
3. „Toccata“ von The Toy Dolls
13 Februar 2006
Deudsche Schbrache, schwäre Schbrache
Mir wurde unlängst durch inzwischen wieder vergessene Umstände klar, wie mühsam sich ein deutsch lernender – sagen wir – Moldawier den schönen Plural „Münzautomaten“ erschließen müsste, wenn er lediglich den Rechtschreibduden besäße, aber kein Semantikwörterbuch.
Er würde nach einem herzhaften moldawischen Fluch auf Komposita das Wort in seine Teile zerlegen und sie einzeln nachschlagen. Er erführe zunächst von einem Geldstück, welches sein Endungs-e zugunsten einer geschmeidigeren Bindung ans Folgewort eingebüßt hat: „Münz“.
Sodann, erklärte ihm ungerührt der Duden, folge ein kurzer Schmerzenslaut, wie er sich etwa beim Gekniffenwerden seit Äonen großer Popularität erfreue („au!“). Und abgerundet würde dieses Kompositagetüm mit einem verehrungswürdigen roten Gemüse im Plural.
Spätestens hier müsste unser gepeinigter – sagen wir – Moldawier den Duden böse anfunkeln. Geldstück plus Schmerz plus Tomaten: Was soll dabei herauskommen? Auf Apparate, wo man oben Geld reinschmeißt und unten nie Gemüse rausfällt, käme er nie.
Erschwerend könnte er von landsmännischen Sprachfärbungen verwirrt werden. „Ein Hesse lässd die Konsonande aus'm Maul falle“, wusste etwa neulich der Schwabe zu berichten. In der Redaktion gehört es nämlich wegen der erwiesen interessanten Phonetik der Hessen zur Folklore, mich, obzwar ich unter hanseatischem Einfluss längst diesen Zungenschlag einbüßte, zur möglichst authentischen Aufführung des Wortes „Oaschebäschäää“ (vulgo „Aschenbecher“) zu animieren.
Besten Dank auch, Maddin. Ich tue ihnen sporadisch den Gefallen, zumal keiner der vertretenen Volksstämme in der Lage ist, diesen schönen Viersilber ausreichend breit zu zerdehnen und zerwälzen. Stets unterläuft ihnen ein verbaler Ejaculatio praecox; also muss ich's noch mal vormachen. „Oaschebäschäää“, hinten mit drei ä. Ist doch ganz einfach.
Manchmal liegen die Schwierigkeiten des Deutschen aber auch schlicht in regional unterschiedlichen Bezeichnungen. Neulich im MiniMal-Markt sah ich plötzlich den Franken mit meterlangen Dickmannskartons hantieren, die letztlich aber nicht seine Kauflust wecken konnten; doch schon Sekunden später schnürte er um die Konditortheke, sein Blick schweifte unstet über Apfelzimtringe und Streuselschnecken. Er hatte aber in Wahrheit ganz andere Vorstellungen von baldiger oraler Versorgung, denn er fragte mich: „Wie heißen hier Krapfen?“ In Hamburg natürlich Berliner.
Und das alles – von Münzautomaten über Oaschebäschäää bis zu einem Süßgebäck, das so heißt wie die Bewohner der Bundeshauptstadt – das erklär mal einem Moldawier.
Das Foto zeigt übrigens einen Ausschnitt der Neonschrift an einer Wand in unserem Fitnessclub, die Smudo nie zu Gesicht bekommt, weil er nur Hanteln macht, aber nie Zirkeltraining.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs mit Zungenschlag
1. „Kreuzberger Walzer“ von Klaus Hoffmann
2. „Dat du meen Leefste büst“ von Hannes Wader
3. „Willi“ von Konstantin Wecker
Er würde nach einem herzhaften moldawischen Fluch auf Komposita das Wort in seine Teile zerlegen und sie einzeln nachschlagen. Er erführe zunächst von einem Geldstück, welches sein Endungs-e zugunsten einer geschmeidigeren Bindung ans Folgewort eingebüßt hat: „Münz“.
Sodann, erklärte ihm ungerührt der Duden, folge ein kurzer Schmerzenslaut, wie er sich etwa beim Gekniffenwerden seit Äonen großer Popularität erfreue („au!“). Und abgerundet würde dieses Kompositagetüm mit einem verehrungswürdigen roten Gemüse im Plural.
Spätestens hier müsste unser gepeinigter – sagen wir – Moldawier den Duden böse anfunkeln. Geldstück plus Schmerz plus Tomaten: Was soll dabei herauskommen? Auf Apparate, wo man oben Geld reinschmeißt und unten nie Gemüse rausfällt, käme er nie.
Erschwerend könnte er von landsmännischen Sprachfärbungen verwirrt werden. „Ein Hesse lässd die Konsonande aus'm Maul falle“, wusste etwa neulich der Schwabe zu berichten. In der Redaktion gehört es nämlich wegen der erwiesen interessanten Phonetik der Hessen zur Folklore, mich, obzwar ich unter hanseatischem Einfluss längst diesen Zungenschlag einbüßte, zur möglichst authentischen Aufführung des Wortes „Oaschebäschäää“ (vulgo „Aschenbecher“) zu animieren.
Besten Dank auch, Maddin. Ich tue ihnen sporadisch den Gefallen, zumal keiner der vertretenen Volksstämme in der Lage ist, diesen schönen Viersilber ausreichend breit zu zerdehnen und zerwälzen. Stets unterläuft ihnen ein verbaler Ejaculatio praecox; also muss ich's noch mal vormachen. „Oaschebäschäää“, hinten mit drei ä. Ist doch ganz einfach.
Manchmal liegen die Schwierigkeiten des Deutschen aber auch schlicht in regional unterschiedlichen Bezeichnungen. Neulich im MiniMal-Markt sah ich plötzlich den Franken mit meterlangen Dickmannskartons hantieren, die letztlich aber nicht seine Kauflust wecken konnten; doch schon Sekunden später schnürte er um die Konditortheke, sein Blick schweifte unstet über Apfelzimtringe und Streuselschnecken. Er hatte aber in Wahrheit ganz andere Vorstellungen von baldiger oraler Versorgung, denn er fragte mich: „Wie heißen hier Krapfen?“ In Hamburg natürlich Berliner.
Und das alles – von Münzautomaten über Oaschebäschäää bis zu einem Süßgebäck, das so heißt wie die Bewohner der Bundeshauptstadt – das erklär mal einem Moldawier.
Das Foto zeigt übrigens einen Ausschnitt der Neonschrift an einer Wand in unserem Fitnessclub, die Smudo nie zu Gesicht bekommt, weil er nur Hanteln macht, aber nie Zirkeltraining.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs mit Zungenschlag
1. „Kreuzberger Walzer“ von Klaus Hoffmann
2. „Dat du meen Leefste büst“ von Hannes Wader
3. „Willi“ von Konstantin Wecker
12 Februar 2006
Die Fundstücke des Tages (6)
1. Neue Google-Abfragen, die zu meinem Blog führten:
– „füße klum“ (Seoul, Korea)
– „heidi klums füße" (Schulenrode, Niedersachsen)
– „heidi klum füsse 2006“ (Wien, Österreich)
– „heidi klump füße“ (Bukarest, Rumänien)
Kann mir das mal jemand erklären, bitte?
2. Religion muss karikierbar sein. Tabus können immer nur für die Gläubigen selbst gelten, jedoch niemals für Menschen, die der betreffenden Religion nicht angehören. Sonst dürfte ich keine Currywurst essen, weil das Moslems beleidigen würde – schließlich ist ihnen das Essen von Schweinefleisch strikt untersagt. Satire auf Religionen muss möglich sein, sie ist sogar unbedingt nötig. Schließlich erhebt sie den Anspruch, das Denken und Fühlen von Menschen absolut zu beeinflussen; Religionen, zumal die monotheistischen, sind im Kern totalitär. Und Satire beschädigt das Totalitäre. Wie diese hier, wo – Achtung, Christen: Bitte den folgenden Link NICHT anklicken! – Jesus singt „I will survive“ – allerdings vergebens. Entdeckt via T i e f.
