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30 Dezember 2010
Auf Friseusenpirsch (integriert: Offener Brief zu Silvester, 5)
A. wohnt noch nicht ganz so lange auf St. Pauli wie ich, doch er hat dank jahrelanger Besuche von Schmuddelclubs und schmierigen Tabledancebars interessante Tipps parat, die mir völlig neu sind.
Sonntagsabends zum Beispiel, sagt er, sei die ideale Zeit, um auf dem Kiez Friseusen abzuschleppen. Wie das? Weil montags die Salons Ruhetag hätten und Friseusen sich deshalb bevorzugt sonntagsabends von A. oder anderen Interessenten abschleppen ließen bis in die Puppen.
Eine solch hochbrisante Insiderinformation stößt bei einem Bruce-Willis-Typen wie mir natürlich auf frappiertes Staunen. Würde mein Friseurladenbesuchsverhalten (das vergleichbar ist mit meinen Ausflügen ins Weltall) bundesweit Schule machen, gingen nämlich all diese Läden binnen weniger Wochen pleite. Und die Friseusen natürlich mit, was es ihnen aber immerhin erlauben würde, sich auch an allen anderen Wochentagen von A. oder anderen Interessenten abschleppen zu lassen bis in die Puppen.
Doch soweit ist es ja noch nicht, und deshalb bleibt der Sonntagabend der bevorzugte Friseusenabschlepptag. Montags ist dann total tote Hose auf dem Kiez. In den Stripclubs gibt es weniger Gäste als Tänzerinnen, kleine Tröpfchen von Tristesse hüpfen von Tisch zu Tisch und finden trotzdem keinen teuren Billigschampus, den sie kontaminieren könnten.
Auch der Dienstag erinnert an die Ruhe nach der Apokalypse, mittwochs zieht es dann allmählich an, der Donnerstag läuft sich schon mal warm, und freitags und samstags tobt schließlich der Wirbelsturm über St. Pauli, was A. gewöhnlich davon abhält, das Haus zu verlassen (und mich in der Regel auch, es sei denn, German Psycho zwingt mich mit einschlägigen „Argumenten“ in irgendeinen Siffladen auf dem Hamburger Berg).
Am Sonntag schließlich geht es wieder auf Friseusenpirsch – ein ewiger Kreislauf. Zum Glück fällt Silvester diesmal auf einen Freitag; dadurch werden quasi zwei Wirbelstürme zusammengelegt, obwohl der an Silvester natürlich mit erheblich größerer Zerstörungskraft durchs Viertel fegt als jeder andere des Jahres. Das täte er allerdings auch an einem Montag, daher will ich nicht meckern.
Apropos Silvester: Obwohl meine bereits drei Appelle in den vergangenen Jahren jeweils verpufften wie jene Hand, die den Chinaböller partout nicht loslassen wollte, möchte ich es doch erneut nicht versäumen, ihn zu wiederholen, wenngleich nur in Form einer Verlinkung.
Irgendwann muss irgendwer doch mal anfangen, auf mich zu hören. Und wenn es nur die Friseusen sind.
PS: Das heutige Foto eines Graffitos auf St. Pauli hat nur partiell mit dem Beitrag zu tun, doch in der Not frisst der Teufel Fitschen.
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Was hat man sich nun unter dem Begriff "Fitschen" vorzustellen?
AntwortenLöschenIch habe da auch noch einen absoluten Insider-Tipp: Die süße Müllwagenfahrerin, die bei uns immer die Mülltonnen leert, kann man sogar Donnerstags, Freitags, Samstags, Sonntags, Montags und Dienstags abschleppen. Sie arbeitet nämlich nur Donnerstags. Glaube ich jedenfalls.
AntwortenLöschenJoshuatree, ich habe nicht die geringste Ahnung.
AntwortenLöschenAnonym 09:28: Sie müssen schon mit geografischen Angaben um die Ecke kommen, sonst ist Ihre Information so nutzlos wie mittwochs eine Friseusenpirsch.
mich hat der letzte friseursalon irgendwann in den 80ern als kunde begrüßen dürfen. seither bin ich dazu übergegangen, meine haarpracht ambitionierten hobbyfriseuren und -seusen kostenfrei als versuchsfeld zu überlassen und mir von den eingesparten talern das ergebnis schön zu saufen.
AntwortenLöschendamit die blogleser hier nicht länger im trüben fitschen müssen: der freundliche fingerzeig auf dem abgebildeten grafito dürfte jürgen fitschen, einem vorstandsmitglied der deutschen bank, gelten.
guten rutsch, herr matt, same (blog-)procedure next year, please!
Ihre Taktik der Privatisierung des Frisierens finde ich sehr sympathisch. In gewisser Weise tue ich das auch, allerdings höchstpersönlich per Schergerät. Doch habe ich mir bisher noch nie die eingesparte Summe bewusst gemacht, was ich 2011 ändern werde – und Ihnen zu verdanken habe. Molto grazie!
AntwortenLöschenAngeblich soll es in Frankreich und noch einigen weiteren europäischen Ländern total unüblich sein, Böller und Feurerwerk zu Silvester zu zünden. Vom Hörensagen her (oder besser vom Fernseh gucken) sollen deutsche Touristen sich zu Silvester gerne in Paris am Sacre Coeur versammeln, "um das Feuerwerk zu sehen" - das dann nicht kommt.
AntwortenLöschenScheint also eine spezielle Form der deutsch-chinesischen Freundschaft zu sein, die Silvester gepflegt wird.
Ich meine, die Fischgeschäfte sind Montags ebenfalls geschlossen. Also Vorsicht walten lassen!
AntwortenLöschenLieber Matt, einen schönen Rutsch - hier isses schon glatt!
AntwortenLöschenUnd ich spiele dies Jahr nich mit Böllern rum, ich schwörs! Mir reichts, wenn die Klientel nur teilweise wiederkommt....
Ach ...und danke, dass Sie meinen Blog aufgetrieben haben, sonst hätt ich nämlich nie das Vergnügen gehabt Ihren zu finden....
Danke für das Kompliment, ich fühle mich geehrt, vallah!
AntwortenLöschenquod erat demonstrandum:
AntwortenLöschenhttp://www.abendblatt.de/hamburg/kommunales/article1744094/Hamburg-rutscht-bunt-und-friedlich-ins-neue-Jahr.html
"Allerdings habe es vermehrt Böller-Verletzungen gegeben, um 1.30 Uhr waren es rund 20 Fälle. Einen Feiernden hat es dabei schlimm erwischt – ihm wurde durch die Explosion ein Finger abgerissen"
Aber bisher noch keine Hinweise auf verletzte Friseusen! Möchte ich mal festhalten.
AntwortenLöschenIch hab den Sonntag bisher als sehr sehr sehr sehr ruhig kennengelernt. Ebenso wie den Montag, aber vielleicht bin ich in den falschen Läden. Ich finde übrigens den Donnerstag am besten auf dem Kiez, denn es ist eine angenehme Fülle in den Läden, grade auf dem Hamburger Berg, und die Zivilisiertheit ist zumindest partiell höher als Freitag/Samstag. Ach und frohes Neues. ;)
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