Ich bin wahrlich nicht der Einzige, dessen Waschmaschine Socken auf Nimmerwiedersehen in ein Paralleluniversum beamt.
Aber drei Stück während eines einzigen Waschgangs …?
–> zu Teil 1
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01 Oktober 2006
30 September 2006
Verletzte Gefühle, überall
Manchmal frage ich mich schon, wie es für Vegetarier sein muss, im Schlachthofviertel zu wohnen.
Eigentlich müssten sie sich doch übel beleidigt fühlen von Fassaden wie dieser und dem Fleischwurstgeruch, der durch die Sternstraße wabert. Eigentlich müssten sie protestieren gegen die Unsensibilität, mit der ihre Gefühle in aller Öffentlichkeit verletzt werden. Eigentlich müssten sich die radikalsten unter ihnen – sagen wir: die Veganer – Sprengstoffgürtel umschnallen und Fanale setzen gegen die degenerierte, amoralische Schlachthofgesellschaft des Westens.
Andererseits könnten wir freiwillig Fassaden wie diese neu tünchen und damit aufhören, Fleisch zu essen, dann gäbe es keine verletzten Gefühle mehr. Außer denen von Schlachtern natürlich.
Doch vielleicht würden die ja freundlicherweise darauf verzichten, sich beleidigt in die Luft zu sprengen. Damit wäre allen geholfen.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs, die Vegetariern nicht gefallen dürften
1. „Flesh and blood“ von The Neville Brothers
2. „Eat the rich“ von Motörhead
3. „One meat ball“ von Calvin Russell
Eigentlich müssten sie sich doch übel beleidigt fühlen von Fassaden wie dieser und dem Fleischwurstgeruch, der durch die Sternstraße wabert. Eigentlich müssten sie protestieren gegen die Unsensibilität, mit der ihre Gefühle in aller Öffentlichkeit verletzt werden. Eigentlich müssten sich die radikalsten unter ihnen – sagen wir: die Veganer – Sprengstoffgürtel umschnallen und Fanale setzen gegen die degenerierte, amoralische Schlachthofgesellschaft des Westens.
Andererseits könnten wir freiwillig Fassaden wie diese neu tünchen und damit aufhören, Fleisch zu essen, dann gäbe es keine verletzten Gefühle mehr. Außer denen von Schlachtern natürlich.
Doch vielleicht würden die ja freundlicherweise darauf verzichten, sich beleidigt in die Luft zu sprengen. Damit wäre allen geholfen.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs, die Vegetariern nicht gefallen dürften
1. „Flesh and blood“ von The Neville Brothers
2. „Eat the rich“ von Motörhead
3. „One meat ball“ von Calvin Russell
29 September 2006
Unter Weltrevolutionären
Ein Paket auf der Post abzuholen, ist für mich ein Klacks; schließlich residiert die nicht unumstrittene Filiale in Sichtweite unserer Wohnung. Angebote wie die sogenannte Packstation (Eigenwerbung: „Ihr neuer Immer-Offen-Paketschalter“) kommen mir daher so nützlich vor wie einem Eskimo Schneekanonen – zumal diese Stationen zur Störrischkeit neigen sollen.
Am letzten Werktag des Monats gerät der Besuch meiner Postfiliale allerdings stets aufwendig. Wie heute. Als ich gegen 14 Uhr vorm Gebäude eintreffe, wächst ihm eine Menschenschlange aus der Tür, als gäbe es dort etwas umsonst. Und das ist ja auch so, denn Hamburgs Hartz-IV-Armee erhält heute ihren jämmerlichen Monatsobolus.
Ich mache kehrt und versuche es eine Stunde später noch einmal. Mir präsentiert sich allerdings das gleiche Bild, und das wird heute wohl nicht mehr anders werden. Seufzend stelle ich mich also hinten an und bin unversehens Bestandteil des Subproletariats – jenes Menschenschlags also, dem Karl Marx einst die Weltrevolution zutraute und den Wladímir Iljítsch Uljánow alias Lenin noch lange irrtümlich als geschichtliche Avantgarde pries.
Von Wehrhaftigkeit und Wut, von umstürzlerischem Eifer gegen Diedaoben ist indes nichts zu spüren. Man will seine paar Kröten, und gut is. Der Verwendungszweck der letzten Auszahlung ist manchem Schlangensteher deutlich anzumerken; ein Typ mit Deutschlandmütze zum Beispiel liefert eine rein körperliche Neudefinition des Wortes „Schwankungsbreite“.
Gut, dass überall herumstehende Aufsteller („Tagesgeldkonto mit 3 Prozent Verzinsung! Kostenloses Girokonto bei einem ständigen Guthaben von mindestens 1200 Euro!“) einen gewissen Halt offerieren, den Mütze gern annimmt.
Jetzt kommt ein Kumpel von ihm raus, der sein Geld schon hat. „So’n Schiet“, lallt Mütze ihn an, „hier schdehdmanja ne ganse Schdunde!“ Sein Kumpel sieht aus, wie man nur auf dem Kiez aussehen kann, ohne sich der Gefahr sozialer Ächtung ausgesetzt zu sehen, und dafür liebe ich den Kiez. Er ist vielleicht Mitte 50, aber ausstaffiert wie ein 30-jähriger Mix aus Harley-Davidson-Freak, Lude und Späthippie: Jeansanzug, graue Strähnen bis zum Schlüsselbein, ein Bart wie DJ-Ötzi, schwarzgepunktete Bandana um den Kopf mit fünf Buttons dran, dazu eine lila Brille mit gelben Bügeln.
„Haldie Schdellung!“, muntert der bunte Vogel Mütze auf, den diese Kommunikation sichtbar anstrengt, weshalb er seinen hageren Körper matt gegen den Türrahmen sacken lässt. Ansonsten herrscht Stille in der Schlange. Es ist die fade Stille der Resignation und Duldsamkeit. Nur die Hoffnung ist ja eine Plappertasche, und die lebt hier schon lang nicht mehr.
Quälend langsam schiebt sich die Schlange in den Schlund der Postfiliale. Mütze wankt und schwankt, nach rechts muss er sich jetzt abstützen und rutscht mit dem Ellenbogen in ein knapp meterhohes Drahtgestell mit Notizblöcken und Timern drin. Rumms macht es, er zerdellt einen Spiralblock, schafft es aber, den aufrechten Stand halbwegs wieder herzustellen, ohne dem Interieur der Postfiliale größeren Schaden zuzufügen.
Am Schalter schließlich stützt er sich mit beiden Armen auf, seine Nase ist nur Zentimeter entfernt von den Scheinen, die ihm der Postmann hinblättert. „Dangesch’n“, sagt Mütze artig, „n schönes Woch’nnde.“ Und dann wankt er fast unfallfrei hinaus.
Das Schwarzrotgelb auf seinem Kopf leuchtet nicht mehr. Es ist verblasst von diesem traumhaften Sommer, der so viele Sonnenstunden hatte wie noch keiner vor ihm.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs über Postdienstleistungen
1. „The letter“ von The Box Tops
2. „Telegram Sam“ von T. Rex
3. „Please Mr. postman“ von The Beatles
Am letzten Werktag des Monats gerät der Besuch meiner Postfiliale allerdings stets aufwendig. Wie heute. Als ich gegen 14 Uhr vorm Gebäude eintreffe, wächst ihm eine Menschenschlange aus der Tür, als gäbe es dort etwas umsonst. Und das ist ja auch so, denn Hamburgs Hartz-IV-Armee erhält heute ihren jämmerlichen Monatsobolus.
Ich mache kehrt und versuche es eine Stunde später noch einmal. Mir präsentiert sich allerdings das gleiche Bild, und das wird heute wohl nicht mehr anders werden. Seufzend stelle ich mich also hinten an und bin unversehens Bestandteil des Subproletariats – jenes Menschenschlags also, dem Karl Marx einst die Weltrevolution zutraute und den Wladímir Iljítsch Uljánow alias Lenin noch lange irrtümlich als geschichtliche Avantgarde pries.
Von Wehrhaftigkeit und Wut, von umstürzlerischem Eifer gegen Diedaoben ist indes nichts zu spüren. Man will seine paar Kröten, und gut is. Der Verwendungszweck der letzten Auszahlung ist manchem Schlangensteher deutlich anzumerken; ein Typ mit Deutschlandmütze zum Beispiel liefert eine rein körperliche Neudefinition des Wortes „Schwankungsbreite“.
Gut, dass überall herumstehende Aufsteller („Tagesgeldkonto mit 3 Prozent Verzinsung! Kostenloses Girokonto bei einem ständigen Guthaben von mindestens 1200 Euro!“) einen gewissen Halt offerieren, den Mütze gern annimmt.
