12 März 2011

Warum Guttenberg „Smoke on the Water“ wählte

Alle möglichen klugen Köpfe haben sich diese Woche dieselben darüber zerbrochen, warum wohl Karl-Theodor zu Guttenberg sich als Soundtrack zum Rausschmiss ausgerechnet den uralten Deep-Purple-Song „Smoke on the Water“ vorspielen ließ.

Natürlich, als Heimstatt des totgerittensten Gitarrenriffs aller Zeiten hat das Stück bereits mehrere Schnittmengen mit Guttenberg: Jeder kennt es (wie ihn), und man hat es selbst als Gitarrennovize schon nach 30 Minuten drauf (wie er einen x-beliebigen Ministerjob).

Doch das wahre Geheimnis dieser Songwahl liegt in einigen beziehungsreichen Textzeilen, und mit denen hat sich bis jetzt keiner aus der Journaille beschäftigt. Dabei beginnt der Song schon mit einem Knaller:

„We all came out to Montreux
on the Lake Geneva shoreline“,
singt Ian Gillan, und bei der Erwähnung des Genfer Sees müsste es eigentlich auch beim belämmertsten Spiegel-Praktikanten klingeling in der Birne machen.

Hier nämlich lässt Guttenberg überdeutlich Assoziationen ans Schicksal eines seiner politischen Vorgänger aufscheinen. Hauchte denn nicht Uwe Barschel (CDU) nach einem die Republik auf ähnliche Weise erschütternden Skandal in einem Genfer Hotel sein Leben aus?

Mit dieser Zeile watscht Guttenberg seine Kritiker aufs Heftigste ab. Sein kaum verhohlener Vorwurf: Die Meute habe ihn in eine existenzielle Notlage gehetzt, quasi bis an den Rand der Badewanne. Der Begriff „Genf“ wird hier im Rahmen des Zapfenstreiches mit perfider Raffinesse umgedeutet zur Möglichkeit eines in der Tat finalen Ausgangs dieser Affäre, die weit über einen Rücktritt hätte hinausgehen können.

Der Song beginnt also mit der schaurigen Ahnung eines letalen Endes, doch Guttenberg wäre nicht Guttenberg, wenn er mit Hilfe Deep Purples nicht weitere kaum verschlüsselte Botschaften an seine Fantastilliarden Fans übermittelt hätte. Nehmen wir die Zeile

„But some stupid with a flare gun
burned the place to the ground“.
Ein Vollhorst mit Leuchtpistole hat also alles niedergebrannt. Ganz klar: Damit ist der Bremer Völkerrechtler Andreas Fischer-Lescano gemeint, der mit seiner Rezension von Guttenbergs Doktorarbeit die Tricksereien des Freiherrn grell ausleuchtete und so dessen Karriere in Schutt und Asche legte. Wenn wir diesen feinen Vers aus „Smoke on the Water“ richtig deuten, ist nach Guttenbergs Gusto also „stupid“ Fischer-Lescano schuld an allem; ohne den wäre alles immer noch supi, und darauf darf man im Rahmen eines Zapfenstreichs ja schon mal hinweisen.

Dann wird es versöhnlicher, Guttenberg blickt nach vorne, in die Zukunft:

„When it was all over
we had to find another place“.
Er wird also nicht aufgeben, im Gegenteil, er wird zurückkommen, es gibt auch für Guttenberg wieder einen Platz in dieser Gesellschaft, er muss ihn nur finden, und deshalb sucht er schon mal.

An Kampfeslust jedenfalls, auch das lässt der Baron durch den Song verkünden, mangelt es ihm nicht:

„No matter what we get out of this“, heißt es nämlich am Ende, „I know, I know we’ll never forget“.
Zum einen gelingt es Guttenberg hier aufs Eleganteste, das eher volkstümliche „Ich“ wie nebenbei mit dem royalen Plural („We“) zu verbinden. Zum andern stößt er mit dem letzten Satz eine kaum verhohlene Drohung aus.

„Niemals vergessen“ wird er also, was ihm zugefügt wurde – gleichsam wie ein Elefant, der auch nach Jahrzehnten noch jenen identifiziert, der ihm Leid zufügte, und ihn genüsslich mit seinem Rüssel erwürgt. Okay, das ist jetzt vielleicht keine so gute Allegorie, weil wir nichts wissen (wollen) über Guttenbergs Rüssel, aber es ist ja wohl glasklar, was gemeint ist: Der Tag seiner Rache wird kommen, und dann wird er Würsten wie Fischer-Lescano, der Journaille, Bloggern und Twitterern schon zeigen, wo der Adel den Most holt.

Übrigens wurde Guttenberg am 5. 12. 1971 geboren – am Tag nach dem Brand, den Deep Purple in „Smoke on the Water“ so poetisch wie prophetisch verewigten. Eine letzte feinsinnige Hommage an ein Lied, das schier platzt vor geradezu nostradamischen Anspielungen auf Guttenbergs Schicksal.

Der Mann wusste eben genau, was er tat, als er sich diesen Song zum Zapfenstreich wünschte. Und ja, wir haben verstanden.

F
oto: www.zuguttenberg.de. Mit freundlicher Genehmigung des Dingens.

16 Kommentare:

  1. Hab mich köstlich amüsiert, danke. Mehr dann in seinen Memoiren.

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  2. Wollt ihr mich mit dem Text verarschen?
    http://www.youtube.com/watch?v=Mf2k9Vrsn2E#t=8m5s

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  3. Soweit ich weiß is das Feuer AM 4.12.1971 gewesen. So ist Karl-Theodor nicht am Tag danach geboren worden...

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  4. Beim KTG ist eben nix zufällig!

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  5. aus wikipedia:

    Uwe Barschel war seit dem 7. Juli 1973 mit Freya von Bismarck verheiratet und hatte vier Kinder.

    Stephanie zu Guttenberg (geborene Gräfin von Bismarck-Schönhausen) ist eine Ururenkelin des deutschen Reichskanzlers Otto von Bismarck.

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  6. Das nenne ich mal investigativ. Äußerst erhellend. Danke dafür!

    Axel

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  7. Manche Möllner schwärmen noch Heute davon, wie der Uwe Barschel mit dem Hubschrauber eingeschwebt ist.

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  8. Zumindest das könnte doch auch Guttenberg für Mölln noch tun. Wahrscheinlich künftig alles eine Frage des Honorars.

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  9. Ist den Gutti nicht zu jung für den Rauch über dem Wasser? Oder sind die Konservativen immer um eine Generation verrutscht bezüglich Musikgeschmack?

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  10. @Matt
    Dann müßte er wohl nur seinen Wohnsitz -wie U.Barschel- dort haben. Sonst gibts keinen Beifall von den Möllnern.

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  11. Die Zeilen „But some stupid with a flare gun burned the place to the ground“ könnten aber auch eine subtile Anspielung auf Kundus sein, oder?

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  12. Über Leuchtpistolen würden die doch dort drüben nur lachen.

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  13. Hach ist das schön. Ich mag dieses Blog.
    Insbesondere die feinen Herleitungen und die subtile Wortwahl. Einfach gut.

    Und als Anregung zur Korrektur:
    englisch = lethal
    deutsch = letal

    Das Wort "lethalen" ist in meinem Duden nicht enthalten ;-)

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