22 August 2010

Auf Kreuzfahrt (7): Ziemlich amüsant, aber …

Mitten auf dem Meer: Internet! WiFi über Satellit! Ein Traum – aber nicht ganz billig.

Ich buchte gleich am ersten Tag drei Stunden Zugang, was sich in harschen 24 Euro auf der Rechnung niederschlug. Der Webjunkie (= ich) zitterte dennoch vor Freude; der Dealer (= Costa) erst recht. Drei Stunden für neun Tage, das macht umgerechnet 20 Minuten pro Tag – und fühlte sich an wie ein ziemlich harter Entzug.

Blogeinträge bereitete ich abends also offline vor und lud sie mit fahriger Ungeduld über die tempotechnich keineswegs mit DSL vergleichbare Verbindung hoch. Darüberhinaus reichte es nur noch für einen flüchtigen Blick auf die Mailliste, interessante Artikel speicherte ich in einem Wettlauf gegen die Zeit auf der Festplatte ab und las sie später, dann ohne den obligaten Schweißfilm auf der Stirn. Für die Beantwortung von Blogkommentaren reichte die knappe Zeit natürlich nicht, vielleicht hole ich das noch nach.

Nicht nur ich, auch einige andere an Bord waren mit Laptops unterwegs. Ein paar Scans ergaben über 20 Rechner, deren WLAN-Wolken durchs Schiff waberten und sich in der Seitenleiste als kryptische Liste (Foto) niederschlugen. Einer der Laptopbesitzer lagerte seine Fotos sogar im öffentlichen Ordner; jeder der anderen hätte sie sich einfach so auf seinen Rechner ziehen können, sofern er ein durchtriebener, charakterloser Intimsphärenverletzer gewesen wäre – oder Google-Mitarbeiter.

Wenn man kein WiFi-Web gebucht hatte, konnte man eine einzige Internetseite trotzdem besuchen: die der Reederei. Dort bewirbt sie ihre Kreuzfahrtdienste u. a. mit folgenden Worten: „Die Wellnessbereiche sind das Highlight der Costa Schiffe, insbesondere auf der Costa Concordia mit dem Samsara Spa – einem der größten Spaß, das je auf einem Kreuzfahrtschiff realisiert wurde.“

Eine herrlich missglückte Pluralbildung von Spa – der mitgemeinte Subtext schlägt sich auf geradezu freudianische Weise in der Orthografie nieder. Das hätte gewiss auch David Foster Wallace grinsend goutiert, der in seinem Buch „Ziemlich amüsant – aber in Zukunft ohne mich“ die Absurditäten einer Kreuzfahrt urkomisch aufs Korn nimmt.

Unser Fazit ist ähnlich und doch ganz anders: ziemlich amüsant, aber in Zukunft … vielleicht doch noch mal mit uns.


6 Kommentare:

  1. wer rentnerurlaub macht braucht sich über sowas nicht zu wundern...

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  2. Über was genau? Fragt einer, der jünger ist als Sie … ;-)

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  3. preisgestaltung, freizeitangebot an bord, kellnerverhalten...........................
    ...........................................
    und so weiter.

    wie hoch ist der altersdurchschnitt der fahrgäste ?
    früher war der ausserhalb der sommerferien auf schiffen dieser art zwischen 70 und scheintot...
    ------------------------------
    du bist nur unerheblich jünger als ich...
    bei dem was du hier manchmalso schreibst
    kommst du mir aber 30 jahre älter vor...

    ich wünsch euch viel spass an bord
    und
    erholsamen (rentner)urlaub

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  4. 8 Euro pro Stunde finde ich durchaus akzeptabel für satellitäres Internet auf hoher See. Bei der Gesamtrechnung dürfte eine Stunde täglich im Budget nicht weiter auffallen, die hätte ich mir gegönnt. Harter Entzug ist einfach nichts für mich.

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  5. Tja, Miele, die Zeiten haben sich geändert. Auf unserem Schiff war der Anteil der Teenager und jungen Familien erstaunlich hoch und die Disco abends gut besucht (wenn auch nicht von uns). Ihre Infos stammen offenbar aus den 90er Jahren; seitdem waren Sie wohl nicht mehr auf Kreuzfahrt … ;-)

    Außerdem kommt es immer drauf an, wie man damit umgeht, täglich eine andere Großstadt anzulaufen, ohne ständig seine Koffer packen zu müssen. Wenn es Ihnen wichtig ist, wie viele Grauschöpfe an Bord sind: akzeptiert. Uns ist das aber schnuppe. Wir machen unser eigenes Ding.

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  6. Zaphod, selbstverständlich war das ein Angebot, das ich nicht ablehnen konnte. Und ich war drauf und dran, für die letzten zwei Tage noch mal drei Stunden zu buchen …

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