Jetzt kommt ein Kumpel von ihm raus, der sein Geld schon hat. „So’n Schiet“, lallt Mütze ihn an, „hier schdehdmanja ne ganse Schdunde!“ Sein Kumpel sieht aus, wie man nur auf dem Kiez aussehen kann, ohne sich der Gefahr sozialer Ächtung ausgesetzt zu sehen, und dafür liebe ich den Kiez. Er ist vielleicht Mitte 50, aber ausstaffiert wie ein 30-jähriger Mix aus Harley-Davidson-Freak, Lude und Späthippie: Jeansanzug, graue Strähnen bis zum Schlüsselbein, ein Bart wie DJ-Ötzi, schwarzgepunktete Bandana um den Kopf mit fünf Buttons dran, dazu eine lila Brille mit gelben Bügeln.
„Haldie Schdellung!“, muntert der bunte Vogel Mütze auf, den diese Kommunikation sichtbar anstrengt, weshalb er seinen hageren Körper matt gegen den Türrahmen sacken lässt. Ansonsten herrscht Stille in der Schlange. Es ist die fade Stille der Resignation und Duldsamkeit. Nur die Hoffnung ist ja eine Plappertasche, und die lebt hier schon lang nicht mehr.
Quälend langsam schiebt sich die Schlange in den Schlund der Postfiliale. Mütze wankt und schwankt, nach rechts muss er sich jetzt abstützen und rutscht mit dem Ellenbogen in ein knapp meterhohes Drahtgestell mit Notizblöcken und Timern drin. Rumms macht es, er zerdellt einen Spiralblock, schafft es aber, den aufrechten Stand halbwegs wieder herzustellen, ohne dem Interieur der Postfiliale größeren Schaden zuzufügen.
Am Schalter schließlich stützt er sich mit beiden Armen auf, seine Nase ist nur Zentimeter entfernt von den Scheinen, die ihm der Postmann hinblättert. „Dangesch’n“, sagt Mütze artig, „n schönes Woch’nnde.“ Und dann wankt er fast unfallfrei hinaus.
Das Schwarzrotgelb auf seinem Kopf leuchtet nicht mehr. Es ist verblasst von diesem traumhaften Sommer, der so viele Sonnenstunden hatte wie noch keiner vor ihm.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs über Postdienstleistungen
1. „The letter“ von The Box Tops
2. „Telegram Sam“ von T. Rex
3. „Please Mr. postman“ von The Beatles
28 September 2006
Die Schwanengleiche
Man macht sich selten die Tatsache klar, dass alles, was im und auf dem Meer schwimmt und paddelt, auch pinkelt und kackt. Aber so ist es. Selbst die stets so majestätisch tuenden Schwäne sind davon nicht frei, wie mir vor einiger Zeit auf der Binzer Seebrücke bewusst wurde.
Eben noch dümpelte der weiße Großvogel erhaben auf der Ostsee, dann schiss er plötzlich ins Flachwasser und schob sich sogleich mit kräftigem Schwimmstoß aus der eigenen Kloake. Irgendwie hat das die Majestätik dieses Schwans für mich beeinträchtigt. Ihn freilich schien das nicht zu bekümmern.
Auch sehr schöne Menschen müssen übrigens hie und da, sogar Kate Moss oder Heath Ledger, und sich dies bildlich vorzustellen, vermag manchen Starkult rasch zu dämpfen. Sowieso ist das ganze Konzept der biologischen Existenz in hygienischer Hinsicht indiskutabel. Der menschliche Körper zum Beispiel soll zu rund zehn Prozent aus Mikroorganismen bestehen. Sogar der von Scarlet Johansson. Das muss man sich mal vorstellen.
Die schwanenähnliche junge Frau allerdings, die sich heute auf den Grünstreifen der Reeperbahn hockte, die Hosen herunterließ und etwas tat, was man gemeinhin hinter verschlossener Tür tut und nicht im Angesicht von vier Spuren Verkehr, irritierten Touristen und stoischen St. Paulianern, konnte ihre eigene Mikroorganismenquote kurzfristig absenken. Und zwar deutlich, wie ich leider bezeugen kann.
Parallel aber stieg ihre soziale Inkompatibilität stark an. So gleicht sich alles im Leben wieder aus. Das nennt man, glaube ich, Entropie.
Ex cathedra: Die Top 3 der unhygienischen Songs
1. „I think I smell a rat“ von The White Stripes
2. „Dirt floor“ von Chris Whitley
3. „Mein Teil“ von Rammstein
Eben noch dümpelte der weiße Großvogel erhaben auf der Ostsee, dann schiss er plötzlich ins Flachwasser und schob sich sogleich mit kräftigem Schwimmstoß aus der eigenen Kloake. Irgendwie hat das die Majestätik dieses Schwans für mich beeinträchtigt. Ihn freilich schien das nicht zu bekümmern.
Auch sehr schöne Menschen müssen übrigens hie und da, sogar Kate Moss oder Heath Ledger, und sich dies bildlich vorzustellen, vermag manchen Starkult rasch zu dämpfen. Sowieso ist das ganze Konzept der biologischen Existenz in hygienischer Hinsicht indiskutabel. Der menschliche Körper zum Beispiel soll zu rund zehn Prozent aus Mikroorganismen bestehen. Sogar der von Scarlet Johansson. Das muss man sich mal vorstellen.
Die schwanenähnliche junge Frau allerdings, die sich heute auf den Grünstreifen der Reeperbahn hockte, die Hosen herunterließ und etwas tat, was man gemeinhin hinter verschlossener Tür tut und nicht im Angesicht von vier Spuren Verkehr, irritierten Touristen und stoischen St. Paulianern, konnte ihre eigene Mikroorganismenquote kurzfristig absenken. Und zwar deutlich, wie ich leider bezeugen kann.
Parallel aber stieg ihre soziale Inkompatibilität stark an. So gleicht sich alles im Leben wieder aus. Das nennt man, glaube ich, Entropie.
Ex cathedra: Die Top 3 der unhygienischen Songs
1. „I think I smell a rat“ von The White Stripes
2. „Dirt floor“ von Chris Whitley
3. „Mein Teil“ von Rammstein
27 September 2006
Countdown für The Bobs
Bei den Bobs-Blogawards gibt es einen erstaunlichen Zwischenstand: In der Rubrik „Gesellschaft“ liegt die „Rückseite der Reeperbahn“ auf Rang 4 – und ist dort das höchstplatzierte unter allen deutschsprachigen Weblogs.
Wer noch ein wenig pushen will: Hier geht’s lang; ganz unten kann man „Best Weblog Deutsch“ ankreuzen.
Die Nominierungsphase endet übrigens am Sonntag, den 30. 9. In den beiden Wochen danach kann man dann abstimmen. Mein aufrichtigster Dank an alle Unterstützer!
Wer noch ein wenig pushen will: Hier geht’s lang; ganz unten kann man „Best Weblog Deutsch“ ankreuzen.
Die Nominierungsphase endet übrigens am Sonntag, den 30. 9. In den beiden Wochen danach kann man dann abstimmen. Mein aufrichtigster Dank an alle Unterstützer!
26 September 2006
Erwischt!
Damals, als wir noch ein Auto hatten, habe ich mal am Westende der Reeperbahn illegal gewendet, um wieder umweglos zurückfahren zu können. Warum ich nicht vorm Losfahren das doch offenbar so Wichtige erledigt hatte und um was es sich dabei gehandelt haben könnte, ist mir ersatzlos entfallen.
Jedenfalls tuckere ich nach der gesetzlosen Wende wieder zufrieden die Reeperbahn hoch, als ich im Rückspiegel jenes grellblaue Lichterspiel erblicke, welches man partout nicht im Rückspiegel erblicken möchte. Verursacher ist ein Streifenwagen.
Zunächst münze ich dieses unangenehm hektische Signal gar nicht auf mich. Allerdings hängt mir der Wagen peinlich nah am Heck und macht keine Anstalten, heroisch den Schauplätzen empörenderer Verbrechen entgegenzueilen. Nein, die Ordnungsmacht hat mich im Blick. Ein kurzes Aufjaulen der Sirene vermittelt letzte Gewissheit: Ich soll bremsen, sogar stoppen, und zwar genau jetzt.
Meine Drüsen verdoppeln die Adrenalinproduktion. Ich muss anhalten! Höchst ungern allerdings mitten auf der Reeperbahn, dann wäre man ja ohne Not ein Verkehrshindernis, und das kann selbst die Kiezpolizei nicht wollen, nicht wahr?
