30 Dezember 2005

Das Album des Jahres

Jetzt endlich zu meinem Album des Jahres. (Ende Dezember darf man ja darüber reden.)

Es kommt von Antony & The Johnsons und heißt „I am a Bird now“. Man könnte über diese Platte auch sagen: Alle Songs haben etwas Schweres und nehmen dir doch eine Last von den Schultern.

Antony ist ein trauriger, schwuler Moppel aus New York, ein androgyner Punk, und sein Vibrato flattert wie Lametta, in dem sich der Wintermond spiegelt. Wer diese Stimme hört, der weiß sofort, dass alles hoffnungslos ist, und findet zugleich Trost in ihrer gebrochenen Schönheit.

„I am a Bird now" ist voller neoromantischer Balladen zu Piano und Kammerstreichern, und es sind lauter Wunder, selbst in jenen grande finales, wenn sich alles in epische Zerrissenheit hineinsteigert. Diese fassungslosen Lieder verzehren sich nach Gemeinschaft, und Antonys wamer, nasaler Tenor vibriert vor heiligem Ernst und Verletzlichkeit. Seine Stimme ahnt das jenseitige Nichts und flieht davor in bitterschönste Melancholie. Das ganze Werk: ein einziges Flehen.

Es wird schwer sein, ein Album wie „I am a Bird now“ nächstes Jahr zu toppen. Nur einer könnte das schaffen: Antony, mit seiner nächsten Platte.


Übrigens verströmt das heutige Foto, aufgenommen an der Elbchaussee weit draußen im Westen, eine ähnliche Atmosphäre: aufmunternde Melancholie. Und dazu passt auch die …


… große Musik, die heute durch den iPod floss: „Just like the rain“ von Richard Hawley, „Twenty three“ und „The postcard“ von Stephen Duffy.


16 Kommentare:

  1. Klingt sehr interessant - die Platte werd ich mir im neuen Jahr einmal gern zu Gemüte führen!

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  2. Gute Wahl, gehört auch für mich zu den Highlights des Jahres. »Hope There's Someone« fand ich sensationell. Das schrägste Album, auf das ich dieses Jahr gestoßen bin, war aber der Sampler »The Golden Apples Of The Sun«

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  3. joshuatree, dein Album des Jahres wüsste ich auch gern!

    rabe, wer ist denn alles vertreten auf diesem Sampler?

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  4. »The Golden Apples of the Sun« ist eine Zusammenstellung in limitierter Auflage von Devendra Banhart für das Arthur Magazine mit 20 Titeln aus der AntiFolk/Songwriter-Szene aus 2004. Vertreten sind u. a. Vetiver, Joanna Newsom, ESPers, Diane Cluck, Iron and Wine, Antony, CocoRosie, Six Organs of Admittance. Ich bin erst dieses Frühjahr drüber gestolpert, deshalb eines der Highlights dieses Jahres für mich.

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  5. Finde es super, dass du ein anderes Album favorisierst als "Back to Bedlam" von James Blunt (Das sagt nämlich sonst jeder!)

    Ich selbst finde X&Y von Coldplay ganz groß. Auch das neue Depeche Mode Album sollte man sich besorgen!! Außerdem bin ich ein großer Fan von "Page Avenue" von "Story of the year" und "In between Dreams" von Jack Johnson!

    Für jede Lebenslage die passende Musik...

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  6. Nun, X&Y wurde schon genannt, aus der Liste meiner Tops strahlt aber das Comeback einer imho fantastischen Musikerin heraus, die nicht nur für sich, sondern im Spiel mit anderen Musikern glänzt:

    Sinéad O`Connor - Collaborations. Musik mit ihr und The The, U2, Massive Attack etc.

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  7. Das Coldplay-Album ist wirklich nicht schlecht, und das von Herrn Blunt auch nicht. Beruhigend, wenn es Qualität in den Mainstream schafft …

    joshuatree, das richtige Comeback von Sinéad O'Connor war aber nicht „Collaborations“ (mit lauter alten Stücken aus den letzten 20 Jahren), sondern das wunderschöne Reggae-Album „Throw down your Arms“. Mehr dazu hier: http://www.kulturnews.de/kn/platten_rezi.php?id=5623

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  8. btw: Bei "Back to Bedlam" erfreute mich die Tatsache, daß Ricky Ross, Mastermind der früheren schottischen Band "Deacon Blue", den Song "High" schrieb. Für das Abschiedskonzert von Deacon Blue bin ich vor ein paar Jahren sogar nach Glasgow geflogen - es war überwältigend. Erstens die Freude der Besucher, einen Deutschen hier zu haben (soviel Bier wurde mir noch nie ausgegeben ;-) und zweitens mit den Schotten zusammen jeden Song mitzusingen...

    And I´ll sail her up the west coast, through villages and towns, I´ll be on my holiday, when they´ll be doing their rounds. They asked how I got her, I said, I saved my money. Say - isn`t she pretty - that ship called dignity?

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  9. Yepp - ich weiss, matt. Aber das, was diese oft so ego-zentrierte Dame wirklich drauf hat im Zusammenspiel der Stile, zeigt Collaborations besser. Deswegen fiel meine Wahl darauf ;-).

    Mein Sohn (15) wählte übrigens Rammsteins "Rosenrot" ;-).

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  10. Ja, ja, das Alter, seufz … ;-)

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  11. Nunja, dafür werden hier um 12 Uhr auch die guten alten Glocken von "Hells Bells" erklingen...

    Have a great New Year, matt! I enjoy reading and watching your thoughts and views about life in general and around Hamburg!

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  12. Nochmals btw:

    Die Beschreibung Deiner CD des Jahres klingt bei mir wie ein frühes Werk und die leisen Töne von Talk Talk...

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  13. In punkto Feinsinnigkeit und Fragilität gibt es auf jeden Fall Gemeinsamkeiten. Aber Antony ist hingebungsvoller, verletzlicher.

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  14. Hab heute mp3-fragmente übers Netz gehört. Ja, die Platte hör ich gern an. Mehr dazu dann in Kürze.

    Media Markt hat sie nicht. Will sie nicht. Ich werd sie mir übers Net kaufen :-).

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  15. Davon kann und will ich dich nicht abhalten … ;-))

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  16. Hier, ganz in der Nähe von Lob für eine herrliche Platte, mal ein Kompliment für ein wirklich schön geschriebenes Blog.
    Besten Gruß!

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