12 November 2007

Cruise grinst Hitler weg

Gestern sahen wir im Kino den Trailer zum Film „Walküre“ über das Attentat auf Hitler vom Juli 1944. Hollywoodstar Tom Cruise spielt Claus Schenk Graf von Stauffenberg, also die Hauptrolle.

Eine kleine Sequenz aus diesem Trailer pflanzte mir den Stachel der Skepsis ins Hirn, und dort wird er bleiben bis nächsten Sommer, wenn „Walküre“ ins Kino kommt.

Sie geht so: Einer der Mitverschwörer spricht gegenüber Stauffenberg von der Todesgefahr, in der sie alle schweben, und Tom Cruise antwortet so was wie: „Wie werden dem Tod heute noch öfter begegnen.“ Das ginge ja vielleicht noch durch als üblicher Hollywoodsprech für pathetische Situationen, in denen die Furchtlosigkeit des Helden durchscheinen soll. Doch während Cruise das sagt, grinst er auf seine hundertfach erprobte Weise aasig sarkastisch, als wäre er ein Broker, der als nächstes die Chefsekretärin flachlegen will.

Weiter entfernt vom realen Stauffenberg können diese zwei Cruise-Sekunden einfach nicht sein, dafür umso näher am draufgängerischen Sonnyboy, der diesem schrägen Diktator jetzt mal zeigen will, was ’ne richtige Harke ist – let’s roll!

Oh Mann. Der Film wird bestimmt ganz, ganz furchtbar. Und für solche Cruise-Momente durften sie im Bendlerblock drehen.

Wahrscheinlich werden Ms. Columbo und ich uns „Walküre“ trotzdem ansehen. Aber nur, wenn parallel kein EM-Spiel läuft.

PS: Wer generell wissen will, was zurzeit im Kino sehenswert ist und was man tunlichst meiden muss, sollte sich donnerstags auf Gunnars brandneuem Kinoblog Orientierung holen. Selbst wenn er einen Film noch nicht gesehen hat: Eine Meinung dazu hat er immer, garantiert …

11 November 2007

Man trägt Damenhandtasche



In der Tankstelle am Spielbudenplatz stehe ich hinter einem älteren Herrn in der Schlange. Er trägt ein teures hellbraunes Lederjacket, dessen Farbe perfekt mit der seiner Haare harmoniert.

Auf den Tresen legt er aber nicht etwa die Financial Times Deutschland, sondern die Gala und die Bunte – und bezahlt den Kleckerbetrag mit einer goldenen American-Express-Karte. Erlebt man so etwas nur auf St. Pauli? Wahrscheinlich schon.

Genauso wie den etwa 65-jährigen Mann abends im Bus, der auf eine Weise adrett gekleidet ist, wie man es Mitte der 70er war oder Dustin Hofman in „Tod eines Handlungsreisenden“. Er brabbelt mit unstetem Blick vor sich hin, ohne dass es ihm peinlich wäre. Als wir uns der Haltestelle St. Pauli nähern, brüllt er plötzlich: „ST. PAULI! ST. PAULI!“

Auf dem Sitz neben ihm steht seine Damenhandtasche. Ms. Columbo und ich entwickeln auf dem Heimweg Theorien über diesen Mann. Dass er mit hoher Sicherheit allein lebt und sich dabei für ihn selbst unmerklich lautstarke Selbstgespräche angewöhnt hat, darüber herrscht Konsens. Nur nicht über die Damenhandtasche.

Ms. Columbo vermutet Geiz. Er streifte, so ihre These, durch Kaufhäuser und fand nur für Damenhandtaschen Grabbeltische, weshalb er sich für die leicht merkwüdige, aber preisgünstige Variante entschied.

Meine Theorie hingegen ist folgende: Die Handtasche ist in Wirklichkeit die seiner Frau, und die liegt bei ihm zu Hause in der Tiefkühltruhe.

Selbst Ms. Columbo muss meiner Theorie eine größere Interessantheit zugestehen.

Nach der Flut



Wenn die Elbe in die Stadt hineinströmt, dann strömen die Hamburger Richtung Elbe. Natürlich auch ich, Sturmflut kucken.