Also rolle ich schwitzend und blaulichtumflackert weiter bis zur Lincolnstraße, biege dort ein und halte auf einem kleinen ungeteerten Parkplatz gleich linker Hand. Der Streifenwagen tut es mir gleich, zwei grimmige Männer steigen aus, die Waffen im Halfter und Verärgerung im Blick. Auch ich steige aus.
Sie stehen vor mir. Einer sagt eine Spur zu schneidend: „Warum haben Sie nicht angehalten? Führerschein und Fahrzeugpapiere bitte.“ Ich murmele etwas von Nichtbemerkthaben und der Vermeidung von Verkehrshindernissen mitten auf der Reeperbahn, doch der Zorn der Uniformierten schwindet im Zuge meiner Ausführungen nicht, im Gegenteil. Ich hätte, hebt der Wortführer nun sinngemäß an, am Abzweig zum Fischmarkt das Wendeverbot ignoriert, und das schreie nach Bestrafung.
Ein Dementi würde nichts fruchten, wie mir zügig dämmert, zumal die Einsicht in meine Schuld sich bestimmt in einem höchst halbherzigen Vortrag niederschlüge. Ich bin also widerstandslos bereit, mich in mein Schicksal zu fügen, welches sehr bald einen Bußgeldbescheid für mich bereithalten wird – als plötzlich eine schnarrende Stimme aus dem Funkgerät des Streifenwagens dringt. Einsatzbefehl!
Die beiden stürzen augenblicks zum Wagen, und bevor der Fahrer hineinspringt, dreht er sich kurz um und ruft: „Na, da haben Sie aber noch mal Glück gehabt!“ Und dann brettern diese Helden des Alltags davon, Kies klackert über die Lincolnstraße, und Sekunden später erinnert nur noch eine träg in der Luft träumende Staubwolke an die leidenschaftslose Lakonie, mit der die beiden einen Kleinen laufen lassen, um die ganz Großen zu fangen.
Dafür habe ich mich nie bedankt. Bei wem auch? Sie waren ja weg. Und wären sie dageblieben, hätte ich keinen Grund zum Dank gehabt, sondern einen Strafzettel.
Seither habe ich gewissermaßen dauerhaft 30 Euro mehr in der Tasche, zuungunsten der Stadtkasse.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs, in denen Polizisten vorkommen
1. „Hey cop" von A Subtle Plague
2. „Police & thieves" von The Clash
3. alles von The Police
(Foto: Reeperbahn, östliches Ende)
Jedenfalls tuckere ich nach der gesetzlosen Wende wieder zufrieden die Reeperbahn hoch, als ich im Rückspiegel jenes grellblaue Lichterspiel erblicke, welches man partout nicht im Rückspiegel erblicken möchte. Verursacher ist ein Streifenwagen.
Zunächst münze ich dieses unangenehm hektische Signal gar nicht auf mich. Allerdings hängt mir der Wagen peinlich nah am Heck und macht keine Anstalten, heroisch den Schauplätzen empörenderer Verbrechen entgegenzueilen. Nein, die Ordnungsmacht hat mich im Blick. Ein kurzes Aufjaulen der Sirene vermittelt letzte Gewissheit: Ich soll bremsen, sogar stoppen, und zwar genau jetzt.
Meine Drüsen verdoppeln die Adrenalinproduktion. Ich muss anhalten! Höchst ungern allerdings mitten auf der Reeperbahn, dann wäre man ja ohne Not ein Verkehrshindernis, und das kann selbst die Kiezpolizei nicht wollen, nicht wahr?
Also rolle ich schwitzend und blaulichtumflackert weiter bis zur Lincolnstraße, biege dort ein und halte auf einem kleinen ungeteerten Parkplatz gleich linker Hand. Der Streifenwagen tut es mir gleich, zwei grimmige Männer steigen aus, die Waffen im Halfter und Verärgerung im Blick. Auch ich steige aus.
Sie stehen vor mir. Einer sagt eine Spur zu schneidend: „Warum haben Sie nicht angehalten? Führerschein und Fahrzeugpapiere bitte.“ Ich murmele etwas von Nichtbemerkthaben und der Vermeidung von Verkehrshindernissen mitten auf der Reeperbahn, doch der Zorn der Uniformierten schwindet im Zuge meiner Ausführungen nicht, im Gegenteil. Ich hätte, hebt der Wortführer nun sinngemäß an, am Abzweig zum Fischmarkt das Wendeverbot ignoriert, und das schreie nach Bestrafung.
Ein Dementi würde nichts fruchten, wie mir zügig dämmert, zumal die Einsicht in meine Schuld sich bestimmt in einem höchst halbherzigen Vortrag niederschlüge. Ich bin also widerstandslos bereit, mich in mein Schicksal zu fügen, welches sehr bald einen Bußgeldbescheid für mich bereithalten wird – als plötzlich eine schnarrende Stimme aus dem Funkgerät des Streifenwagens dringt. Einsatzbefehl!
Die beiden stürzen augenblicks zum Wagen, und bevor der Fahrer hineinspringt, dreht er sich kurz um und ruft: „Na, da haben Sie aber noch mal Glück gehabt!“ Und dann brettern diese Helden des Alltags davon, Kies klackert über die Lincolnstraße, und Sekunden später erinnert nur noch eine träg in der Luft träumende Staubwolke an die leidenschaftslose Lakonie, mit der die beiden einen Kleinen laufen lassen, um die ganz Großen zu fangen.
Dafür habe ich mich nie bedankt. Bei wem auch? Sie waren ja weg. Und wären sie dageblieben, hätte ich keinen Grund zum Dank gehabt, sondern einen Strafzettel.
Seither habe ich gewissermaßen dauerhaft 30 Euro mehr in der Tasche, zuungunsten der Stadtkasse.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs, in denen Polizisten vorkommen
1. „Hey cop" von A Subtle Plague
2. „Police & thieves" von The Clash
3. alles von The Police
(Foto: Reeperbahn, östliches Ende)
Die Fundstücke des Tages (27)
1. Zweimal hintereinander springt mir eine Halbkugel Toffifee aus der Schale wie ein Champagnerkorken, zweimal muss ich sie vom Boden aufklauben, zweimal schmeißt er sich schier weg, der Franke, dessen Humorbereitschaft so ausgeprägt ist wie die Explosionsneigung von Nitroglyzerin. Diese Toffifees hängen aber auch fest in der Schale! Und dann urplötzlich nicht mehr! Direkt vom Festverwachsensein mit der Kuhle wechseln sie in den Aggregatzustand des von einer Sprungfeder abgeschossenen Gravitationsignorierers. Ich weiß schon, warum ich 70-prozentige Tafelschokolade mit ganzen Nüssen bevorzuge. Toffifee? Pah!
2. Eine Kollegin kommt am Flughafen Stuttgart nicht durch die Kontrolle, weil ihr Koffer verdächtig ist. Etwas darin sperrt sich gegen das Durchleuchtetwerden. Die Sicherheitsbeamten öffnen vorsichtig das Gepäckstück und holen ein seltsames Päckchen heraus. Es ist ein Geschenk ihrer Mutter: schwäbische Maultaschen, tiefgefroren.
3. Der Googler von der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt, der heute dank des Suchbegriffs „Bordelle in Sardinien“ auf meiner Seite landete, muss mahnend belehrt werden. Es heißt nämlich „auf“ Sardinien.
4. Der Berliner Manuel Dahmann komponiert aus mehr als 40 Einzelfotos kubische Panoramen: dreidimensionale Panoramabilder, die man in beliebige Richtungen erforschen kann. Faszinierend. Und er erklärt ausführlich, wie das überhaupt geht. Eine fantastische Seite – nicht nur, weil Dahmann auch in Hamburg tätig war. Eins seiner Motive, die er auf St. Pauli entdeckte: Herbertstraße, klar. Aber von außen. Noch klarer.
Alle bisherigen Fundstücke des Tages:
1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, Oh, my Google!
2. Eine Kollegin kommt am Flughafen Stuttgart nicht durch die Kontrolle, weil ihr Koffer verdächtig ist. Etwas darin sperrt sich gegen das Durchleuchtetwerden. Die Sicherheitsbeamten öffnen vorsichtig das Gepäckstück und holen ein seltsames Päckchen heraus. Es ist ein Geschenk ihrer Mutter: schwäbische Maultaschen, tiefgefroren.
3. Der Googler von der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt, der heute dank des Suchbegriffs „Bordelle in Sardinien“ auf meiner Seite landete, muss mahnend belehrt werden. Es heißt nämlich „auf“ Sardinien.
4. Der Berliner Manuel Dahmann komponiert aus mehr als 40 Einzelfotos kubische Panoramen: dreidimensionale Panoramabilder, die man in beliebige Richtungen erforschen kann. Faszinierend. Und er erklärt ausführlich, wie das überhaupt geht. Eine fantastische Seite – nicht nur, weil Dahmann auch in Hamburg tätig war. Eins seiner Motive, die er auf St. Pauli entdeckte: Herbertstraße, klar. Aber von außen. Noch klarer.
