Die vielfältigen Probleme einer umfangreichen Plattensammlung ahnt man nicht im Entferntesten, wenn man sie noch nicht hat, die umfangreiche Plattensammlung.
Neben dem schieren Platzbedarf, der irgendwann zu diversen Reibungen bis hinein in eine ansonsten toll funktionierende Zweierbeziehung führt, stellt eine umfangreiche Plattensammlung auch enorme Anforderungen ans menschliche Gedächtnis. Zumindest an meins.
Manchmal stehe ich auf dem Flohmarkt und frage mich: Habe ich diese Platte schon oder nicht? Immer öfter auch freue ich mich kindlich über ein feines Fundstück, welches ich im besten Fall schon seit Jahren suchte und nun glückstrunken nach Hause trage, wo ich der frustrierenden Wahrheit ins Gesicht blicken muss. Sie lautet: Jetzt habe ich die Platte doppelt.
Heute Abend im Knust, beim Konzert von Laura Veirs, über die ich vor Äonen schon einmal ein bisschen bloggte, stand ich am Verkaufsstand und fragte mich angesichts ihrer CD „The Triumphs & Travails of Orphan Mae“ ratlos, ob ich mich eigentlich schon in der Gewissheit ihres Besitzes wiegen dürfe oder nicht.
Da ich das nicht nur innerlich, sondern auch vernehmlich für den Verkäufer tat, versuchte er sich an einer pragmatischen Lösung. „Buy it to make it sure“, sagte er listig. Ein Killerargument, wie ich bewundernd zugeben musste.
Also kaufte ich sie. Und jetzt habe ich sie doppelt. Die im Archiv ist allerdings eine gebrannte Promoversion, ich darf sie somit nicht einmal auf Ebay versteigern, weil man für so was natürlich sofort wieder gesperrt wird.
Praktisch veranlagte Blogleser drängt es jetzt sicherlich danach, mir ersatzweise den Verkauf der erst heute Abend erstandenen Original-CD nahezulegen, was zwar legal wäre, aber erst recht nicht in Frage kommt. Sie hat nämlich im Gegensatz zu der profan verpackten Kopie ein schönes rotes Pappcover (neudeutsch: Digipack), das ich nie mehr missen mag.
Nein, dann verschenke ich lieber die Gebrannte – im Rahmen einer Verlosung unter allen Kommentatoren dieses Beitrags. Es entscheidet allein der blinde Würfel und nicht die Qualität des Kommentars. Wobei ich natürlich niemand davon abhalten will, etwas Intelligentes zu sagen – was eine völlig unnötige Bemerkung ist, denn das Niveau der hiesigen Kommentare übersteigt eh meist die Qualität der Beiträge, und deshalb …
… verdammt, ich verzettle mich. Eine umfangreiche Plattensammlung verschlechtert offenbar nicht nur die Performance des Erinnerungsvermögens, sondern meine Geistesleistungen ganz allgemein.
Kurz: Wer die Platte haben will, soll was sagen.
Pasta.
„3000 Plattenkritiken“ | „Die Frankensaga – Vollfettstufe“ | RSS-Feed | In memoriam | mattwagner {at} web.de |
16 April 2007
Gut geklaut ist schlecht gebloggt
Niemand muss bloggen. Es gibt kein Gesetz, das uns dazu verpflichtet. Wer bloggt, tut das vollkommen freiwillig. Er möchte sich ausdrücken. Das dachte ich zumindest immer. Es gibt aber auch Menschen, die tun nur so, als würden sie bloggen. Heute habe ich dank des aufmerksamen bosch so jemanden kennengelernt.
Es ist eine junge Frau aus Hamburg. Ihr Blog sieht ganz normal aus. Alles ist da: Einträge in verblüffender Frequenz und von erstaunlichem Variantenreichtum, dazu eine Blogroll und mutigerweise sogar ein Porträtfoto. Zudem ein Impressum, in dem es heißt:
Insgesamt sechs Blogs – darunter „boschblog“ und „Die Rückseite der Reeperbahn“ – hat sie regelmäßig geplündert, die Einträge von verräterischen Spuren gesäubert und als eigene Schöpfungen in ihrem Blog veröffentlicht. Allerdings mit den gleichen Überschriften wie die Originale, was eher von beklemmender Naivität als von krimineller Intelligenz zeugt.
Bosch kam ihr auf die Spur und wies sie zurecht; jetzt ist ihr Fakeblog offline. Mich interessierte vor allem, warum sie das überhaupt getan hat, wie sie tickt – Motivationsforschung in den Schmuddelecken der Blogosphäre. Es kam die erbetene ehrliche Antwort: „Ich fand deine Beiträge sehr gut geschrieben“, mailte sie mir, „und wollte mich damit schmücken, um anderen zu gefallen.“
Eine Offenheit, die den Augenbalken auf dem heutigen Foto erst ermöglichte. Wir sechs Beklauten standen übrigens nicht auf ihrer Blogroll, das ist sehr verständlich. Aber sie hat aus meinen Beiträgen Ms. Columbo gestrichen. Und das verzeihe ich ihr erst nach einer mehrwöchigen Karenzzeit.
Es ist eine junge Frau aus Hamburg. Ihr Blog sieht ganz normal aus. Alles ist da: Einträge in verblüffender Frequenz und von erstaunlichem Variantenreichtum, dazu eine Blogroll und mutigerweise sogar ein Porträtfoto. Zudem ein Impressum, in dem es heißt:
„Die Betreiber der Seiten sind bemüht, stets die Urheberrechte anderer zu beachten bzw. auf selbst erstellte sowie lizenzfreie Werke zurückzugreifen. Die durch die Seitenbetreiber erstellten Inhalte und Werke auf diesen Seiten unterliegen dem deutschen Urheberrecht. Beiträge Dritter sind als solche gekennzeichnet.“Alles scheint also harmlos und normal, doch es gibt einen gewaltigen Schönheitsfehler: Der Auszug aus dem Impressum ist der blanke Hohn. Denn die Einträge der jungen Frau sind geklaut.
Insgesamt sechs Blogs – darunter „boschblog“ und „Die Rückseite der Reeperbahn“ – hat sie regelmäßig geplündert, die Einträge von verräterischen Spuren gesäubert und als eigene Schöpfungen in ihrem Blog veröffentlicht. Allerdings mit den gleichen Überschriften wie die Originale, was eher von beklemmender Naivität als von krimineller Intelligenz zeugt.
