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23 Mai 2012
Im Eroscenter
Khatia Buniatishvili trägt ein hauchdünnes chiffonartiges Kleid mit Spaghettiträgern.
Immer, wenn Liszt, Chopin oder Strawinsky einen dynamischen Part in ihre Sonaten und Scherzi eingebaut haben, stürzt sich die Georgierin mit solcher Vehemenz auf den Steinway, dass sie hochhüpft vom Hocker und die Erschütterungswellen der Tastenanschläge sich in ihrem Körper fortpflanzen bis in tiefere Regionen, wo sie ihren aparten südlichen Speck zum Wallen bringen …
Beobachtungen wie diese, dass beim Klavierkonzert der akustischen eine adäquate visuelle Attraktion zur Seite gestellt wird, hätte man noch zu den großen Zeiten einer Martha Argerich in keinem Konzertsaal der Welt notieren können. Doch seit Vanessa „Ms. Wet Shirt“ Mae wird man auch in den heiligen Hallen der Hochkultur wie selbstverständlich mit sündiger Ästhetik verwöhnt.
Kurz: Wir hätten heute Abend den Kiez eigentlich gar nicht gen Laeiszhalle zu verlassen brauchen.
PS: Die Schreibweise des Namens Khatia Buniatishvili sieht auf Georgisch übrigens genauso kurvig aus wie die Frau selbst: ხატია ბუნიათიშვილი.
20 Mai 2012
Die Verrohung des Viertels nimmt überhand
Wir haben hier auf dem Kiez schon alles gesehen oder zumindest davon gehört:
Massenschlägereien, marodierende Hooligans, Bandenkriege, Drogentote, den ein oder anderen Mord, ja sogar hemmungsarme Harleyfahrer und einmal jährlich den Eurovision Song Contest auf dem Spielbudenplatz.
Doch das hier überschreitet eine Grenze. Das geht wirklich zu weit und deshalb gar nicht: ein umgeworfener Blumenkübel. Der entsetzliche Anblick bot sich uns heute ausgerechnet vorm Yogazentrum in der Otzenstraße.
Das ist nicht mehr unser Viertel, vielleicht sollten wir doch wegziehen.
19 Mai 2012
Pareidolie (42)
Speziell zum Champions-League-Finale heute Abend: Mario Gomez’ nachvollziehbar angespannt dreinblickender Sixpack. (Erinnert mich übrigens an Kiefer Sutherlands Lippenskyline, aber das nur nebenbei.)
PS: Eine volle Pareidoliedröhnung gibt es hier.
18 Mai 2012
17 Mai 2012
Ein bisschen aufgesetzt
An einem Tag wie diesem wagt man sich am besten nur vorsichtig aus dem Haus.
Sie nennen diesen Tag Vatertag, und jene Leute, die sich sonst immer erst am Wochenende einen Vorwand zum Saufen auf dem Kiez zurechtreimen, finden ihn nun bereits am Donnerstag.
Unterm Balkon sammeln sie all ihre Kräfte und Alkoholvorräte, über die Hauptstraßen cruisen im Schneckentempo Bierbikes. Ich husche zwischen zwei Regengüssen hinüber in die Schanze zum Flohmarkt und entnehme einer Kostenloskiste eine sozirote Schirmmütze mit der Aufschrift „IG-Metall“. Kann man immer gebrauchen, so was.
„Und, steht sie mir?“, frage ich Ms. Columbo zu Hause, nachdem ich all die Bierbikes und grölenden Suffköppe mit ihren Astrawägelchen unfallfrei umslalomt habe. „Na ja“, sagt sie, „sieht ein bisschen aufgesetzt aus.“
Ich bin halt einfach kein Gewerkschaftstyp.
15 Mai 2012
Pareidolie (41)
Mancher Pareidolie begegnet man überraschend sogar im Liegestuhl. Es hätte aber nicht unbedingt der vom Zahnarzt sein müssen.
PS: Eine ganze Galerie an Pareidolien gibt es bei der Pareidolie-Tante.
14 Mai 2012
Eine kiezspezifische Gefahr
Unten auf der Straße wieder mal großes Geschrei. Vom Balkon aus sehe ich einen Jungen flüchten vor zwei anderen, von denen der eine sich benimmt wie ein Pavian.