Am Fischmarkt war Land unter, dort zog man Autos aus den graugrünen Fluten. Oben am Pupasch hatte man Flutschutzmauern hochgezogen, man musste drübersteigen, um auf die Landungsbrücken zu gelangen.

Dort freilich sah alles aus wie immer; sie schwimmen ja, die Landungsbrücken, sie gehen seit eh und je auf und ab mit Ebbe und Flut, und man musste sich schon bewusst machen, dass man sich dreieinhalb Meter höher aufhielt als gewöhnlich, um dem Thrill der Sturmflut nachhängen zu können.

Doch wie hoch das Wasser auch stieg, wieviele Autos auch absoffen, wie durchweicht meine Turnschuhe auch waren nach dem Waten über den Fischmarktparkplatz: Die beschissene Gegenwart ist immer die gute alte Zeit von übermorgen.

Das war das Wort zum Sonntag.


10 November 2007

Nur keine Hemmungen



Tagtäglich verschlägt es mich berufsbedingt in die Zeisehallen, und ebenso oft streift mein Blick ein Gitterkonstrukt, welches hier als schwarzes Brett fungiert.

Die an dünnen Metallstreben befestigten Aushänge flattern und fleddern schon nach kurzer Zeit zerzaust vor sich hin. Es sei denn, sie sind ganz frisch, wie der abgebildete. Ein wirklich erstaunlicher Aushang. Sowohl sein Zielpublikum als auch die dahinter sich verbergende Lehre sind mir zwar völlig schleierhaft. Dennoch begann ich innerlich zu juchzen und zu jauchzen, und alles nur wegen des Textes zum Tryptichon.

Kein einziger Deppenbindestrich, trotz der prachtvoll entwickelten Komposita! Wo findet man das heutzutage noch? Ich erwog, meine Begeisterung in eine spontane Schüttelanwendung münden zu lassen, merkte aber, dass dies mit Hilfe einer Enthemmungsmusikrassel erheblich einfacher zu bewerkstelligen wäre. Doch ich hatte zufällig keine zur Hand.

Und der Obdachlose mit dem hygienisch bedenklichen Dreijahresbart, der immer hinterm Gitterzaun sitzt und mich täglich fragt, ob er mich malen dürfe, hatte nicht einmal ein geeignetes Ansprechpartnergesicht zu bieten. Im Gegenteil.

Noch Stunden danach beschäftigte mich der Zettel. Welche speziellen Hemmungen soll die Enthemmungsmusikrassel nach dem Willen des Zettelaufhängers überhaupt lösen? Eine Frage, die mich einfach nicht mehr loslässt.

09 November 2007

Sehen wir uns zum Buhen?

Am Samstagabend um 20.30 Uhr spielt mein Freund und sporadischer Bloggast Mark (r.) mit seiner komischen Musiziertruppe in der Prinzenbar. Das ist wohl so ähnlich gelaufen wie damals mit den Blues Brothers, nach dem Motto „Wir bringen die Band wieder zusammen“ oder so.

Vielleicht will Mark damit ja ebenfalls ein Waisenhaus retten. Denn obwohl der feine Herr in seinem Leben gefühlte tausendmal mit mir gemeinsam auf Gästelisten stand und sich auf diese Weise die größten Popstars der Welt für lau reingepfiffen hat, legt er bei seinem eigenen Gig keine Gästeliste aus, nicht mal die klitzekleinste, sondern der Mann will GELD. Mal wieder typisch.

Jedenfalls kostet der „Spaß“ empörende fünf Euro. Selbst ich muss zahlen. Dabei habe ich das zuletzt … Moment … 1995 bei Dave Edmunds in der Großen Freiheit gemusst. Aber ich tu’s, verdammt, weil es Mark ist und er bei mir ein eigenes Tag hat. Und nicht, weil die Band besser aussieht als die Chippendales.

Ihr müsst auch alle kommen – zum Buhen. Damit er mal sieht, wie das ist, der feine Herr Mark.


PS: Parallel dazu spielt Tish Hinojosa um 21 Uhr in Anna's Country & Western Saloon in Meiendorf. Da müssen wir natürlich auch alle hin. Hmm.

