14 April 2006

Geile Euter im Takt der Ekstase

Die beiden portugiesischen Nachbarskinder – er sechs, sie vier – wollen normalerweise mit mir Fußball spielen, sobald ich aus dem Haus komme. Heute allerdings nicht. Sie bestürmen mich auf dem Gehweg: „Hast du die Nackedei-CD gesehen? Hast du?“ Äh, nein, antworte ich alarmiert. 

Diesem Umstand möchte der kleine Bursche rasch abhelfen und reicht mir mit breitestem Zahnlückengrinsen eine (wie sich herausstellt leere) DVD-Hülle. Was darauf abgebildet ist, sieht nicht ganz so aus, wie im schlimmsten Fall zu befürchten war. Erleichtert registriere ich, dass trotz des Stempels „100 % Hardcore“ zumindest auf die Darstellung diverser Körperöffnungen verzichtet wurde – und somit auch auf das fantasievolle Befüllen derselben. 

Laut Cover handelt es sich um die „internationale Version“ von „Tittenalarm 5 – Euromöpse in heisser Aktion“, und verantwortlich dafür zeichnet ein gewisser Roy Alexandre, was ein wirklich affiges Pseudonym ist – dieser gespreizt frankophon auslaufende Nachname, uh. Jedenfalls stellt er eine „100 % Silikonfreie Zone“ in Aussicht, wobei ich nach Inaugenscheinnahme der zahlreich sich präsentierenden Damen gewisse Restzweifel am Wahrheitsgehalt der Behauptung nicht abstreiten kann. 

Dies scheint „Roy“ geahnt zu haben, denn er lässt auf der Rückseite versichern: „Alle Melonen in diesem Film sind garantiert keine Silicon Valleys, dafür steht Roy Alexandre mit seinem guten Namen. Bei jedem Stoss“, wird weiter ausgeführt, „wippen die geilen Euter im Takt der Ekstase.“ Diesem interessanten Inhaltsausblick folgt abschließend die raffinierte Suggestivfrage: „Wer möchte da nicht gerne einmal Glöckner sein?“ 

Ich verdränge meinen Widerwillen vor allem gegen die Schreibweise des Wortes „Stoss“ und beantworte die gestellte Frage für mich innerlich eindeutig: die beiden hysterisch kichernden Kinder keinesfalls. Dafür stehe ich mit meinem guten Namen. Folglich teile ich den Knirpsen die sofortige standrechtliche Konfiskation des Covers mit, was zu Protesten führt. Selbst mein Kompromissangebot – Rückgabe der coverlosen DVD-Plastikhülle –, wird brüsk zurückgewiesen. Ganz oder gar nicht, schallt es stattdessen sinngemäß aus dem Parterre, und damit ist für mich die Phase der Verhandlungen vorbei. 

Also zerknülle ich theatralisch und mit dem Ausruf „Nein, nein, das ist noch nichts für euch!“ das Cover. Die Vierjährige nimmt es inzwischen gelassen und beginnt einen grotesken Hüftschüttel- und Armschlenkertanz, während sie begeistert grinsend „Sexy Baby! Sexy Baby!“ quiekt. 

Ah, Kiezkinder! Ob ich ihrem Papa bei der nächsten Begegnung von der Freizeitgestaltung seiner Racker erzählen soll? 



Ex cathedra: Die Top 3 der Songs mit Sexbezug 1. „Honky Tonk women“ von The Rolling Stones 2. „Fuck forever“ von Babyshambles 3. „Sammy’s song“ von David Bromberg

5 Kommentare:

  1. Die Brecheisenlyrik des gefundenen Covers konnten sie noch nicht verstehen - Körperöffnungen waren auf dem Cover verdeckt. Und ich hoffe, die beiden haben schon mal ihre Eltern ganz natürlich und nackt gesehen. Von daher ist eigentlich nicht viel passiert, Worte wie "geil" und "sexy" bringt meine Tochter auch aus dem KiGa mit, selbst wenn dieser weit weg von St.Pauli ist. Sinnvoll wäre es, mit den Eltern zu reden, wenn diese im Nachgespräch auch locker und vernünftig auf die Kids zugingen. Dies würde Deine Konfiskation auf eine höhere Ebene stellen.
    Sollten die Eltern allerdings einer Sekte angehören, die jeden Kontakt mit Nacktheit in Form von Ohrfeigen und Hausarresten honoriert, würde ich doch wärmstens im Sinne der Kids darauf appellieren, das Gespräch mit den Eltern zu unterlassen.

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  2. Ich denke nicht, daß es erforderlich ist, hier zu petzen. Die Kids werden noch ganz andere Bilder und Texte zu hören/sehen bekommen, nicht nur auf dem Kiez.

    Freuen Sie sich drüber, wie vertrauensvoll sie Ihnen ihre "Beute" gezeigt haben.

    Ihre Reaktion war genau richtig.

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  3. Danke, meine Herren, für die hilfreichen Erörterungen. Ich weiß nun, was zu tun ist.

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  4. "Fuck forever" der Babyshambles hat keinen Sexbezug. Das ist natürlich schwer zu verstehen, wenn man jedes Englische Wort 1:1 ins Deutsche übersetzt. There becomes the chicken in the pan crazy - Da wird das Huhn in der Pfanne verrückt!
    Fuck forever meint: "Scheiß auf die Ewigkeit".

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    1. Tja, in meinen Ohren hat das Wort „fuck“ IMMER einen Sexbezug, auch wenn es im übertragenen Sinne gebraucht wird. Aber wahrscheinlich liegt das an mir.

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