Er springt mit gereckter Brust auf der Stelle und brüllt irgendetwas auf Türkdeutsch, während er dabei die Arme ausbreitet. Möglicherweise handelt es sich dabei um Dominanzgesten, ich weiß es nicht.
Sein kleinerer Kumpel trägt eine Basecap und markiert derweil sein Revier: Er stellt sich vor eine hölzerne Haustür, um dagegen zu pinkeln.
Ja, er strullt nicht etwa gegen die steinerne Wand dieses bedauernswerten Wohnhauses, was kiezweit durch unzählige Wiederholungen längst den Rang eines Gewohnheitsrechtes gewonnen hat, sondern gegen die Haustür.
Versuchte also ausgerechnet jetzt ein Bewohner das Haus zu verlassen, sähe er sich unversehens konfrontiert mit dem hereinpladdernden lauwarmen Strahl eines Basecapträgers und einem hinter ihm herumhüpfenden Brüllpavian.
Deswegen fiele er zwar bestimmt nicht aus allen Wolken. Doch sich umziehen zu müssen, nur weil man die Straße betreten wollte: Das wäre schon unschön, sogar auf St. Pauli.
11 Mai 2012
10 Mai 2012
Zurück aus der Zukunft
Erstaunlich, welche Subkulturen so alles im Verborgenen vor sich hin existieren. Unlängst war ich zu einem Konzert ins Grünspan (Große Freiheit) eingeladen und fand überraschenderweise vor:
Mädchen in Petticoats, die lustig ihre Lederhandtaschen schwangen und die Köpfchen schieflegten; Jungs mit pomadisierten Ententollen und ausrasierten Schläfen, die Sonnenbrillen trugen und kaugummikauend versuchten, coole Blicke zu simulieren.
Ich fühlte mich wie Marty McFly in „Zurück in die Zukunft“, nur dass die verkleideten Menschen im Grünspan bereits wussten, wer das Gitarrenriff von „Johnny B. Goode“ geschrieben hatte. Zum Glück war das Völkchen so höflich, diesen komischen Cargohosentyp mit seiner fleecegefütterten Wetterjacke (wasser- und winddicht sowie kälteresistent bis minus 25 Grad) zu ignorieren.
Was ich sagen will: Es gibt harmlos aussehende Menschen in unserer Mitte, die zu bestimmten Zeiten so tun, als hätten wir 1958. Gleichwohl erfreute mich ein kleiner Veranstaltungsflyer auf der Theke mehr als die ganze gefakte Halbstarkenästhetik um mich herum.
Dort warb nämlich ein „Horst with no Name“ für seinen Auftritt – und verdammt, das nenne ich mal einen Künstlernamen! Wo dieser so grobschlächtig wie verblüffend daherkommende Kalauer seinen Ursprung hat, hätte ich den Petticoathupfdohlen natürlich bei Bedarf erklären können, aber sie haben mich nicht gefragt, diese Hühner.
Mit Horst with no Name, der „international one man band“, kann man übrigens am 17. Mai durch den Hafen tuckern. Klingt nach einem Plan.
08 Mai 2012
Fundstücke (161)
06 Mai 2012
Saisonende mit Naki-Moment
Der schönste Moment heute Nachmittag im Stadion war der, als einer brüllte: „Duisburg führt vierzwo! VIERZWOOOO!“ Und der unschönste, als sich das als frei erfundene Fehlinformation entpuppte.
Trotz neutralem Becher fegte der FC St. Pauli Paderborn am Ende mit 5:0 aus dem Stadion. Die Bechertheorie ist also ungefähr so plausibel wie Ufosichtungen, Bachblütentherapie, Feng Shui oder Nazis auf der Rückseite des Mondes.
Amüsant, aber durchaus auch bestürzend fand ich jene Stimmen, die mich seit Einführung dieses kleinen Serienspaßes im vergangenen Sommer als Esoteriker glaubten brandmarken zu müssen. Es gibt halt immer welche, die den Schuss nicht hören.