07 November 2007

Fundstücke (35)

1. Gestern lenkte ein wohlmeinender Kollege meine Aufmerksamkeit auf die Webseite von Martha Olschewski. Sie hat eine besondere Dienstleistung im Angebot, die sie auch hier auf dem Kiez in einem Ladenlokal offerieren könnte: das „Genitallesen“.

„Wie schon ihre Mutter“, erläutert die gebürtige Georgierin bereitwillig, „brachte meine Mutter mich mit 12 mit dem Genitallesen in Kontakt.“ Mit 12! Und mit Folgen: „Bis irgendwann eine gute Freundin mir vorschlug, das Genitallesen doch nebenberuflich auszuüben. Mir gefiel die Idee, und auch mein Mann meinte, dass es durchaus einen Versuch wert sei.“


Auch ihr Mann also. Heute ist die Olschewski, die wahrscheinlich mehr Schniedel in Händen hielt als Domenica und Dolly Buster zusammen, längst selbstständig. Sie liest Tausenden die Zukunft aus Pimmeln und Muschis, ob Einzelpersonen oder Unternehmen. Interessante Vorstellung übrigens: Die Firma Letzte Ruhe Bestattungs-GmbH geht geschlossen zum Genitallesen.

Jedenfalls hat Martha Olschewski eine echte Marktlücke entdeckt und geni(t)al besetzt: „Das Genitallesen“, eröffnet sie uns denn auch offen und ehrlich, „ist heute eine nur noch wenigen Menschen bekannte Technik.“

Ja, das ist eine ganz, ganz großartige Seite. Ich bitte nur darum, das Gästebuch nicht noch mehr zu versauen, als es eh schon ist. OKAY?

2. „Hundertmal werd ich’s euch sagen und tausendmal: Irrtum ist Irrtum! Ob ihn der größte Mann, ob ihn der kleinste beging.“ Sagt Friedrich Schiller. Leider hat er die Frauen vergessen.

3. „Das Internet ist so etwas wie eine offene Form der geschlossenen Anstalt. Auch von mir selbst weiß ich manchmal nicht so genau, ob ich nun Pflegekraft oder Patient bin. Aber ich bemühe mich wenigstens darum, mich nicht ganz offensichtlich wie ein Patient zu verhalten.“ Gefunden an der Blogbar.

4. „Man fühlt sich erdrückt von einer um sich greifenden öffentlichen Dummheit, der man kein korrektes Urteil in den elementarsten Dingen zutrauen kann.“ Hannah Arendt nach ihrem Besuch in Deutschland 1949 – übrigens das Jahr, in dem Martha Olschewski geboren wurde.

Nur ein Bier, BITTE!

Vorm Tätowierladen in der Barner Straße, den die meisten Leute, die ich kenne, seit einiger Zeit „Tättushobb“ nennen, steht ein großer Hund vor der Tür und schaut sehnsüchtig hinein.

Hunde haben einen fantastischen Geruchssinn, vielleicht riecht er Blut. Das Blut all der lustvoll gepeinigten Masochisten, die Kunden sind im Tättushobb. Oder er beobachtet sein Frauchen, das an der Theke lehnt und wahrscheinlich gerade die Modalitäten eines Arschgeweihs bespricht.

Egal, mein Bus kommt, die Sache bleibt ungeklärt. Abends beim Konzert von Lucinda Williams (Foto) in der Fabrik schleiche ich mich zwischendurch raus, um in der Pizzeria nebenan kurz die Zwischenergebnisse der Champions-League-Spiele zu erfahren. Pro Forma bestelle ich ein Bier. Doch der Ober lehnt ab: „Wir sind keine Bar.“

Zehn Minuten, barme ich, nur zehn lächerliche Minuten, dann sind die Spiele zu Ende und ich verschwinde wieder und lasse die deutschitalienische Gastronomie in Ruhe mit meinen empörenden Konsumwünschen.

