12 November 2008

Wegen des Buches, Mensch!

Verdammt, jetzt bin auch ich infiziert: der furchtloseste aller Anglizismenjäger.

Der Virus hat mich erwischt. Jetzt ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis der Verfall einsetzt. Bald werde auch ich Sätze sagen und schreiben wie „Dass dies am Ende des Tages Fakt sein soll, macht nicht wirklich Sinn, aber mein Punkt ist, dass das okay für mich ist, solange du das realisierst.“

Bald quatsche auch ich nur noch Pidgindeutsch, das auf deutschsprachige Menschen mit intaktem Sprachempfinden genauso wirkt wie ein herzhaftes „How goes it you?“ auf einen Engländer. Ein Anfang ist gemacht; das unleugbare Indiz für die Infektion: Ms. Columbo ertappte mich heute bei dem Satz „Er wurde für ein Buch mit dem Tode bedroht.“

Verdammt! Wie konnte das passieren – habe ich meine Medikamente nicht genommen? Mein einziger Trost: Unlängst unterlief sogar dem Papst der Päpste der Anglizismenjäger, nämlich GP, ein redundanter Anglizismus. Echt wahr.

Er sagte nämlich ohne Arg: „Es ist schön zu sehen, dass …“, und erst als ich ihn auf diese fehlimportierte Blähung hinwies und erläuterte, der Satz bedeute ohne „zu sehen“ exakt das Gleiche, fiel es ihm wie Scheuklappen aus dem so verdutzten wie schamesroten Gesicht.

Auch GP ist also infiziert. Könnte bedeuten: Er hat mich angesteckt.

Ich bin fast erleichtert.

PS: Weil der Beitrag eh nicht sinnvoll zu bebildern ist, werde ich endlich mal nonchalant die Hagenbeckgiraffe los.



30 Kommentare:

  1. Mir scheint, Ihre Anglizismenphobie driftet leicht ins Pathologische ab. ;-)

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  2. Herr Matt,
    auch Sehen, daß etwas geschieht, daß etwas ist oder war, kann schön sein.
    Wegen dem Sehen würde ich mir nun keine Sorgen machen. Schon eher aber wegen den Medikamenten.
    "Und wie sind Sie ?" fragte der Engländer.
    Hätten Sie für diesen Beitrag nicht ein zum Beispiel Bild von Marcel R.-R. nehmen können ?
    Ja - ich höre jetzt besser auf.
    Allen einen schönen Tag wünsche ich.

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  3. Wegen „des Sehens“ bitte, Herr Olaf …!

    Herrunbekannt, ich werde meinen Arzt fragen, ob Sie Recht haben. Bulletin folgt.

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  4. „Unlängst”, werter Matt? Wenn mein durchaus nicht fehlerfreies Gehirn mich diesmal nicht im Stich läßt, dann haben Sie mich bei diesem Anglizismus vor ungefähr 18 Monaten ertappt. Oder erinnere ich das falsch?

    Und nur in meinen Träumen habe ich Sie dann gefragt, ob Sie noch ein Bier wollten, worauf Sie antworteten: „Danke, ich bin noch fein.”

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  5. „Danke, ich bin noch fein.”

    Oh mein Gott. Mit solchen Ausdrücken gehe ich echt nicht d'accord. Und mit solchen auch nicht.

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  6. Herr Matt, Ihr Beitrag (achtung, jetzt kommt's)macht Sinn. (gnicker)

    Herr Olaf: Super ;)

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  7. Telefonieren mit handy oder mobiltelefon?

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  8. Och Herr Matt,
    das weiß ich doch... und es heißt auch nicht wegen den Medikamenten, das haben Sie (bestimpt apsichtlich)vergessen.

    Danke Herr hughunter ;-)

    Allen (Woody ?)einen schönen Tag !
    Dieses (dieser ?) Blog macht Spaß. Oder machen wir ihn ?

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  9. „Handy” ist ja kein Anglizismus. Und ein viel praktischeres Wort als das umständliche „Mobiltelefon”.