Der rührendste Moment heute Nachmittag im Stadion war der, als ich das abgebildete, allem Anschein nach von einem gerade so des Schreibens mächtigen Deniz-Naki-Fan gekrakelte Schild* auf dem Boden entdeckte. Und der schmerzhafteste, als mir beim Fotografieren desselben ein Einsneunzigtrumm mit Schmackes in den Rücken sprang.
Er hatte gerade ohne Rücksicht auf Verluste (und herumstehende Blogger) das Trikot eines Spielers gefangen. Wahrscheinlich das von Naki.
*Text: „Naki kriege ich bitte dein Triko / bitte bitte bitte / ich bin dein größter Fen! / bitte, bitte“
Völlig sinnlos
Mein 1. FC Köln ist abgestiegen. „Vielleicht“, sage ich auf dem Weg zum Holsten-Brauereifest zu Ms. Columbo, „sollte ich mich heute einfach sinnlos betrinken.“
„Das klingt nach einem tollen Plan“, antwortet sie. Der Anblick des oben zu sehenden Deppenapostrophs lieferte mir weitere starke Argumente, diesen Plan unverzüglich in die Tat umzusetzen.
Gleichwohl muss ich explizit betonen, dass ich nur für einen Teil der unten abgebildeten Gebrauchtbecher verantwortlich bin.
Retten kann das Wochenende nun morgen Mittag nur noch der FC St. Pauli. Ich setze auch euch, Jungs. Hurra.
05 Mai 2012
Ein IQ von 38
Ich bin ein Idiot. Mindestens.
Obwohl ich mich normalerweise vorm Erwerb immer rückversichere, wie teuer ein Produkt oder eine Dienstleistung ist, habe ich das heute nicht getan. Es ging ja nur um ein paar lächerliche Kopien im Copyoffice in der Clemens-Schultz-Straße, und ich kam nicht mal auf die Idee, den Preis dafür zu erfragen, sondern überreichte der jungen Frau einfach den USB-Stick mit dem 19-seitigen PDF-Dokument.
Sie sollte es zweimal farbig ausdrucken. Das dauerte keine zwei Minuten. Ich packte die Seiten ein und stellte mich arglos an die Kasse. Die junge Frau schlug in der Preisliste nach und sagte: „Macht 38 Cent.“
Das war auch ungefähr das, was ich mir vorgestellt hatte. Na gut, es kam mir spontan schon ein bisschen wenig vor. 3,80 € zum Beispiel wären durchaus ebenfalls plausibel gewesen. Ich kramte jedenfalls nach Kleingeld, als ihr Kollege herbeistürzte.
„Nein“, rief er, „38 Euro!“
Der Satz hallte in mir nach, als hätte er mir mitgeteilt, der Papst habe sich soeben erfolgreich um einen Job als Koberer vorm Lady Lynn in der Großen Freiheit beworben. „Wie bitte …?“, machte ich daher – und muss dabei ausgesehen haben wie ein verdutzter Karpfen, dem man gerade erklärt hat, was hinter der Bezeichnung „Weihnachtskarpfen“ steckt.
„Stimmt“, sekundierte nun die junge Frau und zeigte beweiskräftig auf den entsprechenden Posten in der Preisliste. Dort stand in der Tat: „Farbkopien pro Stück: 1 Euro“.
Ich starrte stumm auf das surrealistische Blatt. 38 Euro. Dafür hätte ich mir bei Amazon den Canon-PIXMA-iP2700-Tintenstrahldrucker kaufen können, inklusive einem Set Farbpatronen. Oder den Kyocera-Mita-FS-1030D-Laserdrucker, dessen Toner für 3600 Seiten reicht (na gut: nicht in Farbe).
Ich war wie betäubt, wusste in diesem Betäubtsein aber augenblicklich und mit höchstmöglicher Klarheit, welcher Idiot vollumfänglich für dieses Desaster verantwortlich war.
Und ich meine nicht das Copyoffice in der Clemens-Schultz-Straße.
Obwohl ich mich normalerweise vorm Erwerb immer rückversichere, wie teuer ein Produkt oder eine Dienstleistung ist, habe ich das heute nicht getan. Es ging ja nur um ein paar lächerliche Kopien im Copyoffice in der Clemens-Schultz-Straße, und ich kam nicht mal auf die Idee, den Preis dafür zu erfragen, sondern überreichte der jungen Frau einfach den USB-Stick mit dem 19-seitigen PDF-Dokument.
