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14 April 2011
Fundstücke (130)
1. Diese Anweisung findet man auf der verdienstvollen Webseite esowatch. Leider informiert sie nicht über die Sanktionen, die drohen, falls man sie nicht beherzigt. Bei Gelegenheit werde ich deshalb mal einen Heilpraktiker fragen.
2. Manchmal beeinflusst die Frage, wer dich zu einem „Event“ einlädt, entscheidend die Neigung, daran teilzunehmen oder nicht. Wenn einer wie Kalle Schwensen einlädt – und sei es zur „Nacht der Sünde 2 / SM- und Fetisch-Party“ –, dann wäre es jedenfalls schon besser, man ginge hin. Aber ein bisschen Angst hätte ich schon vor dieser Veranstaltung. Na ja, am besten lasse ich Ms. Columbo entscheiden.
3. Neulich beim Scrabble gelang das Unglaubliche: mit einem Begriff drei dreifache Wortwerte abzuräumen. Natürlich bedurfte dieses Wort, um akzeptiert zu werden, einer guten Hintergrundgeschichte, und verdammt, sie war gut.
4. Selbst wer vorher genau wusste, wo z. B. rechts ist (nämlich da, wo der Daumen links ist), dürfte nach längerem Starren auf diese Produktverpackung jedes Gefühl für Seitendefinitionen verloren haben. Mir ging’s jedenfalls so, und ich bin heilfroh, kein Fahrzeug mit vier Rädern mehr zu besitzen.
13 April 2011
Was Fußball und Fahrräder gemeinsam haben
12 April 2011
Das billige Perpetuum mobile
Zwei dieser verboten köstlichen Walnussbrötchen kosten beim Backhus im Brauquartier (Foto) 1,30 Euro. Ich sammle mein Kleingeld zusammen und komme – in Ermangelung eines Ein-Cent-Stückes, allerdings u. a.mit Hilfe dreier Zwei-Cent-Münzen – auf 1,31 Euro.
Dieser minimale Überschuss bietet die wunderbare Gelegenheit, mit einem fröhlichen „Den Glückscent schenke ich Ihnen!“ ein Lächeln aufs Antlitz des Backhus-Verkäufers zu zaubern und so generell die allgemeine Weltstimmung zu heben.
Eine solche Geste nämlich ist gleichsam ein soziales Perpetuum mobile. Der Verzicht auf den einen Cent (oder auch auf 10, 20 oder 50, das sind letztlich nur graduelle Unterschiede) verbessert das mentale Klima in unmittelbarer Nähe weit mehr, als diese mikrogeneröse Geste deiner Vermögenssituation schadet. Einstein wäre begeistert.
Doch zurück zu den 1,31 Euro für die beiden verboten köstlichen Walnussbrötchen. Ich lege also das recht unübersichtliche Münzensammelsurium auf den Tresen, und gerade, als ich meinen weltstimmungsverbessernden Text „Den Glückscent schenke ich Ihnen!“ salbungsvoll hersagen möchte, schiebt der Verkäufer das Häufchen ohne nachzuzählen umstandslos in die Kasse und bedankt sich.
Mein Vorhaben verpufft also völlig wirkungslos; es ist nicht mal mehr ansprechbar, ohne mich sofort der Lächerlichkeit preiszugeben. Oder wie hätte das laufen sollen – etwa so:
„Übrigens habe ich Ihnen einen Cent zu viel hingelegt, ich wollte Ihnen den als Glückscent schenken, aber jetzt …“
„Was, Sie haben mir zu viel bezahlt? Das tut mir Leid, das habe ich nicht gewollt! Entschuldigen Sie bitte vielmals, nehmen Sie bitte …“
„Nein, Sie verstehen nicht, ich wollte den Cent nicht zurück, sondern …“
„Aber ich bestehe darauf, hier, Ihr Cent!“
„Nein, behalten Sie diese doofe Münze doch, verdammt! Ich will diesen blöden Cent nicht mehr zurück!“
„Das kann man auch in einem anderen Ton sagen!“
„Was habe ich denn in welchem Ton gesagt, hä? Was denn?“
„Mir reicht’s! Hier: 1,31 Euro, bitte schön, für Sie. Und jetzt gehen Sie, raus! Halt, die Brötchen bleiben hier! Lassen Sie sich bloß nie mehr blicken! Wegen einem Cent ein solches Theater, unglaublich!“
Na ja, und so weiter. Kurz: Die Situation lässt eine Selbstthematisierung aus intrinsischen Gründen nicht zu.