Bosch kam ihr auf die Spur und wies sie zurecht; jetzt ist ihr Fakeblog offline. Mich interessierte vor allem, warum sie das überhaupt getan hat, wie sie tickt – Motivationsforschung in den Schmuddelecken der Blogosphäre. Es kam die erbetene ehrliche Antwort: „Ich fand deine Beiträge sehr gut geschrieben“, mailte sie mir, „und wollte mich damit schmücken, um anderen zu gefallen.“
Eine Offenheit, die den Augenbalken auf dem heutigen Foto erst ermöglichte. Wir sechs Beklauten standen übrigens nicht auf ihrer Blogroll, das ist sehr verständlich. Aber sie hat aus meinen Beiträgen Ms. Columbo gestrichen. Und das verzeihe ich ihr erst nach einer mehrwöchigen Karenzzeit.
15 April 2007
Alle Vöglein sind schon weg
Touristen schieben sich schwarmartig über die Landungsbrücken, die eklen Dieselschwaden der Schiffe hängen träg im traumhaften Tag, und wir suchen einfach nur Enten. Gerne auch Möwen.
Denn wir haben Brotkanten dabei, und Vögel sollen sie fressen, solange es keine Tauben sind, diese elenden Ratten der Lüfte.
Hierher aber, ans hochsommerliche Glitzerfunken sprühende Wasser, trauen sich die Tauben nicht. Sie fürchten sich vor der Aggessivität und den Hakenschnäbeln der Möwen. Aber wo sind die Möwen bloß? Und wo die Enten?
Wir sehen keine. Eine Brücke nach der anderen laufen wir zunehmend verwundert ab, doch die Elbe scheint jetzt, wo endlich die Lachse wieder da sind, vom gefiederten Volk völlig verlassen.
Wir sind schon wieder auf dem Rückweg, als ich auf dem kleinen Ponton unter Brücke 10 endlich ein faules Entenpaar entdecke. Es sitzt träg im Schatten des traumhaften Tages und verdöst die Mittagszeit, statt seiner evolutionären Pflicht zu folgen und Nahrung zu suchen.
Doch heute erweist sich Tatenlosigkeit als genau richtige Taktik im Sinne Darwins, und als das erste Stückchen Brot neben ihnen ins Wasser platscht, sind die beiden sofort hellwach – genauso wie die gefühlten dreißig Möwen, die urplötzlich aus dem Nichts materialisieren, als hätte Scotty sie hierher gebeamt, an die Landungsbrücke 10.
Wo, verdammt, waren diese Vögel die ganze Zeit? Und wie, in Phoenix’ Namen, kriegten sie die Mannalieferung derart schnell spitz?
Jedenfalls herrscht binnen Sekunden ein Hauen und Stechen. Wir versuchen die Enten zu bevorzugen, weil sie keine Chance hätten im Kampf mit den Möwen, doch wir haben eh genug für alle dabei.
Schon bald sind Enten und Möwen satt und prall und zunehmend desinteressiert. Ich kann Ms. Columbo zu Hause abliefern und sofort rübergehen zum Stadion, wo ich auf den letzten Drücker noch eine Schwarzmarktkarte fürs Spiel meines kleinen Stadtteilvereins gegen Holstein Kiel ergattere.
St. Pauli siegt 2:0, ich stehe in der Nordkurve träg im traumhaften Tag und hole mir – Mitte April – einen leichten Sonnenbrand auf beiden Lippen.
Ich liebe den Klimawandel.
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13 April 2007
Rückenkerle
Heute um 16:18 Uhr MESZ erhielt ich eine Mail von „Arianna“. Sie trug den Betreff „Re: Interesting“. Dabei kann ich mich nicht erinnern, ihr eine Mail mit dem Betreff „Interesting“ geschickt zu haben, auf die sie hätte antworten können. Ja, ich kenne Arianna nicht einmal, aber sie offenbar mich.
Arianna hat die Mailadresse Arianna@brosonhos.com, und die Website, die sie mich in dürren Worten aufzusuchen bat, preist sie mit den Worten an: „Big back guys on little white girls“.
Das klingt nicht sehr fair, doch abgesehen davon scheint mir auch der Begriff „Rückenkerle“ erklärungsbedürftig. Deshalb bat ich Arianna, mir die Sachlage zu erklären:
Betreff: Re: Re: Interesting
Hi, Arianna,
don't you rather mean big „black“ guys?
Otherwise it's NOT interesting.
Leider blieb sie mir bisher eine Antwort schuldig. Vielleicht ist sie sauer, weil ich mich nicht für Rückenkerle interessiere.
Arianna hat die Mailadresse Arianna@brosonhos.com, und die Website, die sie mich in dürren Worten aufzusuchen bat, preist sie mit den Worten an: „Big back guys on little white girls“.
Das klingt nicht sehr fair, doch abgesehen davon scheint mir auch der Begriff „Rückenkerle“ erklärungsbedürftig. Deshalb bat ich Arianna, mir die Sachlage zu erklären:
Betreff: Re: Re: Interesting
Hi, Arianna,
don't you rather mean big „black“ guys?
Otherwise it's NOT interesting.
Leider blieb sie mir bisher eine Antwort schuldig. Vielleicht ist sie sauer, weil ich mich nicht für Rückenkerle interessiere.
12 April 2007
Huhn oder Chicken?
In den Filialen von Balzac Coffee gibt es Kaffeesorten wie Hazelnut, Breakfast Blend, Arabien Moca Java oder Vanilla Almond. Außer aufgebrühten Bohnengetränken haben sie dort auch „tägliche frische Produkte aus unserer eigenen Bakery“, zum Beispiel Baguettes. Die tragen ähnlich orginär deutsche Namen.
Obwohl Ms. Columbo keineswegs zu jener dumpfen Masse Mensch gehört, die das grassierende Deppendenglisch schafsgleich nachplappert, neigt sie in fremder Umgebung doch zu einer gewissen adaptiven Milde; deshalb nahm sie ihre Bestellung vorgestern im Balzac-typischen Duktus vor.
„Ein Baguette mit Chicken“, sagte sie.