Alle bisherigen Fundstücke des Tages:
1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, Oh, my Google!
24 September 2006
Tortour mit Intermezzo
In den letzten 48 Stunden verbesserte sich meine Konzertstatistik im gleichen Maße, wie sich meine körperliche Verfassung verschlechterte.
Am Donnerstag in Berlin begann die Live(tor)tour mit Shawn Colvin, Fionn Regan und Maximilian Hecker, ehe es in Hamburg ab Freitag beim Reeperbahnfestival weiterging mit The Rifles, Kajak, Minor Majority, Maplewood, Nerina Pallot, Paolo Nutini, The On Offs, Dominic Miller sowie Epo 555.
Samstagnachmittag lief ich zur Auflockerung auch noch bei der offiziellen Beatlestour mit, die Stadtteilführerin Stefanie Hempel mit enthusiastischem Dauerlächeln moderierte. Wie ernst sie ihren Job nimmt, zeigten die Intermezzi. Zur Ukulele (und Verwunderung der Touristen) schmetterte die Musikerin illustrativ Beatlessongs über den Kiez.
Während der Führung begleitete uns ein Kamerateam von Tide TV; und das hatte vor allem am Ende richtig was zu filmen. Denn auf dem Gelände des alten Star Clubs in der Großen Freiheit saßen ein paar saufende britische Kleiderschränke mit Glatzen herum, die Stefanies formidable „Twist and shout“-Fassung um euphorisches Mitgrölen bereicherten. Riesenbeifall am Ende, für Stefanie und die Engländer.
Am Mittwoch soll das Ganze auf Tide TV laufen; hier gibt es vorab schon mal Stefanies liebenswerte Fassung von „In my life“.
23 September 2006
Der Bucklige
Auf Dienstreise in Berlin, Popkomm. Einer, den man mit Fug und Recht als Männchen bezeichnen kann, streunt am Busbahnhof Zoo herum. Er hat einen unfassbar horizontalen Buckel, auf dem man mühelos ein Tablett abstellen könnte. Und er ist alt. Seine Haare sind grau, er trägt schlammfarbene Hosen samt Träger, die in den 40ern mal en vogue gewesen sein müssen. Und jetzt stellt er sich frontal vor mich. Abstand: halber Meter.
Er mustert mich aufmerksam, sein trauriger dunkelbrauner Blick wandert von meinen Augen hinunter Richtung Nabel, wo mein Popkomm-Ausweis im Spätsommerwind baumelt. Ich nehme die Situation als Bewährungsprobe. Einfach so tun, als sei er nicht da. Einfach mal sehen, wie cool ich sein kann, ob ich diese Verletzung der sozialen Distanz aushalte und wie lange. Mal testen, wer zuerst zuckt.
Mir fällt das allerdings schwer, ehrlich gesagt. Mein wie zufällig über Busse und Bäume wandernder Blick wirkt sicherlich auf bemühte Weise unbeteiligt; manchmal schaue ich ihn auch direkt an, um Lockerheit auszustrahlen, die ich gleichwohl nur spiele. Denn das Männchen steht unmittelbar vor mir, und das macht man nicht, zumindest dann nicht, wenn man nichts zu sagen, sondern nur zu gucken hat.
Und zu gucken hat es offenbar viel. Inzwischen ruht sein Blick starr auf meinem Bauch, ganz kurz nur zuckt er manchmal musternd hoch und sucht meine Augen. Was will der Mann? Was fasziniert ihn so?
Natürlich sind das Fragen, die früher oder später aus mir herausbrechen werden; lange halte ich die Situation nämlich nicht mehr durch, die ich mir vorschnell als Selbsttest auferlegt habe. Aber jetzt, jetzt sagt er was. Es ist eine Frage, und sie lautet: „Ist das dein Gestapo-Ausweis?“
Ich sage: „Wie bitte?“, und er sagt es noch mal: „Ist das dein Gestapo-Ausweis?“
Dieser Frage wohnt ein solches Überraschungsmoment inne, dass ich nichts erwidern, sondern nur mit einem mimischen Mix darauf reagieren kann. Würde ich mich in dieser Sekunde im Spiegel sehen oder durch die Augen des Männchens, dann müsste ich diesen Mix als Komposition aus Verblüffung, Ärger und Empörung beschreiben.
Und das ist wohl auch seine Interpretation. Es dreht sich weg und huscht behende davon, ein buckliges graues Etwas mit jahrzehntealten Hosenträgern, das keine Antwort erwartet auf eine solche Frage, aber froh ist, sie gestellt zu haben.
Ich ahne schlagartig den Schleier einer ganzen Lebensgeschichte. Sie muss irgendwann in den 20ern oder 30ern begonnen haben; und das, was damals mit ihm und seiner Familie geschah, muss über Dekaden hinweg weitergeschwärt haben wie ein Fluch, der sich heute, am Berliner Bahnhof Zoo, als absurde Frage an einen Wildfremden wieder einmal kurz materialisiert.
Meinen Popkomm-Ausweis habe ich heute Abend übrigens weggeworfen.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs mit geschichtlichem Bezug
1. „The history of rain" von Paul K. & The Weathermen
2. „In Germany before the war“ von Randy Newman
3. „Ohio“ von Neil Young
Foto: Bahnhof Messe Nord, Berlin (Am Zoo war ich zu konsterniert zum Knipsen.)
PS: Heute steht in der taz ein Artikel über Blogger aus Altona und St. Pauli, in dem auch „Die Rückseite der Reeperbahn“ freundliche Erwähnung findet. Allerdings zitiert mich Frau Bigalke falsch. Ich würde nur unterm Einfluss von Drogen „der“ Blog sagen. In Wahrheit sagte ich „das“ Blog. Obwohl natürlich inzwischen beides geht, laut Duden.
Er mustert mich aufmerksam, sein trauriger dunkelbrauner Blick wandert von meinen Augen hinunter Richtung Nabel, wo mein Popkomm-Ausweis im Spätsommerwind baumelt. Ich nehme die Situation als Bewährungsprobe. Einfach so tun, als sei er nicht da. Einfach mal sehen, wie cool ich sein kann, ob ich diese Verletzung der sozialen Distanz aushalte und wie lange. Mal testen, wer zuerst zuckt.
Mir fällt das allerdings schwer, ehrlich gesagt. Mein wie zufällig über Busse und Bäume wandernder Blick wirkt sicherlich auf bemühte Weise unbeteiligt; manchmal schaue ich ihn auch direkt an, um Lockerheit auszustrahlen, die ich gleichwohl nur spiele. Denn das Männchen steht unmittelbar vor mir, und das macht man nicht, zumindest dann nicht, wenn man nichts zu sagen, sondern nur zu gucken hat.
Und zu gucken hat es offenbar viel. Inzwischen ruht sein Blick starr auf meinem Bauch, ganz kurz nur zuckt er manchmal musternd hoch und sucht meine Augen. Was will der Mann? Was fasziniert ihn so?
Natürlich sind das Fragen, die früher oder später aus mir herausbrechen werden; lange halte ich die Situation nämlich nicht mehr durch, die ich mir vorschnell als Selbsttest auferlegt habe. Aber jetzt, jetzt sagt er was. Es ist eine Frage, und sie lautet: „Ist das dein Gestapo-Ausweis?“
Ich sage: „Wie bitte?“, und er sagt es noch mal: „Ist das dein Gestapo-Ausweis?“
Dieser Frage wohnt ein solches Überraschungsmoment inne, dass ich nichts erwidern, sondern nur mit einem mimischen Mix darauf reagieren kann. Würde ich mich in dieser Sekunde im Spiegel sehen oder durch die Augen des Männchens, dann müsste ich diesen Mix als Komposition aus Verblüffung, Ärger und Empörung beschreiben.
Und das ist wohl auch seine Interpretation. Es dreht sich weg und huscht behende davon, ein buckliges graues Etwas mit jahrzehntealten Hosenträgern, das keine Antwort erwartet auf eine solche Frage, aber froh ist, sie gestellt zu haben.
Ich ahne schlagartig den Schleier einer ganzen Lebensgeschichte. Sie muss irgendwann in den 20ern oder 30ern begonnen haben; und das, was damals mit ihm und seiner Familie geschah, muss über Dekaden hinweg weitergeschwärt haben wie ein Fluch, der sich heute, am Berliner Bahnhof Zoo, als absurde Frage an einen Wildfremden wieder einmal kurz materialisiert.