Allerdings schmeichelt mir das Vertrauen, welches der Backhus-Verkäufer mir mit seinem ungeprüften Einkassieren entgegenbringt. Und deshalb verzaubert plötzlich ein verblüfftes Lächeln mein Antlitz. Nehme ich zumindest mal an (denn es ist gerade kein Spiegel in der Nähe).
Auf dem Heimweg bleibt zudem der Trost, dass der Verkäufer wenigstens beim abendlichen Kassensturz ein unverhofftes Tagesplus von einem Cent vorfinden wird. Ein doppelter Weltstimmungsaufheller also. Was will man mehr an einem sonnigen Frühlingstag auf dem Kiez?
Höchstens noch Weltfrieden.
11 April 2011
Was Hafencity und Kim Jong-il gemeinsam haben
Ein Ausflug in die Hafencity bringt jedesmal neue und bisweilen erstaunliche Erkenntnisse – vor allem, wenn man (wie wir) nur alle paar Monate dort aufkreuzt.
So posieren dort neuerdings Erpel auf einem Bein, als bewürben sie sich für Germany's next topduck. Im Pavillon der Elbphilharmonie haben sie derweil das Publikum offensichtlich nach der Ästhetik des nordkoranischen Parlaments modelliert.
Und am Dalmankai … doch sehen Sie selbst.
So posieren dort neuerdings Erpel auf einem Bein, als bewürben sie sich für Germany's next topduck. Im Pavillon der Elbphilharmonie haben sie derweil das Publikum offensichtlich nach der Ästhetik des nordkoranischen Parlaments modelliert.
Und am Dalmankai … doch sehen Sie selbst.
10 April 2011
Der fehlgeleitete Grabscher
Geburtstagsparty einer Freundin in einer Schanzenkneipe.
Ich unterhalte mich gerade mit der Gastgeberin, als ich plötzlich spüre, wir mir zwei kräftige Hände parallel an den Hintern fassen und ihn in eine Wippbewegung versetzen (was dank der muskulär beeindruckenden Grundkonsistenz meines Hinterns selbstverständlich nur von kurzer Dauer ist. Das Wippen.).
Ich drehe mich um und erblicke einen mir völlig unbekannten Mann um die 40. Er sieht mich an und erblickt in mir einen völlig unbekannten Mann um die 50.
„Oh“, sagt er, „ich dachte, du seist Olaf.“
Warum er es indes für nötig hielt, diesem Olaf den Glutaeus Maximus zu kneten, ließ sich an diesem Abend nicht mehr klären.
Interessante Party jedenfalls – und von all dem konnte die mittags abgelichtete Gießkanne natürlich überhaupt noch nichts ahnen.
09 April 2011
Fundstücke (129)
08 April 2011
Vive le Käse, vive le Lachs!
Wie heißt es so schön? Den Camembert in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf. Seinen Duft übrigens auch nicht, wie wir heute Abend entzückt in der Villa Verde feststellen konnten.
Dort besuchten wir den weltweit ersten Hamburger Käsestammtisch. Neun formidable Rohmilchkäsesorten warteten duftend vor Vorfreude auf geneigte Connaisseure, also uns, und die patente Sommelière Ina Finn vermochte das Sortiment erwartungsgemäß mit kongenialen Weinen zu flankieren.
Initiiert wurde die Veranstaltung von der französischen Milchwirtschaft, die sich deutlich größere Absatzerfolge in Deutschland vorstellen kann. Denn leider laufen die Deutschen mehrheitlich immer noch zu Aldi und kaufen dort blutjungen Billiggouda, statt sich – wie es dem zivilisatorischen Stand des Homo sapiens weit eher entspräche – den dialektischen Freuden des Reblochonverzehrs zu widmen.