Sie sollte es zweimal farbig ausdrucken. Das dauerte keine zwei Minuten. Ich packte die Seiten ein und stellte mich arglos an die Kasse. Die junge Frau schlug in der Preisliste nach und sagte: „Macht 38 Cent.“
Das war auch ungefähr das, was ich mir vorgestellt hatte. Na gut, es kam mir spontan schon ein bisschen wenig vor. 3,80 € zum Beispiel wären durchaus ebenfalls plausibel gewesen. Ich kramte jedenfalls nach Kleingeld, als ihr Kollege herbeistürzte.
„Nein“, rief er, „38 Euro!“
Der Satz hallte in mir nach, als hätte er mir mitgeteilt, der Papst habe sich soeben erfolgreich um einen Job als Koberer vorm Lady Lynn in der Großen Freiheit beworben. „Wie bitte …?“, machte ich daher – und muss dabei ausgesehen haben wie ein verdutzter Karpfen, dem man gerade erklärt hat, was hinter der Bezeichnung „Weihnachtskarpfen“ steckt.
„Stimmt“, sekundierte nun die junge Frau und zeigte beweiskräftig auf den entsprechenden Posten in der Preisliste. Dort stand in der Tat: „Farbkopien pro Stück: 1 Euro“.
Ich starrte stumm auf das surrealistische Blatt. 38 Euro. Dafür hätte ich mir bei Amazon den Canon-PIXMA-iP2700-Tintenstrahldrucker kaufen können, inklusive einem Set Farbpatronen. Oder den Kyocera-Mita-FS-1030D-Laserdrucker, dessen Toner für 3600 Seiten reicht (na gut: nicht in Farbe).
Ich war wie betäubt, wusste in diesem Betäubtsein aber augenblicklich und mit höchstmöglicher Klarheit, welcher Idiot vollumfänglich für dieses Desaster verantwortlich war.
Und ich meine nicht das Copyoffice in der Clemens-Schultz-Straße.
04 Mai 2012
Die gemütlichsten Ecken von St. Pauli (70)
Wie auch immer die Saison für den FC St. Pauli ausgeht (Sonntagabend mehr): Es war schön auf der Haupttribüne. Und zwar aus Gründen.
Einer davon war mein Sitznachbar, der honorige Herr Tüsselmann. Er war stets vor mir da und sicherte seit dem dritten Spieltag immer eine Stadionzeitung für mich mit, weil ich Schussel sie jedesmal abzugreifen vergaß (und irgendwann im Vertrauen auf Herrn Tüsselmanns zuverlässige Fürsorglichkeit auch gar nicht mehr zu beschaffen versuchte).
Der im verblüffend hitzezähen Thermoplastikbecher servierte Espresso vom Kaffeewagen war weitaus besser als in den meisten Cafés dieser espressotechnisch – zumindest im Vergleich zu Rom – armseligen Stadt. Und dafür zum Ausgleich auch billiger.
In den großzügig bemessenen Toiletten, nach denen sich die Fans im Stadion an der Müllverbrennungsanlage (verzeihen Sie das nach bestem Wissen und Gewissen unappetitlich schiefe Bild) alle zehn Finger lecken würden, musste ich niemals Schlange stehen. Was zugegebenerweise auch damit zu tun hatte, dass ich diese Räumlichkeiten sicherheitshalber immer schon in der 40. Spielminute aufsuchte – und trotzdem bisher kein einziges Tor verpasste.
Ja, es war schön auf und unter der Haupttribüne – und diesen Satz schreibe ich mit letzter Tinte, denn ob ich je noch mal zu den wenigen Auserwählten gehören werde, die sabbernd vor Dankbarkeit 640 Euro für den Kauf einer Saisonkarte hinzublättern bereit sind: Wer weiß das schon.
Hier also eine kleine Fotohommage an einen der gemütlichsten Orte weltweit, wenn nicht von ganz St. Pauli: das Millerntorstadion.