Meinen Popkomm-Ausweis habe ich heute Abend übrigens weggeworfen.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs mit geschichtlichem Bezug
1. „The history of rain" von Paul K. & The Weathermen
2. „In Germany before the war“ von Randy Newman
3. „Ohio“ von Neil Young
Foto: Bahnhof Messe Nord, Berlin (Am Zoo war ich zu konsterniert zum Knipsen.)
PS: Heute steht in der taz ein Artikel über Blogger aus Altona und St. Pauli, in dem auch „Die Rückseite der Reeperbahn“ freundliche Erwähnung findet. Allerdings zitiert mich Frau Bigalke falsch. Ich würde nur unterm Einfluss von Drogen „der“ Blog sagen. In Wahrheit sagte ich „das“ Blog. Obwohl natürlich inzwischen beides geht, laut Duden.
21 September 2006
Auhuuu!
Seit einiger Zeit läuft der Franke gegen Türrahmen. Dabei werden in der Regel Teile seiner oberen Körperhälfte in Mitleidenschaft gezogen, vor allem Ellenbogen, Oberarm und Schulter. Und in ermüdender Gleichmäßigkeit kommentiert der Tollpatsch sein alltägliches kleines Unglück mit immer demselben Aufschrei: „Auhuuu!“
Still seufzend deute ich dieses an Warren Zevons 1978er Hit „Werewolves of London“ gemahnende Empfindungswort als Fränkisch für „Ich Vollhorst!“ Doch der Unglücksrabe artikuliert damit offenbar nur unbeholfen einen grellen Prellschmerz.
Im Vergleich zu Zevons Version muss man sich übrigens sein Timbre beim Ausruf dieser Doppelsilbe deutlich tieffrequenter vorstellen. Anders als im Song nämlich kippt des Franken Organ im Verlauf des langgezogenen u nicht in die Kopfstimme. Vielleicht minimiert ja dieses Manko meinen Mitleidseffekt, ich weiß es nicht.
Das mit dem Türrahmenrammen passiert dem Franken erst, seitem er eine Lesebrille hat – anfangs, WEIL er sie aufhatte; neuerdings, weil er sie NICHT trägt. Ehrlich gesagt, wollte ich bei einer so komplexen Aufgabe wie der Gestaltung des Frankenlebens nicht Schicksal sein. Ich wäre mit dem Job schlicht überfordert.
„Auhuuu!“
Er hat es schon wieder getan.
PS: Das heutige Foto passt nur ungefähr. Aber das reicht mir.
Die bisherigen Teile der Frankensaga:
16. Die Bettelblickattacke
15. Der Franke bleibt störrisch
14. Der unvollendete Panini-Coup
13. Duck dich, Sylt!
12. Auf Partypatrouille
11. Laggs auf vier Uhr
10. Der Franke ist überall
9. Die Greeb-Pfanne
8. Erste gegen dritte Liga
7. Die verspätete Riesenkartoffel
6. Der historische Tag
5. Der Alditag
4. Der Faschingskrapfen
3. Der Klozechpreller
2. Der Dude
1. Das Alte Land
Still seufzend deute ich dieses an Warren Zevons 1978er Hit „Werewolves of London“ gemahnende Empfindungswort als Fränkisch für „Ich Vollhorst!“ Doch der Unglücksrabe artikuliert damit offenbar nur unbeholfen einen grellen Prellschmerz.
Im Vergleich zu Zevons Version muss man sich übrigens sein Timbre beim Ausruf dieser Doppelsilbe deutlich tieffrequenter vorstellen. Anders als im Song nämlich kippt des Franken Organ im Verlauf des langgezogenen u nicht in die Kopfstimme. Vielleicht minimiert ja dieses Manko meinen Mitleidseffekt, ich weiß es nicht.
Das mit dem Türrahmenrammen passiert dem Franken erst, seitem er eine Lesebrille hat – anfangs, WEIL er sie aufhatte; neuerdings, weil er sie NICHT trägt. Ehrlich gesagt, wollte ich bei einer so komplexen Aufgabe wie der Gestaltung des Frankenlebens nicht Schicksal sein. Ich wäre mit dem Job schlicht überfordert.
„Auhuuu!“
Er hat es schon wieder getan.
PS: Das heutige Foto passt nur ungefähr. Aber das reicht mir.
Die bisherigen Teile der Frankensaga:
16. Die Bettelblickattacke
15. Der Franke bleibt störrisch
14. Der unvollendete Panini-Coup
13. Duck dich, Sylt!
12. Auf Partypatrouille
11. Laggs auf vier Uhr
10. Der Franke ist überall
9. Die Greeb-Pfanne
8. Erste gegen dritte Liga
7. Die verspätete Riesenkartoffel
6. Der historische Tag
5. Der Alditag
4. Der Faschingskrapfen
3. Der Klozechpreller
2. Der Dude
1. Das Alte Land
20 September 2006
Die Fundstücke des Tages (26)
1. Die Raumfähre Atlantis wird gerade von mehreren unbekannten Flugobjekten begleitet, die zurzeit noch friedliche Absichten zu hegen scheinen. Vor allem das abgebildete Objekt befeuert die Fantasie. Die Nasa glaubt an eine Plastiktüte, ein Spon-Leser an eine Weltraumqualle. Unser Bürofaktotum Kramer indes vermutet, es handele sich ganz klar um eine Klobrille. Ich enthalte mich der Spekulationen, muss aber betonten, dass in dem von Ms. Columbo und mir betreuten Haushalt weder Tüten noch Klobrillen so aussehen wie auf diesem Foto.
2. Es ist immer wieder hübsch, automatische Übersetzungsprogramme an die Wand fahren zu sehen. Das putzige Worldlingo habe ich mal mit einigen Seiten dieses Blogs gefüttert. Besonders gut hat mir gefallen, wie nassforsch das Programm sogar Eigennamen übersetzt. Aus Herbert Achternbusch etwa wurde aus offenbar surrealistischen Gründen „Harsh ore figure eight shrubs". Herrlich auch „the joke has a Zottelbart".
3. Ich lese auf einer Doppelbank am Bahnhof Altona einen Artikel über Angst, es geht gerade um Kierkegaard und vor allem Martin Heideggers betrüblichen Begriff vom „Sein zum Tode“ – als mir plötzlich von hinten etwas Kleines, Feines auf die Schulter tatscht. Es ist das Händchen eines türkisches Babys, das mich quiekend anstrahlt, als ich mich umdrehe. Ich muss ebenfalls lächeln (wenn auch nicht quieken), und zwar nicht nur, weil ein Lächeln stets ein Lächeln hervorruft, sondern auch, weil dieser winzige Fratz hinter mir gerade Heidegger widerlegt.
4. Der Franke: „Ich kann Würste ohne Ende essen.“
Matt: „So? Dabei hat doch jede Wurst sogar zwei …“
Alle bisherigen Fundstücke des Tages:
1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, Oh, my Google!
2. Es ist immer wieder hübsch, automatische Übersetzungsprogramme an die Wand fahren zu sehen. Das putzige Worldlingo habe ich mal mit einigen Seiten dieses Blogs gefüttert. Besonders gut hat mir gefallen, wie nassforsch das Programm sogar Eigennamen übersetzt. Aus Herbert Achternbusch etwa wurde aus offenbar surrealistischen Gründen „Harsh ore figure eight shrubs". Herrlich auch „the joke has a Zottelbart".
3. Ich lese auf einer Doppelbank am Bahnhof Altona einen Artikel über Angst, es geht gerade um Kierkegaard und vor allem Martin Heideggers betrüblichen Begriff vom „Sein zum Tode“ – als mir plötzlich von hinten etwas Kleines, Feines auf die Schulter tatscht. Es ist das Händchen eines türkisches Babys, das mich quiekend anstrahlt, als ich mich umdrehe. Ich muss ebenfalls lächeln (wenn auch nicht quieken), und zwar nicht nur, weil ein Lächeln stets ein Lächeln hervorruft, sondern auch, weil dieser winzige Fratz hinter mir gerade Heidegger widerlegt.
4. Der Franke: „Ich kann Würste ohne Ende essen.“
Matt: „So? Dabei hat doch jede Wurst sogar zwei …“
Alle bisherigen Fundstücke des Tages:
1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, Oh, my Google!
19 September 2006
Telefonprotokolle (2)
Noch kurioser als das erste Telefonprotokoll verlief einst ein „Gespräch“ mit einem gewissen Marco vom italienischen Weinversand Giordano.
Der gute Giordano-Mann glaubte die ganze Zeit, er hätte mich höchstselbst am Apparat – dabei war es nur unser Anrufbeantworter.
