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17 Februar 2012
Der Frühlingsbote
Kramer betritt fremde Büros gewöhnlich mit präzise ausgetüftelten Begrüßungen wie „Hände aus der Hose, es kommt Besuch!“ oder alternativ auch mal mit „Hier stinkt’s nach Hackfleisch – hast du gefurzt?“
Erst danach kommt er zu seinem eigentlichen Anliegen, und das artikuliert er seit einiger Zeit mit einem ökonomisch knappen „Schokolade?“, wobei das Fragezeichen von der Modulation her schon deutlich wahrnehmbar ins Ausrufezeichenhafte lappt. Daraufhin ziehe ich meist stumm die Schokoschublade auf und breche ihm gottergeben eine Rippe ab, die er sich dann erstaunlich geschickt mit der abgebildeten Hand oral zuzuführen weiß.
Heute aber war alles anders. Der Mann, der mir im Lauf der Jahre buchstäblich tonnenweise „Ritter Sport Dunkle Voll-Nuss“ (die ich trotz des Dauerärgernisses ihres Deppenbindestrichs weiterhin bevorzuge) weggemöfelt hat, führte selbst eine Tafel Schokolade bei sich, als er mit den Worten „Hände aus der Hose, es kommt Besuch!“ mein Büro betrat.
Er überreichte sie mir betont nonchalant – wohl weil er intuitiv wusste, dass eine große Sache nicht auch noch eine große Geste braucht. Bei der Tafel handelte es sich um eine Ritter Sport Halbbitter, und ich starrte sie stumpf an wie ein hypnotisierter Karpfen.
„Deine hatten sie nicht“, erläuterte Kramer. Ich fühlte mich, als hätte mir gerade jemand erzählt, der Papst sei in einem Darkroom in der Talstraße erwischt worden. Dann, nach einigen Sekunden des Synapsensortierens, stammelte ich holprige Worte des Dankes.
Gut, es war nicht die richtige Sorte, doch die Tatsache, dass Kramer überhaupt eine Tafel Schokolade vorbeibrachte, statt eine vorgefundene brutal zu dezimieren, rührte mich auf eine Weise, wie es zuletzt E. T. geschafft hatte, als er „Nach Hause telefonieren …“ seufzte.
Zwar ist mir jetzt schon klar, dass ich von dieser Tafel Halbbitter maximal die Hälfte abbekommen werde, weil Kramer schon morgen mit dem nur unzureichend als Frage kaschierten Imperativ „Schokolade?“ mein Büro entern wird. Und doch: Die Welt ist plötzlich eine andere.
Wahrscheinlich wird es jetzt Frühling.
16 Februar 2012
Ein ungenehmes Lob
Da der Franke mir noch zehn Euro schuldet, übernimmt er im Voltaire die Rechnung für uns beide. „Er hat heute seine Spendierhosen an“, falschinformiere ich aus Jux und Dollerei die Bedienung, „und das könnte ruhig öfter passieren.“
Dem Franken ist dieses in aller Öffentlichkeit geäußerte Lob spontan zutiefst zuwider. „Der redet Unsinn!“, wendet er sich nun seinerseits richtigstellend an die Bedienung, „gestern hat er mir zehn Euro geliehen.“
Die Frau schaut erst ihn an, dann mich – und beschließt, ein unsicheres Lächeln sei die beste Maßnahme, mit diesem merkwürdigen Dialog umzugehen.
„Mann“, wende ich mich an den Franken, „jetzt hättest du mal richtig Punkte sammeln können!“ „Pah, Punkte sammeln …“, murrt er allerdings mit jener spezifisch unnachahmlichen Unwirschheit, die seiner Ethnie naturgegeben eigen ist.
Als wir hinausgehen, frage ich mich, was die Bedienung gerade über uns denkt. Aber eigentlich möchte ich das lieber gar nicht wissen.
PS: Aus sich abzeichnendem Mangel an weiteren Verwendungsgelegenheiten gibt es heute einfach ein weiteres Alstereisbild. Kritik an dieser bewussten Fehlillustration möchte ich allerdings nicht hören.
13 Februar 2012
Es wird weiter gebechert
Nachdem ich hocherfreut einen Nakibecher erwischt hatte, ahnte ich natürlich, dass der heutige Heimsieg mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut den Umweg über einen Rückstand nehmen würde.
Das Eintreffen dieses Ereignisses in der 18. Minute quittierte ich demzufolge mit einem so wissenden wie wohlgefälligen Nicken, welches meine Sitznachbarn auf der Haupttribüne womöglich als Sarkasmus oder gar Bochumphilie missgedeutet haben dürften, aber was wissen die schon.
Der Ausgleich durch Schachten bereits acht Minuten später ließ mich frohgemut einem Kantersieg entgegenblicken, welcher allerdings dann doch komischerweise nicht eintraf. Das knappe 2:1 (81., erneut Schachten) vermochte lediglich ein weiteres Mal die Bechertheorie eindrucksvoll zu untermauern.
