09 Juli 2012

Madonna bevorzugt



Geschäftlich in Marburg, ausgerechnet und zufällig während des Stadtfestes, dem in der aparten Unistadt unumstrittenen Höhepunkt des Jahres. Überall Stände, Buden, aufgeregte Menschen.

In der Oberstadt haben Initiativen und Parteien Infostände aufgebaut, auch Die Linke. Per Transparent fordert sie die Rettung des „Uniklinkums“, und man muss sich fragen, ob eine Partei, die nicht mal das Wort Klinikum richtig buchstabieren kann, in der Lage sein wird, es zu retten. Natürlich ist es kleinlich, das hier zu erwähnen, aber vielleicht auch nicht.

Beim Essen erzählte mir mein Gastgeber von einem befreundeten Sänger, der sich mal samt Gattin mit einem potenziellen Arbeitgeber im Restaurant traf und während einer kurzen Abwesenheit der Dame vom Chef in spe folgendes Angebot erhielt: „Wenn ich Ihre Frau mal pudern darf, dürfen Sie bei mir alles singen.“

Der Schlag, den der Freund meines Freundes im unmittelbaren Anschluss und ungeachtet der Auswirkungen auf seine Jobchancen über den Tisch schickte, knackte dem Lustmolch gepflegt den Unterkiefer. So verständlich diese Reaktion auch war, für die hübsche Metaphorisierung des Verbs „pudern“ hätte man den Mann auch durchaus vorher kurz belobigen können, was hiermit nun als nachgeholt gelten soll.

Als ich mich abends ins Getümmel des Stadtfestes stürzen will, bleibe ich im Steinweg an den Filmplakaten kleben und beschließe spontan, mir statt feiernder Marburger den von Madonna gedrehten Film „W.E.“ anzuschauen, der in dieser Minute anfängt.

Beim Kauf der Karte grinst die Kassiererin komisch, das Gleiche tut auch die Kartenabreißerin. Der Grund: Keiner außer mir will diesen Film sehen, alle bevorzugen das Stadtfest, den unumstrittenen Höhepunkt des Jahres.

Mir aber führt man privat und exklusiv „W.E.“ vor, und ich fühle mich zwei Stunden lang wie einst Michael Jackson, der hatte ja auch ein Privatkino. Allerdings lief bei Jacko daheim vor der Vorstellung wahrscheinlich kein Werbespot der Glastanzdiele Hermershausen.

Vor „W.E. übrigens auch nicht. Aber früher, als ich noch in Marburg wohnte, lief der immer. Ach, selige Studentenzeiten!



11 Kommentare:

  1. In Österreich wird das Wort "pudern" schon seit jeher als Synonym für "den Geschlechtsverkehr vollziehen" verwendet.

    In diesem Zusammenhang soll auch das Wort "rudelpudern" nicht unerwähnt bleiben.

    Beste Grüße aus dem Süden,
    Andreas

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  2. Eine sehr erhellende Ergänzungsinfor, für die ich Ihnen herzlich danke. „Rudelpudern“ ist hinreißend!

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  3. Und - wie war der Film?
    Frau-Irgendwas-ist-immer

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  4. Das freut mich jetzt sehr, ein neues Wort gelernt zu haben!

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  5. Da bekommt das penatische Wort "Puderdose" irgendwie auch eine variierende Bedeutung.
    Oh je.
    Hier noch etwas für das/ den Bildungsblog:

    http://www.taubenpudel.de/die-brieftaube-von-a-z.html?tx_stalaglossary_pi1[getDetails]=1&tx_stalaglossary_pi1[entry]=961&cHash=0d0c66dcbacce064388ab30b2e002579

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  6. Ach ja, da war doch noch etwas...:

    http://rueckseitereeperbahn.blogspot.de/2008/03/was-ist-mit-krell.htm

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  7. Danke, dass Sie mich erinnern. Und Sie sich.

    Frau-Irgendwas, der Film gefiel mir besser als den meisten Kritikern. Und ich musste mir SOFORT den Soundtrack … äh … besorgen.

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  8. Mein Kommentar von 8:09 Uhr enthält ein r zu viel, und ich bitte das mit der frühen Tageszeit zu entschuldigen. Ich hatte noch nicht mal einen Espresso.

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  9. Sehr geehrter Herr Wagner,
    ich bin demnächst in Hamburg, irgendwelche "Tips für Touris" wo man dort ein gutes Frühstück bekommt?

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  10. Ich gehe selten auf dem Kiez frühstücken, aber beim letzten Mal erwies sich das Café Miller in der Detlev-Bremer-Straße als gute Wahl.

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