Durch den Hintergrund geistern seltsame ätherische Stimmfetzen, die er offenbar für Antworten meinerseits hält. Und wie man hört, bin ich sogar in Abwesenheit fähig, einen guten Witz zu reißen. Zumindest Marcos pflichtschuldiges Lachen legt das nahe. Unten folgt das bizarre Zeitdokument in seiner ganzen Schönheit.
Giordano-Kunde bin ich übrigens trotz immer neuer Gutscheingeschenke nicht mehr. An der furiosen Performance von Marco liegt das aber keineswegs, das muss ich deutlich klarstellen.
Der gute Giordano-Mann glaubte die ganze Zeit, er hätte mich höchstselbst am Apparat – dabei war es nur unser Anrufbeantworter.
Durch den Hintergrund geistern seltsame ätherische Stimmfetzen, die er offenbar für Antworten meinerseits hält. Und wie man hört, bin ich sogar in Abwesenheit fähig, einen guten Witz zu reißen. Zumindest Marcos pflichtschuldiges Lachen legt das nahe. Unten folgt das bizarre Zeitdokument in seiner ganzen Schönheit.
Giordano-Kunde bin ich übrigens trotz immer neuer Gutscheingeschenke nicht mehr. An der furiosen Performance von Marco liegt das aber keineswegs, das muss ich deutlich klarstellen.
18 September 2006
Wort des Jahres, leicht variiert
17 September 2006
Unheimliche Begegnung der fetten Art
Heute mittag warte ich, wie immer mal wieder sonntags, im Penny-Markt Reeperbahn in der Kassenschlange. Ganz gegen meine sonstigen Gewohnheiten stehe ich vor statt hinter meinem Einkaufswagen, ich weiß auch nicht warum.
Plötzlich sehe ich, wie ein Wagen herrenlos links an mir vorbeirollt; es ist offenbar meiner. Noch ehe ich ihn zu fassen bekomme, touchiert er sanft das Gesäß meines Vordermanns, der ordnungsgemäß hinter statt vor seinem Einkaufswagen steht. Der dreht sich rechtschaffen erstaunt um, doch ich schaue rechtschaffen erstaunt zurück, denn ich weiß ja selber nicht, was los ist.
Also drehe ich mich ebenfalls um – und erblicke das Gesicht eines bulligen Menschen mutmaßlich türkischer Provenienz, dessen Stirn von einem düsteren Ingrimm umwölkt ist. Offenbar hat es den Herrn über Gebühr gestört, mich vor statt hinter meinem eigenen Einkaufswagen vorzufinden. Doch statt dieses Ungemach mündlich zu thematisieren, entschied er sich ohne Umschweife für die nonverbale Variante: Wagen wegschieben, ins Gesäß meines Vordermanns.
Ein Affront für mich, ganz klar. Eine Reaktion ist vonnöten. Die äußerlichen Merkmale des Wagenwegschiebers – grauschwarzer Stoppelbart, verwachsene Augenbrauen von werwolfhafter Buschigkeit, 100 Kilo Lebendgewicht – lassen in mir jedoch schlagartig die Überzeugung reifen, es könne von erheblichem Vorteil sein, mich möglichst widerspruchslos in die neue Sachlage zu fügen.
Also drehe ich mich offensiv wortlos wieder um, umfasse den Bügel meines Einkaufswagens und genieße mit sorgsam kaschierter Schnippischkeit die Vorzüge einer kleinmütig, aber weise vermiedenen Eskalation. Sie hätte was weiß ich für Folgen haben können, und von denen liest man gemeinhin am nächsten Tag in Mopo und BILD, Rubrik: Polizeimeldungen. Das muss ja nicht sein.
Außerdem wartet zu Hause Ms. Columbo auf Klopapier und Brötchen. Und nicht auf einen Blogger mit Nasenbluten.
PS: Das heutige Foto zeigt keinen Ersatzplaneten für Pluto, sondern die neue Illumination des Reeperbahnmittelstreifens: eine ins Gras eingelassene Lampe, die von unten die Bäume anstrahlt.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs übers Einkaufen
1. „Down in the mall“ von Warren Zevon
2. „Shopping cart“ von Schneider TM
3. „Hush little baby“ von The Weavers
Plötzlich sehe ich, wie ein Wagen herrenlos links an mir vorbeirollt; es ist offenbar meiner. Noch ehe ich ihn zu fassen bekomme, touchiert er sanft das Gesäß meines Vordermanns, der ordnungsgemäß hinter statt vor seinem Einkaufswagen steht. Der dreht sich rechtschaffen erstaunt um, doch ich schaue rechtschaffen erstaunt zurück, denn ich weiß ja selber nicht, was los ist.
Also drehe ich mich ebenfalls um – und erblicke das Gesicht eines bulligen Menschen mutmaßlich türkischer Provenienz, dessen Stirn von einem düsteren Ingrimm umwölkt ist. Offenbar hat es den Herrn über Gebühr gestört, mich vor statt hinter meinem eigenen Einkaufswagen vorzufinden. Doch statt dieses Ungemach mündlich zu thematisieren, entschied er sich ohne Umschweife für die nonverbale Variante: Wagen wegschieben, ins Gesäß meines Vordermanns.
Ein Affront für mich, ganz klar. Eine Reaktion ist vonnöten. Die äußerlichen Merkmale des Wagenwegschiebers – grauschwarzer Stoppelbart, verwachsene Augenbrauen von werwolfhafter Buschigkeit, 100 Kilo Lebendgewicht – lassen in mir jedoch schlagartig die Überzeugung reifen, es könne von erheblichem Vorteil sein, mich möglichst widerspruchslos in die neue Sachlage zu fügen.
Also drehe ich mich offensiv wortlos wieder um, umfasse den Bügel meines Einkaufswagens und genieße mit sorgsam kaschierter Schnippischkeit die Vorzüge einer kleinmütig, aber weise vermiedenen Eskalation. Sie hätte was weiß ich für Folgen haben können, und von denen liest man gemeinhin am nächsten Tag in Mopo und BILD, Rubrik: Polizeimeldungen. Das muss ja nicht sein.
Außerdem wartet zu Hause Ms. Columbo auf Klopapier und Brötchen. Und nicht auf einen Blogger mit Nasenbluten.
PS: Das heutige Foto zeigt keinen Ersatzplaneten für Pluto, sondern die neue Illumination des Reeperbahnmittelstreifens: eine ins Gras eingelassene Lampe, die von unten die Bäume anstrahlt.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs übers Einkaufen
1. „Down in the mall“ von Warren Zevon
2. „Shopping cart“ von Schneider TM
3. „Hush little baby“ von The Weavers
16 September 2006
Tah-taaa!
Dieses Blog hat heute, am 16. September, Geburtstag gefeiert, und zwar seinen ersten. Das hier ist der 364. Eintrag; irgendwo unterwegs habe ich also einmal gepatzt. Zumindest summa summarum, denn manchmal gab es mehrere Einträge täglich und hie und da auch – urlaubsbedingt – ein paar Tage lang keine.
Apropos Geburtstag: Die Teeniezeitschrift Bravo wurde just 50 und hat alle Titelbilder online gestellt, darunter auch das vom Tag meiner Geburt. Auf ewig verknüpft mit Lilo Pulver!
Neun Jahre später schaute „Winnetou“ Pierre Brice leicht erschreckt in eine Welt, die gerade um Ms. Columbo enorm bereichert wurde. Sie sollte Jahrzehnte später zur wohl weltweit einzigen Person heranwachsen, die sämtliche Einträge dieses Blogs gelesen hat.
Ernstere Folgen scheint das bisher noch nicht gehabt zu haben.
Ex cathedra: Die Top 3 der Geburtstagssongs
1. „Birthday" von The Beatles
2. „A birthday" von Kat Onoma
3. alles von The Birthday Party
Apropos Geburtstag: Die Teeniezeitschrift Bravo wurde just 50 und hat alle Titelbilder online gestellt, darunter auch das vom Tag meiner Geburt. Auf ewig verknüpft mit Lilo Pulver!
Neun Jahre später schaute „Winnetou“ Pierre Brice leicht erschreckt in eine Welt, die gerade um Ms. Columbo enorm bereichert wurde. Sie sollte Jahrzehnte später zur wohl weltweit einzigen Person heranwachsen, die sämtliche Einträge dieses Blogs gelesen hat.
Ernstere Folgen scheint das bisher noch nicht gehabt zu haben.
Ex cathedra: Die Top 3 der Geburtstagssongs
1. „Birthday" von The Beatles
2. „A birthday" von Kat Onoma
3. alles von The Birthday Party
15 September 2006
Telefonprotokolle (1)
Matt: Hallo, mw von kn. Ihre Kollegin Frau P. hat mich vorhin versucht zu erreichen. Ist sie zu sprechen?