Inzwischen liegen derart viele Verifikationen derselben vor, dass wir im Sinne des Energiespargebotes künftig eigentlich auf die jeweils 90-minütige Beweisführung alle zwei Wochen verzichten könnten. Es würde vollkommen ausreichen, mich vorm Anpfiff am Bierstand ein Astra ordern zu lassen und die Beschaffenheit des Bechers notariell zu überprüfen.
Zeigte er ein Spielerfoto, bekäme St. Pauli demzufolge einfach drei Punkte sowie standardisiert 2:0 Tore gutgeschrieben, und wir könnten alle wieder nach Hause gehen. An einem Tag wie heute wäre das übrigens allein schon aus meteorologischen Gründen gar nicht die schlechteste aller denkbaren Lösungen gewesen.
Das Nakibecherbier musste ich jedenfalls sehr zügig trinken, da es sonst schnell zu kalt geworden wäre.
11 Februar 2012
Eigentlich schlage ich meine Frau ja nicht
Just in dem Moment, als wir nach herrlich gefährlichem Herumgerutsche zwischen Alsterterrasse und Hotel Atlantic die zugefrorene Alster (Foto) wieder verlassen wollten, schmiss es mich doch noch gepflegt auf den Hintern.
Ich blieb unverletzt. Während des Falls schlenkerte ich allerdings mit dem Halt suchenden rechten Arm derart wild durch die Luft, dass ich Ms. Columbo, die noch vergebens einzugreifen versuchte, binnen einer Zehntelsekunde sowohl einen Kinnhaken als auch einen Nasenstüber verpasste.
Und das, lieber Slapstickgott, hätte nun wirklich nicht sein müssen.
Sie steckte es jedoch weg wie Joe Frazier anno 71 und half mir einfach wieder auf. Zum Dank servierte ich ihr abends Weißwürste mit Händlmaiers süßem Senf. Dass sie allerdings auf halber Strecke den Senf aus- und Heinz’ Tomatenketchup einwechselte, darf südlich der Elbe niemals auch nur ansatzweise bekannt werden.
Das müssen Sie mir versprechen.
09 Februar 2012
Eindeutige Symptome von UMTS
Neulich las ich einen Bericht über sich signifikant häufende Unfälle durch unaufmerksame Smartphone-Benutzer, und heute versuchten mir gleich mehrere Passanten die Richtigkeit dieser Theorie zu beweisen.
Auf dem Weg zurück vom Fitnessstudio karriolten im Abstand von nur hundert Metern zwei selbstvergessene Männer schlingernd über den Fahrradweg. Sie litten augenscheinlich nicht unter Trunkenheit, sondern unter UMTS, also dem sogenannten Urbanen Mobilfunkinduzierten TorkelSyndrom.
Das erkannte ich daran, dass sie auf ihren Handybildschirmen herumtippten, als gäbe es kein Morgen – und vor allem keine Radfahrer, denen sie in die Speichen laufen könnten. Wobei ich natürlich nicht ausschließen kann und will, dass beide Ursachen – Trunkenheit und UMTS – gemeinsam zu dieser auffälligen Symptomatik führten.
Als ich jeweils klingelte, reagierten die Erkrankten auf für dieses epidemische Leiden typische Weise, nämlich aufgeschreckt und völlig verwirrt. Schlagartig verspannte sich ihre komplette Muskulatur, sie sprangen von Spasmen durchzuckt zur Seite und blickten derart irr umher, als fänden sie sich unversehens in einem Paralleluniversum wieder.
Und so war es ja auch. Es gibt sogar einen Namen für dieses Paralleluniversum: Realität.
Letztlich passierte zwar nichts weiter, doch dieser Bericht von neulich, der erschien mir plötzlich noch mal so plausibel.
Danke, liebe Wissenschaft.
08 Februar 2012
Blutwurst oder Pilzrisotto
Drei Prozent aller Suchanfragen, die Menschen aus den Weiten des Internets an diesen kuscheligen Ort führen, bestehen aus der Trias „fahrrad geklaut reeperbahn“. Füttert man mit dieser Wortkombination wiederum Google, landet mein Blog bei den Ergebnissen auf Rang 7, zwei Plätze hinter bild.de.
Das alles riecht für Sie gewiss jetzt allerdeutlichst danach, als sei mein Fahrrad schon wieder gestohlen werden, doch das ist nicht der Fall. Im Gegenteil, es ist noch da.
Und nicht nur das: Weder die liebreizende Torpedo-3-Gang-Nabenschaltung noch die Bremsen sind auch nur minimalst eingefroren. Zur Belohnung für diese unerschütterliche Trutzigkeit bewege ich die treue Seele täglich unverdrossen durch den knackigen Hamburger Frost gen Büro und zurück.
Als ich vergangene Woche ein einziges Mal wegen eines akuten Anfalls von Einmummelphobie damit aussetzte und per S-Bahn anreiste, musste ich mir vom Franken ein begeistert hervorgebrülltes „DU WEICHEI!“ anhören, was er seither immer mal wieder hervorkramt, wenn ihm langweilig ist. Und das scheint recht oft der Fall zu sein.