„Das ist nicht mit Schinken“, korrigierte sie Frau Balzac, „das ist mit Huhn.“
So kann’s gehen, wenn man sich in fremde Sphären vorwagt. Heute war sie gleichwohl wieder bei Balzac. Kuriert von ihrem misslungenen Ausflug in die schwankende Welt des Denglisch ließ sie die Erfahrung von vorgestern einfließen.
„Ein Baguette mit Huhn“, sagte sie.
Die Antwort war keine Antwort, sondern eine Frage: „Grilled chicken?“
Was mich vor allem wundert: warum ein nach Honoré de Balzac benannter Laden, dessen Logo ein nackter Engel auf einem Motorroller ziert, seine Produktnamen nicht französisiert.
Egal: Ms. Columbo ist an beiden Tagen satt geworden. Und nur das zählt.
Obwohl Ms. Columbo keineswegs zu jener dumpfen Masse Mensch gehört, die das grassierende Deppendenglisch schafsgleich nachplappert, neigt sie in fremder Umgebung doch zu einer gewissen adaptiven Milde; deshalb nahm sie ihre Bestellung vorgestern im Balzac-typischen Duktus vor.
„Ein Baguette mit Chicken“, sagte sie.
„Das ist nicht mit Schinken“, korrigierte sie Frau Balzac, „das ist mit Huhn.“
So kann’s gehen, wenn man sich in fremde Sphären vorwagt. Heute war sie gleichwohl wieder bei Balzac. Kuriert von ihrem misslungenen Ausflug in die schwankende Welt des Denglisch ließ sie die Erfahrung von vorgestern einfließen.
„Ein Baguette mit Huhn“, sagte sie.
Die Antwort war keine Antwort, sondern eine Frage: „Grilled chicken?“
Was mich vor allem wundert: warum ein nach Honoré de Balzac benannter Laden, dessen Logo ein nackter Engel auf einem Motorroller ziert, seine Produktnamen nicht französisiert.
Egal: Ms. Columbo ist an beiden Tagen satt geworden. Und nur das zählt.
11 April 2007
Unschöne Begleiterscheinungen
Vorher hatte ich gar nicht über den Satz nachgedacht, doch in dem Augenblick, als ich ihn der jungen Frau an der Kinokasse sagte, bemerkte ich seine unschönen Begleiterscheinungen: „Zweimal den ,Wixxer’ bitte“, hörte ich mich sagen.
Allerdings blieb die Cinemaxx-Frau ungerührt – oder besser: abgebrüht, denn der Film ist ein Erfolg, und sie hat diesen Satz bestimmt schon hundertmal gehört.
Unschöne Begleiterscheinungen weist auch stets das Verzehren eines Döners im Stehen auf, und das heutige Foto dokumentiert, welche das sind – und warum Ms. Columbo und ich höchst selten beim Verzehren eines Döners angetroffen werden.
Aber einmal alle zehn Jahre eben doch, und unglücklicherweise habe ich genau dann einen Fotoapparat dabei. Na ja, wie eigentlich immer.
Allerdings blieb die Cinemaxx-Frau ungerührt – oder besser: abgebrüht, denn der Film ist ein Erfolg, und sie hat diesen Satz bestimmt schon hundertmal gehört.
Unschöne Begleiterscheinungen weist auch stets das Verzehren eines Döners im Stehen auf, und das heutige Foto dokumentiert, welche das sind – und warum Ms. Columbo und ich höchst selten beim Verzehren eines Döners angetroffen werden.
Aber einmal alle zehn Jahre eben doch, und unglücklicherweise habe ich genau dann einen Fotoapparat dabei. Na ja, wie eigentlich immer.
10 April 2007
Ein Stofftier, aber nicht Knut
Ja, irgendein Wahnsinniger ist hinabgestiegen ins Gleisbett am S-Bahnhof Reeperbahn. Er hat die Gleise überquert, den Hammer ausgepackt und einen Nagel in die Fahrplanwand geschlagen. Um ein kleines schwarzes Stofftier mit gelben Füßchen daran aufzuhängen.
Dann ist er wieder über die Gleise zurückgestiegen. Er ist hochgeklettert auf den Bahnsteig, hat auf den nächsten Zug gewartet und ist davongefahren.
Wer immer das war, er muss die ganze Aktion lebend überstanden haben. Auf dem Hinweg hatte er die Starkstromleitung ja evidenterweise nicht berührt, sonst hinge jetzt kein Stofftier da. Und wäre ihm der Rückweg letal misslungen und hätte die Polizei seine verkohlten Überreste von den Gleisen schaben müssen, dann wäre einem der Beamten sicher das kleine schwarze Stofftier mit den gelben Füßchen am Fahrplanplakat aufgefallen, und er hätte es abgenommen.
Nein, der Wahnsinnige muss das alles wirklich lebend überstanden haben. Um welches Stofftier es sich handelt, konnte ich nicht genau erkennen, und zur Beweissicherung hinabsteigen wollte ich nicht.
Eins jedenfalls ist sicher: Es ist nicht Knut.
Dann ist er wieder über die Gleise zurückgestiegen. Er ist hochgeklettert auf den Bahnsteig, hat auf den nächsten Zug gewartet und ist davongefahren.
Wer immer das war, er muss die ganze Aktion lebend überstanden haben. Auf dem Hinweg hatte er die Starkstromleitung ja evidenterweise nicht berührt, sonst hinge jetzt kein Stofftier da. Und wäre ihm der Rückweg letal misslungen und hätte die Polizei seine verkohlten Überreste von den Gleisen schaben müssen, dann wäre einem der Beamten sicher das kleine schwarze Stofftier mit den gelben Füßchen am Fahrplanplakat aufgefallen, und er hätte es abgenommen.
Nein, der Wahnsinnige muss das alles wirklich lebend überstanden haben. Um welches Stofftier es sich handelt, konnte ich nicht genau erkennen, und zur Beweissicherung hinabsteigen wollte ich nicht.
Eins jedenfalls ist sicher: Es ist nicht Knut.
09 April 2007
Der Ebay-Idiotentest
Wenn man als Verkehrssünder in Flensburg fleißig punktet, muss man irgendwann zu einer Untersuchung, die der Volksmund nicht ganz zu Unrecht „Idiotentest“ getauft hat. So etwas gibt es auch bei Ebay, wie ich gerade schmerzlich am eigenen Leib erfahren muss.
