20 November 2005

Der Friseur

Am U-Bahnhof Feldstraße gibt es den „U-Bahn-Friseur“. Er frisiert trotz seines Namens Menschen und keine Waggons. Einen Termin braucht man dort nicht, sondern stiefelt einfach rein, und wenn gerade Kunden behandelt werden, wartet man halt ein Viertelstündchen und liest den vorvorletzten Stern. Meistens aber sind Chef und Gehilfin allein im Laden, also kommt man gleich dran.

Ich bin genetisch bedingt sehr haararm und daher ein klasse Kunde, wie ich finde. Kriterium: Bitte einmal alles auf monotone zwei Millimeter, rundum und ausnahmslos. Zehn Minuten später bin ich durch, Chef sagt: „So, hätten wir’s mal wieder“, ich zahle einen Zehner, gebe einen Euro Trinkgeld, und das war's.

Neulich schor mich ausnahmsweise seine Gehilfin. Als sie fertig war, kam Chef extra aus dem Nebenraum, wo er pausierte, um es zu sagen: „So, hätten wir’s mal wieder“. Kleine Rituale des Alltags.


Doch die sind jetzt passé. Denn Kollege Kramer hat mich überredet, einen Clipper zu kaufen. Bei meiner Frisur, meint er, der selbst diese Frisur hat, könnte ich das schließlich auch selber. Und er hat Recht. Das Gerät wird sich nach sechsmal Scheren amortisiert haben. Ich muss mir nur noch angewöhnen, danach „So, hätten wir’s mal wieder“ zu murmeln.

Nicht weit entfernt vom „U-Bahn-Friseur“ liegt übrigens die Loungebar Mandalay, wo ich interessante Farb- und Formenspiele an Decken und Ecken ausgemacht habe. Voilà.


Große Musik, die heute durch den iPod floss: „I wish I would I would know how it feels to be free“ von John Fahey, „Somewhere in England in 1915“ von Al Stewart und „The ocean“ von Richard Hawley.


3 Kommentare:

  1. 2mm geht gar nicht. Fliehende Stirn, fliehendes Kinn: Neandertaler. Ich geh zum Türken neben Schlecker. Sonderservice: Haare aus den Ohren mit Zippo. Ohrenwaschen habe ich ihm schon abgewöhnt. Guter Mann, 15 Euro mit Waschen.

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  2. Klingt interessant, besonders die Sache mit dem Zippo – könnte eine Inspiration für die ein oder andere Domina aus der Herbertstraße sein.

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  3. Ich gehe immer zu "Machtachtfuffzichderherr" im Niemandsland um den Bahnhof Barmbek. Etwas abgehalftert sieht der Laden und die Damen schon aus, aber man kommt schnell dran und wieder raus.
    Wenn der Schafschneider über meinen Schädel brummt, ist die Kommunikation auch meist einsilbig:
    "8 mm" "O.K."– das wars.

    Schöne Grüße, Nils

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