Promofraukollegin: Nein, sie ist heute nicht mehr da und morgen auch nicht, erst am Montag wieder. Kann ich etwas ausrichten oder schon mal was aufschreiben?
Matt: Wie gesagt, sie wollte mich erreichen. Ich rufe lediglich zurück.
Promofraukollegin: Ach so, ja, klar. Dann geben Sie mir doch mal Ihre Nummer, dann notiere ich Frau P., dass Sie angerufen haben.
Matt: Frau P. hat meine Nummer – sie hat ja eben versucht, mich anzurufen.
Promofraukollegin: Stimmt … hm … Gut, dann sage ich Ihr Bescheid, sie ruft dann am Montag zurück.
Matt: Vielen Dank. Schönes Wochenende.
Promofraukollegin: Danke, Ihnen auch.
So gehen die Bürotage dahin. Und irgendwann wird man sich fragen, ob das alles gewesen ist.
PS: Immer wenn hier Dinge passieren, die nicht zu bebildern sind, nutze ich herzlich gern die Chance auf sachfremde, aber ansprechende Bebilderung. Heute: der U-Bahnhof Messehallen.
Promofraukollegin: Nein, sie ist heute nicht mehr da und morgen auch nicht, erst am Montag wieder. Kann ich etwas ausrichten oder schon mal was aufschreiben?
Matt: Wie gesagt, sie wollte mich erreichen. Ich rufe lediglich zurück.
Promofraukollegin: Ach so, ja, klar. Dann geben Sie mir doch mal Ihre Nummer, dann notiere ich Frau P., dass Sie angerufen haben.
Matt: Frau P. hat meine Nummer – sie hat ja eben versucht, mich anzurufen.
Promofraukollegin: Stimmt … hm … Gut, dann sage ich Ihr Bescheid, sie ruft dann am Montag zurück.
Matt: Vielen Dank. Schönes Wochenende.
Promofraukollegin: Danke, Ihnen auch.
So gehen die Bürotage dahin. Und irgendwann wird man sich fragen, ob das alles gewesen ist.
PS: Immer wenn hier Dinge passieren, die nicht zu bebildern sind, nutze ich herzlich gern die Chance auf sachfremde, aber ansprechende Bebilderung. Heute: der U-Bahnhof Messehallen.
14 September 2006
Zauberhaft!
Wie versprochen nenne ich nun hier an dieser Stelle von ganzem Herzen und ex cathredra folgende Blogfreunde „zauberhaft“:
Sebbo, Neo-Bazi, Joshuatree, Axel Wegner, gamskogel und df.
Der Grund für meinen Gefühlsausbruch: Alle oben erwähnten haben mich charmanterweise für den Weblog-Award vorgeschlagen oder dort schmeichelnde Kommentare zur „Rückseite der Reeperbahn“ abgegeben. Danke!
Wer sich Ihnen anschließen möchte, erntet von mir keinesfalls Kritik, im Gegenteil: Jeder wird dafür hier ebenfalls „zauberhaft“ genannt werden!
Hoffentliich ist das Anreiz genug. Wer quanti- oder qualitav hochwertigere Gegenleistungen erwartet, darf mir gern entsprechende Vorschläge unterbreiten.
Ich sehe, was ich tun kann – und werde jeden Einzelfall wohlwollend prüfen …
Sebbo, Neo-Bazi, Joshuatree, Axel Wegner, gamskogel und df.
Der Grund für meinen Gefühlsausbruch: Alle oben erwähnten haben mich charmanterweise für den Weblog-Award vorgeschlagen oder dort schmeichelnde Kommentare zur „Rückseite der Reeperbahn“ abgegeben. Danke!
Wer sich Ihnen anschließen möchte, erntet von mir keinesfalls Kritik, im Gegenteil: Jeder wird dafür hier ebenfalls „zauberhaft“ genannt werden!
Hoffentliich ist das Anreiz genug. Wer quanti- oder qualitav hochwertigere Gegenleistungen erwartet, darf mir gern entsprechende Vorschläge unterbreiten.
Ich sehe, was ich tun kann – und werde jeden Einzelfall wohlwollend prüfen …
Warum der HSV wirklich gegen Arsenal verloren hat
Es gibt viele ekle Lebensmittel, die dennoch von vielen Menschen mit großem Behagen verzehrt werden. Andere Länder, sehr andere Sitten: Das lehrte uns vergangenen Sonntag in drastischen Worten die FAS. Eins der ekligsten Nahrungsmittel aber vergaßen die Frankfurter Kollegen zu erwähnen, dabei existiert es weitgehend unbehelligt in praktisch jedem deutschen Dorf: alkoholfreies Bier.
Der empörende Geschmack dieser Flüssigkeit, die Getränk zu nennen ich mir hiermit herrisch verbitte, erinnert an nasse Wellpappe, die in Styroporgranulat gewälzt wurde. Sie müsste ebenso verboten sein wie Genmais, doch sie ist erlaubt. Manchmal wird sie sogar behördlich verlangt, wie am letzten Wochenende beim Spiel St. Pauli gegen Union Berlin.
Niemals hätte ich im Stadion ein Bier geordert, wäre mir zuvor das Warnschild am Bierstand aufgefallen. So aber süffelte ich zufrieden am Becher, genoss das vollprozentige Astra und schaute zufrieden in die Welt. Denn der Standbesitzer war ein Fuchs: Er hatte das Schild nur ordnungshalber aufgehängt, es beim Ausschank aber ignoriert und die Fans klammheimlich trotzdem mit Vollbier versorgt. So waren alle zufrieden, die Behörde und die Fans.
Wie aber wird dieses diffizile Problem wohl beim HSV geregelt? Bekanntlich spielt der Verein aus irgendwelchen Gründen, die ob ihrer Surrealität schon wieder im Dunkeln liegen, in der höchsten europäischen Fußballklasse, der Champions League, und die zuständige Uefa hat ein generelles Alkoholverbot in allen Stadien verhängt.
Heute also fuhr ich zum Spiel gegen Arsenal London, vor allem, um der hohen Kunst des französischen Fußballgottes Thierry Henry zu huldigen. Als ich eintraf, erfuhr ich allerdings als Erstes von seiner Verletzung. Henry spielte nicht. Das war ein Schlag. Zum Trost wollte ich mir ein Bier gönnen. Am Stand hing natürlich ein Warnschild, welches auf den exklusiven Ausschank alkoholfreien Biers verwies. Aber den Trick kannte ich ja schon vom FC St. Pauli.
Trotzdem beschloss ich, auf Nummer Sicher zu gehen, und fragte einen frischversorgten Zecher, ob er wirklich nur impotente Plörre im Becher habe. „Fifty-fifty“, erklärte er und nippte mir aufmunternd zu, „es ist etwas verdünnt.“ Von einer solchen Variante war mir bislang nichts bekannt, doch warum sollte ich einem sympathisch wirkenden HSV-Fan in seinem eigenen Stadion misstrauen? Fifty-fifty – das könnte immerhin bedeuten, glimpflich davonzukommen, vor allem im Hinblick auf die brutale Drohung, die das Warnschild rücksichtslos in die Welt hinausposaunte. Insgeheim glaubte ich sogar immer noch an die pfiffige St.-Pauli-Variante.
Also orderte ich ein Bier. Und bekam nasse Wellpappe, die kaltlächelnd in Styroporgranulat gewälzt worden war. Natürlich war es mir nach dem ersten Schluck unmöglich, diese Flüssigkeit, die Getränk zu nennen sofort in den Kanon der unvergebbaren Todsünden aufgenommen werden müsste, weiterhin geregelt zu mir zu nehmen. Selbst der nach jeder Konsumhandlung aufkeimende Drang, die erstandene Ware auch zu verbrauchen, war chancenlos gegen die Kraft meines Widerwillens, und ich stellte den kontaminierten Becher auf einen Pfeiler und „vergaß“ ihn dort. Es standen übrigens schon fünf andere herum. Alle waren mindestens halbvoll.
Der HSV verlor folglich 1:2, St. Pauli war wenigstens auf ein Remis gekommen. Denk mal drüber nach, Beiersdorfer.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs über Fußball
1. „Three lions“ von The Lightning Seeds
2. „Rummenigge all night long“ von Alain & Denise“
3. „Red football“ von Sinéad O'Connor
Foto: Spiegel Online
Der empörende Geschmack dieser Flüssigkeit, die Getränk zu nennen ich mir hiermit herrisch verbitte, erinnert an nasse Wellpappe, die in Styroporgranulat gewälzt wurde. Sie müsste ebenso verboten sein wie Genmais, doch sie ist erlaubt. Manchmal wird sie sogar behördlich verlangt, wie am letzten Wochenende beim Spiel St. Pauli gegen Union Berlin.