Er ist gnädig, räumt aber mit deutlicher Muffigkeit die gewaltige kreidebeschriftete Tafel wieder ab, die er wie einen stummen Vorwurf auf den Stuhl gegenüber gestellt hatte. Nach dem Abpfiff gebe ich trotzdem 50 Cent Trinkgeld, aber ich hasse mich dafür.

Soviel Selbstachtung muss sein.

05 November 2007

Von Pumpen und Ratten

Zum ersten Mal im Leben Kegeln gewesen, in „Frank’s Kegel-Eck“ in Eimsbüttel. Fazit: sehr unterhaltsam. Wenn man vom Finanziellen absieht.

Anfangs warf ich einige sogenannte Pumpen; ein erfahrener Kollege nannte diese öffentlichen Blamagen auch Ratten, wahrscheinlich um mich aufzumuntern. Das ist, wenn du die Kugel so lachhaft mies wirfst, dass sie von der Bahn abkommt und sich via Regenrinne elegant an den stumm feixenden Kegeln vorbeidrückt. Matt: zero points.

Während ich dafür mit Spott, Gejohle und einer eisig schmallippig kuckenden Teamkapitänin davonkam, erwiesen sich meine größten Erfolge als letztlich schlimmer. Sie bestanden nämlich aus zweimal alle Neune, yeah.

Dafür aber wurde jedesmal, wie die zahlreichen Experten mir eilfertig und erwartungsfroh erklärten, eine Runde Saure für alle fällig. Alle: Das waren 18 Kegler. Dennoch überwog die Freude. Ich meine: alle Neune!

Insgesamt schlug ich mich recht passabel. Nur blöd, dass ich einmal die Kugel frohgemut und vehement Richtung Kegel drosch, die putzigen Gesellen aber von der drögen Automatik noch gar nicht wieder hingestellt worden waren. Der Spielleiter, das muss ich gestehen, hatte sogar noch verzweifelt an die Scheibe hinter mir geklopft, hatte „Matt, stopp! STOPP!“ geschrien, doch im Ignorieren wohlgemeinter Ratschläge bin ich spitze.

Die Aktion zählte natürlich trotz null umgeworfener Kegel nicht als Pumpe resp. Ratte, denn die Kugel war ja 1a die Bahn entlang gerollt; nur stand halt am Ende nix rum.

Am nächsten Tag zwickte es Ms. Columbo im rechten Oberschenkel, ich verfügte über Muskelkater im linken Glutaeus maximus.

Vom Kegeln! Sachen gibt’s.

Brat Kartoffeln, aber pronto!

Korinthenkacken ist Volkssport auf der Rückseite der Reeperbahn. Heute kriegt das die Fertigessenfirma Marena zu spüren.

Der Hersteller offerierte uns heute bei Penny eine Nahrungsmittelpackung letztlich unklaren Inhalts. Draußen drauf stand nämlich in hartem Kommisston lediglich der Befehl „Brat Kartoffeln“, wobei Marena versehentlich das Ausrufezeichen vergessen hatte und uns zudem noch unziemlich duzte.

Ja, klar briete ich mir Kartoffeln, Marena, so ich denn welche hätte! Doch woher nehmen?

Also brat sie dir doch selber – so du welche hast.

04 November 2007

Etwas hat überlebt: das MacBook

Hinterher fiel es mir wieder ein: Ich hatte schon etwas gespürt, als ich gegen ein Uhr nachts wegen des Lärms auf den Balkon getreten war. Etwas schien mich am Kopf gestreift zu haben, etwas Leichtes, Luftiges, und ich hatte es im Dunkeln mit der Hand beiseite gewischt.

Dachte ich zumindest.

Danach ging ich zurück ins Zimmer, schloss die Tür, setzte mich wieder an den Tisch und die Kopfhörer auf. Ich war gerade dabei, einen Ordner mit Songs von Bert Jansch und John Renbourn auf den iPod zu kopieren, als mich ein leichtes Kitzeln am rechten Arm störte.

Ich schaute gedankenlos hin – und sah eine tintenschwarze, fettbeinige, fleischige Spinne auf meinem Oberarm. Ohne allzuviel Jägerlatein möchte ich ihre Größe etwa auf die eines Zweieurostücks schätzen (Foto: ähnlich). Allerdings rekonstruierte ich das erst hinterher, denn meine Reaktion war gleichsam nicht mehr menschlich, sondern beängstigend … archaisch.