Deshalb jetzt also dieser Stammtisch, wofür sich die Marketingagentur allerdings einen Titel ausgedacht hat, bei dem man leicht errötet vor Fremdscham: „Vive le Käse“.
„Die glauben, ,Vive le fromage’ würden die Deutschen nicht verstehen“, raunt Frau Finn konspirativ und rollt ein wenig entschuldigend mit den Augen, während sie mir einen ergötzlichen Sauvignan Blanc eingießt.
Weil sie schon im Vorhinein ahnte, dass die Käsestammtischpremiere angesichts der deutschen Rohmilchskepsis womöglich nicht ganz so überlaufen sein würde wie zum Beispiel ein Take-That-Konzert, hatte sich die findige Geschäftsfrau einen weiteren Präsentator ins Haus geholt, und zwar das Taschen-, Schuh- und Ledergürtellabel Elbkind.
Besonderheit: Alle Elbkind-Produkte sind aus Fischleder. Vor allem die bisher scheinbar nutzlose Außenhaut des verehrungswürdigen Salms wird von der Firma weiterverwertet. Vive le Lachs sozusagen.
Olfaktorisch hätte der weiter fleißig vor sich hin laufende Camembert also möglicherweise einer taffen Konkurrenz gewärtig sein müssen, doch als ich zum Stand hinüberschlich, mir die noch immer faszinierend schuppigen Schuhe zur Nase führte und heimlich beschnupperte, war da überhaupt nichts Fischiges, nirgends.
Der nächste Käsestammtisch findet übrigens am 5. Mai statt, und einmal dürfen Sie raten, wer wieder da sein wird.
07 April 2011
Strategien gegen Architektur
In der Altonaer Großen Bergstraße bauen sie ein neues Ikea-Möbelhaus. Besser gesagt: Momentan reißen sie noch die alten Gebäude ab und planieren die Fläche.
Es gab einigen Widerstand gegen das Projekt, aber als man in Altona eine Volksbefragung durchführte, entschied sich die Mehrheit der Bürger dafür. Demokratie ist manchmal unberechenbar.
Die Gegner sind gleichwohl noch aktiv und bekleben den Bauzaun gern mit antischwedischen Parolen in Blau-Gelb. Manche davon sind allerdings ein wenig arg simpel gestrickt, zum Beispiel die hier:
Sehr viel gelungener hingegen finde ich die unten folgende. Ihr vielschichtiger popkultureller Anspielungsreichtum korrespondiert aufs Entzückendste mit der absoluten Knappheit des Ausdrucks. So soll, so muss es sein.
Und wer jetzt nicht zu Hause sein Billyregal zu Klein(sperr)holz macht, glaubt wohl immer noch an Volksbefragungen.
Es gab einigen Widerstand gegen das Projekt, aber als man in Altona eine Volksbefragung durchführte, entschied sich die Mehrheit der Bürger dafür. Demokratie ist manchmal unberechenbar.
Die Gegner sind gleichwohl noch aktiv und bekleben den Bauzaun gern mit antischwedischen Parolen in Blau-Gelb. Manche davon sind allerdings ein wenig arg simpel gestrickt, zum Beispiel die hier:
Sehr viel gelungener hingegen finde ich die unten folgende. Ihr vielschichtiger popkultureller Anspielungsreichtum korrespondiert aufs Entzückendste mit der absoluten Knappheit des Ausdrucks. So soll, so muss es sein.
Und wer jetzt nicht zu Hause sein Billyregal zu Klein(sperr)holz macht, glaubt wohl immer noch an Volksbefragungen.
06 April 2011
Zwischenfall mit Handschellen
Ein Schrei unter unserem Balkon. Mitten auf der Seilerstraße liegt ein dunkelhäutiger Mensch, zwei hellhäutige Jeans- und Sweatshirttypen knien über ihm.