Übrigens nennt er mich auch dann Weichei, wenn ich mir mittags im Voltaire – das tragischer- und unzumutbarerweise am 25. Februar dicht macht – Pilzrisotto bestelle. Dabei hatte ich vorsorglich und demonstrativ mit der angebotenen französischen Blutwurst kokettiert.
Apropos: Sucht man bei Google nach der Wortkombination „blutwurst reeperbahn“, landet dieses Blog bereits vor Veröffentlichung des vorliegenden Textes auf Platz 2, während von bild.de m-e-i-l-e-n-w-e-i-t nichts zu sehen ist.
Das macht mich fast ein wenig stolz.
Zum Glück aus unerfindlichen Gründen.
06 Februar 2012
Ortsspezifische Vorteile des Wetters
Dank der segensreich ausgleichenden Wirkung des Golfstroms haben wir es hier oben zwar selten so kalt wie die Berliner oder Münchner, doch auf zweistellige Minusgrade kommt Hamburg zurzeit ebenfalls.
In St. Pauli hat das in mehrerlei Hinsicht sogar Vorteile. Auf dem Weg nach Hause etwa muss man sich – schon allein aus Aufwärmgründen – von Sexshop zu Sexshop hangeln. Dort drin ist es warm, wenn nicht sogar heiß, wenn Sie wissen, was ich meine.
Und die auf der Reeperbahn wochenendüblichen Blutspritzer froren anscheinend derart schnell auf den Gehwegplatten fest, dass ihr optimistisches Hellrot sich tagelang hält, ohne wie üblich unter Luft- oder Bakterieneinfluss unschön einzudunkeln.
Das gilt übrigens vor allem für arteriöses Blut; mit einem simplen Lungenanstich können Sie das sehr einfach selbst überprüfen.
Als Kontrastprogramm liefen wir nachmittags an der Elbe (Foto) lang ins UCI-Kino nach Othmarschen, um uns dort den sehr schönen George-Clooney-Film „The Descendants“ anzuschauen, in dem kein einziger Blutstropfen zu sehen ist.
Allein daran sehen Sie schon, dass er nicht auf dem Kiez spielt.
05 Februar 2012
Das Imperium filmt zurück
Die polizeiliche Kameraüberwachung der Reeperbahn ist also rechtens.
Na gut. Aber wir sehen euch auch.
03 Februar 2012
Momentane Hauptbaustellen (2): Tele2
Die schwedische
Leider wird das Ganze im Hintergrund übers Mobilnetz abgewickelt, und in dem Dorf, wo meine Eltern leben, gibt es überhaupt keinen Empfang.
Die beiden können nun schon seit drei Wochen nicht mehr telefonieren, und ich habe das Verfahren kurzentschlossen an mich gezogen, obwohl ich in solchen Fällen dazu neige, zum grundunsympathischen Echauffator zu mutieren.
Bei Tele2 habe ich nach schwierigen Verhandlungen, bei denen ich unter Aufbietung unmenschlicher Kräfte aus rein taktischen Gründen nicht ausfallend wurde, eine außerordentliche Kündigung erwirken können, doch die Rückabwicklung dauert.
Und dauert.
Um sich über den neusten Stand der Dinge zu informieren, fährt mein Vater jetzt immer auf einen Berg hoch überm Dorf, um mich von dort aus mit einem Alice-Handy anzurufen, das wir ihm geschenkt haben. Alice nämlich ist unten im Tal auch nur so zuverlässig wie Regen in der Sahelzone.
Alles schien jedenfalls ganz allmählich einen guten Ausgang zu nehmen. Heute allerdings habe ich erfahren müssen, dass meine Eltern einen weiteren Zweijahresvertrag mit Tele2 haben.
Sie, die mit durchschnittlich vier verschiedenen Menschen telefonieren, von denen drei in ihrem Dorf wohnen und einer in Hamburg, erhalten von Tele2 monatlich einen Einzelverbindungsnachweis – für ungefähr 18 Euro Grundgebühr, so genau wusste meine Mutter das aus dem Stegreif nicht.
Es ist also noch nicht vorbei. Etwas hat überlebt.
(Serie wird fortgesetzt.)
02 Februar 2012
Momentane Hauptbaustellen (1): Sky
Der Bezahl-TV-Sender Sky hat mir bereits fünf fehlerhafte Bestätigungsschreiben über die genaue Laufzeit meines just verlängerten Vertrages zugeschickt. Immer steht dort als Ablaufdatum „31.1.2012“ statt „31.1.2013“.
Nach jedem Eingang rufe ich bei der Hotline an, verklickere das skurrile Phänomen einer immer neuen Telefonstimme, die meist sagt: „Oh, ein neuer fehlerhafter Brief ist bereits an Sie unterwegs! Betrachten Sie ihn einfach als nichtig! Wir schicken Ihnen die richtige Bestätigung!“
Immer frage ich zurück, ob ich mich denn jetzt darauf verlassen könne, und immer wird mir das inbrünstigst bestätigt. Ich habe mich bereits dabei ertappt, die große Erschöpfung, die sich dank dieser Angelegenheit in mir breitmacht, mit den immer neuen Telefonstimmen in Form eines psychologischen Therapiegespräches zu thematisieren.