Einer davon war mein Sitznachbar, der honorige Herr Tüsselmann. Er war stets vor mir da und sicherte seit dem dritten Spieltag immer eine Stadionzeitung für mich mit, weil ich Schussel sie jedesmal abzugreifen vergaß (und irgendwann im Vertrauen auf Herrn Tüsselmanns zuverlässige Fürsorglichkeit auch gar nicht mehr zu beschaffen versuchte).
Der im verblüffend hitzezähen Thermoplastikbecher servierte Espresso vom Kaffeewagen war weitaus besser als in den meisten Cafés dieser espressotechnisch – zumindest im Vergleich zu Rom – armseligen Stadt. Und dafür zum Ausgleich auch billiger.
In den großzügig bemessenen Toiletten, nach denen sich die Fans im Stadion an der Müllverbrennungsanlage (verzeihen Sie das nach bestem Wissen und Gewissen unappetitlich schiefe Bild) alle zehn Finger lecken würden, musste ich niemals Schlange stehen. Was zugegebenerweise auch damit zu tun hatte, dass ich diese Räumlichkeiten sicherheitshalber immer schon in der 40. Spielminute aufsuchte – und trotzdem bisher kein einziges Tor verpasste.
Ja, es war schön auf und unter der Haupttribüne – und diesen Satz schreibe ich mit letzter Tinte, denn ob ich je noch mal zu den wenigen Auserwählten gehören werde, die sabbernd vor Dankbarkeit 640 Euro für den Kauf einer Saisonkarte hinzublättern bereit sind: Wer weiß das schon.
Hier also eine kleine Fotohommage an einen der gemütlichsten Orte weltweit, wenn nicht von ganz St. Pauli: das Millerntorstadion.
03 Mai 2012
Eine Hommage
Wäre der junge Schäfer Diego F. nicht anno 1962 aus seiner sardischen Heimat gen Norden aufgebrochen und in Wolfsburg zunächst bei VW und wenig später bei einem einheimischen Backfisch gelandet, und hätte Diego F. keine zwei prachtvollen deutsch-sardischen Töchter gezeugt, von denen mir 1989 zum Glück eine zufällig in Marburg über den Weg lief –…
… ja, dann hätten wir am vergangenen Montagabend nicht nur alle gemeinsam keine 50 Jahre alte Flasche Barolo dekantiert, sondern dann lebte ich wahrscheinlich nicht einmal auf St. Pauli, und Ms. Columbo erst recht nicht.
So hängt alles mit allem zusammen; die eine Entscheidung beeinflusst tausend andere, was sich über die Jahre gleichsam unendlich und global potenziert, und ich mag mir gar nicht ausmalen, wie nicht nur meine, sondern die ganze Welt beschaffen wäre, hätte der junge Schäfer Diego F. 1962 nicht die (folgen)schwere Entscheidung getroffen, seine sardische Heimat gen Norden zu verlassen.
Der altehrwürdige Barolo, dieses weingewordene Sonnengold von anno 62, war übrigens schon ein ganz klein wenig klapprig. Aber besser der als Diego F.!
01 Mai 2012
Fundstücke (160): Kann man so stehen lassen
29 April 2012
Alles hat ein Ende bzw. zwei
Millionenfache Anfragen bewegen mich nun doch, das unlängst an dieser Stelle in den Himmel gelobte Mandelhörnchen des Café Möller fotografisch zu dokumentieren.
Hier sehen Sie also eins in seiner ganzen Herrlich-, Knusprig- und Saftigkeit – und wundern sich wahrscheinlich, warum es in (ungefähr) zwei Hälften zerteilt wurde. Nun, der Täter war ich höchstselbst, und zwar aus nur einem guten Grund: weil ich ein Optimist bin.
Wie Sie wissen, hat alles ein Ende, doch nicht nur die Wurst hat zwei, sondern auch ein Mandelhörnchen. Und dort an seinen beiden Enden wartet jeweils das Paradies auf den Süßschnabel: der Schokoladenüberzug.
Als Optimist hebe ich mir natürlich beide für den Abschluss des Mahles auf, da ich zu Beginn naturgemäß frohgemut erwarte, mich in der Zeitspanne, die der Verzehr eines Mandelhörnchens braucht, auch bis zu den Schokoenden vorarbeiten zu können, ohne dass zwischendurch die Welt untergeht.