Ein Auto muss bremsen und beleuchtet die bizarre Szenerie. Ich gehe routiniert in den Flur, hole das Telefon, gehe wieder zurück. Inzwischen steht das Trio am Straßenrand, und gerade, als ich die Davidwache anrufen und Rassismus, Übergriff, Raub etc.pp. anzeigen will, zückt einer der Männer Handschellen und legt sie dem Dunkelhäutigen an.
Zivilfahnder? Zivilfahnder.
Ich lasse das Telefon sinken und verlege mich aufs abwartende Beobachten. Jetzt wird der Gefesselte durchwühlt. Passanten gehen vorüber, keiner fragt, was los sei. Sie drehen sich nicht mal um. Eine irgendwie besinnliche Ruhe liegt über der Szenerie.
Der Pass des Verhafteten wird ausgiebig studiert, man blättert in Papieren, keiner spricht. Und irgendwann nehmen sie den Gefangenen in die Mitte und schlendern gemütlich davon, Richtung Davidwache.
Na ja, wieder einen Anruf gespart.
05 April 2011
Ein toter Hase
Der dicke obdachlose Langbart trägt einen Filzzopf bis auf Rippenhöhe. In seinem Einkaufswagen, den er irgendwo konfisziert hat, stapeln sich prallvolle Pennytüten.
Wir stehen in der Königstraße an einer Fußgängerampel, als der verwahrloste Riese uns anspricht. Denn er hat eine Information für uns.
„Da liegt ein toter Hase“, sagt er und grinst über beide zugewucherte Backen, dass der Filzzopf wackelt.
Dann zückt er ein Teppichmesser – und schabt vorsichtig den Aufkleber „Ultra St. Pauli“ von einem Vorfahrtschild.
In einigen Metern Entfernung liegt wirklich ein toter Hase, mitten auf dem Gehweg. Vielleicht auch ein Kaninchen.
Ein verstohlener Seitenblick auf sein Teppichmesser zeigt keine Blutflecken. Dann wird die Ampel grün.
Wir stehen in der Königstraße an einer Fußgängerampel, als der verwahrloste Riese uns anspricht. Denn er hat eine Information für uns.
„Da liegt ein toter Hase“, sagt er und grinst über beide zugewucherte Backen, dass der Filzzopf wackelt.
Dann zückt er ein Teppichmesser – und schabt vorsichtig den Aufkleber „Ultra St. Pauli“ von einem Vorfahrtschild.
In einigen Metern Entfernung liegt wirklich ein toter Hase, mitten auf dem Gehweg. Vielleicht auch ein Kaninchen.
Ein verstohlener Seitenblick auf sein Teppichmesser zeigt keine Blutflecken. Dann wird die Ampel grün.
04 April 2011
Vorsicht: Körperflüssigkeiten!
In der altehrwürdigen „Kiez Klause“ (sic!), einer Kneipe mit CD-Musikbox, von der man auch schon mal in brutalstmöglicher Lautstärke „The winner takes it all“ ins Hirn geblasen bekommt, steht ein Getränk auf der Karte namens „Monatsblutung“.
Der Wortbestandteil „blut“ ist dabei rot eingefärbt, und zwar für all jene, die immer auch aufs Offensichtliche erst gestoßen werden müssen. Es gibt manche solcher Menschen; für sie ist eine solche visuelle Hilfe segensreich.
Wie auch immer: Eine spontane Umfrage im Mittrinkerkreis ergab eine äußerst geringe Bereitschaft, die „Monatsblutung“ einmal auszuprobieren. Möglicherweise hat sie ein Image- und sicher auch phasenweise ein Lieferproblem: Denn was ist, wenn die in … ähem … vollem Saft stehende Bedienung einmal nicht kommen kann? Serviert die „Kiez Klause“ dann statt „Monatsblutung“ einen unzureichenden Ersatz wie – sagen wir – Tomatensaft?
