2008 lernte ich beruflich den aktuellen Dschungelcampkandiaten Rainer Langhans kennen. Seither verfolge ich sein Blog, das aus einer (stets interessanten) täglichen Presseschau besteht.
Wenn man sie abarbeitet, bleibt man über alle aktuellen Debatten auf dem Laufenden, von Wikileaks bis zur Vorratsdatenspeicherung. Langhans gilt als notorisch öffentlichkeitsgeil, das schreibt gerade auch der Spiegel wieder, aber in seiner täglichen Presseschau kommt er selbst nicht vor. So eitel kann er also gar nicht sein, der Mann.
Zweifellos ist Langhans ein Spinner, aber ein sympathischer, ein sanfter. Wären wir alle Langhanse – und ich meine wirklich ALLE, ganz global –, dann verteidigten wir unsere Sicherheit gewiss nicht am Hindukusch, weil sie nämlich gar nicht bedroht wäre.
Gut, wären wir alle Langhanse, dann brächen auch unsere Wirtschafts- und Sozialsysteme zusammen, aber das ist ein anderer Aspekt, den lassen wir jetzt mal beiseite.
Ab und zu maile ich mit Langhans – neulich etwa, als ich über Bande mitbekam, dass in der BILD eine Homestory mit ihm abgedruckt war. Das verstand ich nun wirklich nicht. Dass Rainer Langhans nach und trotz alledem, was sein Leben ausmacht, allen Ernstes einen BILD-Mann auf die Matratze gelassen hatte, fand ich sehr befremdlich. Ins Dschungelcamp zu ziehen, wenn man vom Honorar zehn Langhans-Jahre lang über die Runden kommt, ist ja völlig okay, aber als Altkommunarde ausgerechnet der Springerpresse beim Auflagensteigern helfen …?
Langhans widersprach gewohnt sanft, er sah darin keinen Widerspruch. Seit er überhaupt aktiv sei, antwortete er, habe sich vor allem der Boulevard mit ihm beschäftigt und „nicht die gebildeten Stände“, wie er sich ausdrückte.
Da schien ein latentes Beleidigtsein auf, und es wurde klar: Langhans saß und sitzt seit 1968 im Schmollwinkel. Er tut nur so, als sei es ihm egal, dass man ihn belächelt und für einen Spinner hält. Doch in Wahrheit leidet er schwer darunter.
Am liebsten ließe er sich von Zeit, Spiegel oder Konkret befragen zu den großen Themen unserer Zeit, und er würde ihnen dann in schönen, wohlgesetzten Worten erklären, warum das Private noch immer das Politische sei und wie diese Haltung, diese Analyse, diese Praxis sogar den Hindukusch befrieden könnte.
Doch weil „die gebildeten Stände“ ihn nicht ernstnehmen, fragen sie ihn nicht, und weil der Boulevard ihn zwar auch nicht ernstnimmt, aber wenigstens befragt, lässt er sogar einen BILD-Mann auf seine Matratze. Eine Trotzreaktion, genau wie das Dschungelcamp.
Am Freitag um 22:15 Uhr geht es los, und ich hoffe, dass dieser 70-jährige Sympath gesund zurückkommt. Schließlich wünsche ich jedem aus meiner Blogrolle nur das Allerbeste.
Vor allem den Spinnern.
Foto: Graffito an einer Tunnelwand in Stellingen.
Wenn wir alle Langhanse wären dann hätten wir auch alle mit der Uschi... Huuuuuuuuh...
AntwortenLöschenVermutlich wird diese Dschungelcamp-Folge die erste sein, die von den "gebildeten Ständen" gesehen wird. Um sich permanent zu fragen, ob man
AntwortenLöschena) sich jetzt besser fühlen darf, weil man nicht so ein sanfter Spinner wie Langhans geworden ist, damals nach den Hausbesetzer- und Friedensdemos
b) sich jetzt schlechter fühlen muss, weil man auch mal so spinnert war (und das toll fand), inzwischen aber "meinHausmeinAutomeineFrau" spielt, zwar immer noch als ZEIT-Abonnent, aber definitiv als Teil des damals bekämpften Systems.