3. Mit einem Gebäude, das man von der Reeperbahn aus sieht, habe ich mir einen kleinen Fotospiegeltrick erlaubt. Wer es als erster erkennt und mir per Mail den Namen nennt, erhält einen meiner in Hamburg weltberühmten Privatsampler. Von der Verlosung ausgeschlossen ist Ms. Columbo. * (Nachtrag: Der Preis ging blitzartig weg, also bitte nicht mehr mailen. Sieger: mspro)
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs, in denen Gott vorkommt
1. „Wayfaring stranger“ von Eva Cassidy (und 1000 anderen)
2. „Mercedes Benz“ von Janis Joplin
3. „Jesus on the mainline“ von Ry Cooder
– „füße klum“ (Seoul, Korea)
– „heidi klums füße" (Schulenrode, Niedersachsen)
– „heidi klum füsse 2006“ (Wien, Österreich)
– „heidi klump füße“ (Bukarest, Rumänien)
Kann mir das mal jemand erklären, bitte?
2. Religion muss karikierbar sein. Tabus können immer nur für die Gläubigen selbst gelten, jedoch niemals für Menschen, die der betreffenden Religion nicht angehören. Sonst dürfte ich keine Currywurst essen, weil das Moslems beleidigen würde – schließlich ist ihnen das Essen von Schweinefleisch strikt untersagt. Satire auf Religionen muss möglich sein, sie ist sogar unbedingt nötig. Schließlich erhebt sie den Anspruch, das Denken und Fühlen von Menschen absolut zu beeinflussen; Religionen, zumal die monotheistischen, sind im Kern totalitär. Und Satire beschädigt das Totalitäre. Wie diese hier, wo – Achtung, Christen: Bitte den folgenden Link NICHT anklicken! – Jesus singt „I will survive“ – allerdings vergebens. Entdeckt via T i e f.
3. Mit einem Gebäude, das man von der Reeperbahn aus sieht, habe ich mir einen kleinen Fotospiegeltrick erlaubt. Wer es als erster erkennt und mir per Mail den Namen nennt, erhält einen meiner in Hamburg weltberühmten Privatsampler. Von der Verlosung ausgeschlossen ist Ms. Columbo. * (Nachtrag: Der Preis ging blitzartig weg, also bitte nicht mehr mailen. Sieger: mspro)
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs, in denen Gott vorkommt
1. „Wayfaring stranger“ von Eva Cassidy (und 1000 anderen)
2. „Mercedes Benz“ von Janis Joplin
3. „Jesus on the mainline“ von Ry Cooder
11 Februar 2006
Der missbrauchte Gerald Asamoah
Urplötzlich schossen heute die Besucherzahlen meines Blogs steil nach oben. Alle wollten den Eintrag „Du bist nicht Deutschland, Deutschland!“ vom 19. Januar lesen, und alle steuerten ihn über eine Google-Suchabfrage an. Eine rätselhafte Sache, zumal es Besucher aus aller Welt hierher zog – sogar aus Japan.
Dann die Erklärung via Newsticker: Die Besucher interessierten sich nicht etwa für die Werbeagentur Jung von Matt (um die es in meinem Eintrag ging), sondern für die Propaganda brandenburgischer Neonazis, die ein Foto des Schalker Fußballers Gerald Asamoah auf Poster gedruckt und das Bild mit dem rassistisch gemeinten Spruch „Nein Gerald, du bist nicht Deutschland!” untermalt haben.
Da hätten wir also den Salat. Und wen wundert das nicht? Die Blogosphäre. Hier begegnete man Jung von Matts Kampagne von Anfang an mit Kritik und Häme, hier fand man heraus, dass es die Kampagnenparole im Dritten Reich schon mal gab und damals – 1935 – auf Adolf Hitler gemünzt war (dokumentiert im Buch „Ludwigshafen - Ein Jahrhundert in Bildern“ des Stadtarchivs Ludwigshafen am Rhein von 1999).
Dass der Versuch, mit dieser Parole Patriotismus zu schüren, früher oder später im rechten Lager aufgegriffen würde, war nur logisch. Erstaunlich höchstens, wie lange das gedauert hat. Aber rechtsdraußen hat man eben eine lange Leitung – ein bescheidener IQ ist traditionell eine der wichtigsten Voraussetzungen für rechte Gesinnung.
Jetzt allerdings ist es soweit: Der Spruch „Du bist Deutschland“ wird genau dort ge- und missbraucht, wo er einstmals herkam – ganz rechts.
Gerald Asamoah gehört übrigens zu den Unterstützern der Patriotismuskampagne. Er erwägt nun rechtliche Schritte. Und die muss die Agentur Jung von Matt jetzt sowieso einleiten. Schließlich hat sie vor einigen Wochen sogar Parodisten der Aktion „Du bist Deutschland“ mit Rechtsmitteln gedroht.
Wenn sie dem Missbrauch durch Neonazis jetzt nicht mit allen juristischen Mitteln entgegenträte, sähe das sehr, sehr merkwürdig aus. Du, Jung von Matt, hättest es wissen können. Und jetzt bist du unter Zugzwang.
Alle Beiträge zum Thema:
– Du bist nicht Deutschland, Deutschland!
– Die Jungs von Matt
– Die matte Entschuldigung
– Der missbrauchte Gerald Asamoah
Ex cathedra: Die Top 3 der Agitsongs
1. „New England“ von Billy Bragg
2. „Horsti Schmandhoff“ von Franz Josef Degenhardt
3. „Eat the rich“ von Motörhead
Dann die Erklärung via Newsticker: Die Besucher interessierten sich nicht etwa für die Werbeagentur Jung von Matt (um die es in meinem Eintrag ging), sondern für die Propaganda brandenburgischer Neonazis, die ein Foto des Schalker Fußballers Gerald Asamoah auf Poster gedruckt und das Bild mit dem rassistisch gemeinten Spruch „Nein Gerald, du bist nicht Deutschland!” untermalt haben.
Da hätten wir also den Salat. Und wen wundert das nicht? Die Blogosphäre. Hier begegnete man Jung von Matts Kampagne von Anfang an mit Kritik und Häme, hier fand man heraus, dass es die Kampagnenparole im Dritten Reich schon mal gab und damals – 1935 – auf Adolf Hitler gemünzt war (dokumentiert im Buch „Ludwigshafen - Ein Jahrhundert in Bildern“ des Stadtarchivs Ludwigshafen am Rhein von 1999).
Dass der Versuch, mit dieser Parole Patriotismus zu schüren, früher oder später im rechten Lager aufgegriffen würde, war nur logisch. Erstaunlich höchstens, wie lange das gedauert hat. Aber rechtsdraußen hat man eben eine lange Leitung – ein bescheidener IQ ist traditionell eine der wichtigsten Voraussetzungen für rechte Gesinnung.
Jetzt allerdings ist es soweit: Der Spruch „Du bist Deutschland“ wird genau dort ge- und missbraucht, wo er einstmals herkam – ganz rechts.
Gerald Asamoah gehört übrigens zu den Unterstützern der Patriotismuskampagne. Er erwägt nun rechtliche Schritte. Und die muss die Agentur Jung von Matt jetzt sowieso einleiten. Schließlich hat sie vor einigen Wochen sogar Parodisten der Aktion „Du bist Deutschland“ mit Rechtsmitteln gedroht.
Wenn sie dem Missbrauch durch Neonazis jetzt nicht mit allen juristischen Mitteln entgegenträte, sähe das sehr, sehr merkwürdig aus. Du, Jung von Matt, hättest es wissen können. Und jetzt bist du unter Zugzwang.
Alle Beiträge zum Thema:
– Du bist nicht Deutschland, Deutschland!