Ohne dieses Problem, dessen Thematisierung nur mit der mitternächtlichen Stunde und bestimmten zuvor konsumierten Flüssigkeiten erklärbar ist, befriedigend gelöst zu haben, fiel mir bereits das nächste auf: Die Tür des Herrenklos in der „Kiez Klause“ lässt sich nur halb öffnen, weil die CD-Musikbox, von der man auch schon mal in brutalstmöglicher Lautstärke Stücke von Haddaway (!) ins Hirn geblasen bekommt, direkt davorsteht.
Nehmen wir zum Beispiel an, Otti Fischer würde mal hier in der „Kiez Klause“ abhängen und nach acht bis zwölf Gläsern „Monatsblutung“ auf einmal dringend müssen, so gelänge es ihm mit an Sicherheit grenzender Wahscheinlichkeit nicht, das Herrenklo unfallfrei zu betreten.
Stattdessen würde der stattliche Bayer sich heillos im Türspalt verklemmen und käme erst wieder frei, nachdem er es einfach pladdern gelassen und so ausreichend an Volumen verloren hätte.
Das alles wäre natürlich schlimm und zu verurteilen, doch in Wahrheit ist die „Kiez Klause“ selbst daran schuld, weil sie ihre Musikbox, von der man auch schon mal in brutalstmöglicher Lautstärke ein Stück von Fury In The Slaughterhouse (!!) ins Hirn geblasen bekommt, zu nah an der Klotür aufgestellt hat.
Otti Fischers Malheur wäre freilich trotz seiner Außergewöhnlichkeit immer noch eine weit geringere Sensation als jenes der gleichen Sphäre zugehörige Kunststück, das ein Amazonverkäufer in seiner Produktbeschreibung anzukündigen weiß.
Dort steht nämlich: „SCHIFFE AUS PORTLAND, OREGON, USA“.
So was geht natürlich nur mit unglaublich viel Druck auf der Leitung – und den dauerhaft garantieren zu können, dafür gebührt diesem tapferen Amerikaner jener Respekt, den man Otti Fischer trotz allem nur eingeschränkt entgegenbringen möchte.
Der Wortbestandteil „blut“ ist dabei rot eingefärbt, und zwar für all jene, die immer auch aufs Offensichtliche erst gestoßen werden müssen. Es gibt manche solcher Menschen; für sie ist eine solche visuelle Hilfe segensreich.
Wie auch immer: Eine spontane Umfrage im Mittrinkerkreis ergab eine äußerst geringe Bereitschaft, die „Monatsblutung“ einmal auszuprobieren. Möglicherweise hat sie ein Image- und sicher auch phasenweise ein Lieferproblem: Denn was ist, wenn die in … ähem … vollem Saft stehende Bedienung einmal nicht kommen kann? Serviert die „Kiez Klause“ dann statt „Monatsblutung“ einen unzureichenden Ersatz wie – sagen wir – Tomatensaft?
Ohne dieses Problem, dessen Thematisierung nur mit der mitternächtlichen Stunde und bestimmten zuvor konsumierten Flüssigkeiten erklärbar ist, befriedigend gelöst zu haben, fiel mir bereits das nächste auf: Die Tür des Herrenklos in der „Kiez Klause“ lässt sich nur halb öffnen, weil die CD-Musikbox, von der man auch schon mal in brutalstmöglicher Lautstärke Stücke von Haddaway (!) ins Hirn geblasen bekommt, direkt davorsteht.
Nehmen wir zum Beispiel an, Otti Fischer würde mal hier in der „Kiez Klause“ abhängen und nach acht bis zwölf Gläsern „Monatsblutung“ auf einmal dringend müssen, so gelänge es ihm mit an Sicherheit grenzender Wahscheinlichkeit nicht, das Herrenklo unfallfrei zu betreten.
Stattdessen würde der stattliche Bayer sich heillos im Türspalt verklemmen und käme erst wieder frei, nachdem er es einfach pladdern gelassen und so ausreichend an Volumen verloren hätte.
Das alles wäre natürlich schlimm und zu verurteilen, doch in Wahrheit ist die „Kiez Klause“ selbst daran schuld, weil sie ihre Musikbox, von der man auch schon mal in brutalstmöglicher Lautstärke ein Stück von Fury In The Slaughterhouse (!!) ins Hirn geblasen bekommt, zu nah an der Klotür aufgestellt hat.
