25 April 2006

Im Zelt mit den Red Hot Chili Peppers

Sonst spielen die Red Hot Chili Peppers vor 60 000 Leuten, heute nur vor 600. Ins Zirkuszelt an der Glacischaussee werden 200 Fans und 400 Gäste eingelassen, und der Promigehalt ist so hoch wie der Fettanteil in Gorgonzola.

Bassmann Flea (Foto) kann dem frischen Boxweltmeister Wladimir Klitschko praktischerweise persönlich gratulieren, Reinhold Beckmann hält glückselig und graumeliert Hof am Springbrunnen, als wüsste er genau, dass jeder, der sich an ihm vorbeidrängt, ihn um seine WM-Finalkarten beneidet. So ist es ja auch, verdammt …

Neben mir steht Sergej Barbarez und knipst mit seinem supertollen Fotohandy die Chilis, obwohl er von der Plattenfirma bestimmt sogar einen Mitschnitt auf DVD bekäme, bäte er nur darum. Einen Augenblick lang überlege ich, auf Barbarez mit den Worten zuzugehen: „Entschuldigen Sie, wissen Sie eigentlich, dass sie Sergej Barbarez verblüffend ähnlich sehen? Sie könnten Geld damit machen!“

Doch Peppers-Gitarrist John Frusciante lenkt mich ab, weil er sich obenrum gerade frei macht. Der Mann sieht aus wie ein Jesusfreak von 1970, und er ist die einzige Hühnerbrust unter lauter Testosteronbomben. Flea, Anthony Kiedis und Drummer Chad Smith müssen mindestens so viel Zeit mit Bankdrücken wie mit Komponieren verbringen, sonst kämen sie kaum auf diese gewaltig pulsierenden Muskelstränge unter den geschmacklosen Tätowierungen.

Im Garten, wo ich am zweiten Chardonnay des Abends nippe, tauscht Mousse T. gerade Handynummern mit einer jungen Frau, die garantiert nicht seine Gattin ist. Dietmar Beiersdorfer, das wird auf den ersten Blick klar, müsste mal zum Friseur. Aber Kiedis und Frusciante auch, ehrlich gesagt. Letzterer covert kurz vor Schluss den Bee-Gees-Heuler „How deep is your love“ – offenbar ein Konter gegen Fleas Soloversion von Neil Youngs „The needle and the damage done“, die Ex-Junkie Frusciante wohl persönlich genommen hat.

Der Bretterboden schwingt im Takt der Drums, man fühlt sich leicht, man schwebt, und plötzlich ist Kalifornien überall. Inzwischen bin ich so weit chardonnayisiert, dass ich meinen Barbarez-Ulk doch noch an den Mann bringen will, doch ich stoße nur immer wieder auf Beckmann. Er hat Finalkarten, verdammt …

Ex cathedra: Die Top 3 der Songs von Neil Young
1. „Hurricane“
2. „On the beach“
3. „Out on the weekend“

12 Kommentare:

  1. Und du fragst dich, weswegen ich etwas gegen die Musikszene habe ...

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  2. Und mir sagt mal wieder keiner bescheid. Wie kommt man an so eine Info ... und an die Karten?

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  3. mspro, die Plattenfirma hatte eingeladen und irgendwer (vielleicht BILD?) Tickets verlost. Zu kaufen waren keine Karten.

    zahnwart, ich habe mich gut amüsiert. Es lebe die Musikszene!

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  4. Wie ja gestern schon besprochen: Ich kann den RHCPs einfach gar nichts abgewinnen. Interessanterweise muß ich zugeben, daß das Talent der Gruppe enorm hoch ist, daß die handwerklichen Fähigkeiten beeindrucken, aber das Ergebnis klingt für mich stets gräßlich.

    RHCP gehört zu den wenigen Bands, die dafür sorgen, daß ich kurzzeitig den Raum verlasse. Neben dem - ungleich untalentierteren - Xavier Naidoo die einzigen Songs, die ich so verabscheue. Aber ich kann merkwürdigerweise auch verstehen, wie man zum absoluten Fan werden kann. Auch dies wieder im Gegensatz zum Xavier (der übrigens ein zu sterbender ist).

    Aber eigentlich warte ich viel gespannter auf Ihre Kritik des Mogwai-Konzertes. Ich traue mich ja kaum, eine eigene zu verfassen.

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  5. Jetzt weiß ich wenigstens, was hinter diesem unangenehmen Lärm steckte, der mir am Montagabend auf meinem Heimweg entgegenwehte.

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  6. Du hattest einen schönen Abend inklusive Vergustierung von Chardonnay sowie einiger interessanter Gitarrenriffs, die eben nicht immer isoliert einen formidablen Song bilden können? Klingt doch prima - imho, das hätte weitaus schlimmer kommen können. Wie zu lesen ist, vor allem im Vergleich mit Naidoo ;-).

    btw: Lust auf ein frühsommerliches Beatles-Ratespiel mit über 30%iger Gewinnchance?

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  7. Okay!

    "Here comes the Sun" besitzt ein Gitarrenintro - von Harrison. Auf welchen Stereokanal wurde das Intro dominant abgemischt?

    a) es kommt von rechts
    b) es kommt aus der Mitte
    c) es kommt von links

    Deine Antwort sollte spontan kommen - nicht mogeln! ;-)

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  8. Darf ich's mir nicht mal anhören …?

    (Die Wortbestätigung „utlcuxy“ sollte übrigens nicht dem ewigen Vergessen anheimfallen.)

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  9. Aha!

    Du gibst auf?

    33,333333333333 Prozent ...

    Versuche es - aus dem Gedächtnis!

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  10. Okay. Harrison war politisch eher links, George Martin ein Konservativer – also aus der Mitte, ganz klar.

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  11. Na, dann höre es Dir an ;-).

    Bei mir kam das Intro in allen Jahren, allen Stereoanlagen ... von links.

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