– Die Jungs von Matt
– Die matte Entschuldigung
– Der missbrauchte Gerald Asamoah
Ex cathedra: Die Top 3 der Agitsongs
1. „New England“ von Billy Bragg
2. „Horsti Schmandhoff“ von Franz Josef Degenhardt
3. „Eat the rich“ von Motörhead
10 Februar 2006
Drogen machen dumm
Beim Küssen entsteht die Glücksdroge Dopamin. Das ist ein Stoff, gegen den der Staat nichts unternehmen kann, weil jeder Körper ihn produziert, sogar DEINER und der von Wolfgang Schäuble (sofern er küsst).
Ein Nachteil dieser Droge: Sie vermindert das Denkvermögen. Und zwar so stark, dass Antje, die sich vor fünf Wochen im Grünen Jäger (St. Pauli) bis morgens in der Früh dem Küssen – also dem verdummenden Dopaminrausch – hingab, leider vorm finalen Goodbye vergaß, ihr zufallsbekanntes Kusspendant um Telefonnummer, Mailadresse oder wenigstens den Namen zu bitten.
Jetzt zieht die arme Maus traurig durch die Stadt mit in Folie eingeschlagenen Zetteln, die sie mit zu billigem Klebeband an Lichtmasten pinnt, um sie wiederzufinden, die Kussbekanntschaft von damals. Und all das nur, weil ihr das Dopamin die Sinne vernebelte, während sie selig an einer fremden Zunge nuckelte.
Das abgebildete Gesuch fand ich in der Friedensallee. Antje, offenbar zurzeit nicht dopaminiert, vermerkt darauf zur Sicherheit ihre Mailadresse; sie lautet, wenn ich es richtig entziffert habe, antje.altona@gmx.de.
Also: Wer immer sich dunkel an den stundenlangen Austausch von Körperflüssigkeiten mit einer Unbekannten am 6. 1. im Grünen Jäger (St. Pauli) erinnert, möge sich bei Antje melden.
Bitte beachten: Es gibt (wahrscheinlich) nur eine Person, die Antje vorschwebt, ok? OK??
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs über vergebliche Liebe
1. „Living next door to Alice“ von Smokie
2. „Long black veil“ von The Band
3. „If you see her say hello“ von Bob Dylan
Ein Nachteil dieser Droge: Sie vermindert das Denkvermögen. Und zwar so stark, dass Antje, die sich vor fünf Wochen im Grünen Jäger (St. Pauli) bis morgens in der Früh dem Küssen – also dem verdummenden Dopaminrausch – hingab, leider vorm finalen Goodbye vergaß, ihr zufallsbekanntes Kusspendant um Telefonnummer, Mailadresse oder wenigstens den Namen zu bitten.
Jetzt zieht die arme Maus traurig durch die Stadt mit in Folie eingeschlagenen Zetteln, die sie mit zu billigem Klebeband an Lichtmasten pinnt, um sie wiederzufinden, die Kussbekanntschaft von damals. Und all das nur, weil ihr das Dopamin die Sinne vernebelte, während sie selig an einer fremden Zunge nuckelte.
Das abgebildete Gesuch fand ich in der Friedensallee. Antje, offenbar zurzeit nicht dopaminiert, vermerkt darauf zur Sicherheit ihre Mailadresse; sie lautet, wenn ich es richtig entziffert habe, antje.altona@gmx.de.
Also: Wer immer sich dunkel an den stundenlangen Austausch von Körperflüssigkeiten mit einer Unbekannten am 6. 1. im Grünen Jäger (St. Pauli) erinnert, möge sich bei Antje melden.
Bitte beachten: Es gibt (wahrscheinlich) nur eine Person, die Antje vorschwebt, ok? OK??
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs über vergebliche Liebe
1. „Living next door to Alice“ von Smokie
2. „Long black veil“ von The Band
3. „If you see her say hello“ von Bob Dylan
09 Februar 2006
Der Zahn della Roche
Die verehrungswürdige Fernsehfrau Charlotte Roche hat viele tolle Eigenschaften. Eine davon ist ihre Uneitelkeit.
Am Mittwochabend überzeugte sie bei Harald Schmidt auch die letzten Zweifler davon.
La Roche, 27 Jahre alt, nahm sich nämlich vor laufender Kamera ihre dritten Zähne raus. Genau gesagt: nur einen, aber einen sehr prominenten, einen Schneidezahn. Und dabei beließ sie es nicht, sondern führte noch ein kleines Kunststück vor.
Sie warf den Zahn samt anhängender Fixierungsschiene hoch in die Luft, fing das Ensemble höchst geschickt mit dem Mund auf und schob es mit ihrer offenbar voll austrainierten Zunge flugs wieder an die richtige Stelle. In ihrem nun wieder makellos restaurierten Lächeln mischten sich Verlegenheit und Stolz.
Den bemerkenswerten Clip dazu gibt es hier.
Ex cathedra: Die Top 3 der beruhigendsten Ambienttracks vor Zahnoperationen
1. „Troll valley“ von Wavestar
2. „Becalmed“ von Brian Eno
3. „Black cloud“ von Solitaire
Am Mittwochabend überzeugte sie bei Harald Schmidt auch die letzten Zweifler davon.
La Roche, 27 Jahre alt, nahm sich nämlich vor laufender Kamera ihre dritten Zähne raus. Genau gesagt: nur einen, aber einen sehr prominenten, einen Schneidezahn. Und dabei beließ sie es nicht, sondern führte noch ein kleines Kunststück vor.
Sie warf den Zahn samt anhängender Fixierungsschiene hoch in die Luft, fing das Ensemble höchst geschickt mit dem Mund auf und schob es mit ihrer offenbar voll austrainierten Zunge flugs wieder an die richtige Stelle. In ihrem nun wieder makellos restaurierten Lächeln mischten sich Verlegenheit und Stolz.
Den bemerkenswerten Clip dazu gibt es hier.
Ex cathedra: Die Top 3 der beruhigendsten Ambienttracks vor Zahnoperationen
1. „Troll valley“ von Wavestar
2. „Becalmed“ von Brian Eno
3. „Black cloud“ von Solitaire
08 Februar 2006
Der Hantelhiphopper
In meinem Fitnessclub trainiert seit neustem Smudo von den Fantastischen Vier. Vielleicht tut er das schon länger, und wir haben uns einfach nie getroffen. Smudo trainiert mit Hanteln. Seine Vorbereitungen allerdings dauern recht lange, wie ich mit nicht unbeträchtlichem Amüsement beobachten konnte. Gerade das Hantieren am mitgebrachten Player (ob MP3 oder CD-Gerät, kann ich nicht sagen) will schließlich mit höchster Sorgfalt erledigt werden.
Smudo führt sich die Musik über Kopfhörer von einer Dimension zu, die manchen Vogelarten als Nester entschieden zu groß wären. Er wirkt damit fast ein wenig wie der Osterhase. Aber es ist ja auch bald Ostern.
Mir fällt ein, wie ich mal in Smudos Küche gesessen habe. Dorthin hatte die Plattenfirma mich bestellt, weil ich einen Künstler von Smudos Label interviewen wollte, nämlich Jan Plewka. Smudo wohnt in der Weidenallee, also direkt am Rande des Schanzenviertels. Er muss sich dort fühlen wie in Feindesland – ein Stuttgarter HipHopper im Hoheitsgebiet der Hamburger Schule. Seine üppig, aber keineswegs protzig ausgestattete Altbauwohnung schien ihn jedoch problemlos darüber hinwegzutrösten, denn er wirkte stillvergnügt.
Ich saß also mit Jan Plewka in Smudos Küche. Aber nicht alleine. Smudo war auch da. Er saß am Küchentisch, vor sich einen Laptop, und hackte locker vor sich hin. Vielleicht neue Reime, die später Zehntausende in die Arenen locken würden, kann ja sein. Vielleicht aber auch nur eine Mail an den Klempner wegen der verstopften Toilette.