Aufstöhnen, mit der linken Hand panisch das Tier vom rechten Bizeps fetzen, dabei den Körper nach links werfen, wobei ich a) fast vom Stuhl fiel und b) mit der Kopfhörerleitung das futschneue MacBook bis an die äußerste Tischkante riss: All das geschah in einer nanohaften Geschwindigkeit, die dem Willen nicht mehr unterworfen war, sondern ausschließlich irgendeinem verlässlichen Instinkt, der damals in der afrikanischen Savanne entstanden sein muss, vor x-Millionen Jahren.

Keuchend riss ich mir dann den Kopfhörer ab, sprang vom Stuhl und stierte fahrig und fiebrig auf den Boden. Dieses Tier musste raus aus der Wohnung, aber schnell.

Allerdings war es nicht mehr zu sehen, trotz seiner Ausmaße. Ich suchte alles ab, auch die Wände. Selbst zur Decke schaute ich hoch, obwohl es unrealistisch war, dass die Spinne es in der kurzen Zeit dorthin geschafft haben könnte. Doch das Insekt blieb spurlos verschwunden und mein Puls noch minutenlang auf 180.

Das MacBook hat überlebt. Das ist alles, was zählt.

02 November 2007

Kein Puffzipfelchen, nirgends

Es ist fast unmöglich, auf der Reeperbahn und drumherum nicht ständig über irgendein Bordell zu stolpern, wo richtige, echte Prostituierte arbeiten.

Man könnte im Flanieren praktisch wahllos irgendetwas knipsen, und es wäre mit recht hoher Wahrscheinlichkeit irgendwo ein Puffzipfelchen zu sehen. Es ist also einfach. Spiegel online gelang es heute trotzdem nicht, ein solches Foto zu produzieren.

Dabei wäre es wichtig gewesen, es nicht zu vermasseln; Spon nämlich wollte damit das dank Alice Schwarzer alle 20 Jahre wieder eregierende Thema „Prostitution in Deutschland“ illustrieren.

Doch auf dem Bild zum Artikel (Foto) ist zwar viel zu sehen, was nach Schmuddel riecht – aber nirgends ein Bordell. Sondern nur zwei handelsübliche Sexshops, die es so ähnlich bestimmt auch in Paderborn gibt, sowie das altehrwürdige Café Keese.

Ich weiß das genau, denn wir wohnen da. Im SEXES zum Beispiel führe ich manchmal anschauliche Diskussionen über Vibratoren. Aber nur mit sachkundigen Beratern und nicht mit Prostituierten – die es dort ja auch gar nicht gibt.

01 November 2007

Harry und wer?

„Heute“, sage ich kleinlaut zu Ms. Columbo, „ist mir auf einmal nur noch einer der englischen Prinzen eingefallen. Und zwar Harry. Wie heißt noch mal der andere?“

„William“, sagt Ms. Columbo.

„Genau! William! Klar!“, schlage ich mir vor die Stirn, „aber warum ist mir dieser Name nicht mehr eingefallen? Warum?“

„Warum?“, sagt Ms. Columbo, und ich merke schon an ihrem Ton, dass sie diese Frage rhetorisch verstanden wissen will.

„Ich sage dir, warum“, fährt sie fort, „weil das farblose, langweilige Idioten sind.“

Ich schaue sie liebevoll an, und Bewunderung schwingt auch mit. „Natürlich“, geht mir ein ganzer Kron(!)leuchter auf, „du hast völlig Recht: weil das farblose,
langweilige Idioten sind.“

So rettet Ms. Columbo mir mal wieder den Tag.

Einmal Lach mit Wasser bitte

„Waaaaaa!“, schreie ich, als der Franke morgens mein Büro betritt, „du hast ja noch deine Halloweenmaske auf!“

Natürlich sieht der Franke aus wie immer, doch ich durfte diese hundertprozentige Torchance einfach nicht versemmeln. Der Sohn eines süddeutschen Bauernvolkes tut, als hätte ich gar nichts gesagt, und glaubt so Souveränität auszustrahlen.