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  10. @ german psycho:
    Nein, "Handy" ist kein Aglizismus, sondern etwas viel Schlimmeres: Einschleimen bei allen englischen Muttersprachlern im Endstadium. Wie kann man so dämlich sein und als Deutscher neue englische Wörter erfinden für in Deutschland benutzte Geräte? Bevor Sie fragen: Natürlich sage auch ich Handy, weil Mobiltelefon in der Umgangssprache zu staksig klingt. Aber prinzipiell...? Oder was meinen Sie dazu?

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  11. Ich versuche auch, eher Mobiltelefon zu sagen, anstelle von Handy. Wie ich schon mal an anderer Stelle schrieb, habe ich quasi eine Aversion gegen dieses Wort. Ähnlich wie "voten". Ich meine, es entsteht beim Aussprechen nicht mal ein zeitlicher Vorteil, sie lassen sich nahezu gleich schnell aussprechen.
    Aber ich schweife ab.

    Ich gebe in der Tat zu, dass sich Mobiltelefon anfangs umständlich aussprechen lässt - warum auch immer. Mittlerweile mache ich es völlig unbewusst, mich also nicht selbst ermahnen, es zu sagen. Dies trifft natürlich nur im nüchternen Zustand zu ...

    Ansonsten sage ich einfach Telefon. Es erscheint ja recht unwahrscheinlich, dass auf offener Straße meine Begleitung ein schnurgebundes, wahrscheinlich noch günes Tastenfestnetztelefon bei sich trägt. Wobei mit Wählscheibe wäre es wiederrum cool ;)

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  12. Ich meine natürlich, dass sich wählen und voten nahezu gleich schnell aussprechen lassen ...
    Jaja, der Feierabend ...

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  13. @Matt: Ich bin in diesem Punkt ganz bei Ihnen ... :-)

    Dieses für Unternehmensberaterzwecke eingedeutschte "I am with you" finde ich im Moment am Schlimmsten.

    @nils: "Mobiltelefon" klingt so fürchterlich nach pensioniertem Deutschlehrer, nach Lodenjoppe und Manufaktum ... "Handy" hingegen ist blöd, aber gut - jedenfalls für den Inlandsgebrauch ;-)

    Matthias

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  14. Was soll an "es ist schön zu sehen" bitte ein Anglizismus sein? Dann ist "es ist gut zu wissen" auch einer.

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  15. ramses, die Sache ist eigentlich sehr simpel: Sobald man das „zu sehen“ weglassen kann, ohne dass der Sinn des Satzes verändert wird, handelt es sich um eine anglizistische Blähung. „Es ist schön zu sehen, dass Sie geheilt sind“ bedeutet exakt das Gleiche wie „Es ist schön, dass Sie geheilt sind“. Und jetzt kommen Sie bestimmt auch von selbst auf den Unterschied zu „Es ist gut zu wissen, dass …“

    Beim „Handy“-Problem bin ich ganz bei GP … ;-) Ist doch schön, wenn mal etwas griffiges Orginäres kreiert wird, statt immer nur englische Grammatik wortwörtlich und damit peinigend falsch ins Deutsche zu übertragen.

    GP, „unlängst“ bedeutet in meinem an Äonen geschulten Empfinden offenkundig etwas anderes als in Ihrer Welt. Worauf wir uns aber gewiss einigen können: Die Inkubationszeit Ihres Virus’ ist recht lang.

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  16. "Es ist gut zu wissen ..." lässt sich ebenso mühelos durch "es ist gut ..." ersetzen. Wenn Sie etwas für überflüssig halten, ist das ja schön und gut, aber daraus gleich zu schließen, das sei ein Anglizismus, ist doch arg gewagt.

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  17. ramses, ich bitte Sie: „Es ist gut zu wissen, dass ein Tsunami kommt“ ist doch etwas anderes als „Es ist gut, dass ein Tsunami kommt“ …

    Nun stellen Sie sich doch nicht so begriffsstutzig an, sonst müssen wir (GP und ich) Ihnen das noch persönlich bei einem Bier beibiegen.

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  18. Bier immer gerne, wenn die Treffen nur nicht immer so früh wären. Trotzdem will ich es gerne mal wieder versuchen. Heute ist nicht zufällig Stichtag? Und kommen Sie mir nicht mit Begriffsstutzigkeit:

    In „gut zu wissen, dass morgen die Sonne wieder aufgeht“ könnte man das „gut zu wissen“ weglassen und das müsste nach Ihrer Definition (haben Sie da übrigens so etwas wie eine Quelle?) reichen, um sich als Anglizismus zu bewerben.