Wir erinnern uns: Das Online-Auktionshaus hatte mich auf Betreiben des Fußballclubs HSV gesperrt. Bevor ich wieder etwas versteigern darf, soll ich also den Online-Idiotentest bestehen.
Ebay nennt das natürlich nicht Idiotentest, sondern „Info-Tour zum Thema Schutz gewerblicher Schutzrechte und geistigem Eigentums“ (sic!). Nun muss ich im Multiple-Choice-Verfahren neun Fragen beantworten – und die vorgeschlagenen Antworten legen nahe, dass Ebay mich wirklich für einen Idioten hält.
Eine Aufgabe lautet: „Sie haben einen Film mit einem DVD-Brenner kopiert und möchten diese DVD nun bei eBay verkaufen. eBay löscht daraufhin Ihr Angebot. Warum?“ Und als Option zum Kreuzchenmachen wird mir u. a. das hier offeriert: „b. Sie haben vergessen, den Abspann des Films auf die DVD zu kopieren.“
So geht das weiter: Ein toller Vorschlag für die Qualitätssteigerung von Auktionen jagt den nächsten. Gleichwohl möchte Ebay mich ganz offensichtlich dazu bewegen, immer den langweiligsten Vorschlag anzukreuzen, was ich natürlich tue – ich will schließlich wieder in die Gemeinschaft der Onlineversteigerer aufgenommen werden; man fühlt sich sonst wie ein halber Mensch.
Wer den amüsanten Idiotenparcours einmal selbst durchstolpern möchte, kann das völlig gefahrlos tun, denn einloggen muss man sich erst am Ende, aber halt nur Leute wie ich: Gesperrte, Parias, Aussätzige.
Ach ja: Ich habe bestanden und darf wieder versteigern. Und natürlich werde ich künftig keinesfalls vergessen, auch den Nachspann meiner eingestellten DVDs mitzukopieren.
Denn ich bin doch nicht blöd – sondern ganz und gar im Besitz meines geistigem Eigentums.
Wir erinnern uns: Das Online-Auktionshaus hatte mich auf Betreiben des Fußballclubs HSV gesperrt. Bevor ich wieder etwas versteigern darf, soll ich also den Online-Idiotentest bestehen.
Ebay nennt das natürlich nicht Idiotentest, sondern „Info-Tour zum Thema Schutz gewerblicher Schutzrechte und geistigem Eigentums“ (sic!). Nun muss ich im Multiple-Choice-Verfahren neun Fragen beantworten – und die vorgeschlagenen Antworten legen nahe, dass Ebay mich wirklich für einen Idioten hält.
Eine Aufgabe lautet: „Sie haben einen Film mit einem DVD-Brenner kopiert und möchten diese DVD nun bei eBay verkaufen. eBay löscht daraufhin Ihr Angebot. Warum?“ Und als Option zum Kreuzchenmachen wird mir u. a. das hier offeriert: „b. Sie haben vergessen, den Abspann des Films auf die DVD zu kopieren.“
So geht das weiter: Ein toller Vorschlag für die Qualitätssteigerung von Auktionen jagt den nächsten. Gleichwohl möchte Ebay mich ganz offensichtlich dazu bewegen, immer den langweiligsten Vorschlag anzukreuzen, was ich natürlich tue – ich will schließlich wieder in die Gemeinschaft der Onlineversteigerer aufgenommen werden; man fühlt sich sonst wie ein halber Mensch.
Wer den amüsanten Idiotenparcours einmal selbst durchstolpern möchte, kann das völlig gefahrlos tun, denn einloggen muss man sich erst am Ende, aber halt nur Leute wie ich: Gesperrte, Parias, Aussätzige.
Ach ja: Ich habe bestanden und darf wieder versteigern. Und natürlich werde ich künftig keinesfalls vergessen, auch den Nachspann meiner eingestellten DVDs mitzukopieren.
Denn ich bin doch nicht blöd – sondern ganz und gar im Besitz meines geistigem Eigentums.
Im Totenpark
„Komm, wir probieren’s einfach!“, schlägt Ms. Columbo fröhlich Schwarzfahren vor, nachdem wir planen, den größten Parkfriedhof der Welt in Ohlsdorf zu besuchen und ich auf die mangelnde Reichweite unserer Monatskarte verwiesen habe.
„Früher“, tadle ich sie streng, „warst du eine anständige junge Frau, und jetzt planst du Gesetzesbrüche! Was ist bloß aus dir geworden?“ Sie bestreitet meine Analyse keineswegs, führt aber vor allem meinen schlechten Einfluss ins Feld. Mist, sie hat Recht.
Daher schlage ich verschärfend vor, wir könnten heute nachmittag ja Blumen von den Ohlsdorfer Gräbern klauen, das sei bestimmt noch verwegener als schwarzfahren. „Nein“, erwidert Ms. Columbo entschieden, „meine Gegner müssen sich wehren können.“
Also bleibt es beim abschnittsweisen Schwarzfahren, was durchaus zur aufregenden Episode gerät, denn am Jungfernstieg steigt ein Uniformierter der Hochbahn zu, platziert sich nur wenige Sitze entfernt gegenüber und bleibt bis Ohlsdorf (zum Glück tatenlos) sitzen, das sind gefühlte 34 Stationen.
Vorm Haupteingang des Friedhofs stoßen wir auf ein Bestattungsinstitut, welches die populäre Philosophie des „Geiz ist geil“ behutsam in seinen Tätigkeitsbereich überführt hat. Dennoch scheinen mir die beiden Wörter „Sarg“ und „Discount“ noch ein wenig zu fremdeln, aber das war ja bis vor kurzem auch noch mit „Billig“ und „Flug“ so.
Man sollte niemals Avantgardisten in ihrem Tun behindern.
„Früher“, tadle ich sie streng, „warst du eine anständige junge Frau, und jetzt planst du Gesetzesbrüche! Was ist bloß aus dir geworden?“ Sie bestreitet meine Analyse keineswegs, führt aber vor allem meinen schlechten Einfluss ins Feld. Mist, sie hat Recht.
Daher schlage ich verschärfend vor, wir könnten heute nachmittag ja Blumen von den Ohlsdorfer Gräbern klauen, das sei bestimmt noch verwegener als schwarzfahren. „Nein“, erwidert Ms. Columbo entschieden, „meine Gegner müssen sich wehren können.“
Also bleibt es beim abschnittsweisen Schwarzfahren, was durchaus zur aufregenden Episode gerät, denn am Jungfernstieg steigt ein Uniformierter der Hochbahn zu, platziert sich nur wenige Sitze entfernt gegenüber und bleibt bis Ohlsdorf (zum Glück tatenlos) sitzen, das sind gefühlte 34 Stationen.