Außerdem habe ich noch eine weitere Information für ihn. „Ich bin wieder da!“, strahle ich ihn nämlich mit ausgebreiteten Armen an, „heute Mittag gehen wir wieder essen!“

Nein, nein, erwidert der herzlose Angehörige einer grobschlächtigen Ethnie, ich sei wie einer jener armen Wichte, die nach Wochen halbverdurstet und -verhungert aus der Wüste zurückkehrten und augenblicks alles auf einmal in sich hineinschaufeln wollten, und das sei ganz schlecht.

„Du kriegst nur ein Möhrchen“, grinst der Teilhaber eines aufs Wesentliche reduzierten Genpools zufrieden, wobei seine Halloweenmaske die schauerlichsten Falten schlägt. Mit diesem Vorschlag kommt er freilich bei mir nicht durch. Barsch weise ich ihn zurecht und auf meinen freudig dem Lunch entgegenfiebernden Magen hin.

Mit Erfolg: Mittags finden wir uns im Mercado ein, und zwar am Sushistand. Dort verkaufen sie aus taktischen Gründen auch warme Gerichte. Das leckerste auf der heutigen Mittagskarte, die sich in nichts von den Mittagskarten der letzten sechs Monate unterscheidet, ist eine Lachsvariante, die auf beiden aufgestellten Tafeln als „Teriyaki-Lach“ ausgewiesen ist.

„Teriyaki-Lach“ finde ich meiner gehobenen Stimmung völlig adäquat, und ich bin fischgrätennah davor, genau so meine Bestellung aufzugeben: „Einmal Teriyaki-Lach und ein Wasser bitte.“

Allerdings sehe ich dann doch davon ab. Zu groß ist die Gefahr, die Japanerin vom Sushistand könnte dies nicht als humoristischen Ausdruck meiner Wiedergenesung, sondern als Veräppelung ihres Migrationshintergrundes auffassen. Nun, wir werden es nie erfahren.

Mein Teriyaki-Lachs ist jedenfalls vorzüglich. „Wenigstens beim Essen“, schimpfe ich behaglich mampfend den Franken, „solltest du deine Halloweenmaske abnehmen.“

Doch das Mitglied einer physiognomisch eher halbfertig konstruierten Volksgruppe denkt nur noch an sein Red Curry Chicken.

30 Oktober 2007

Eine kleine Anti-Pop-up-Tirade

Wenn es um Pop-up-Werbung geht, ist da nur noch Hass – auf Webseiten, denen ihr eigener Inhalt so wenig wert ist, dass sie sich dafür bezahlen lassen, dass Müll ihn verdeckt.

Auf Firmen, die glauben, uns mit solchen Zumutungen zum Klicken bewegen zu können (Telekom: Vergiss es!).

Auf Leute, die so etwas programmieren und dabei sogar meinen Pop-up-Blocker austricksen.

Hass.

Mit Konsequenzen. Ich surfe solche Seiten nicht mehr an. Ich verweigere Firmen, die
Pop-up-Werbung schalten, jeglichen Zutritt zu meinem Monatsbudget; sie landen auf einer Tabuliste.

Und wenn ich abends auf dem Kiez einen Informatiker kennenlerne, wird er abgeklopft, ob er charakterlos genug ist, sich an so etwas zu beteiligen. Wenn ja, dann zahlt er sein Bier selber.

Na gut, „Hass“ ist vielleicht etwas übertrieben. Doch heute, nach zwei Tagen ohne übliche Nahrungszufuhr und Kamillentee statt Wein, ist mir halt nach Übertreibungen.

29 Oktober 2007

Der Eimer

„Mir ist speiübel“, sage ich blass zu einem Kollegen, „könntest du mich vielleicht nach Hause fahren? Ich würde lieber dir ins Auto reihern als dem Busfahrer.“

Er reagiert begeistert. Vorher stand eine Stunde lang ein Sicherheitseimer auf meinem Schreibtisch. Erstmals übrigens. Und weil das keineswegs eine ausreichend breite empirische Basis bedeutet, konnte heute eine höchst dringliche Frage noch nicht final geklärt werden:

Gibt ein Eimer auf dem Schreibtisch nun die nötige Sicherheit oder eher den letzten Schubs?