Das ist nur ein Beispiel; ich weiß nicht, ob Smudos Toilette verstopft war, ich habe sie nicht benutzt. Ich weiß nur, was in seinem Flur hing, außer den ganzen holzgerahmten Goldenen Schallplatten (Foto): nämlich Madonnenbilder. Und ein Jesusbildchen mit güldnem Heiligenschein. Und in seiner Küche stand auf einem Sims der Papst. Der letzte, nicht der aktuelle. Er, der Papst, wirkte jung, er breitete lächelnd die Arme aus.
Smudo behackte also unter Johannes Pauls Blick stillvergnügt seinen Laptop, lauschte mit einem Ohr auf unser Interview, und manchmal schmunzelte er lautlos in sich hinein; vielleicht notierte er ja, was wir sagten, und machte daraus Reime, wer weiß. Ich müsste mir mal alle Fanta-Vier-Verse durchlesen, vielleicht stieße ich ja verklausuliert auf diesen Tag in Smudos Küche.
Ab und zu nippte er an einem gewaltigen, geradezu schüsselartigen Becher mit Milchkaffee, der im Durchmesser an seine Fitnessstudiokopfhörer gemahnte, aber das konnte ich damals ja noch nicht wissen.
Im Studio jedenfalls trainiert Smudo nur mit Hanteln. Kein Crosstrainer, keine Dehn- oder Bauchübungen (obwohl letztere, mit Verlaub, ihm nicht schaden würden). Und wie er so rücklings daliegt auf der Bank und die Gewichte mit beiden Armen über seinen Kopf Richtung Boden führt und wieder hoch, erst diese Hantel und dann die da (oder war es die da?), da sieht er wirklich ein wenig aus wie ein verschwitzter Osterhase.
Oder so, wie ich mir meinen Freund Harvey vorstelle.
Ex cathedra: Die Top 3 meiner liebsten Gitarrenpopsongs aus den 90ern
1. „Window pane“ von The Real People
2. „Lemon afternoon“ von The Dylans
3. „Faded glamour“ von Animals That Swim
Smudo führt sich die Musik über Kopfhörer von einer Dimension zu, die manchen Vogelarten als Nester entschieden zu groß wären. Er wirkt damit fast ein wenig wie der Osterhase. Aber es ist ja auch bald Ostern.
Mir fällt ein, wie ich mal in Smudos Küche gesessen habe. Dorthin hatte die Plattenfirma mich bestellt, weil ich einen Künstler von Smudos Label interviewen wollte, nämlich Jan Plewka. Smudo wohnt in der Weidenallee, also direkt am Rande des Schanzenviertels. Er muss sich dort fühlen wie in Feindesland – ein Stuttgarter HipHopper im Hoheitsgebiet der Hamburger Schule. Seine üppig, aber keineswegs protzig ausgestattete Altbauwohnung schien ihn jedoch problemlos darüber hinwegzutrösten, denn er wirkte stillvergnügt.
Ich saß also mit Jan Plewka in Smudos Küche. Aber nicht alleine. Smudo war auch da. Er saß am Küchentisch, vor sich einen Laptop, und hackte locker vor sich hin. Vielleicht neue Reime, die später Zehntausende in die Arenen locken würden, kann ja sein. Vielleicht aber auch nur eine Mail an den Klempner wegen der verstopften Toilette.
Das ist nur ein Beispiel; ich weiß nicht, ob Smudos Toilette verstopft war, ich habe sie nicht benutzt. Ich weiß nur, was in seinem Flur hing, außer den ganzen holzgerahmten Goldenen Schallplatten (Foto): nämlich Madonnenbilder. Und ein Jesusbildchen mit güldnem Heiligenschein. Und in seiner Küche stand auf einem Sims der Papst. Der letzte, nicht der aktuelle. Er, der Papst, wirkte jung, er breitete lächelnd die Arme aus.
Smudo behackte also unter Johannes Pauls Blick stillvergnügt seinen Laptop, lauschte mit einem Ohr auf unser Interview, und manchmal schmunzelte er lautlos in sich hinein; vielleicht notierte er ja, was wir sagten, und machte daraus Reime, wer weiß. Ich müsste mir mal alle Fanta-Vier-Verse durchlesen, vielleicht stieße ich ja verklausuliert auf diesen Tag in Smudos Küche.
Ab und zu nippte er an einem gewaltigen, geradezu schüsselartigen Becher mit Milchkaffee, der im Durchmesser an seine Fitnessstudiokopfhörer gemahnte, aber das konnte ich damals ja noch nicht wissen.
Im Studio jedenfalls trainiert Smudo nur mit Hanteln. Kein Crosstrainer, keine Dehn- oder Bauchübungen (obwohl letztere, mit Verlaub, ihm nicht schaden würden). Und wie er so rücklings daliegt auf der Bank und die Gewichte mit beiden Armen über seinen Kopf Richtung Boden führt und wieder hoch, erst diese Hantel und dann die da (oder war es die da?), da sieht er wirklich ein wenig aus wie ein verschwitzter Osterhase.
Oder so, wie ich mir meinen Freund Harvey vorstelle.
Ex cathedra: Die Top 3 meiner liebsten Gitarrenpopsongs aus den 90ern
1. „Window pane“ von The Real People
2. „Lemon afternoon“ von The Dylans
3. „Faded glamour“ von Animals That Swim
07 Februar 2006
Der FC St. Pauli hat gegen Bremen doch verloren!
Ok, es ist zwar schon ein paar Tage her, es geschah nämlich am 26. Januar. Doch so richtig durch Kleinbloggersdorf getrieben wurde die Sau noch nicht, deshalb gebe ich ihr hier noch mal hübsch die Peitsche.
Es geht um Thomas Doll, den Trainer des HSV. Und es geht um die Pokalsensation, die meinem kleinen Stadtteilclub FC St. Pauli gegen den gigantischen SV Werder Bremen gelang. Die Begleitumstände des Kieztaumels wurden an dieser Stelle ja ausführlich erörtert.
So weit, so gut. Doch am Tag danach, nämlich am 26. Januar, erschien in der altehrwürdigsten Fußballfachpostille überhaupt, dem kicker, eine Kolumne von besagtem Doll. Darin schrieb der Fußballlehrer laut dem etwas weniger altehrwürdigen Fußballmagazin 11 Freunde Folgendes:
„Den Sieg der Bremer am Hamburger Millerntor habe ich mir gestern angesehen. Schade für St. Pauli zwar, dass es nicht zu einer weiteren Pokal-Sensation reichte, aber unser Nachbar ist wieder auf dem Weg nach oben.“
Das schreibt der Doll, bzw. der kicker. An Dolls Stelle hätte ich mich daraufhin in eins der zahlreichen Ackerlöcher des AOL-Arenarasens verkrochen, vor lauter Scham.
Die Vorgeschichte dieses hochnotpeinlichen kicker-Kolumnen-Fakes muss ungefähr so abgelaufen sein:
Chefredakteur (kumpelhaft): „Mensch, Thomas, wir müssen aktuell sein, megaaktuell! Wir müssen das Pokalspiel vom Mittwochabend noch reinnehmen in deine Kolumne.“
Doll (naiv): „Aber das Heft erscheint doch schon Donnerstag. Wie soll denn das gehen?“
Chefredakteur (herzlich auflachend): „Ach was, Thomas, das Heft ist doch sogar längst gedruckt, wenn das Spiel angepfiffen wird! Wir schreiben dir einfach vorher die Kolumne, Bremen gewinnt doch eh. Das merkt kein Schwein, garantiert. Du musst nicht mal auflaufen in diesem maroden Quarree am Millerntor. Vertrau uns einfach, wir machen das schon seit dem 14. Juli 1920. Das hat noch immer hingehauen.“
Doll (schüchtern): „Aber … nur mal angenommen … ich meine, man hat ja schon allerhand erlebt, ich sage nur: Ditmar Jacobs am Karabinerhaken … und dann fällt mir noch dieses doofe Kaff ein, wie hieß das noch – Eppingen? Die haben den HSV sogar mal …“
Chefredakteur: (lacht schallend, kann nicht mehr aufhören, läuft puterrot an, muss notärztlich behandelt werden)
Doll (geschlagen): „Ist ja gut, dann schreibt ihr mir mal den Text. Ich vertrau euch. Ihr seid der kicker, ihr habt die Ahnung, was man alles machen darf und was nicht. Und, klar, Bremen gewinnt das Ding. Logo. Was mach ich mir überhaupt nen Kopp.“
Chefredakteur: (kurzatmig, prustend) „Genau, bruhaha, ganz genau, Thomas!“
Und dann kamen Luz & Co.