Vorm Haupteingang des Friedhofs stoßen wir auf ein Bestattungsinstitut, welches die populäre Philosophie des „Geiz ist geil“ behutsam in seinen Tätigkeitsbereich überführt hat. Dennoch scheinen mir die beiden Wörter „Sarg“ und „Discount“ noch ein wenig zu fremdeln, aber das war ja bis vor kurzem auch noch mit „Billig“ und „Flug“ so.
Man sollte niemals Avantgardisten in ihrem Tun behindern.
08 April 2007
Bei den Osterfeuern
Was ist bloß so interessant daran, der zerstückelten Leiche eines Baumes dabei zuzusehen, wie sie ihre zeitlebens mühsam akkumulierte Energie in Form von Licht und Hitze vergleichsweise schlagartig wieder abgibt?
Keine Ahnung, doch auch wir entern an der Reeperbahn bei einbrechender Dunkelheit den überfüllten 36er-Bus, um unten an der Elbe die Osterfeuer brennen zu sehen.
Der Wind bläst von Westen her, wo jenes Meer liegt, das uns eines Tages alle überfluten wird, und deshalb riechen wir die Feuer, lange bevor wir sie sehen. Ironischerweise fördern die sinnlosen Osterfeuer genau jenen Effekt, der einst das Meer dazu bewegen wird, uns alle zu überfluten, doch heute Abend ist es noch nicht so weit.
Und als wir vor den Feuern stehen, lodert sogleich die archaische Faszination des Flammenstarrens wieder auf; sie muss uns ganz tief in den Genen liegen, und wahrscheinlich würden wir aus den gleichen Gründen auch problemlos den Geschmack eines Mammuts wiedererkennen.
Es ist heiß an den Feuern, doch der Wind, der von Westen her weht, ist kalt und böse, und statt uns in irgendeiner der Strandkneipen von innen her mit flüssiger Wärme auszukleiden, steigen wir wieder in den Bus, fahren nach Hause und legen einen Horrorfilm auf, den wir aus mehreren Gründen nach der Hälfte abbrechen.
Keine Ahnung, doch auch wir entern an der Reeperbahn bei einbrechender Dunkelheit den überfüllten 36er-Bus, um unten an der Elbe die Osterfeuer brennen zu sehen.
Der Wind bläst von Westen her, wo jenes Meer liegt, das uns eines Tages alle überfluten wird, und deshalb riechen wir die Feuer, lange bevor wir sie sehen. Ironischerweise fördern die sinnlosen Osterfeuer genau jenen Effekt, der einst das Meer dazu bewegen wird, uns alle zu überfluten, doch heute Abend ist es noch nicht so weit.
Und als wir vor den Feuern stehen, lodert sogleich die archaische Faszination des Flammenstarrens wieder auf; sie muss uns ganz tief in den Genen liegen, und wahrscheinlich würden wir aus den gleichen Gründen auch problemlos den Geschmack eines Mammuts wiedererkennen.
Es ist heiß an den Feuern, doch der Wind, der von Westen her weht, ist kalt und böse, und statt uns in irgendeiner der Strandkneipen von innen her mit flüssiger Wärme auszukleiden, steigen wir wieder in den Bus, fahren nach Hause und legen einen Horrorfilm auf, den wir aus mehreren Gründen nach der Hälfte abbrechen.
06 April 2007
Definiere dialektisch
Jener abgebildete Philippino, der sich heute aus Karfreitagsgründen geißeln zu müssen glaubte, hat während seines blutigen Tuns offenbar sorgfältig darauf geachtet, das oben auf seinem Rücken eintätowierte affengeile Busenwunder unbeeinträchtigt zu lassen.
Hätte ich mich nicht einst mit Hegel und Marx beschäftigt, stünde ich ratlos und frappiert vor diesem Bild; so aber kann ich es einfach dialektisch nennen und zur Tagesordnung übergehen.
Frohe Ostern.
Hätte ich mich nicht einst mit Hegel und Marx beschäftigt, stünde ich ratlos und frappiert vor diesem Bild; so aber kann ich es einfach dialektisch nennen und zur Tagesordnung übergehen.
Frohe Ostern.
05 April 2007
Abenteuerurlaub Bloggerlesung
Am 14. April – dem gleichen Tag also, nur 152 Jahre später, als John Wilkes Booth Abraham Lincoln erschoss – gibt es in der Hanauer Zehntscheune eine schillernd kompilierte Bloggerlesung mit dem bewusst nach Vollhorst klingenden Titel „Herbert – Die Lesung“.
Beteiligt ist folgendes schrille Ensemble: DieJulia, German Psycho, Turnschuhromantik, Murmeltiertag, kreativbetrunken und Zahltag.
Das Ganze kostet lachhafte fünf Euro, man bekommt also im Schnitt für nur 83 Cent einen Blogger. Oder eine Bloggerin. Das entspricht umgerechnet einem Drittelbier – und entzieht Ausreden fürs Nichterscheinen jede Grundlage. Die Bewohner Hessens und benachbarter Bundesländer mögen also bitte geschlossen erscheinen.
Und keine Angst vor German Psycho: Normalerweise ist er recht harmlos. Zudem haben die Veranstalter versprochen, ihn beim Lesen festzuketten – wie einst King Kong im New Yorker Theater.
(Ja, ich weiß, wie das damals ausging. Aber die Qualität der Ketten ist inzwischen viel besser. Die halten.)
(Foto: geocities)
Beteiligt ist folgendes schrille Ensemble: DieJulia, German Psycho, Turnschuhromantik, Murmeltiertag, kreativbetrunken und Zahltag.
Das Ganze kostet lachhafte fünf Euro, man bekommt also im Schnitt für nur 83 Cent einen Blogger. Oder eine Bloggerin. Das entspricht umgerechnet einem Drittelbier – und entzieht Ausreden fürs Nichterscheinen jede Grundlage. Die Bewohner Hessens und benachbarter Bundesländer mögen also bitte geschlossen erscheinen.