Otti Fischers Malheur wäre freilich trotz seiner Außergewöhnlichkeit immer noch eine weit geringere Sensation als jenes der gleichen Sphäre zugehörige Kunststück, das ein Amazonverkäufer in seiner Produktbeschreibung anzukündigen weiß.
Dort steht nämlich: „SCHIFFE AUS PORTLAND, OREGON, USA“.
So was geht natürlich nur mit unglaublich viel Druck auf der Leitung – und den dauerhaft garantieren zu können, dafür gebührt diesem tapferen Amerikaner jener Respekt, den man Otti Fischer trotz allem nur eingeschränkt entgegenbringen möchte.
03 April 2011
02 April 2011
To do or not to do
Diese schöne Abhakliste pappt an einem Hauseingang in der Clemens-Schultz-Straße (ja, ihr Investoren: So sehen Hauseingänge in St. Pauli aus. Lohnt sich also nicht. Alles vergammelt.).
Besonders schön finde ich ein paar der noch offenen Punkte – zum Beispiel „einen Tag nicht kiffen“ oder das mit Verzweiflung kontaminierte „klarkommen“.
Für das ebenfalls noch zu erledigende „alles braun-weiß anmalen“ hingegen ist nach einem Abend wie diesem (gegen Schalke verloren, zwei Platzverweise, Spiel abgebrochen) die Motivation sicher erst mal im Keller.
Aus mentalen Gründen sollte daher die Steuerabrechnung vorgezogen werden.
01 April 2011
Gebratene Eier wären jetzt lecker (gewesen)
Ich bin ganz ruhig.
ICH BIN GANZ RUHIG.
Halten wir die Sache also sachlich und frei von negativen Emotionen.
Zum Thema: Mir wurde wieder mal mein Fahrrad gestohlen. Es war der sechste Fall dieser Art. Mein Fahrrad war mit einem angeblich unzerstörbaren Abus-Kettenschloss an einem weiterhin unversehrten Geländer vor der Kindertagesstätte in der Seilerstraße angeschlossen.
Es handelt sich dabei um ein Batavus-Hollandrad mit leuchtend blauer Zweitklingel (die auf dem Foto leider noch nicht zu sehen ist). Wer mir Hinweise auf den Dieb oder den Verbleib des Fahrrads geben kann, wird reich belohnt.
Ansonsten bin ich ganz ruhig. ICH BIN GANZ RUHIG. Abgesehen von der Tatsache, dass ich dem Täter gerne die Testikel abschneiden, sie anschließend pürieren, braten und ihm in den Schlund stopfen möchte. Aber das nur nebenbei.
(Dieser Text stand für kurze Zeit am Dienstag schon mal hier, entpuppte sich aber als völliger Quatsch, weshalb ich ihn wieder runternahm, was allerdings einige irritierte Nachfragen hervorrief. Inzwischen verfüge ich jedenfalls wieder über das Fahrrad, weil mir irgendwann einfiel, wo ich es in Wirklichkeit angeschlossen hatte. Es tat trotzdem erschreckend gut, diesen Text zu schreiben, besonders den letzten Absatz. Ich bereue nichts. Deshalb und als Dokument spontan aufflammender, aber hoffentlich singulärer Senilität soll er nun hier doch noch eine langfristige Heimstatt finden.)
31 März 2011
Mehrfacher Autocontent
Ach ja, der Kiez mal wieder.
In der Wohlwillstraße steht am Straßenrand ein dunkler Mittelklasseviertürer. Als ich vorüberradle, öffnet sich plötzlich die hintere linke Tür und eine helle, leicht hysterische Stimme ruft: „Kann mir mal jemand das Kleid zumachen?“
Auf dem Spielbudenplatz hingegen sind kurz darauf sechs kräftige Erwachsene dabei, unter entsetzlichem Ächzen, Stöhnen und Kannstenichtaufpassen ein kleines rotes Auto hochkant in ein großes weißes Auto zu wuchten.