Das Verständnis ist stets groß, es grenzt fast an Mitgefühl. Aber helfen können sie mir letztlich alle nicht. Call me Kafka.
Mit den bisher angefallenen Telefongebühren könnte ich mir wahrscheinlich schon jetzt einen ganzen Monat das konkurrierende Telekom-Angebot Entertain leisten, und vielleicht täte ich das auch, wenn ich nur nicht so erschöpft wäre.
(Serie wird fortgesetzt.)
31 Januar 2012
Zwischen Tweet und Tweed
„Irgendwer von euch Spacken vielleicht gerade auf der Reeperbahn unterwegs? Hätte spontan Lust auf ein Bier im trauten Kreis.“
Von diesem gegen 20:30 Uhr abgesetzten Tweet fühlten sich trotz meiner vielen hundert Follower düpierenderweise nur Twelectra und German Psycho angesprochen. Aber immerhin.
Wir verabredeten uns im Miller in der Detlev-Bremer-Straße, doch das war zu. „Hat montags nicht ganz St. Pauli zu?“, hatte GP vorher am Telefon polemisch gefragt, woraufhin ich ihn verlacht und auf die gemütliche Gesprächsatmosphäre in den montagsleeren Kiezkneipen verwiesen hatte. Das geschlossene Miller lieferte allerdings nicht gerade eine kraftvolle Untermauerung meiner These.
„Dann ins Zwick“, schlug er nachsichtig vor, „das ist ein Touristenschuppen, der hat immer auf.“ In der Tat, das stimmte. Ich beschloss, mich unangekündigt in meinen neuen Maßanzug zu werfen, um einmal im Leben besser angezogen zu sein als er.
„Bin gespannt, ob sie mich in der Kneipe besser behandeln als sonst“, sagte ich beim Abschied erwartungsfroh zu Ms. Columbo. „Sie werden wahrscheinlich“, gab sie sich abgebrüht, „einfach nur erwarten, dass du mehr Trinkgeld gibst.“
Keine Ahnung, ob das so war; das überraschende Übertölpeln von German Psycho jedenfalls funktionierte. Zwar glänzte er obenrum mit britischem Tweed, doch darunter sah es zappenduster aus: amerikanische Jeans! Lächerlich!
Ich präsentierte also mit mühsam unterdrücktem Triumph meinen neuen – allerdings aus Kunstfasern bestehenden – Maßanzug, der von den beiden Montagsausgehern auch durchaus gewürdigt wurde.
„Hübsch“, lobte der Fachmann generös. „Nur die Ärmel sind zu lang. Das Kürzen kostet aber nur zehn Euro beim Herrenschneider.“
Nur zehn Euro, das geht ja. Trotzdem wäre es schön gewesen, wenn am Abend meines größten Modetriumphes auch die Sakkoärmel die korrekte Länge gehabt hätten.
Sogar die beiden Zwick’schen Atombusenrockpuppen schauten irritierend konsterniert. Dabei gäbe es bei denen kleidungstechnisch auch einiges zu verbessern. Ohne jetzt ins Detail gehen zu wollen.
30 Januar 2012
Wie mir eine schöne Frau den Abend rettete
Von mittags um zwei bis abends um 17:30 Uhr bei minus sechs Grad im Berliner Olympiastadion auszuharren: Das ist schon mal ein höchst zweifelhaftes Vergnügen. Dabei auch noch den HSV gewinnen zu sehen kann einem das ganze Wochenende verderben.
Zum Glück war ich danach mit einem Freund aus Studienzeiten unterwegs, der als Übersetzer arbeitet und mir nach einem Andechser Dunkel mit einer leicht chauvinistisch unterfütterten Allegorie den Abend versüßte:
„Eine Übersetzung ist wie eine Frau“, sprach er, „wenn sie schön ist, ist sie nicht treu; und wenn sie treu ist, ist sie nicht schön.“
Beim Hören dieser weisen Worte verblasste die eisige Erinnerung an Herthas Betonwanne sofort. Nur nicht die an den HSV-Sieg.
Aber man kann nicht alles haben.
28 Januar 2012
Der Clash fällt vorerst aus
Das größte Hamburger Rotlichtviertel außerhalb von St. Pauli befindet sich am Steindamm hinterm Hauptbahnhof; ein Viertel, das zugleich von einer Wohnbevölkerung überwiegend islamischen Glaubens geprägt ist.
Dieser Umstand klingt nach einem programmierten Clash der Kulturen, doch der erschöpft sich bislang allenfalls in lustigen Kontrasten, wie die beiden abgebildeten Werbeschilder zeigen.
Hier runtergesetzte Gebetsmützen oder frisch eingetroffenes „Zam-Zam Wasser“ aus Mekka; dort, nur wenige Meter weiter, eine flüsternde Hure im Hauseingang oder eine annotierte Gang-Bang-Party.