Und noch während am Millerntor ein St.Pauli-Tor nach dem anderen fiel, fuhren Lkws den megaaktuellen kicker zu jedem Kiosk in Deutschland. Die hochnotpeinliche Selbstentlarvung lief, und nichts und niemand konnte sie mehr stoppen.
Doll wird übrigens auch während der WM Kolumnen für den kicker schreiben.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs, die ich gerne mal als Stadionhymne hören würde
1. „Torches of liberty“ von The Three Johns
2. „Helden/Heroes“ von Six By Seven
3. „Hard to come back“ von Madrugada
Es geht um Thomas Doll, den Trainer des HSV. Und es geht um die Pokalsensation, die meinem kleinen Stadtteilclub FC St. Pauli gegen den gigantischen SV Werder Bremen gelang. Die Begleitumstände des Kieztaumels wurden an dieser Stelle ja ausführlich erörtert.
So weit, so gut. Doch am Tag danach, nämlich am 26. Januar, erschien in der altehrwürdigsten Fußballfachpostille überhaupt, dem kicker, eine Kolumne von besagtem Doll. Darin schrieb der Fußballlehrer laut dem etwas weniger altehrwürdigen Fußballmagazin 11 Freunde Folgendes:
„Den Sieg der Bremer am Hamburger Millerntor habe ich mir gestern angesehen. Schade für St. Pauli zwar, dass es nicht zu einer weiteren Pokal-Sensation reichte, aber unser Nachbar ist wieder auf dem Weg nach oben.“
Das schreibt der Doll, bzw. der kicker. An Dolls Stelle hätte ich mich daraufhin in eins der zahlreichen Ackerlöcher des AOL-Arenarasens verkrochen, vor lauter Scham.
Die Vorgeschichte dieses hochnotpeinlichen kicker-Kolumnen-Fakes muss ungefähr so abgelaufen sein:
Chefredakteur (kumpelhaft): „Mensch, Thomas, wir müssen aktuell sein, megaaktuell! Wir müssen das Pokalspiel vom Mittwochabend noch reinnehmen in deine Kolumne.“
Doll (naiv): „Aber das Heft erscheint doch schon Donnerstag. Wie soll denn das gehen?“
Chefredakteur (herzlich auflachend): „Ach was, Thomas, das Heft ist doch sogar längst gedruckt, wenn das Spiel angepfiffen wird! Wir schreiben dir einfach vorher die Kolumne, Bremen gewinnt doch eh. Das merkt kein Schwein, garantiert. Du musst nicht mal auflaufen in diesem maroden Quarree am Millerntor. Vertrau uns einfach, wir machen das schon seit dem 14. Juli 1920. Das hat noch immer hingehauen.“
Doll (schüchtern): „Aber … nur mal angenommen … ich meine, man hat ja schon allerhand erlebt, ich sage nur: Ditmar Jacobs am Karabinerhaken … und dann fällt mir noch dieses doofe Kaff ein, wie hieß das noch – Eppingen? Die haben den HSV sogar mal …“
Chefredakteur: (lacht schallend, kann nicht mehr aufhören, läuft puterrot an, muss notärztlich behandelt werden)
Doll (geschlagen): „Ist ja gut, dann schreibt ihr mir mal den Text. Ich vertrau euch. Ihr seid der kicker, ihr habt die Ahnung, was man alles machen darf und was nicht. Und, klar, Bremen gewinnt das Ding. Logo. Was mach ich mir überhaupt nen Kopp.“
Chefredakteur: (kurzatmig, prustend) „Genau, bruhaha, ganz genau, Thomas!“
Und dann kamen Luz & Co.
Und noch während am Millerntor ein St.Pauli-Tor nach dem anderen fiel, fuhren Lkws den megaaktuellen kicker zu jedem Kiosk in Deutschland. Die hochnotpeinliche Selbstentlarvung lief, und nichts und niemand konnte sie mehr stoppen.
Doll wird übrigens auch während der WM Kolumnen für den kicker schreiben.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs, die ich gerne mal als Stadionhymne hören würde
1. „Torches of liberty“ von The Three Johns
2. „Helden/Heroes“ von Six By Seven
3. „Hard to come back“ von Madrugada
06 Februar 2006
Die todgeweihten Handschuhe
Es ist ja nicht so, als müsste man sich im Winter wundern über herren- und frauenlos herumliegende Handschuhe. Nein, immer wieder begegnet man einem dieser fünffingrigen Gesellen (seltener Fäustlingen). Gewöhnlich sind sie geografisch sorgsam und irreparabel separiert von ihrem leider doch nicht siamesischen Zwilling, der nun genauso unnütz irgendwo durch die Welt geistert.
Bei Handschuhen kann man ja nun wirklich mit Fug und Recht behaupten, beide seien deutlich mehr als die Summe ihrer Teile. Ohne einander sind sie sogar sofort nichts und niemand. Warum sie dennoch dazu neigen, separat verlorenzugehen, ist schwer begreiflich. Evolutionär gesehen verschafft ihnen das nicht den klitzekleinsten Vorteil, sondern nur die Chance auf ein baldiges böses Erwachen im Mülleimer.
Gingen Handschuhe dagegen grundsätzlich paarweise verloren, so könnte ein gegenüber fremden Nutzungsspuren toleranter Finder immer noch abwägen, ob sich die zwangsläufig vorzunehmende Reinigung zwecks künftiger Weiterverwendung nun lohnte oder nicht. Mir allerdings wäre das Innere fremder Handschuhe höchst unheimlich. Ungern würde ich meine Hand in etwas Dunkles, Stollenartiges stecken. Aber ich bin gegenüber fremden Nutzungsspuren auch nicht sehr tolerant.
Am Bahnhof Altona jedenfalls präsentierte sich mir heute eine neue Variante des allwinterlichen Handschuhvereinsamungsdramas. Es war erschütternd. Hier sehen wir zwei verschiedene, jedoch durch einen irren Zufall am gleichen Ort verlorgengegangene Exemplare. Offenbar ihre baldige Bestimmung begreifend – nämlich ohne ihr jeweiliges Spiegelbild rasch final entsorgt zu werden –, taten die Schicksalsgenossen das, was in Notsituationen schon oft einen Weg wies aus der Gefahr: Sie solidarisierten sich; man kann geradezu von einem bergenden Sichaneinanderkuscheln sprechen.
Ach, es wird ihnen gleichwohl nichts nützen. Aber wer sagt es ihnen?
Links daneben liegt übrigens ein ovales Behältnis, welches ich laienhaft als Kinderüberraschungsei von Ferrero identifiziert zu haben glaube. Welche Rolle es in diesem Melodram spielt, blieb allerdings unklar.
Und dann kam auch schon mein Bus.
Ex cathedra: Die Top 3 der schwärmerischsten Liebeserklärungen
1. „Adriano“ von Ralley
2. „No other love“ von Chuck Prophet
3. „Charlie Watts is God“ von Jackpot
Bei Handschuhen kann man ja nun wirklich mit Fug und Recht behaupten, beide seien deutlich mehr als die Summe ihrer Teile. Ohne einander sind sie sogar sofort nichts und niemand. Warum sie dennoch dazu neigen, separat verlorenzugehen, ist schwer begreiflich. Evolutionär gesehen verschafft ihnen das nicht den klitzekleinsten Vorteil, sondern nur die Chance auf ein baldiges böses Erwachen im Mülleimer.