Fragen Sie mich bitte nicht, warum und wieso oder was das alles zu bedeuten hat.
Ich bin nur der Chronist, nichts weiter.
30 März 2011
Geigenzähler bei Mogwai
Wer von einem Tinnitus geheilt werden möchte, sollte ein Mogwai-Konzert besser meiden. Die Schotten gelten als lauteste Band der Welt, doch am Montagabend im Grünspan schafften sie es letztlich nicht, unseren Ohrschutz komplett zu zerlegen.
Der Schalldruck in der Halle war dennoch – sofern man religiösen Metaphern zuneigt – entweder göttlich oder infernalisch, je nach Sichtweise, und nach dem Konzert lag eine gewisse Patina auf den Gehörgängen.
Vor uns an der Balustrade hielt sich eine junge Irre, die niemand aufgeklärt hatte, mit bloßen Fingern die Ohren zu. Ich merkte, wie ich kopfschüttelnd lächelte.
Wir, der Einheitskanzler und ich, sahen zwar fast nichts von der Band, da wir auf dem Balkon in der zweiten Reihe standen, doch ich erhaschte einen Blick auf einen kurzzeitig anwesenden Musiker mit Geige.
„Hast du den Geiger gesehen?“, brüllte ich dem Einheitskanzler zu.
„Nein“, brüllte er zurück, „momentan denke ich sowieso nur an Geigerzähler!“
„Ich habe nachgezählt“, schrie ich ihn nach Kräften an, „es war nur einer.“
Und so gelang es uns, auch diesem brachialen Abend, der ansonsten von heiligem Ernst geprägt war, eine gewisse heitere Note zu verleihen.
Grund für nicht nur ein Prösterchen mit Plastikbechern.
28 März 2011
27 März 2011
Was sind das bloß für Menschen?
Es ist für mich außerordentlich schwer vorstellbar, dass es wirklich und wahrhaftig Menschen gibt, die für die Möglichkeit, einen Kühlschrank (1) zu betreiben, die jahrtausendelange Unbewohnbarkeit ganzer Landstriche in Kauf nehmen. Und genau das wäre nun mal unweigerlich die Konsequenz, wenn es in einem Atomkraftwerk zu einem Super-GAU käme.
Ginge zum Beispiel Brunsbüttel in die Luft, müsste man Hamburg aufgeben, für alle Zeiten. Und geht Fukushima noch in die Luft, könnte es durchaus sein, dass man Tokio aufgeben muss, einen Ballungsraum von 35 Millionen Enwohnern. Die wirtschaftlich nutzbare Fläche Japans sänke um zehn Prozent, das Weltwirtschaftswachstum ginge in der Folge um ein Prozent zurück.
Und das alles wegen eines einzigen popeligen AKWs am Meer.
Es gibt dummerweise weltweit Hunderte solcher Kraftwerke, jedes einzelne davon in der Lage, einen Ballungsraum von der Größe Tokios zu gefährden. Das alles ist bekannt und belegt; der Super-GAU von Tschernobyl hat solche Szenarien nur bestätigt.
Trotzdem gibt es erstaunlicherweise Menschen, die eine derart apokalyptische Technologie allen Ernstes für tolerabel halten. Und nicht nur das: Sie stellen sogar die überragende Mehrheit in unserem Land. Sonst hätten in den vergangenen Jahrzehnten wohl kaum immer wieder genau solche Parteien die Macht übertragen bekommen, die ebenfalls von Herzen gern das Risiko jahrtausendelanger Unbewohnbarkeit ganzer Landstriche in Kauf nehmen.
Aber was sind das für Menschen? Wissen sie nicht, oder wollen sie nicht wissen? Belügen sie sich selbst, oder lassen sie sich nur zu gern belügen?
Wie auch immer: Heute war eine Viertelmillion anderer Menschen auf der Straße. Jene nämlich, die es verantwortungslos und wahnsinnig finden, für das Betreiben eines Kühlschrankes dieses Risiko zu tragen.