Es geht also, man muss nur wollen.
Vallah.
27 Januar 2012
Fundstücke (152)
Dieses forschfrivole Reklameschild ist dort, wo es steht, durchaus ein Wagnis, denn es verziert die Altstadt des stark christlich kontaminierten hessischen Städtchens Herborn.
Möglicherweise führt der anzüglich unterfütterte Claim bei manchem Zufallspassanten zu mentaler Verschnupfung. Oder zu noch Schlimmerem: einem Leserbrief an die Lokalpresse. Das ist dort die Bazooka des rechtschaffen Empörten.
Aber vielleicht sind sie inzwischen auch schon viel weiter als damals, zu meiner Zeit.
26 Januar 2012
Die Truthahnschlacht von Unterfranken
Erst heute rückt der Franke mit einer Geschichte raus, die sich bereits während seines Weihnachtsurlaubs zugetragen hat und der Welt natürlich schon längst hätte bekanntgegeben werden müssen. Denn Unfassliches war geschehen.
In der Zeit zwischen den Jahren frönt der Franke traditionell ganz besonders den leiblichen Genüssen, und so kam es zu einem für seinen Volksstamm typischen Wettbewerb, dem er sich nur allzu gerne stellte. Es ging darum, wer im Verlauf eines dreistündigen Gelages am meisten Gewicht zuzulegen in der Lage war, wobei alle Formen oraler Zufuhr erlaubt waren und die feste Basis aus einem kapitalen Truthahn bestand.
Der Franke schüttete also begleitend und unter sorgfältiger Verkneifung jeglichen Besuches sanitärer Anlagen famose Mengen Bier in sich hinein und flankierte diese Tätigkeit mit – wie ihm schien – ausreichenden Unmengen von Truthahnteilen.
Einer seiner Konkurrenten bei diesem Schreckensmahl der Maßlosigkeit – es handelte sich um einen aus Sicht des gelernten fränkischen Gourmands total unterqualifizierten Halbspanier – nickerte zwischendurch sogar auf dem Sofa ein, was den Franken fast platzen ließ vor Siegessicherheit.
Übergroß war allerdings seine Bestürzung, als seine nach drei Stunden amtlich ermittelte Zunahme um beeindruckende 1,4 Kilogramm nicht einmal im Entferntesten ausreichte, den Kampf mit dem Semiiberer für sich zu entscheiden. Nein, der Nickermann vom Sofa toppte ihn um fast ein halbes Kilo.
„Dabei war das ein Halbspanier!“, zeigt sich der Franke noch immer rechtschaffen fassungslos über diese Anmaßung einer im Sinne des ausgetragenen Wettbewerbs unterentwickelten Ethnie. Und nicht nur das: Dem Franken war es nicht einmal gelungen, wenigstens Platz zwei zu erringen.
Dort rangierte – eine Düpierung ohnegleichen! – eine Frau. „Aber nur“, versuchte der Franke vergeblich das Desaster zu beschönigen, „weil die Zunahme prozentual in Relation zum Körpergewicht gemessen wurde!“
Das alles erzählte der noch immer sichtlich erschütterte Profivertilger mittags im Voltaire, während er die zweite Ladung mit Eisbein veredeltem Erbseneintopf in sich hineinschaufelte wie ein Walhai vier Tonnen Krill.
Um es also nach diesen etwas gewundenen Ausführungen noch einmal ganz klar zu sagen: Der Franke hat verloren.
Beim Essen.
Beim Vielessen.
Er wird alt.
PS: Da mir diese Geschichte nur zugetragen wurde, konnte ich die Truthahnschlacht von Unterfranken natürlich nicht fotografisch dokumentieren. Daher mag das abgebildete, aus einer Rohrlampe lugende Etwas, welches in unmittelbarer Nähe der Bürotür des Franken tagein, tagaus Wache schiebt, zur Illustration genügen.
In der Zeit zwischen den Jahren frönt der Franke traditionell ganz besonders den leiblichen Genüssen, und so kam es zu einem für seinen Volksstamm typischen Wettbewerb, dem er sich nur allzu gerne stellte. Es ging darum, wer im Verlauf eines dreistündigen Gelages am meisten Gewicht zuzulegen in der Lage war, wobei alle Formen oraler Zufuhr erlaubt waren und die feste Basis aus einem kapitalen Truthahn bestand.
Der Franke schüttete also begleitend und unter sorgfältiger Verkneifung jeglichen Besuches sanitärer Anlagen famose Mengen Bier in sich hinein und flankierte diese Tätigkeit mit – wie ihm schien – ausreichenden Unmengen von Truthahnteilen.
Einer seiner Konkurrenten bei diesem Schreckensmahl der Maßlosigkeit – es handelte sich um einen aus Sicht des gelernten fränkischen Gourmands total unterqualifizierten Halbspanier – nickerte zwischendurch sogar auf dem Sofa ein, was den Franken fast platzen ließ vor Siegessicherheit.