Heute zumindest weder noch – und jetzt ab in die Koje. Ohne Bild, aus zahlreichen Gründen.

Nichts einfaches als das



Weiß gar nicht, was alle gegen Vattenfall haben. Uns hat die Firma gerade ohne jede Vorwarnung 329,76 Euro zurückerstattet, weil wir in den vergangenen zwölf Monaten zuwenig Nachtstrom verbraucht haben.


Noch mal zum Mitschreiben: „zuwenig Nachtstrom“ und „zurückerstattet“.

Heute gingen wir auf Vattenfalls Kosten gleichwohl noch nicht groß essen, sondern tuckerten mit Wolfsburger Verwandten über die Elbe, stiegen am Dockland aus und die Freitreppe hoch, von wo aus ich (wieder mal) die Skyline der Hafenkräne fotografierte.

Als ich abends Schutzfolien für den neuen iPod kaufen wollte, stieß ich auf folgende Produktbeschreibung, der vermutlich eine werbende Absicht zugrunde liegt:
„Für iPod Bildschirm und 2. Erzeugung Nano, schlagen Sie einfach die Taste auf dem MicroMemo, um, für das neuere iPod zu notieren, das klassisch ist und 3. Erzeugung Nano, verwenden errichtet in der Schnittstelle auf dem iPod, um zu notieren, es ist einfaches das!“
Ja, nichts einfaches als das. Ich habe trotzdem bei jemand anderem gekauft. Und hätte Vattenfall außer Nachtstrom auch iPod-Schutzhüllen im Angebot, wer weiß, was passiert wäre.

26 Oktober 2007

Der Riss nach dem Strick



Nachdem ich und zwei Dutzend Journalisten bereits knapp zwei Stunden der Pressevorführung von Anton Corbijns Biopic „Control“ durchgestanden haben, reißt kurz vorm Ende der Film.

„Control“ handelt in edler Schwarzweißtristesse vom kurzen tragischen Leben des Joy-Division-Sängers Ian Curtis, der sich im Mai 1980 erhängte, mit 23.

Der Film reißt in der Sekunde, als Curtis nach dem Strick greift.

Sofort geht das Licht an, und
zwei Dutzend Journalisten schauen ratlos. Das könnte, rätseln wir, auch das Ende des Films sein, ein elliptisches, aber doch etwas … plötzlich. Doch im Projektionsraum wird hektisch gewerkelt, Minute um Minute, es wird also weitergehen.

Wir bleiben sitzen, und ich muss sagen: Es hat etwas sehr Makabres, mit zwei Stunden Tragödie in den Knochen im hell erleuchteten Saal darauf zu warten, dass Curtis sich endlich, endlich erhängt.

Irgendwann erlischt wirklich wieder das Saallicht, die Leinwand wird hell. Es geschieht, was geschah. Und Ende. Der Abspann ist unterlegt mit meinem Lieblingssong von Joy Division, „Atmosphere“.

Das Wochenende soll übrigens sonnig werden.

Wie Hund und Katz

Draußen unterm Bürofenster geht plötzlich ein nervenzerfetzendes Heulen und Jaulen los, als fiele ein großer Hund über einen kleinen her. Ich schaue raus und sehe einen großen Hund, der gerade über einen kleinen herfällt.

Der große ist braun und m. E. ein Dobermann, der kleine ist zottelig weiß und wäre auch als Wischmopp zu gebrauchen, ohne dass man auf die Idee käme, die 14-tägige Rückgabefrist in Anspruch zu nehmen. Zum Jaulen und Heulen, das der Wischmopp verständlicherweise alleine verantwortet, gesellen sich nun auch noch die Schreie einer Frau.

Sie tritt ins Bild und stürzt sich trotz ihrer beträchtlichen Körperfülle sofort beherzt dazwischen, rettet ihr Hündchen in die Vertikale, presst es an ihren wogenden Busen und schreit munter weiter. Der Dobermann zieht sich enttäuscht zurück, zumal sein jetzt ebenfalls sichtbares Herrchen, ein spitteriger Typ mittleren Alters, entsprechende Anweisungen gibt.