    Wenn meine Teenie-Schwester eine Grüne-Haare-Phase hätte und irgendwann wieder normal würde, dann könnte ich in mein Blog schreiben: „Es war schön, dass sie sich wieder gefangen hat.“ Ich könnte meinem Leser aber auch mehr Informationen liefern: „Es war schön zu sehen, dass sie sich wieder gefangen hat.“ Nämlich im Gegensatz zu: „Es war schön zu hören, dass sie sich wieder gefangen hat. Es ist ein Unterschied, ob ich sehe oder höre, ob ich glaube oder weiß.

    Mal kann man es von mir aus weglassen, mal trägt es zur Differenzierung bei. Nur weil etwas Ihrer Meinung nach zu viel ist, ist es noch lange kein Anglizismus.

    Mal ganz abgesehen davon, dass eine Redundanz ja auch im Englischen schon redundant wäre, wäre sie nicht?

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  19. Na also, Sie kennen die Unterschiede ja doch … Es geht exakt um die Feinheiten der Semantik, die Sie aufgeschlüsselt haben. Viele Leute sind sich dessen aber gar nicht bewusst und plappern falsch übersetztes Englisch nach, wenn sie ohne Not ein redundantes „zu sehen“ anfügen, wo es im Deutschen nicht notwendig wäre oder eine semantische Nuancierung setzt, die den Sprechenden aber nicht bewusst ist.

    Ob „good to see“ im Englischen als redundant empfunden wird oder nicht, ist mir im Übrigen völlig pimpe. Wenn die Floskel aber hirnlos und unidiomatisch in die deutsche Grammatik übersetzt und nachgeplappert wird, ist sie das immer.

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  20. … ach ja: Heute ist kein Stichtag. Aber nächsten Donnerstag.

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  21. Natürlich erkenne ich die Unterschiede. Bur bei Ihnen war ich mir da nicht ganz so sicher, haben Sie doch "gut zu sehen" pauschal als Anglizismus abgewatscht. Aber wir reden hier von Redundanz - nicht von Anglizismen. Sie können doch nicht ernsthaft behaupten, wenn es passt, ist es differenzierendes Deutsch und wenn es weggelassen werden kann, ist es plötzlich ein Anglizismus.

    Gut zu lesen/sehen/erfahren/wissen übrigens, dass erst nächste Woche Donnerstag Biertag ist. Da habe ich nämlich frei.

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  22. Wir nähern uns allmählich. Ich watsche Redundanz ab, die durch Anglizismen entsteht – wobei der Anglizismus sich durch die Redundanz auszeichnet, denn die falsche Übersetzung hat sie ja erst hervorgebracht.

    Hamwers jetzt?

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  23. Es ist nur dann redundant, wenn es nicht zur Differenzierung beiträgt. Das ist ein Problem der deutschen Sprache und hat nichts damit zu tun, dass es die Möglichkeit dieser Formulierung auch im Englischen gibt.

    Wenn ich mit meinem Schwager aus England telefoniere, würde er ja auch nicht sagen "good to see", sondern "good to hear" und wenn ich mit ihm maile wird daraus "good to read".

    Wenn "gut zu wissen" eine grammatische Struktur hätte, die im deutschen nicht vorkommt, würde ich ja gar nichts sagen. Aber das hieße ja, dass "gut zu XXXX" grammatisch falsch wäre.

    Und was soll an der Übersetzung "gut zu sehen" von "good to see" falsch sein? Bei "I see" und "ich sehe" anstatt von "ich verstehe" könnte ich das ja verstehen. Aber "gut zu sehen" wurde nicht übersetzt. Es bedeutet einfach "gut zu sehen".

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  24. Jetzt verstehen Sie mich aber miss. Es geht nur um die Konstruktion „Gut zu sehen, dass …“, die meist nichts als eine sprachliche Blähung ist, und zwar durch den Einfluss des Englischen.

    Nur gegen die wende ich mich. Wenn Sie GUT SEHEN: Das freut mich sehr für Sie. Mir geht es leider anders.