Gingen Handschuhe dagegen grundsätzlich paarweise verloren, so könnte ein gegenüber fremden Nutzungsspuren toleranter Finder immer noch abwägen, ob sich die zwangsläufig vorzunehmende Reinigung zwecks künftiger Weiterverwendung nun lohnte oder nicht. Mir allerdings wäre das Innere fremder Handschuhe höchst unheimlich. Ungern würde ich meine Hand in etwas Dunkles, Stollenartiges stecken. Aber ich bin gegenüber fremden Nutzungsspuren auch nicht sehr tolerant.
Am Bahnhof Altona jedenfalls präsentierte sich mir heute eine neue Variante des allwinterlichen Handschuhvereinsamungsdramas. Es war erschütternd. Hier sehen wir zwei verschiedene, jedoch durch einen irren Zufall am gleichen Ort verlorgengegangene Exemplare. Offenbar ihre baldige Bestimmung begreifend – nämlich ohne ihr jeweiliges Spiegelbild rasch final entsorgt zu werden –, taten die Schicksalsgenossen das, was in Notsituationen schon oft einen Weg wies aus der Gefahr: Sie solidarisierten sich; man kann geradezu von einem bergenden Sichaneinanderkuscheln sprechen.
Ach, es wird ihnen gleichwohl nichts nützen. Aber wer sagt es ihnen?
Links daneben liegt übrigens ein ovales Behältnis, welches ich laienhaft als Kinderüberraschungsei von Ferrero identifiziert zu haben glaube. Welche Rolle es in diesem Melodram spielt, blieb allerdings unklar.
Und dann kam auch schon mein Bus.
Ex cathedra: Die Top 3 der schwärmerischsten Liebeserklärungen
1. „Adriano“ von Ralley
2. „No other love“ von Chuck Prophet
3. „Charlie Watts is God“ von Jackpot
05 Februar 2006
Die meisten Unfälle passieren zu Hause
Manchmal agiere ich im Haushalt recht tölpelhaft, vor allem beim Staubsaugen. Es gelingt mir zum Beispiel regelmäßig, Ms. Columbos Radiowecker (Foto) derart zu touchieren, dass er losplärrt und von mir nicht mehr zum Schweigen zu bringen ist. Ihre Stirnfalte bei Behebung des Problems würde ich gerne fotografisch dokumentieren und hier abbilden, aber ich darf nicht.
Heute passierte mir etwas ganz Originelles. Beim Saugen des neuen Multifunktionsdruckers schaffte ich es, irgendwie die Faxfunktion zu aktivieren. Aber nicht nur das: Das Gerät wählte eine mir bis dato völlig unbekannte Nummer in Frankfurt. Während ich verzweifelt auf den Kasten einschlug, um den ganzen Vorgang zu stoppen, hörte ich auch schon die typischen Fiepgeräusche eines freudig auf die Avance aus Hamburg reagierenden hessischen Faxapparates, welcher dann auch eifrig die Nachricht entgegennahm, während ich bis zuletzt wie wahnsinnig alle möglichen Tasten drückte, vergebens.
Was ich gefaxt habe: keine Ahnung. Ein Blatt jedenfalls lag nicht drin, aber vielleicht war noch etwas im Speicher. Bin jedenfalls gespannt auf die Antwort. Und auf Ms. Columbos Reaktion, wenn sie diesen Blog-Eintrag liest.
Eine andere Topaktion gelang mir damals beim Aufhängen einer hölzernen thailändischen Glücksgöttin, die wir auf dem Flohmarkt erstanden hatten. In Ermangelung einer ausreichend großen Leiter – wir haben sehr hohe Decken – stellte ich unser zweibeiniges Alumodell auf den Wohnzimmerflachtisch. Zwar konstatierte ich eine nur unwesentlich unter der Tischlänge angesiedelte Spreizbreite der Leiter, doch mir war unklar, welche Folge das Hochsteigen haben würde: Sie spreizte nämlich die Beine noch etwas weiter, und das reichte aus, um mit Karacho über die Tischkante zu rutschen.
Alles brach zusammen, Matt plus thailändischer Glücksgöttin krachten auf den Tisch, ich mit dem Steiß voran. Es war kein schönes Gefühl. Allerdings tat die früh geforderte Göttin ihre Pflicht – ich brach mir nicht das Rückgrat.
Ich finde übrigens Handwerker total unterbewertet.
Ex cathedra: Die Top 3 der epischsten Balladen
1. „The ballad of Emma Deloner“ von Midnight Choir
2. „Comfortably numb“ von Pink Floyd
3. „Carnival“ von Dead Can Dance
Heute passierte mir etwas ganz Originelles. Beim Saugen des neuen Multifunktionsdruckers schaffte ich es, irgendwie die Faxfunktion zu aktivieren. Aber nicht nur das: Das Gerät wählte eine mir bis dato völlig unbekannte Nummer in Frankfurt. Während ich verzweifelt auf den Kasten einschlug, um den ganzen Vorgang zu stoppen, hörte ich auch schon die typischen Fiepgeräusche eines freudig auf die Avance aus Hamburg reagierenden hessischen Faxapparates, welcher dann auch eifrig die Nachricht entgegennahm, während ich bis zuletzt wie wahnsinnig alle möglichen Tasten drückte, vergebens.
Was ich gefaxt habe: keine Ahnung. Ein Blatt jedenfalls lag nicht drin, aber vielleicht war noch etwas im Speicher. Bin jedenfalls gespannt auf die Antwort. Und auf Ms. Columbos Reaktion, wenn sie diesen Blog-Eintrag liest.
Eine andere Topaktion gelang mir damals beim Aufhängen einer hölzernen thailändischen Glücksgöttin, die wir auf dem Flohmarkt erstanden hatten. In Ermangelung einer ausreichend großen Leiter – wir haben sehr hohe Decken – stellte ich unser zweibeiniges Alumodell auf den Wohnzimmerflachtisch. Zwar konstatierte ich eine nur unwesentlich unter der Tischlänge angesiedelte Spreizbreite der Leiter, doch mir war unklar, welche Folge das Hochsteigen haben würde: Sie spreizte nämlich die Beine noch etwas weiter, und das reichte aus, um mit Karacho über die Tischkante zu rutschen.
Alles brach zusammen, Matt plus thailändischer Glücksgöttin krachten auf den Tisch, ich mit dem Steiß voran. Es war kein schönes Gefühl. Allerdings tat die früh geforderte Göttin ihre Pflicht – ich brach mir nicht das Rückgrat.
Ich finde übrigens Handwerker total unterbewertet.
Ex cathedra: Die Top 3 der epischsten Balladen
1. „The ballad of Emma Deloner“ von Midnight Choir
2. „Comfortably numb“ von Pink Floyd
3. „Carnival“ von Dead Can Dance
04 Februar 2006
Das kontrastreiche Restaurant
Der Innendekorateur des thailändischen Restaurants Phuket in der Taubenstraße hat seine ersten Sporen offenbar im Nippesgroßhandel verdient und wechselte dann sofort hierher.
Als wir zuletzt da waren, dachten wir noch, die gelben und roten Lämpchen in Herz-, Fisch- und Delfinform, die sich in endlosen, gern auch mal ineinander verzwirbelten Girlanden durchs Restaurant schlängelten, hätten schlicht den Kehraus einer Faschingsparty temporär überlebt – obgleich uns Thailand und Fasching ungefähr so verwandt vorkamen wie Kaninchen und Kokosmilch.
Nun, Fasching war wohl auch in der Tat nicht der Grund für diese Illumination; stattdessen müssen grundsätzliche Erwägungen zur fatalen Wahl geführt haben. Denn die Girlanden des Grauens hängen immer noch da. Sie geben dem Phuket die Heimeligkeit eines Vorstadtpuffs.