Und keine Angst vor German Psycho: Normalerweise ist er recht harmlos. Zudem haben die Veranstalter versprochen, ihn beim Lesen festzuketten – wie einst King Kong im New Yorker Theater.
(Ja, ich weiß, wie das damals ausging. Aber die Qualität der Ketten ist inzwischen viel besser. Die halten.)
(Foto: geocities)
04 April 2007
Die lange und jämmerliche Geschichte meiner Versuche, Bob Dylan zu fotografieren
Ich versuche in der Color Line Arena den offenen Kasten zu knipsen, in dem die Gitarren von Bob Dylans Begleitband aufbewahrt werden; er trägt die Aufschrift „Beware of DOG“. Und diese Warnung war berechtigt, denn sofort walzt eine Security-Bulldogge heran und verbietet mir das Knipsen.
Der Typ ist unfassbar dick und so wulstig rund wie das Michelin-Männchen, sein kahler Schädel mündet am Kinn unmittelbar in den Schlips. Ein Hals, an dem das Kleidungsstück festgebunden sein könnte, ist nicht zu sehen, nicht einmal im Ansatz.
„Beware of DOG!“, halte ich ihm die Trivialität meines Motivs kommentarlos vor und versuche ihm so die Lachhaftigkeit seines Ansinnens vor Augen zu führen. Was auch funktioniert. Allerdings lacht er nicht. „Danach ist sofort Schluss“, sagt er.
Im weiteren Verlauf des Abends versuche ich mehrfach heimlich Bob Dylan zu fotografieren, gerate jedoch immer wieder ins Visier der argwöhnischen Bulldogge. Dass letztlich kein einziges Bild entsteht, welches das Manko des Dilettantischen abzustreifen vermag, will ich gleichwohl nicht dem Dicken anlasten, sondern einer langen persönlichen Tradition vergeblicher Versuche, Bob Dylan zu fotografieren.
Sie reicht zurück bis in die frühen 80er Jahre, als ich erstmals der Gnade anteilig wurde, einen Ort auf dieser Erde mit dem auratischen Künstler teilen zu dürfen, was mir seither weitere fünf Male vergönnt war. Es war auf der Loreley am Rhein, das Gelände war so riesig wie meine Pocketkamera klein, und ich kam kaum näher als fünfzig Meter an die Bühne heran.
Dennoch wagte ich einen Schuss, der – zusätzlich beeinträchtigt durch ein ehrfurchtsvolles Zittern meiner Hände – einen verwischten rotweißen Fliegenschiss in der Mitte des Fotos ergab, und das war Bob Dylan. Dass ich der Einzige weltweit war, der diese Bilddeutung zu leisten imstande war, steigerte meine gedämpfte Freude über den Beweis meiner Begegnung allerdings kaum. (Übrigens habe ich heute Abend alle Schubladen nach diesem Foto durchwühlt, um diese Schilderung zu dokumentieren, konnte es aber nicht finden.).
Danach passierte dekadenlang nichts, doch vor zwei Jahren traf ich wieder einmal kamerabewehrt auf Dylan, und zwar im CCH. Der Versuch, in die Nähe der Bühne zu gelangen, schien zunächst von Erfolg gekrönt, doch kaum zückte ich die Kamera zum finalen Schuss, vertrieb mich ein menschlicher Panzerschrank, der mich jetzt, im Rückblick, frappant an jenes Monstrum erinnert, welches mich heute Abend vom „Beware of DOG“-Schild fernhalten wollte.
Aus der Deckung der letzten Reihe versuchte ich noch mal mein Glück und erzeugte jenes oben zu sehende wirre Gewische aus Rot- und Gelbklecksen, in dessen Mitte mit viel gutem Willen eine Art Hut zu erkennen ist, und der gehört Bob Dylan. Das tut er, ich schwör’s!
Heute Abend nun gelang mir unter den argwöhnischen Schweinsäuglein der Bulldogge jenes oben gleichfalls dokumentierte blaugrundierte Werk, in dessen Bildmitte ein verwackelter weißer Hut zu erkennen ist, worunter sich wer versteckt? Bob Dylan.
Diesmal – soviel kann ich stolz behaupten – habe aber nicht ich gewackelt, sondern Bob. Insofern bedeutet das einen kleinen Höhepunkt in der langen Geschichte meiner jämmerlichen Versuche, Bob Dylan zu fotografieren.
Na ja, wirklich wichtig sind ja eh nur die Bilder, die man im Kopf hat. Leider scheitere ich aber immer wieder daran, davon Abzüge fertigen zu lassen.
Der Typ ist unfassbar dick und so wulstig rund wie das Michelin-Männchen, sein kahler Schädel mündet am Kinn unmittelbar in den Schlips. Ein Hals, an dem das Kleidungsstück festgebunden sein könnte, ist nicht zu sehen, nicht einmal im Ansatz.
„Beware of DOG!“, halte ich ihm die Trivialität meines Motivs kommentarlos vor und versuche ihm so die Lachhaftigkeit seines Ansinnens vor Augen zu führen. Was auch funktioniert. Allerdings lacht er nicht. „Danach ist sofort Schluss“, sagt er.
Im weiteren Verlauf des Abends versuche ich mehrfach heimlich Bob Dylan zu fotografieren, gerate jedoch immer wieder ins Visier der argwöhnischen Bulldogge. Dass letztlich kein einziges Bild entsteht, welches das Manko des Dilettantischen abzustreifen vermag, will ich gleichwohl nicht dem Dicken anlasten, sondern einer langen persönlichen Tradition vergeblicher Versuche, Bob Dylan zu fotografieren.
Sie reicht zurück bis in die frühen 80er Jahre, als ich erstmals der Gnade anteilig wurde, einen Ort auf dieser Erde mit dem auratischen Künstler teilen zu dürfen, was mir seither weitere fünf Male vergönnt war. Es war auf der Loreley am Rhein, das Gelände war so riesig wie meine Pocketkamera klein, und ich kam kaum näher als fünfzig Meter an die Bühne heran.
Dennoch wagte ich einen Schuss, der – zusätzlich beeinträchtigt durch ein ehrfurchtsvolles Zittern meiner Hände – einen verwischten rotweißen Fliegenschiss in der Mitte des Fotos ergab, und das war Bob Dylan. Dass ich der Einzige weltweit war, der diese Bilddeutung zu leisten imstande war, steigerte meine gedämpfte Freude über den Beweis meiner Begegnung allerdings kaum. (Übrigens habe ich heute Abend alle Schubladen nach diesem Foto durchwühlt, um diese Schilderung zu dokumentieren, konnte es aber nicht finden.).