Ms. Columbo und ich liefen auch mit, wir sahen Plakate, auf denen „Merkel in die Asse“ oder „Fuckushima“ stand, und wir sahen gelbe Fahnen, die – symbolträchtig – in der Sonne glänzten. Aber wir und die anderen sind nur eine verschwindend kleine Minderheit. Eine Viertelmillion zwar, aber viel zu wenige.
In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz werden heute wieder mehrheitlich jene gewählt werden, die seit Jahrzehnten die Unbewohnbarkeit ganzer Landstriche in Kauf nehmen.
Für einen Kühlschrank.
(1) Achtung: Metapher!
26 März 2011
Keine Karten, nirgends
Schon wieder ging eine Saison dahin, die von dauerhaftem Misserfolg geprägt war. Obzwar seit Jahren Mitglied des FC St. Pauli, gelang es mir erneut kein einziges Mal, eine Karte für ein Heimspiel zu ergattern. Heute auch wieder nicht.
Für die letzten beiden Partien gegen Bremen und Bayern lief ab 10 Uhr morgens der sogenannte „Vorverkauf“, wie der FC St. Pauli dieses Procedere bezeichnet. Der „Vorverkauf“ besteht im Wesentlichen aus einer besetzten Telefonleitung und einer nicht funktionierenden Onlinepräsenz.
Auch die Webseite „Mitgliederverkauf“ half mir nicht weiter: Ich hätte mich zwar schon liebend gerne verkauft, aber dort gab es nur keine Karten. Dabei hatte zu Saisonbeginn alles recht hoffnungsvoll angefangen. Letzten Sommer erzählte mir nämlich ein Fitnesskollege, er kenne da einen, der einen kennte, der Dauerkarten besorgen könne. Ich war elektrisiert.
Als ich Wochen später noch mal aufgeregt nachfragte, klang das allerdings schon erheblich vager. Irgendwann schien es ihm sogar unangenehm zu sein, mit seiner Aussage vom Sommer behelligt zu werden. Auch er selbst vermochte es anscheinend nie, sich Einlass ins Millerntorstadion zu verschaffen.
Vielversprechender erschien mir da schon die Mail eines treuen Bloglesers. Er deutete Kontakte zur Führungsetage von Hertha BSC an, dort können man möglicherweise was für mich tun. „Hertha BSC?“, fragte ich zurück. „Was um alles in der Welt haben die mit dem FC St. Pauli zu tun? Wie kann mir ein Zweitligist eine St.-Pauli-Dauerkarte beschaffen?“
Nun, von Chefetage zu Chefetage, raunte der Informant, rede man eben ganz anders miteinander, vertrauter, ja geradezu ermöglichender. Ich signalisierte höchstes Interesse, ja präventive Begeisterung. Doch der Kontakt riss ab, und das lag keineswegs an mir. Das Verstummen dieses Menschen signalisierte jedenfalls eine gewisse Beschämung.
Der Effekt wieder mal: keine Dauerkarte. Als größten Erfolg der Saison muss ich daher nun verbuchen, dass mir die Mitgliederzeitschrift des FC St. Pauli zum Geburtstag gratuliert hat. Außerdem erwarb ich frustriert – das nennt man wohl Sublimation oder so – mehrere Karten für HSV-Heimspiele. Einfach so – eingeloggt, ausgewählt, bezahlt, und gut war.
Aber das muss unbedingt unter uns bleiben.
24 März 2011
Fundstücke (128)
Eins der betrüblichen Probleme, die durchs Kiffen entstehen, ist nachlassende Artikulationsfähigkeit. Jedenfalls dürfte sich kein zufällig vorbeilaufender Politiker von diesem verunglückten Imperativ zu einer Gesetzesinitiative angespornt fühlen.
Zur Strafe muss der unbekannte Hanffan, der gern Teil einer Jugendbewegung wäre und diesen Spruch an eine Wand in Klein-Flottbek sprühte, auch weiterhin zehnmal so viel für seinen Joint zahlen, als wenn das Kraut legal wäre.
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