17 Januar 2011

Ausflug ins Hömmaland



Da fährt man schon mal extra nach Gelsenkirchen, um
Raúl spielen und den HSV auf Schalke verlieren zu sehen, und dann gewinnt er dort, der HSV. Tja.

Die Stimmung hinterher in der Stadionkneipe war dennoch von Gerstensaft und Feierwillen geprägt. Ich hätte ja nicht gedacht, die oft karikierten Hömma-hömma-Typen auch mal in Wirklichkeit anzutreffen. Das war aber der Fall – zum Beispiel in Gestalt von Uli, einem grundgutgelaunten Schalkefan mit Schal und Schlagseite.

„Hömma“, sagte er, „wir fahrn zum Spiel Sangpauli-Schallkö am sweiten Abrill, hömma.“ Uli legte mir den Arm auf die Schulter und herzte mich. „Wir sinn im Hotel Namber Wonn, hömma“, fuhr er fort, „das iss in Hamm oder irgendwo, scheißegal.“

Meine Mimik schien Interesse an seinen Schilderungen zu signalisieren, jedenfalls fühlte er sich ermuntert, weitere Detailinformationen nachzuschieben. „Das Hotel Namber Wonn kost 50 oder 80 Euro, scheißegal“, sagte Uli.

„Für 80 Euro hättet ihr auch mitten auf dem Kiez ein Hotel nehmen können“, versuchte ich ihm eine sinnvolle Umbuchung schmackhaft zu machen. Uli kuckte mich so zweifelnd wie glasig an.

„Echt?“, sagte er und wirkte fast nüchtern dabei. „Mit de Bräute?“
„Nein“, bedauerte ich, „die Bräute kosten extra.“
„Scheißegal, hömma!“, rief Uli, „ich find euch spitze!“ Und dabei drückte er seine Stoppelwange derart fest an meine, dass ich befürchtete, als einprägsamstes Schalkesouvenir Kratzspuren mit nach Hause zu bringen.

Später, in der Straßenbahn zurück in die Stadt, sangen HSV-Fans „Wir fahrn nach Hause/ihr müsst hier wohnen“, ohne dass den Schalker Frustkappen eine adäquate Erwiderung einfiel. Aber Uli war ja auch nicht an Bord; der hätte ihnen schon gezeigt, wo der Schalker Kreisel sein Drehmoment hernimmt, hömma.

Selbst als die HSVer Schalke 04 zunächst zu „Scheiße 04“ verballhornten, um daraus übergangsweise „Hartz 04“ und schließlich „HIV“ abzuleiten, gelang ihnen als Entgegnung nichts weiter als der trotzige, aber just nicht sonderlich gut mit Substanz unterfütterte Choral „Schalke ist der geilste Club der Welt, der Welt, der We-he-helt!“

HSV-Fans bevölkerten auf der Rückfahrt nach Hamburg logischerweise auch unseren IC-Großraumwagen, was das konzentrierte Lesen durchaus erschwerte. Dabei waren sie verkatert und vergleichsweise maulfaul. Einer sagte zwischendurch mal „Könnihr euch bidde hinsetzen, ihr betrung’gn’n Schweine“, aber das war’s auch im Wesentlichen schon.

Kurz hinter Harburg rief noch einer: „Sechs halbe Hahn sind drei Broiler!“, und dann war dieser vor allem ethnologisch interessante Wochenendausflug auch schon wieder zu Ende.

8 Kommentare:

  1. Dat heisst Hömma, nich ömma.. HÖMMA!!!!!

    Ey, isset denn?

    Ich mein, ich bin Dortmunder und dat von Geburt und Leidenschaft aber dat Hömma is Ruhrpott und gehört sicherlich grammatikalisch ordentlich abgelichtet.

    Ein leich verstimmter Tom

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  2. Nachtrag: Hömma bedeutet übrigens Hör mal. Insofern sollte allein deshalb schon klar sein das es Hömma heisst.

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  3. Dann hat Uli einen (eventuell alkoholbedingten) Sprach- oder ich einen Hörfehler. Beides ist denkbar.

    Möglicherweise sind wir hier aber auch Zeuge einer weiteren Verdichtung und Verschlankung der „Hör mal“-Phrase. Aufregend!

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  4. Panama Jack17.01.11, 13:12

    Nee, "hömma" ist schon allgemein akzeptiert. Tante Google spuckt zwar für "ömma" die zehnfache Trefferzahl aus, aber die sind alle aus schwedischen Wörterbüchern ...

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  5. Wie auch immer: Wir wissen ja, was gemeint ist, und darum geht es doch – nicht zuletzt auch Uli.

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  6. Also, das Erlebnis "Auswärtsspiel" gehört zu denen, die ich in meinem Leben nicht mehr missen möchte, weil man dadurch Menschen verschiedenster Colleur in unterschiedlichsten Lebenslagen kennenlernt, vereint in Fussball und - na, sagen wir, Getränken. Und man merkt: 99,94% wollen einfach nur Spass und ein Spiel sehen, egal, welche Vereinsfarben sie tragen.

    Unerreicht dabei die Gesichter der Sitznachbarn, wenn man zu zweit als Einzige bei einem Auswärtstor auf der Haupttribüne aufspringt und jubelt ...

    Wobei ich das mit den Promille nicht ganz verstehe, denn für den Haufen Holz und die Zeit, die so eine Landpartie kosten und dann nur die Hälfte oder nix mitkriegen, weil man schon getankt hat. So schlecht sind die Spiele doch meistens nicht.

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  7. Zitat: So schlecht sind die Spiele doch meistens nicht.

    Naja, ausser man ist Fan von Schalke 04. Da muss man vorher zwanghaft trinken. Was die Schalker übrigens schon seit Jahrzehnten richtig erfasst haben und sich deshalb schon seit ewigen Zeiten erst in der Woche betrinken damit dann der Fussball am Wochenende nicht zu sehr weh tut.

    Schmunzelnde Grüße,

    Tom

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  8. Sehr schöner Beitrag!
    @Tom: Genau! Ömma - foll falsch.
    Ich stamme ja im weitestens Sinne auch aus der Ecke und ich wüsste gar nicht, wie ich einen gesprochenen Satz ohne hömma anfangen sollte.....
    Hömma, das geht einfach nicht.

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