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  25. Ich sehe da einfach keinen englischen Einfluss. Wenn ich sage "gut zu sehen, dass" dann kann das bedeuten, dass ich etwas gut sehen kann und es kann bedeuten, dass ich das sehe, was ich gerade gut finde. Und eben nicht höre, siehe oben.

    Wenn man das, was man gerade gut findet, einfach nur gut findet: "Gut zu sehen, dass die Amerikaner sich wieder gefangen haben", dann ist das "zu sehen" vielleicht überflüssig, aber ich kann da ums Verrecken keinen Anglizismus entdecken.

    Wenn es ein Anglizismus ist, muss man ihn ja auch benennen können. Da es hier um einen Satz und kein Wort geht, könnte das ja nur eine Lehnwendung sein. Dafür ist "gut zu sehen, dass" aber einfach nicht originär genug.

    "In einem Boot sitzen", "Das Gesicht wahren" - DAS sind Anglizismen. Lupenreine Lehnwendungen. Unser Fall ist doch aber nichts, was ich mir erst aus einer anderen Sprache übersetzen muss, weil es das im Deutschen nicht gegeben hat.

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  26. Dann müssen Sie aber erklären, warum die „Gut zu sehen, dass“-Wendung in den letzten zwei, drei Jahren so inflationär gebraucht wird – und zwar vor allem in Zusammenhängen, die es semantisch gar nicht erfordern, sondern wo ausschließlich die falsche idiomatische Übersetzung verantwortlich ist.

    Ihr Beispiel ist perfekt: „Gut zu sehen, dass die Amerikaner sich wieder gefangen haben“ IST ein Anglizismus, WEIL das „zu sehen“ überflüssig ist und einfach eine falsche Adaption ans Deutsche vorgenommen wurde.

    Aber ich habe das Gefühl, wir drehen uns allmählich im Kreis. Wir brauchen GP als Schiedsrichter.

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  27. Warum etwas inflationär genutzt wird, kann ich nicht erklären. Z.B. kommt "weil + Hauptsatz" immer mehr in Mode. Warum? Keine Ahnung. Ist aber so.

    Und ich brauche keinen Schiedsrichter, denn bei Anglizismen ist es doch recht einfach: Entweder, es ist einer oder es ist keiner. Wenn es einer ist, müsste es eigentlich eine zweite Quelle geben. Momentan ist die einzige, die ich finden konnte, Ihre Meinung in diesem Blogeintrag.

    Dass eine Allerweltswendung in einer anderen Sprache stattfinden und in der eigenen redundant genutzt werden kann, macht es einfach nicht zu einer Lehnwendung. Nach Ihrer Definition ist alles, was redundant ist und gleichzeitig auch in anderen Sprachen stattfindet, eine Lehnwendung.

    Und wenn nicht, dann müssen Sie mir erstmal erklären, warum das nun ausgerechnet für unser Beispiel gilt.

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  28. Ihrer Meinung nach dürfte man aber keinerlei eigenen Gedanken haben, Ramses, denn für neue Erkenntnisse kann es ja keine Quellen geben.

    Es ist schön zu sehen: Ich glaube in der Tat, daß diese Wendung aus dem Englischen kommt und über den Umweg der Synchronübersetzung ihren Weg in die deutsche Sprache gefunden hat. So wie ja auch „Oh mein Gott”.

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  29. Vice versa, Amerikaner bedienen sich der deutschen Sprache und kriegen auch das nicht hin:

    "The natural elements were indeed a leitmotif, not so much in the words of the songs themselves as in Jackson’s surroundings as he created them: “It seemed like rain was a constant companion."

    Quelle: www.joejackson.com

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  30. "Ihrer Meinung nach dürfte man aber keinerlei eigenen Gedanken haben, Ramses, denn für neue Erkenntnisse kann es ja keine Quellen geben."

    Boah, das seh ich ja jetzt erst. Wie konstruiert ist das denn bitte? Und was mach ich noch gleich beruflich? Ich bin der Letzte, der sich gegen neue Gedanken, Ideen, Wörter (!) und sonstiges stellt.

    Außerdem hätte ich ja auch überhaupt kein Problem, wenn Matt gesagt hätte "... ich glaube, ich bin der Meinung, ich habe das Gefühl ..." irgendwas in der Art. Hat er aber nicht. Er hat es als Fakt hingestellt und Fakzten kann man belegen.

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