Doch die Betreiber, durchweg hochsympathische Thailänder, konterkarieren das entwaffnend ungeschickt mit der Musikbeschallung. Im Lauf des Abends fügen sich Bill Haleys „Rock around the clock“ ebensowenig ins wirre Gesamtambiente ein wie diverse Oldies der Sechziger Jahre. Und aus dem Zeitschriftenregal lugt Architectural Digest.
Thailand, Leuchtdelfine, Bill Haley, Edelmagazine: Wer dieses Restaurant desorientiert betritt, wird es keinesfalls mit geschärftem Geschmack wieder verlassen. Natürlich nur kulturell gesehen, nicht kulinarisch. Wir studieren die Karte, staunen und entscheiden uns für – Kaninchen in Kokosmilch. Dazu singt Cher „Bang bang“.
Ein schöner Abend. Wir kommen bestimmt bald wieder.
Ex cathedra: Die Top 3 der sphärischsten Gitarrensongs
1. „Ghosts of american astronauts“ von The Mekons
2. „Pink frost“ von The Chills
3. „Rollercoaster“ von The Red House Painters
Als wir zuletzt da waren, dachten wir noch, die gelben und roten Lämpchen in Herz-, Fisch- und Delfinform, die sich in endlosen, gern auch mal ineinander verzwirbelten Girlanden durchs Restaurant schlängelten, hätten schlicht den Kehraus einer Faschingsparty temporär überlebt – obgleich uns Thailand und Fasching ungefähr so verwandt vorkamen wie Kaninchen und Kokosmilch.
Nun, Fasching war wohl auch in der Tat nicht der Grund für diese Illumination; stattdessen müssen grundsätzliche Erwägungen zur fatalen Wahl geführt haben. Denn die Girlanden des Grauens hängen immer noch da. Sie geben dem Phuket die Heimeligkeit eines Vorstadtpuffs.
Doch die Betreiber, durchweg hochsympathische Thailänder, konterkarieren das entwaffnend ungeschickt mit der Musikbeschallung. Im Lauf des Abends fügen sich Bill Haleys „Rock around the clock“ ebensowenig ins wirre Gesamtambiente ein wie diverse Oldies der Sechziger Jahre. Und aus dem Zeitschriftenregal lugt Architectural Digest.
Thailand, Leuchtdelfine, Bill Haley, Edelmagazine: Wer dieses Restaurant desorientiert betritt, wird es keinesfalls mit geschärftem Geschmack wieder verlassen. Natürlich nur kulturell gesehen, nicht kulinarisch. Wir studieren die Karte, staunen und entscheiden uns für – Kaninchen in Kokosmilch. Dazu singt Cher „Bang bang“.
Ein schöner Abend. Wir kommen bestimmt bald wieder.
Ex cathedra: Die Top 3 der sphärischsten Gitarrensongs
1. „Ghosts of american astronauts“ von The Mekons
2. „Pink frost“ von The Chills
3. „Rollercoaster“ von The Red House Painters
03 Februar 2006
Die vielen vier Fragen
Nun, ich dachte schon, mich würde gar keiner zum Mitmachen auffordern und ich müsste als Mauerblümchen am Rande der Tanzfläche versauern, doch dann bat mich mymspro doch noch hinzu. Vielen Dank dafür! Also spiele ich jetzt mal nicht den Beleidigten, sondern nehme an der Blogger-Umfrage teil. Hier also die Enttarnung all meiner Geheimnisse:
Vier Jobs in meinem Leben:
* Bankkaufmann
* Waldarbeiter
* Bademeister
* Redakteur
Vier Filme, die ich immer wieder sehen kann:
* Drachenfutter von Jan Schütte (sehr rührend und sehr unsentimental. Und spielt in Hamburg)
* Und täglich grüßt das Murmeltier von Harold Ramis (das ewige Leben als komische Zeitschleife – faszinierende Möglichkeiten ...)
* 2001 – Odyssee im Weltraum von Stanley Kubrick (die Säkularisierung Gottes. Mehr kann man nicht verlangen)
* Fanny und Alexander von Ingmar Bergman (Tragik, Mystik und Glorie des Kindseins, nein: des Menschseins an sich)
Vier Orte, an denen ich gelebt habe:
* Medenbach (100 km nördlich von Frankfurt, 1200 Einwohner, Pampa – aber schöne Pampa)
* Marburg (alt, steil, ein Puppenhaus, ein Studententraum)
* Hamburg (eine Stadt für Entwicklungssprünge. Vor allem, wenn man mal in Medenbach gelebt hat)
* ??? (Es sind erst drei. Ehrlich wahr)
Vier TV-Shows, die ich sehr gern sehe (alles Sitcoms und Serien, tja):
* Seinfeld
* King of Queens
* Desperate Housewives
* 24
Vier Orte, an denen ich Urlaub gemacht habe:
* Griechenland
* Sardinien
* Schottland
* Ungarn
Vier meiner Lieblingsgerichte:
* Lachs mit persischem Reiskuchen (danke, Afsun!)
* selbstgezogener Spinat mit selbstgezogenen Salzkartoffeln und Rührei (danke, Mama!)
* unser selbstgebackenes Sauerteigbrot mit Rochebaron und aromatischen Cherrytomaten
* Penne mit Krabben, Banane und süßsaurer Currytomatensoße (Mango Chutney nicht vergessen!)
Vier Webseiten, die ich täglich besuche:
* Spiegel online
* diverse Blogs (darunter Poodle, Lyssa, Anne de Haas, BILDblog)
* Sitemeter (wer war auf meiner Site und warum? Und wo warst DU?)
* meine Online-Bank
Vier Orte, wo ich jetzt lieber wäre:
* Karibikstrand (scheitert an meiner Flugangst)
* Austin, Texas (scheitert an meiner Flugangst)
* im Bett (scheitert an meiner Internetsucht)
* auf einem anderen Planeten (scheitert an meiner Angst, mich von 100 000 Tonnen Hyperkerosin auf Mach 20 beschleunigen zu lassen)
Vier Blogger, die das über sich ergehen lassen sollen:
* Poodle
* Lyssa
* Julia
* German Psycho
Da der heutige Beitrag aus lauter Top-4-Listen besteht, fällt die Top-3-Songliste diesmal aus. Konsequenterweise hat auch das Foto nichts mit Musik zu tun. Rechtzeitig zum Sonnenuntergang nahm ich mir heute den Hafen vor, wo die Elbe gerade dabei ist, ihr Eiskleid abzustreifen. An manchen Stellen sieht es starr und fest aus, doch die Schiffe rauschen hindurch wie durch bröckeligen Grießbrei. Am Sonntag wird nichts mehr davon zu sehen sein; dann kann es genausogut auch Frühling werden.
Vier Jobs in meinem Leben:
* Bankkaufmann
* Waldarbeiter
* Bademeister
* Redakteur
Vier Filme, die ich immer wieder sehen kann:
* Drachenfutter von Jan Schütte (sehr rührend und sehr unsentimental. Und spielt in Hamburg)
* Und täglich grüßt das Murmeltier von Harold Ramis (das ewige Leben als komische Zeitschleife – faszinierende Möglichkeiten ...)
* 2001 – Odyssee im Weltraum von Stanley Kubrick (die Säkularisierung Gottes. Mehr kann man nicht verlangen)
* Fanny und Alexander von Ingmar Bergman (Tragik, Mystik und Glorie des Kindseins, nein: des Menschseins an sich)
Vier Orte, an denen ich gelebt habe:
* Medenbach (100 km nördlich von Frankfurt, 1200 Einwohner, Pampa – aber schöne Pampa)
* Marburg (alt, steil, ein Puppenhaus, ein Studententraum)
* Hamburg (eine Stadt für Entwicklungssprünge. Vor allem, wenn man mal in Medenbach gelebt hat)
* ??? (Es sind erst drei. Ehrlich wahr)
Vier TV-Shows, die ich sehr gern sehe (alles Sitcoms und Serien, tja):
* Seinfeld
* King of Queens
* Desperate Housewives
* 24
Vier Orte, an denen ich Urlaub gemacht habe:
* Griechenland
* Sardinien
* Schottland
* Ungarn
Vier meiner Lieblingsgerichte:
* Lachs mit persischem Reiskuchen (danke, Afsun!)