Danach passierte dekadenlang nichts, doch vor zwei Jahren traf ich wieder einmal kamerabewehrt auf Dylan, und zwar im CCH. Der Versuch, in die Nähe der Bühne zu gelangen, schien zunächst von Erfolg gekrönt, doch kaum zückte ich die Kamera zum finalen Schuss, vertrieb mich ein menschlicher Panzerschrank, der mich jetzt, im Rückblick, frappant an jenes Monstrum erinnert, welches mich heute Abend vom „Beware of DOG“-Schild fernhalten wollte.
Aus der Deckung der letzten Reihe versuchte ich noch mal mein Glück und erzeugte jenes oben zu sehende wirre Gewische aus Rot- und Gelbklecksen, in dessen Mitte mit viel gutem Willen eine Art Hut zu erkennen ist, und der gehört Bob Dylan. Das tut er, ich schwör’s!
Heute Abend nun gelang mir unter den argwöhnischen Schweinsäuglein der Bulldogge jenes oben gleichfalls dokumentierte blaugrundierte Werk, in dessen Bildmitte ein verwackelter weißer Hut zu erkennen ist, worunter sich wer versteckt? Bob Dylan.
Diesmal – soviel kann ich stolz behaupten – habe aber nicht ich gewackelt, sondern Bob. Insofern bedeutet das einen kleinen Höhepunkt in der langen Geschichte meiner jämmerlichen Versuche, Bob Dylan zu fotografieren.
Na ja, wirklich wichtig sind ja eh nur die Bilder, die man im Kopf hat. Leider scheitere ich aber immer wieder daran, davon Abzüge fertigen zu lassen.
03 April 2007
Das Farb-Mäuse-Rätsel
In den Ottenser Zeisehallen findet ab und zu ein Flohmarkt statt. Er ist stets eine Sammelstelle für Wollsocken, Kräuterteefreaks und Atomkraft-nein-danke-Buttonträger. Nichts gegen Leute, die gegen Atomkraft sind, keineswegs, das bin ich ja selbst, aber optisch und mental geht mit ihnen oft einiges einher, das mich nicht gerade dazu bewegt, auf Deibel komm raus ihre Freundschaft zu suchen.
Im Kontext dieser spezifisch gestrickten Flohmarktbevölkerung muss man auch die zahlreichen Aushänge bewerten, die sich an einem als schwarzes Brett missbrauchten Gitterkonstrukt am Seitenausgang den vorüberziehenden Zeisehallenbesucherströmen präsentieren. Zum Beispiel das heute abgebildete.
Was will der explizit handylose Mensch überhaupt? Was zum Beispiel sind „FARB-MÄUSE“? Und warum fragt er, der FARB-MÄUSE-Anbieter, selbst irritiert nach dem Warum? Woran überhaupt soll man „Interresse“ haben?
Sind das etwa alles Chiffren, die jeder sofort versteht, der Wollsocken trägt und einen Atomkraft-nein-danke-Button? Und warum hat der Aushangkreateur „noch kein Handy“?
Vielleicht hat ja jemand Lust, das mithilfe seiner hinterlassenen Adresse zu klären, wozu man natürlich warten muss, bis der FARB-MÄUSE-Freak wieder mal vorbeikommt, sie sich notiert und dann von sich aus den Kontakt herstellt.
Ach, vielleicht mach ich das morgen selbst. Was tut man nicht alles, um auch in Zukunft was zum Bloggen zu haben.
Im Kontext dieser spezifisch gestrickten Flohmarktbevölkerung muss man auch die zahlreichen Aushänge bewerten, die sich an einem als schwarzes Brett missbrauchten Gitterkonstrukt am Seitenausgang den vorüberziehenden Zeisehallenbesucherströmen präsentieren. Zum Beispiel das heute abgebildete.
Was will der explizit handylose Mensch überhaupt? Was zum Beispiel sind „FARB-MÄUSE“? Und warum fragt er, der FARB-MÄUSE-Anbieter, selbst irritiert nach dem Warum? Woran überhaupt soll man „Interresse“ haben?
Sind das etwa alles Chiffren, die jeder sofort versteht, der Wollsocken trägt und einen Atomkraft-nein-danke-Button? Und warum hat der Aushangkreateur „noch kein Handy“?
Vielleicht hat ja jemand Lust, das mithilfe seiner hinterlassenen Adresse zu klären, wozu man natürlich warten muss, bis der FARB-MÄUSE-Freak wieder mal vorbeikommt, sie sich notiert und dann von sich aus den Kontakt herstellt.
Ach, vielleicht mach ich das morgen selbst. Was tut man nicht alles, um auch in Zukunft was zum Bloggen zu haben.
Welches Tier ich am liebsten wäre:
01 April 2007
Marilyn
Vorm Edeka-Markt stellt sich ein kleines Mädchen auf die Lüftungschlitze an der Hauswand, lässt sich das Röckchen von der Abluft hochpusten und schleckt dazu ein Eis.
Ich grinse popkulturhistorisch und sehe, wie eine Frau in meinem Alter, die gerade ihr Fahrrad abschließt, ebenfalls grinst, und zwar genauso. „Marilyn“, sagen wir synchron – und grinsen noch breiter.
Das Mädchen ist zu jung, um irgendetwas zu wissen von der überzeitlichen Wucht seines ikonografischen Verhaltens; es fragt sich bestimmt, warum zwei fremde Erwachsene sich wissend angrinsen, darum geht es lieber weg, die Sache ist ihm unheimlich.
Auch wenn es dageblieben wäre, hätte ich es natürlich nicht fotografiert; die Zeiten sind nicht danach, als Erwachsener kleine Mädchen zu fotografieren, deren Röckchen gerade hochgepustet werden. Deshalb gibt es an dieser Stelle nur ein Stilleben der verwaisten Lüftung.
Marilyn muss (und kann) man sich einfach dazudenken. Immerhin liegt sogar ihr Eisbecher noch da.
Ich grinse popkulturhistorisch und sehe, wie eine Frau in meinem Alter, die gerade ihr Fahrrad abschließt, ebenfalls grinst, und zwar genauso. „Marilyn“, sagen wir synchron – und grinsen noch breiter.