Übergroß war allerdings seine Bestürzung, als seine nach drei Stunden amtlich ermittelte Zunahme um beeindruckende 1,4 Kilogramm nicht einmal im Entferntesten ausreichte, den Kampf mit dem Semiiberer für sich zu entscheiden. Nein, der Nickermann vom Sofa toppte ihn um fast ein halbes Kilo.
„Dabei war das ein Halbspanier!“, zeigt sich der Franke noch immer rechtschaffen fassungslos über diese Anmaßung einer im Sinne des ausgetragenen Wettbewerbs unterentwickelten Ethnie. Und nicht nur das: Dem Franken war es nicht einmal gelungen, wenigstens Platz zwei zu erringen.
Dort rangierte – eine Düpierung ohnegleichen! – eine Frau. „Aber nur“, versuchte der Franke vergeblich das Desaster zu beschönigen, „weil die Zunahme prozentual in Relation zum Körpergewicht gemessen wurde!“
Das alles erzählte der noch immer sichtlich erschütterte Profivertilger mittags im Voltaire, während er die zweite Ladung mit Eisbein veredeltem Erbseneintopf in sich hineinschaufelte wie ein Walhai vier Tonnen Krill.
Um es also nach diesen etwas gewundenen Ausführungen noch einmal ganz klar zu sagen: Der Franke hat verloren.
Beim Essen.
Beim Vielessen.
Er wird alt.
PS: Da mir diese Geschichte nur zugetragen wurde, konnte ich die Truthahnschlacht von Unterfranken natürlich nicht fotografisch dokumentieren. Daher mag das abgebildete, aus einer Rohrlampe lugende Etwas, welches in unmittelbarer Nähe der Bürotür des Franken tagein, tagaus Wache schiebt, zur Illustration genügen.
24 Januar 2012
Wo sind die Polen?
Unter den Werbeflächen an der Simon-von-Utrecht-Straße, wo seit Jahren die polnischen Obdachlosen lagern, herrscht heute ausnahmsweise mal wieder Ödnis.
Die Männer sind werweißwohin. Wo sonst die Werbemotive bisweilen zynische Kommentare zur Lage der unter ihnen lagernden Elenden abgeben, regiert nun das blanke Nichts.
Denn nicht nur die Menschen sind verschwunden, auch die Plakatwände haben heute keine Botschaft – ganz so, als wären beide, die Obdachlosen und die Reklame, aufeinander angewiesen, als wären sie nur gemeinsam denkbar, und wenn die einen verschwinden, auch die andere gar nicht erst auftaucht.
Die drei Plakatwände wirkten – man verzeihe mir die pathetische Anwandlung – wie das Triptychon einer großen Abwesenheit.
Höchste Zeit, dass die Polen wiederkommen.
22 Januar 2012
Am nördlichen Weißwurstäquator
Zweimal im Jahr lädt der Franke in seine Butze nach Eimsbüttel, um eine ausgewählte magenstarke Klientel mit einer Fußballübertragung in HD und fränkischen Weißwürsten zu beglücken. Wir kommen vor allem wegen der Weißwürste, lassen den Franken aber im Glauben, es läge am HD.
Diesmal ist auch der Syrer dabei, der nicht nur FC-Bayern-Fan und davon überzeugt ist, dank transzendentaler Meditation irgendwann fliegen zu können („Ich bin halt noch nicht so weit!“), sondern auch Weißwürste für ein Werk des Teufels hält.
Übrigens denkt er das erstaunlicherweise nicht über harte Alkoholika, die einem – in ausreichender Quantität inkorporiert – das Hirn wegpusten, aber das ist eine andere Geschichte. Jedenfalls bekaut der Syrer statt Weißwürsten munter wurstförmigen Seitan, lehnt aber gleichwohl unser Mitleid schroff ab.
Die Weißwürste, an denen wir anderen vier Esser uns wohlig laben, sind übrigens erstaunlicherweise original hamburgischer Herkunft – eine Tatsache, welche die drunten auf der heimischen Krume verbliebene Schwester des Franken telefonisch scharf missbilligt.
Er aber kann mit dem deutschen Meistertitel der liefernden Metzgerei Rose kontern. Bei diesem Wettbewerb schlug die Metzgerei Rose alle anderen angereisten Weißwürste souverän aus dem Rennen, auch und zuvörderst fränkische.
Die Schwester soll diese Botschaft stark getroffen und sich daraufhin, so rekapituliert es der Franke, auf die als Beilage gereichten Brezeln eingeschossen haben, die in Hamburg mit Sicherheit nur „labberich und schmierich“ geraten könnten. Und diese Mutmaßung konnten wir offen gesagt voll und ganz verifizieren.
Zurück zu den Weißwürsten, genauer gesagt: zur Technik der Verzehrvorbereitung. Ich dachte immer, ich zutzelte sie ordnungsgemäß, doch sowohl der Franke als auch der süddeutschlanderfahrene A. verlachten mein eifriges Tun als simples Pellen.