Es ist klar, dass sich der bisher rein canidaische Konflikt nun auch auf der menschlichen Ebene fortsetzen wird. Beide Parteien stehen sich gegenüber wie in einem Leone-Western, Frauchen deutlich bewegter als Herrchen. Es entspinnt sich ein sehr emotional geführter Dialog.

Frauchen: „Warum nehmen Sie Ihren Hund nicht an die Leine?“
Herrchen: „Warum nehmen Sie Ihren Hund nicht an die Leine?“
Frauchen: „Wasss? Ihr Hund ist dreimal so groß wie meiner!“
Herrchen: „Na und? Sie sind auch dreimal so groß wie ich.“

Eine so hübsche Pointe darf man natürlich nicht weiter zerreden.

PS: Der dokumentierte Zettel an der Wand passt nur ungefähr; doch immerhin ist er ebenfalls Ergebnis eines Konflikts. Das muss reichen.

25 Oktober 2007

Alles keine Tauschkandidaten

Nach dem Lunch bummeln wir gewohnheitsmäßig durch die Gänge des Supermarktes. „Ha!“, ruft der Syrer plötzlich aus, „so was brauch ich!“ Er hält triumphierend fünf Liter Frostschutzmittel hoch.

„Damit“, jubiliert er, „kann ich die ganze Nacht lang draußen saufen!“ Ich wage nicht zu fragen, ob er eine innere oder äußere Anwendung plant und ob es wirklich komplette fünf Liter sein müssen.

Wenig später an der Kasse. Ein Kunde tritt von außen an den generell sarkastischen, heute aber sogar biestigen Kassenmann heran und fragt: „Haben Sie Butterschmalz?“ Der Kassierer schaut aus halbverschatteten Augen hoch, als hätte man ihm die dümmste Frage der Welt gestellt.

„Näh“, schnappt er dann, „wir haben kein Butterschmalz. Aber fragen Sie mal bei Rewe. Die haben auch bis 22 Uhr auf.“ Der Kunde zuckt schüchtern zusammen, murmelt ein leises „Ich frag ja nur“ und trollt sich. Wahrscheinlich zu Rewe.

„22 Uhr“, übernehme ich, und zwar im Bestreben, Öl ins Feuer der Stimmung des Kassenmanns zu gießen, „das blüht Ihnen bestimmt auch bald.“ Er lächelt schmerzlich. „Kommt bald“, nickt er knapp. Und dann noch mal, mehr zu sich selbst: „Kommt bald.“

Nein, mit ihm möchte ich nicht tauschen, das wird mir sofort klar. Obwohl ich das auch vorher schon wusste, aber eher latent. Doch ich verschweige ihm das; man muss schließlich wissen, wann’s gut ist.

Inzwischen ist der Syrer schon durch, ohne Frostschutz. Jetzt wird er doch frieren beim Draußensaufen. Auch er kommt nicht als Tauschkandidat in Frage. Was ich ebenfalls verschweige.

23 Oktober 2007

Hierzu ist mir keine Überschrift eingefallen



Von nun an soll
also der bislang goldschimmernde Herbst mehr ins Bleigraue lappen, wie man hört. Gut: Dann wird er hier eben konserviert, mit zwei Fotos aus Planten un Blomen vom Sonntag.

Wäre ich Droste, Rilke oder Regener, fiele mir bestimmt etwas Besinnliches zum Herbst ein, doch mir gelingt ja nicht mal eine Überschrift zu diesem Eintrag, und so sehr ich auch hin und her sinniere, ich muss immer nur an die anstehende Saison der tropfenden Nasen denken und an meine Grippeimpfung am Donnerstag.

Und an einen saisonübergreifend schnuffelnden Bekannten, der sich seine Lage geschickt schönredet: „So ein Grundschnupfen“, tröstete er sich neulich selbst, „ist nicht schlecht, der härtet ab.“ Doch vor was eigentlich – Schnupfen …?

Irgendetwas stimmt nicht mit diesem Spruch, soviel ist klar.