10 August 2010

Altes Geld



Eine junge Berliner Kollegin, die ich bei einem Einladungskonzert mit vorgeschaltetem Fernsehkochdinner treffe, erzählt mir beim Essen von den ganzen Trendläden, die sie unablässig abgrast in der armen sexy Stadt.

Hier eine schicke Butike, da ein Sushiladen (der aus irgendeinem bescheuert coolen Grund „Cantina“ heißt), drüben in Neukölln-Nord der Szeneclub Kinski. Alles super jedenfalls, alles obertrendy, alles Geheimtipps.

Und während sie das erzählt, fällt mir ihr olivgrünes T-Shirt ins Auge. In großen eierschalenfarbenen Brüllbuchstaben steht da „REVOLUTION“ drauf, und rechts oben über dem Schriftzug prangt ein Kreis mit umgekehrtem Ypsilon drin, das Friedenszeichen. Wahrscheinlich hat sie das Shirt in einer schicken Butike gekauft, zwischen Sashimi in der Cantina und einer Kirschsaftschorle im Kinski.

Ich weiß nicht, ob Karl Marx einst an Leute wie die Berliner Kollegin dachte, als er die Proletarier aller Länder zur Revolution aufrief, aber ich glaube fast nicht. Hamburg, sagt sie irgendwann, sei tot, dort habe sie mal gelebt, aber das könne sie nicht mehr, sogar Daniel Richter sei ja jetzt nach Berlin gegangen, in Hamburg nämlich „sitzt das alte Geld.“

Aber einen hübschen Funkturm haben wir, vor allem vom Innenhof des Fernsehkochrestaurants aus gesehen.

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24 Kommentare:

  1. altes geld? die zwei euro münze mit michel ist doch erst ein jahr alt?!?

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  2. pfff...lieber altes geld als goanix auffer naht.

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  3. ja ja, aber mit ihr zu mälzer gehen ... :)

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  4. Irgendwie stimmt das schon ein wenig, was sie da sagt.

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  5. Wenn das „alte Geld” so schlimm ist, dann muß man eben unter Neureichen bleiben.

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  6. Das alte Geld ist wenigstens in Teilen existent. Das neue hingegen löst sich ja gerne mal mit einem traurigen *pffft* in Luft auf, wenn der erste Anleger anfängt sich zu fragen, ob eine 20-Mann-Internetklitsche tatsächlich so viel wert sein kann, wie die Lufthansa.

    Ceterum censeo: Es gibt nichts spießigeres als uniformen Nonkonformismus, der sich in seiner eigenen Aura sonnt.

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  7. svensonsan, Sie sind befangen …

    German Psycho, Ihr Kommentar ist mal wieder punktgenau.

    ramses101, mich hat eher der Widerspruch zwischen dem T-Shirt-Slogan und dem gleichzeitigen Surfen auf den Schaumkronen des Kapitalismus irritiert. Können diese Leute denn nicht mehr von A nach B denken? Bis Z verlang ich ja gar nicht.

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  8. Nichts zum Thema Geld, aber trotzdem wahnsinnig wichtig:
    Wollte Ihnen nur Bescheid sagen, dass ich mich bei Twitter wieder abgemeldet habe.
    Nicht, dass Sie eine schlaflose Nacht verbringen, weil Sie nicht wissen, wer Sie entfolgt hat!
    Also: Bescheid!

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  9. Aber wieso das denn, um Himmels Willen! Sie sind eine Twittervirtuosin sondergleichen, und das meine ich ernst! Kurz: abgelehnt.

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  10. Ich hab mich doch schon gelöscht!

    Ich habe nachts meine Timeline beobachtet und meine Follower durchgezählt. Ich habe in Tweets gedacht, Tweets haben mein Denken zerdacht! (Jede Wette, dass das ein Tweet war!!! 140 Zeichen! Höchstens.)

    In Tweets denken ist total anstrengend. Nach 140 Zeichen in jeder Unterhaltung hab ich einfach nicht mehr zugehört.
    Zum Schluss fühlte ich mich, als würde ich den ganzen Tag Russisches Roulette spielen, non stopp. Nur ohne die Waffen und die Kugel. Und ohne die Russen.
    Und das nach nur etwas mehr als einer Woche.