Dass ich offenkundig das liebreizende Verb „zutzeln“ (welches meine automatische Rechtschreibkorrektur verzweifelt in „hutzeln“ umzuschreiben versucht) semantisch seit Jahren missgedeutet habe, schlug mir eine tiefe Wunde, die zum Glück durch die ganzen Gladbacher Tore gegen den FC Bayern wieder vollends geheilt werden konnte.
Dem Franken und dem Syrer ging es übrigens genau umgekehrt.
19 Januar 2012
Befremdlich vertraut
Auf dem untersten Absatz im Treppenhaus, ein paar Meter hinter der Eingangstür, sitzt ein Mann. Er ist hohlwangig, seine Augen liegen tief versteckt im hageren Schädel, sein Bart ist so stoppelig wie seine Zahnreihen lückenhaft.
In der linken Hand hat der Mann eine Fernsehzeitung und in der rechten eine Packung Jacobs Krönung. Er riecht daran und macht „Ahhh!“.
Ein befremdliches Gebaren, doch auch wenn das jetzt paradox klingt: Gerade das Befremdliche ist einem hier auf St. Pauli besonders vertraut.
Wie auch immer: Erst als ich diesen an einer Kaffeepackung schnuppernden Liederling unter Entbietung eines kurz geknurrten Standard-„Moin“ passiert und unser Haus verlassen habe, dämmert mir das Wichtigste.
Er wohnt hier gar nicht. Aber er sitzt in unserem Hausflur. Und riecht an einer Packung Jacobs Krönung und macht „Ahhh!“.
Das erfordert Maßnahmen, doch zuerst wollen die Frühstücksbrötchen beschafft werden. Unterwegs überlege ich, mit welchen wohlgesetzten, gleichwohl unmissverständlichen und mit der nötigen Grundschärfe im Ton versehenen Worten ich ihn bei meiner Rückkehr hinausexpedieren werde.
Einige Minuten später steht die Ansprache wie eine Eins – doch als ich zurückkomme, sehe ich den Mann Richtung Millerntorplatz davonschlurfen.
Wie er in unser Haus gekommen ist, welche Bedeutung die Kombi TV-Zeitschrift und Kaffeepackung hat bei einem Kantonisten, der mit hoher Wahrscheinlichkeit weder über ein Fernsehgerät noch über eine Kaffeemaschine verfügt:
Wir werden es nie erfahren.
In der linken Hand hat der Mann eine Fernsehzeitung und in der rechten eine Packung Jacobs Krönung. Er riecht daran und macht „Ahhh!“.
Ein befremdliches Gebaren, doch auch wenn das jetzt paradox klingt: Gerade das Befremdliche ist einem hier auf St. Pauli besonders vertraut.
Wie auch immer: Erst als ich diesen an einer Kaffeepackung schnuppernden Liederling unter Entbietung eines kurz geknurrten Standard-„Moin“ passiert und unser Haus verlassen habe, dämmert mir das Wichtigste.
Er wohnt hier gar nicht. Aber er sitzt in unserem Hausflur. Und riecht an einer Packung Jacobs Krönung und macht „Ahhh!“.
Das erfordert Maßnahmen, doch zuerst wollen die Frühstücksbrötchen beschafft werden. Unterwegs überlege ich, mit welchen wohlgesetzten, gleichwohl unmissverständlichen und mit der nötigen Grundschärfe im Ton versehenen Worten ich ihn bei meiner Rückkehr hinausexpedieren werde.
Einige Minuten später steht die Ansprache wie eine Eins – doch als ich zurückkomme, sehe ich den Mann Richtung Millerntorplatz davonschlurfen.
Wie er in unser Haus gekommen ist, welche Bedeutung die Kombi TV-Zeitschrift und Kaffeepackung hat bei einem Kantonisten, der mit hoher Wahrscheinlichkeit weder über ein Fernsehgerät noch über eine Kaffeemaschine verfügt:
Wir werden es nie erfahren.
17 Januar 2012
Es gibt Wurstschneidemaschinen!
Der Sonntag war schön wie Uschi Obermaier anno 68, die Sonne brachte Hamburg zum Leuchten, und wir fuhren weit raus nach Steilshoop, weil dort laut iPhone-App ein Flohmarkt anberaumt war. Allerdings ein spezieller, wie sich herausstellte.
Wir wussten vorher kaum etwas über Steilshoop, haben aber seit diesem Ausflug eine ungefähre Vorstellung von der Zusammensetzung der dortigen Population – zumindest, wenn man die Flohmarktstände als Datenbasis zugrundelegen darf.
Praktisch jeder Steilshooper Flohmarktanbieter hatte sein Angebot nämlich auf die Bedürfnisse von Besuchern mit breitgefächertem Migrationshintergrund abgestellt. Es gab polnische Pierogi, die in der Wintersonne klammheimlich ihr Mindesthaltbarkeitsdatum heruntersetzten, ein Händler offerierte „Hausschuhe für zwei Euro!“, und zwar welche, die gefüttert waren mit original Lammfellimitat, und komplette Kunstfaserbettgarnituren wurden für sagenhafte acht Euro unter die dankbaren Völker dieser Welt gebracht.