Die vorbereitende Halbierung des Mandelhörnchens erlaubt es dabei auf denkbar einfachste Weise, in der Mitte zu beginnen und mich sodann Bissen für Bissen an die beiden Höhepunkte heranzuessen.
Ein Pessimist hingegen würde notgedrungen beide Schokoenden zuerst essen; schließlich kann in den kommenden Minuten alles Mögliche passieren – arbeitet nicht Ahmadinedschad an der Atombombe, was ist mit den Sonnenflecken, auch die Nordsee kann Tsunamis; und ein Herzinfarkt kommt ja meist auch eher überraschend.
Wahrscheinlich denken Sie jetzt, ich hätte wohl sonst keine Sorgen, als an einer Typologie – nein: Philosophie! – des Mandelhörnchenverschnabulierens zu tüfteln, und wissen Sie was? Damit liegen Sie verdammt richtig.
27 April 2012
Meint er sie oder mich?
Es ist erst früher Nachmittag, doch aus der Kneipe Blauer Peter taumelt bereits ein stoppelgesichtiger Grauschopf in verbeulten Jeans. Er schaut uns trübe an im Vorübergehen und lallt:
„Wiesiehs’du’n’ausss?“
Weder ich noch Ms. Columbo fühlen uns entscheidend angesprochen, weshalb wir das mit dieser Frage zweifellos verbundene Gesprächsangebot nicht annehmen. Im Nachhinein denke ich allerdings, wir hätten ein halbes Dutzend Gründe gehabt, den zerbeulten Grauschopf das Gleiche zurückzufragen.
Aber wen von uns beiden hat er jetzt bloß gemeint – und aus welchem Anlass?
Bei manchen Fragen – gerade den hirnrissigen – wäre ich recht dankbar, wenn sie mich nicht tagelang verfolgten, echt.
25 April 2012
Pareidolie (40)
Keine Ahnung, wie dieser Mann von vorne aussieht, aber allzu groß kann der Unterschied zu hinten nicht sein.
Entdeckt auf der Haupttribüne des Millerntorstadions.
PS: Eine ganze Galerie gibt es bei der Pareidolie-Tante.
23 April 2012
Es war gar nicht die Currywurst
Dass wir wunderbarerweise 3:0 gegen Rostock gewannen, obwohl mir das obligate Millerntorbier empörenderweise schon wieder nicht in einem Namensbecher serviert wurde, widerlegt zunächst einmal nur eins, nämlich die vor zwei Wochen provisorisch aufgestellte Currywurstthese.
Ich hatte natürlich absichtlich und bei vollem Bewusstsein diesmal keine bestellt, um die gewagte These seriös zu überprüfen (und nicht etwa nur deshalb, weil ich mittags um eins nach ausgiebigem Brunch mit Ms. Columbo nun mal nullkommanull Appetit habe).
Was aber ermöglichte dann den Heimsieg, wenn nicht die Currywurst? Okay, die 2000 St.-Pauli-Ultras waren nicht im Stadion, weil sie während der Partie lieber mit Rostocker Rechten gegen die polizeiliche Anordnung demonstrierten, den Gästefans keine Eintrittskarten verkaufen zu dürfen.
Ist also generell ohne Ultras der Heimsieg sicher, wenn ich keinen Namensbecher erwische? Eine zugegeben höchst dünnbrüstige Hypothese, die nur dann verifiziert werden könnte, wenn die Ultras auch dem nächsten Spiel freiwillig fernblieben. Wenn ich Sie also darum bitten dürfte, im Interesse des Vereins und der Wissenschaft?
Noch vielversprechender ist allerdings die Vermutung, die Konstellation aus namenlosem Becher und parallel stattfindendem Dom kreiere den Humus, auf dem die jüngsten Erfolge gediehen. Diese Kombi herrschte nämlich auch beim letzten Heimspiel; außerdem schoss beide Male Bartels das Abschlusstor der Partie.
Wie auch immer: Nach dem Saisonfinale gegen Paderborn am 6. Mai wird sich alles geklärt haben. Alles!
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