
Die vier verschiedenfarbigen Broschüren – es handelte sich parallel um eine Landtags- und eine Kommunalwahl – wirkten wie Mutationen. Statt dem bewährten Prinzip „Ein Mensch, eine Stimme“ weiter treu zu bleiben, konnten wir diesmal gleich 20 Stimmen vergeben, fünf in jeder dieser Broschüren. Und diese Stimmen durften wir beliebig aufteilen, auch querbeet.
Anfangs kam mir das vor wie eine bürokratische Blähung, doch jetzt, nach der (hoffentlich) unfallfreien Bewältigung des Parcours, sehe ich auch die Vorteile dieses Verfahrens. Immerhin kann ich nun erstmals in meiner Wahlgeschichte persönliche Koalitionswünsche signalisieren, indem ich zum Beispiel der Partei X drei Stimmen gebe und Partei Y zwei.
Die üblichen Statements in den Elefantenrunden à la „Der Wähler will Rot-Grün!“, nur weil das beliebige Zusammenzählen verschiedener Prozentzahlen eine parlamentarische Mehrheit ergäbe, war aus statistischer Sicht immer sinnlos, weil austauschbar. Beweis? Seit 1949 hätte man (mit Ausnahme von 1957) nach jeder Bundestagswahl unwiderlegbar argumentieren können, „der Wähler“ wünsche sich am innigsten eine Große Koalition – denn CDU und SPD waren stets die stärksten Parteien.
Doch was wir Kreuzchenmacher wirklich wollen, lässt sich erst mit dem neuen Hamburger Wahlsystem herausfinden. Ich hoffe, die Auswertung erfolgt denn auch derart detailliert, dass dies nachvollziehbar zutage tritt.
Eine solche Feinanalyse würde ich unter der Rubrik Trostpflaster verbuchen – nachdem sich all meine 20 mühsam aufgeteilten Stimmen gleichsam in Luft aufgelöst haben.
Dafür danke auch, lieber Scholzomat.
PS: Das Foto zeigt ein Graffito an einer Hausfassade in St. Pauli und hat keinerlei Bezug zum heutigen Blogtext. Echt nicht.



