Anonym 06:52: Es gibt ja nun wirklich schlimmere Vorstellungen …
AntwortenLöschenFrau Nihilistin, ich glaube, ein viel größerer Teil der gebildetetn Stände, als Sie glauben, hat bereits in der Vergangenheit die Sendung geschaut. Wenn nicht, sind ihnen einige der unterhaltsamsten Schadenfreudewitze der TV-Geschichte entgangen.
Uiiii.... da kann man mal sehn wieviel Appeasement der persönliche Kontakt ausmacht.
AntwortenLöschen"Verbrennt ihn, er ist ein Hexer!"
..er ist Hippie...
"Äh... dann raucht ihn, er ist ein Hippie!"
Matt:
AntwortenLöschenEs war kein schauderndes sondern ein eher wohliges "Huuuuuuuuh". Ein schauderndes wäre ob einer gewissen Erschrockenheit eher kurz gewesen. "Huh" halt.
@Matt
AntwortenLöschenDa ich diesen RTL Quark wirklich noch nie gesehen habe (anderes sehe ich dagegen dort mit Begeisterung) gehöre ich offensichtlich nicht zu den "gebildeten Ständen".
Uff, Schwein gehabt!
Ansonsten bleibt mir der Herr Langhans sehr fern, weil
a) in 'seiner' großen Zeit bin ich noch mit der Trommel um'n Weihnachtsbaum,
b) meine ddr-Erziehung dann doch mit mir durchgeht, ich sage bloß Marx&Engels und das ganze wissenschaftliche Gedöns drumrum und
c) ich es da ganz mit Rio Reiser halte, der schon sang "Und die Weltenretter war'n schon so oft da, nur die meisten verschlimmbessern bloß."
Es grüßt Frau-Irgendwas-ist-immer, die jetzt einen Ohrwurm hat *sing, träller*
ich kann mir diesen Satz jetzt gar nicht wohlklingend in eine Melodie verpackt vorstellen... wie heisst denn der Song?
AntwortenLöschenUnd war Rio Reiser nicht selber ein Weltenretter, eine Zeit lang?
Und was ist jetzt eigentlich Sinn und Zweck dieses Artikels, ausser darauf hinzuweisen, dass man den Langhans persönlich kennt?
Anonym 13:31: Es handelt sich um einen verkappten Fernsehtipp für die gebildeten Stände. Echt nicht gemerkt …?
AntwortenLöschenFrau-Irgendwas, Rio geht natürlich immer, da gebe ich Ihnen Recht. Falls ich mit irgendeinem fehlenden TSS-Song aushelfen kann: gerne.
@anonym 13:31
AntwortenLöschenJa mit Titeln wie 'Keine Macht für niemand' ist man definitiv Weltverbesserer! ;-)
Das Zitat stammt aus dem Song 'Wann'.
@matt
Rio R. ist der König von Deutschland! Ever und ewig!!
Frau-Irgendwas-ist-immer
Ich hab mich trotzdem den ganzen Tag gefreut, dass Sie mir - und natürlich all den anderen Spinnern! - das Allerbeste gewünscht haben.
AntwortenLöschenAuch wenn das jetzt ein Fernsehtipp war.
Wobei ich mich dann zu den mehr als hochgebildeten Ständen zählen darf. Schließlich habe ich sogar solche Gruselsendungen wie "Bauer sucht Frau" angeschaut. Mehrmals!
Die Spinner zu den Spinnen! (Aber ich bleib hier!!!)
AntwortenLöschenIch liebe diesen Chat Kanal. Anonym ist mein Herzblatt. Für diesen Tag ;-)
AntwortenLöschenVerehrte Anna, HHmyPearl: Sie beide haben das Prinzip nicht nur verstanden, sondern sogar verinnerlicht. Meinen Glückwunsch! Wir „sehen“ uns am Freitagabend vorm Fernseher.
AntwortenLöschenFrl. Krise, Ihr subkutanes Eigenlob macht Sie nur sympathischer.