* selbstgezogener Spinat mit selbstgezogenen Salzkartoffeln und Rührei (danke, Mama!)
* unser selbstgebackenes Sauerteigbrot mit Rochebaron und aromatischen Cherrytomaten
* Penne mit Krabben, Banane und süßsaurer Currytomatensoße (Mango Chutney nicht vergessen!)
Vier Webseiten, die ich täglich besuche:
* Spiegel online
* diverse Blogs (darunter Poodle, Lyssa, Anne de Haas, BILDblog)
* Sitemeter (wer war auf meiner Site und warum? Und wo warst DU?)
* meine Online-Bank
Vier Orte, wo ich jetzt lieber wäre:
* Karibikstrand (scheitert an meiner Flugangst)
* Austin, Texas (scheitert an meiner Flugangst)
* im Bett (scheitert an meiner Internetsucht)
* auf einem anderen Planeten (scheitert an meiner Angst, mich von 100 000 Tonnen Hyperkerosin auf Mach 20 beschleunigen zu lassen)
Vier Blogger, die das über sich ergehen lassen sollen:
* Poodle
* Lyssa
* Julia
* German Psycho
Da der heutige Beitrag aus lauter Top-4-Listen besteht, fällt die Top-3-Songliste diesmal aus. Konsequenterweise hat auch das Foto nichts mit Musik zu tun. Rechtzeitig zum Sonnenuntergang nahm ich mir heute den Hafen vor, wo die Elbe gerade dabei ist, ihr Eiskleid abzustreifen. An manchen Stellen sieht es starr und fest aus, doch die Schiffe rauschen hindurch wie durch bröckeligen Grießbrei. Am Sonntag wird nichts mehr davon zu sehen sein; dann kann es genausogut auch Frühling werden.
02 Februar 2006
01 Februar 2006
Der unerreichbare Spammer
Heute erhielt ich eine Mail von „Schultz“ mit der vorgeblichen Mail-Adresse Schröderynvlfsjs@googlemail.com. Der Inhalt war folgender:
10 Millionen E-Mail Adressen
Bewerben Sie Ihr Produkt / Dienstleistung an 10.000.000 E-Mail Adressen.
Bestellen Sie 10.000.000 E-Mail Adressen für nur 99 € und Sie werden Umsatz machen..
Zum Bestellen klicken Sie HIER
Mit uns machen Sie Umsatz!
Mit freundlichen Gruessen,
Die E-Mail Marketing Experten
Vertriebsteam
------------------------------
Wenn Sie keine E-Mail von uns moechten schreiben Sie uns bitte HIER
Soweit das Angebot von Schultz. Ha, denke ich, endlich habe ich mal einen dieser Müllbergeverursacher am Wickel. Ich klicke auf „antworten“ und schreibe dies:
Sehr geehrte(r) „Schultz“,
Sie sind das also, der uns den ganzen Spam einbrockt?
Hören Sie auf damit!
Niemand will das! Sie nerven!
Ergreifen Sie einen anständigen Beruf!
Und nehmen Sie mich bitte sofort aus dem Verteiler.
Keine Minute später habe ich meine Mail wieder im Posteingang. Die Adresse „Schröderynvlfsjs@googlemail.com“ hatte meine Hoffnung auf ordnungsgemäße Zustellung eh gedämpft. Ein Umlaut in einer Mail-Adresse? Nö, geht nicht.
Aber es gibt eine zweite Chance. In Schultzens Mail findet sich die Zeile „Zum Bestellen klicken Sie HIER“. Das „HIER“ ist verlinkt, es öffnete sich ein neues Mail-Fenster mit dem Empfänger „adressen2006@yahoo.com.ar“.
So, so, offenbar Argentinien. Dort also hockt Schultz und wartet sardonisch keckernd auf Bestellungen von zehn Millionen Mail-Adressen für 99 Dollar. Im neuen Mail-Fenster wiederhole ich meine Forderung nach beruflicher Veränderung Schultzens und klicke auf „senden“.
Keine Minute später kommt meine Mail erneut zurück. Nächster Versuch mit dem „Hier“ in der Abbestellungsfloskel. Eine Minute später … ihr wisst schon. Das Rücksendeprotokoll kommt diesmal von einem russischen Server.
Jetzt frage ich mich verwirrt, was Schultz eigentlich von mir will. Ein Produkt verkaufen doch wohl nicht, sonst müsste er zumindest eine Bestellung entgegennehmen. Oder ist sie – haha – in Schultzens Spamfilter hängengeblieben?
Jedenfalls nervt es mich, Schultz auch weiterhin keine beruflichen Alternativen auffächern zu können. Zur optischen Beruhigung gibt es deshalb heute ein Foto aus der Hafencity.
Ex cathedra: Die Top 3 der versteckten Schweinereien (alle alt, weil heutzutage das plump Direkte die Oberhand hat)
1. „Backdoor man“ von The Doors
2. „My boy lollipop“ von Millie
3. „Little red rooster“ von The Rolling Stones
10 Millionen E-Mail Adressen
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Soweit das Angebot von Schultz. Ha, denke ich, endlich habe ich mal einen dieser Müllbergeverursacher am Wickel. Ich klicke auf „antworten“ und schreibe dies:
Sehr geehrte(r) „Schultz“,
Sie sind das also, der uns den ganzen Spam einbrockt?
Hören Sie auf damit!
Niemand will das! Sie nerven!
Ergreifen Sie einen anständigen Beruf!
Und nehmen Sie mich bitte sofort aus dem Verteiler.
Keine Minute später habe ich meine Mail wieder im Posteingang. Die Adresse „Schröderynvlfsjs@googlemail.com“ hatte meine Hoffnung auf ordnungsgemäße Zustellung eh gedämpft. Ein Umlaut in einer Mail-Adresse? Nö, geht nicht.
Aber es gibt eine zweite Chance. In Schultzens Mail findet sich die Zeile „Zum Bestellen klicken Sie HIER“. Das „HIER“ ist verlinkt, es öffnete sich ein neues Mail-Fenster mit dem Empfänger „adressen2006@yahoo.com.ar“.
So, so, offenbar Argentinien. Dort also hockt Schultz und wartet sardonisch keckernd auf Bestellungen von zehn Millionen Mail-Adressen für 99 Dollar. Im neuen Mail-Fenster wiederhole ich meine Forderung nach beruflicher Veränderung Schultzens und klicke auf „senden“.
Keine Minute später kommt meine Mail erneut zurück. Nächster Versuch mit dem „Hier“ in der Abbestellungsfloskel. Eine Minute später … ihr wisst schon. Das Rücksendeprotokoll kommt diesmal von einem russischen Server.
Jetzt frage ich mich verwirrt, was Schultz eigentlich von mir will. Ein Produkt verkaufen doch wohl nicht, sonst müsste er zumindest eine Bestellung entgegennehmen. Oder ist sie – haha – in Schultzens Spamfilter hängengeblieben?
Jedenfalls nervt es mich, Schultz auch weiterhin keine beruflichen Alternativen auffächern zu können. Zur optischen Beruhigung gibt es deshalb heute ein Foto aus der Hafencity.
Ex cathedra: Die Top 3 der versteckten Schweinereien (alle alt, weil heutzutage das plump Direkte die Oberhand hat)
1. „Backdoor man“ von The Doors
2. „My boy lollipop“ von Millie
3. „Little red rooster“ von The Rolling Stones
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