    Ich weiß gar nicht, wie Sie das schon so lange bei twitter aushalten!

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  11. PS: Den hier fand ich aber lustig, den schenk ich Ihnen.

    Neulich im Kannibalencafé. "Ich hätte gern.." "Draußen nur Männchen." "Ach so."

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  12. 1. Sie nehmen das alles viel zu ernst. Das ist Pillepalle, genau wie das Bloggen.

    2. Den kannte ich schon, den haben Sie bereits vertwittert. DAS beunruhigt mich allerdings schon.

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  13. Oder war das ein Zitat von Ihnen hier? Das kommt mir so bekannt vor. Hab ich das mal hier gelesen und unwissentlich "gestohlen"??
    Bin jetzt verwirrt, wenn ja, dann sorry. Das war keine böse Absicht von mir.

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  14. Ach, doch nicht bei Ihnen gestohlen. Das beruhigt mich aber jetzt sehr.

    Ja, den hatte ich schon vertwittert, aber ich dachte, Sie hätten den nicht gelesen.
    Ich nehm das alles viel zu ernst! Stimmt.
    Ich doof.

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  15. Ich habe ALLES von Ihnen gelesen. Alles. Und jetzt ist alles vorbei. Ach, Männo.

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  16. Das hätten Sie ja mal sagen können, dass Sie das gelesen haben! Das konnte ich ja nicht ahnen.
    Aber wenn es eh nur Pillepalle war, dann ist das ja auch egal!
    (Und jetzt bitte der Auftritt von Anonym, der schreibt: "Matt und Anna, ohne Kommentar."

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  17. ALLES? Wirklich alles?
    Huch, wie peinlich..

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  18. Nun, da nehmen wir uns nicht viel, denke ich. Ich erinnere nur an meine Phase mit schlüpfrigen Versen wie den hier: „Nirgends sind die Girls so spitz / wie in Treben-Primmelwitz.“

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  19. Dass Annanuehm weg ist, finde ich aber auch schade. Zerbeiße gefrustet altes Geld (Ostmark).

    (na gut, Ostgroschen)

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  20. Na, sie ist ja nicht weg, sie ist nur woanders.

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  21. Sehr schönes Phasengedicht, Matt. Sowas Ähnliches hatte ich ja auch noch vor. Zum Glück kam es nicht mehr dazu..

    personaldebatte: Matt hat absolut Recht, so wie immer. Danke. Ein bisschen schade, teilweise sehr schade, aber insgesamt besser für mich und deshalb okay. :-)

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  22. blogg-hittn-wirtin11.08.10, 07:29

    Ich gratuliere jedem, der es schafft, sich von dieser süchtigmachenden Gedankenfetzenschlacht zu befreien. Die Konzentration auf diese Sache ist viel stärker, als man sich eingestehen will/kann dabei ist es nur ein nicht enden wollender Konfettiregen. Schade um die viele schöne Kapazität, die man da freiwillig (kleingehackt) in den digitalen Orbit pulvert.

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  23. Manchmal bin ich doch ganz froh, mein Geld in keinem ach so hippen Job zu verdienen und mir solche Gedanken machen zu müssen.
    Für meine paar Kröten ist mir Hamburg lebendig genug.
    Aber das ist vermutlich nur der Neid der Besitzlosen.

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  24. Nihilistin11.08.10, 20:58

    Ich nehme gern jede Art von altem Geld entgegen und fühle mich wiedermal darin bestärkt, dass die HIPPEN Berliner nicht zum Ausstehen sind.

    Jeht doch zusammen mit den janzen minderjährichen Touriärschen auffe Schlesische Strasse, sauft Eua übateuertet Flaschenpils vonne hippen ARAL-Tanke und tretet euch anschliessend im hippen Freischwimma jejenseitich uff de Füsse.
    Aba lasst mia bloss in Ruhe, ey. Ick will seit 24 Jahren in Berlin einfach nur in Ruhe jelassen werden.

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