Auch Handyschalen gab es sonder Zahl, russische und türkische Wortfetzen tanzten Ringelreihen in der frostigen Luft, und an einem Stand stapelten sich für kleines Geld die unfassbarsten Küchenhelfer. Darunter auch der „Wurst-Schneider Curry Max Das Original“, bekannt aus der TV-Werbung.
Kein Zweifel: Dieser Steilshooper Flohmarkt war an einem Tag, der so schön war wie Uschi Obermaier anno 68, auch eine etwas weitere Anreise wert, selbst wenn wir, Ms. Columbo und ich, dort draußen als Zielpublikum völlig versagten. Doch vielleicht entwickeln wir uns ja noch, man kann nie wissen.
Dieser Schokobrunnen für zehn Euro brachte mich jedenfalls schon mal ins Grübeln, verdammt.
Wir wussten vorher kaum etwas über Steilshoop, haben aber seit diesem Ausflug eine ungefähre Vorstellung von der Zusammensetzung der dortigen Population – zumindest, wenn man die Flohmarktstände als Datenbasis zugrundelegen darf.
Praktisch jeder Steilshooper Flohmarktanbieter hatte sein Angebot nämlich auf die Bedürfnisse von Besuchern mit breitgefächertem Migrationshintergrund abgestellt. Es gab polnische Pierogi, die in der Wintersonne klammheimlich ihr Mindesthaltbarkeitsdatum heruntersetzten, ein Händler offerierte „Hausschuhe für zwei Euro!“, und zwar welche, die gefüttert waren mit original Lammfellimitat, und komplette Kunstfaserbettgarnituren wurden für sagenhafte acht Euro unter die dankbaren Völker dieser Welt gebracht.
Auch Handyschalen gab es sonder Zahl, russische und türkische Wortfetzen tanzten Ringelreihen in der frostigen Luft, und an einem Stand stapelten sich für kleines Geld die unfassbarsten Küchenhelfer. Darunter auch der „Wurst-Schneider Curry Max Das Original“, bekannt aus der TV-Werbung.
Kein Zweifel: Dieser Steilshooper Flohmarkt war an einem Tag, der so schön war wie Uschi Obermaier anno 68, auch eine etwas weitere Anreise wert, selbst wenn wir, Ms. Columbo und ich, dort draußen als Zielpublikum völlig versagten. Doch vielleicht entwickeln wir uns ja noch, man kann nie wissen.
Dieser Schokobrunnen für zehn Euro brachte mich jedenfalls schon mal ins Grübeln, verdammt.
16 Januar 2012
Hausverbot mit Ansage
Ein Kioskladen in der Silbersackstraße, schräg gegenüber der berühmten Kneipe (Foto). Vor mir in der Schlange steht ein Mann. Geduldig rückt er vor. Als er dran ist, sagt er zum Verkäufer: „Haste ma fümunswansich Cent?“
Das bringt den Verkäufer binnen einer tausendstel Nanosekunde auf 180. „Hausverbot!“, platzt es augenblicklich aus ihm heraus, „du hast Hausverbot!“ Er zeigt mit leninesker Geste zur Tür, seine Augen funkeln vor Zorn.
„Steck dir dein Hausverbot in’n Arsch!“, ruft der Schnorrer. Derweil geht er allerdings gehorsam hinaus, die Hände tief in den Taschen, wie ein Flaneur.
Dieses Kleinbeigeben trotz vokaler Renitenz – eine Ton-Bild-Schere in freier Wildbahn – ist natürlich inkonsequent. Es verhindert aber zuverlässig jede weitere Eskalation, und darauf kommt es doch an.
Erstaunlicher war eh seine von vorneherein sinnlose Strategie des Anstellens. Schließlich war absehbar, wie das alles ausgehen würde. Wäre ich ein Schnorrer, hätte ich eher die Leute in der Schlange statt den Verkäufer angebaggert – also zum Beispiel mich.
Aber was weiß ich schon.
Das bringt den Verkäufer binnen einer tausendstel Nanosekunde auf 180. „Hausverbot!“, platzt es augenblicklich aus ihm heraus, „du hast Hausverbot!“ Er zeigt mit leninesker Geste zur Tür, seine Augen funkeln vor Zorn.
„Steck dir dein Hausverbot in’n Arsch!“, ruft der Schnorrer. Derweil geht er allerdings gehorsam hinaus, die Hände tief in den Taschen, wie ein Flaneur.
Dieses Kleinbeigeben trotz vokaler Renitenz – eine Ton-Bild-Schere in freier Wildbahn – ist natürlich inkonsequent. Es verhindert aber zuverlässig jede weitere Eskalation, und darauf kommt es doch an.
Erstaunlicher war eh seine von vorneherein sinnlose Strategie des Anstellens. Schließlich war absehbar, wie das alles ausgehen würde. Wäre ich ein Schnorrer, hätte ich eher die Leute in der Schlange statt den Verkäufer angebaggert – also zum Beispiel mich.
Aber was weiß ich schon.
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