Das Mädchen ist zu jung, um irgendetwas zu wissen von der überzeitlichen Wucht seines ikonografischen Verhaltens; es fragt sich bestimmt, warum zwei fremde Erwachsene sich wissend angrinsen, darum geht es lieber weg, die Sache ist ihm unheimlich.
Auch wenn es dageblieben wäre, hätte ich es natürlich nicht fotografiert; die Zeiten sind nicht danach, als Erwachsener kleine Mädchen zu fotografieren, deren Röckchen gerade hochgepustet werden. Deshalb gibt es an dieser Stelle nur ein Stilleben der verwaisten Lüftung.
Marilyn muss (und kann) man sich einfach dazudenken. Immerhin liegt sogar ihr Eisbecher noch da.
31 März 2007
30 März 2007
Be my teddybear!
In meinem neuen Spreadshirt-Shop gibt es ab sofort nicht nur hinreißend hübsche Hemdchen mit dem Bloglogo, sondern auch ebenso verzierte Teddys (aber keine Eisbärbabys, leider …).
Oben in der Navigation findet sich von nun an auch der direkte Link zu dieser Goldgrube, die mich binnen weniger Monate derart duftendreich machen wird, dass die Hamburger Steuerfahndung auf ein Auslieferungsabkommen mit den Seychellen drängen dürfte.
Sei’s drum – ich riskier’s.
Oben in der Navigation findet sich von nun an auch der direkte Link zu dieser Goldgrube, die mich binnen weniger Monate derart duftendreich machen wird, dass die Hamburger Steuerfahndung auf ein Auslieferungsabkommen mit den Seychellen drängen dürfte.
Sei’s drum – ich riskier’s.
29 März 2007
Peng, du bist blöd!
Einst schoss er scharf in Wimbledon, inzwischen kämpft Ex-Tennisstar Michael Stich mit allen verfügbaren Waffen gegen Aids.
Ein Plakat seiner neuen Kampagne zeigt das abgebildete Motiv: Einem nackten Mann wächst statt des besten Stücks eine Pis(s)tole aus dem Bauch, vor ihm kniet eine halbnackte Frau und hat die Wumme im Mund. Daneben steht: „Zwischen Leben und Tod liegen nur 0,003 mm Latex.“
Wie aber eine hauchdünne Gummischicht, welche der Pistole eventuell übergezogen ist (das kann man nicht erkennen), jene Kugel aufhalten soll, die Madames Daumen unzweifelhaft in der nächsten Sekunde abfeuern wird, das weiß nur der Stich.
Metaphern, soviel ist sicher, sind Glückssache.
Ein Plakat seiner neuen Kampagne zeigt das abgebildete Motiv: Einem nackten Mann wächst statt des besten Stücks eine Pis(s)tole aus dem Bauch, vor ihm kniet eine halbnackte Frau und hat die Wumme im Mund. Daneben steht: „Zwischen Leben und Tod liegen nur 0,003 mm Latex.“
Wie aber eine hauchdünne Gummischicht, welche der Pistole eventuell übergezogen ist (das kann man nicht erkennen), jene Kugel aufhalten soll, die Madames Daumen unzweifelhaft in der nächsten Sekunde abfeuern wird, das weiß nur der Stich.
Metaphern, soviel ist sicher, sind Glückssache.
28 März 2007
Beunruhigende Zeichen
In Peter Weirs 30 Jahre altem Filmklassiker „Die letzte Flut“ häufen sich mitten in einer australischen Großstadt seltsame Vorzeichen einer großen Katastrophe, von der die düster schweigenden Aboriginies längst wissen.
Dieser Film fiel mir heute ein, als ich abends vorm Dorinthotel auf den Bus wartete und neben dem Gehweg den abgebildeten Steinhaufen auf blauer Plastikscheibe entdeckte.
Ein beunruhigendes Ritual scheint ihm zugrunde zu liegen. Mir kommt er vor wie eine Art Schrein, der sich hermetisch abkapselt; mit ihm scheint etwas Archaisches einzubrechen in die ganz normale Hamburger Welt der Ampelphasen und Abfahrtzeiten.
Wahrscheinlich war es aber nur ein Kind, das, als der Bus kam, von seiner Mutter unwirsch aus der Botanik gezerrt wurde, sich plärrend hinwarf auf den nächstbesten Sitz hinterm Fahrer und mitansehen musste, wie sein kleines Kunstwerk aus Plastik und Kieseln zurückblieb, um bald darauf einen vergrübelten Blogger an eine Filmapokalypse aus ferner Zeit zu erinnern.
Ähnlich verwirrt war ich im vergangenen Mai, als ich in St. Pauli ein sorgsam geometrisch auf einem Randsteineck drapiertes Baguette entdeckte. Es liegt nahe, mir außer „Die letzte Flut“ auch „23 – Nichts ist so, wie es scheint“ noch mal anzuschauen.
Oder vielleicht lieber doch nicht.
Dieser Film fiel mir heute ein, als ich abends vorm Dorinthotel auf den Bus wartete und neben dem Gehweg den abgebildeten Steinhaufen auf blauer Plastikscheibe entdeckte.
Ein beunruhigendes Ritual scheint ihm zugrunde zu liegen. Mir kommt er vor wie eine Art Schrein, der sich hermetisch abkapselt; mit ihm scheint etwas Archaisches einzubrechen in die ganz normale Hamburger Welt der Ampelphasen und Abfahrtzeiten.
Wahrscheinlich war es aber nur ein Kind, das, als der Bus kam, von seiner Mutter unwirsch aus der Botanik gezerrt wurde, sich plärrend hinwarf auf den nächstbesten Sitz hinterm Fahrer und mitansehen musste, wie sein kleines Kunstwerk aus Plastik und Kieseln zurückblieb, um bald darauf einen vergrübelten Blogger an eine Filmapokalypse aus ferner Zeit zu erinnern.
Ähnlich verwirrt war ich im vergangenen Mai, als ich in St. Pauli ein sorgsam geometrisch auf einem Randsteineck drapiertes Baguette entdeckte. Es liegt nahe, mir außer „Die letzte Flut“ auch „23 – Nichts ist so, wie es scheint“ noch mal anzuschauen.
Oder vielleicht lieber doch nicht.
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