Niemals hätte ich im Stadion ein Bier geordert, wäre mir zuvor das Warnschild am Bierstand aufgefallen. So aber süffelte ich zufrieden am Becher, genoss das vollprozentige Astra und schaute zufrieden in die Welt. Denn der Standbesitzer war ein Fuchs: Er hatte das Schild nur ordnungshalber aufgehängt, es beim Ausschank aber ignoriert und die Fans klammheimlich trotzdem mit Vollbier versorgt. So waren alle zufrieden, die Behörde und die Fans.
Wie aber wird dieses diffizile Problem wohl beim HSV geregelt? Bekanntlich spielt der Verein aus irgendwelchen Gründen, die ob ihrer Surrealität schon wieder im Dunkeln liegen, in der höchsten europäischen Fußballklasse, der Champions League, und die zuständige Uefa hat ein generelles Alkoholverbot in allen Stadien verhängt.
Heute also fuhr ich zum Spiel gegen Arsenal London, vor allem, um der hohen Kunst des französischen Fußballgottes Thierry Henry zu huldigen. Als ich eintraf, erfuhr ich allerdings als Erstes von seiner Verletzung. Henry spielte nicht. Das war ein Schlag. Zum Trost wollte ich mir ein Bier gönnen. Am Stand hing natürlich ein Warnschild, welches auf den exklusiven Ausschank alkoholfreien Biers verwies. Aber den Trick kannte ich ja schon vom FC St. Pauli.
Trotzdem beschloss ich, auf Nummer Sicher zu gehen, und fragte einen frischversorgten Zecher, ob er wirklich nur impotente Plörre im Becher habe. „Fifty-fifty“, erklärte er und nippte mir aufmunternd zu, „es ist etwas verdünnt.“ Von einer solchen Variante war mir bislang nichts bekannt, doch warum sollte ich einem sympathisch wirkenden HSV-Fan in seinem eigenen Stadion misstrauen? Fifty-fifty – das könnte immerhin bedeuten, glimpflich davonzukommen, vor allem im Hinblick auf die brutale Drohung, die das Warnschild rücksichtslos in die Welt hinausposaunte. Insgeheim glaubte ich sogar immer noch an die pfiffige St.-Pauli-Variante.
Also orderte ich ein Bier. Und bekam nasse Wellpappe, die kaltlächelnd in Styroporgranulat gewälzt worden war. Natürlich war es mir nach dem ersten Schluck unmöglich, diese Flüssigkeit, die Getränk zu nennen sofort in den Kanon der unvergebbaren Todsünden aufgenommen werden müsste, weiterhin geregelt zu mir zu nehmen. Selbst der nach jeder Konsumhandlung aufkeimende Drang, die erstandene Ware auch zu verbrauchen, war chancenlos gegen die Kraft meines Widerwillens, und ich stellte den kontaminierten Becher auf einen Pfeiler und „vergaß“ ihn dort. Es standen übrigens schon fünf andere herum. Alle waren mindestens halbvoll.
Der HSV verlor folglich 1:2, St. Pauli war wenigstens auf ein Remis gekommen. Denk mal drüber nach, Beiersdorfer.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs über Fußball
1. „Three lions“ von The Lightning Seeds
2. „Rummenigge all night long“ von Alain & Denise“
3. „Red football“ von Sinéad O'Connor
Foto: Spiegel Online
13 September 2006
Die Fundstücke des Tages (25)
1. Das abgebildete Angebot scheint mir einige Haken zu viel zu haben. Und die wichtigste Frage bleibt unbeantwortet: Was macht Daniel mittwochs? Gefunden in der Bahrenfelder Straße in Ottensen.
2. Als unlängst die Veröffentlichung von Günter Grass’ Autobiografie anstand und er seine Waffen-SS-Mitgliedschaft zugab, unterstellten einige ihm Promotionmotive. Ich nehme an, bei Joachim Fest – sein Buch kommt in elf Tagen – wird sich das niemand trauen.
3. Auf seinem neuen Album „Dämmerung“ beklagt der altehrwürdige Liedermacher Franz Josef Degenhardt die jämmerliche Situation der Linken in der spätbürgerlichen Gesellschaft. Sein sarkastisches Fazit: Sie werde „nicht mal mehr verfolgt”. Mehr Resignation geht wirklich nicht.
4. „Es beunruhigt mich, dass ich keine Zukunftsangst habe", las ich in einem anderen Blog. Er hat also sozusagen Angst vor der Abwesenheit von Angst – wahrscheinlich lag der SPIEGEL letzte Woche mit seiner Titelstory doch mal wieder richtig.
Alle bisherigen Fundstücke des Tages:
1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 22, 24, Oh, my Google!
2. Als unlängst die Veröffentlichung von Günter Grass’ Autobiografie anstand und er seine Waffen-SS-Mitgliedschaft zugab, unterstellten einige ihm Promotionmotive. Ich nehme an, bei Joachim Fest – sein Buch kommt in elf Tagen – wird sich das niemand trauen.
3. Auf seinem neuen Album „Dämmerung“ beklagt der altehrwürdige Liedermacher Franz Josef Degenhardt die jämmerliche Situation der Linken in der spätbürgerlichen Gesellschaft. Sein sarkastisches Fazit: Sie werde „nicht mal mehr verfolgt”. Mehr Resignation geht wirklich nicht.
4. „Es beunruhigt mich, dass ich keine Zukunftsangst habe", las ich in einem anderen Blog. Er hat also sozusagen Angst vor der Abwesenheit von Angst – wahrscheinlich lag der SPIEGEL letzte Woche mit seiner Titelstory doch mal wieder richtig.
Alle bisherigen Fundstücke des Tages:
1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 22, 24, Oh, my Google!
11 September 2006
Der Ohrpopler
Alkoholismus ist mit Sicherheit auf St. Pauli verbreiteter als – sagen wir – in Altötting. Als Bewohner gewöhnt man sich an Kollateralschäden dieses Phänomens recht schnell, und über die am Sonntagmorgen ubiquitär herumliegenden Schnapsleichen steigt man routiniert hinweg. Keine von ihnen ist wirklich tot, und wenn, dann soll es bitte ein anderer merken; ich habe mich zu oft blamiert beim panischen Herbeirufen von Ordnungs- oder Rettungskräften, die es aber zum Glück bei mitleidigen Blicken beließen, statt über Regressforderungen nachzudenken.
Nein, wer sich gelähmt vom Suff gar nicht mehr bewegen kann, ist auf St. Pauli das kleinere Problem. Ein kaum größeres war jener Mann, der vorm U-Bahnhof St. Pauli (nicht fern von der abgebildeten Taubenstraße) mein Freund werden wollte. Er war vielleicht Mitte 50 und kein Zufallsbetrunkener wie viele der Partyterroristen, die uns allwochenendlich heimsuchen wie Wespenschwärme eine Freiluftausstellung von Sahnetorten. Aber er war auch kein Obdachloser, dazu war er nicht schmutzig genug.
Er war irgendetwas dazwischen, eine kleine grauhaarige Gestalt mit schroffen Furchen im Gesicht und abgetragenen Jeans. Früher oder später wird sich unerbittlich entscheiden, in welche Richtung das Pendel seines Lebens ausschlägt. „Prekär“ nennt man heutzutage wohl eine solche Situation.
Sein linkes Auge war blind; es sah aus, als hätte ihm jemand Kondensmilch in den Augapfel injiziert. Er schwenkte eine Flasche Astra, morgens um 9 an der Haltestelle, und die Afrikanerin, die mit ihrem Kinderwagen neben mir auf den Bus wartete, entfernte sich wortlos zwei Meter, als er wankend versuchte, ihr Baby auf eine Weise anzustammeln, die er in einem früheren Leben wohl als onkelhaft kennengelernt hatte.
Ich entschloss mich, ihn von Mutter und Kind fernzuhalten, sofern er die Verfolgung aufnehmen sollte. Doch das war unnötig, denn er wandte sich sowieso mir zu, mit einem irrlichternden Grinsen, das aussah nach dem verzweifelten Glück des Betrunkenen. „Was hörsten da?“, fragte er mit Blick auf meine Ohrhörer. „George Michael“, sagte ich. „Komm“, fuchtelte er mit seiner freien, astrafreien Rechten vor meinem Gesicht herum, „lass ma hörn!“
Er machte eine Bewegung Richtung Ohrhörer, als wollte er ihn mir vom Kopf nehmen und sich anschließend einführen, doch ich wehrte ab. „Ah“, machte er, und sein funktionierendes Auge weitete sich ein wenig, „ich verstehe!“
Dann steckte er sich seinen schrundigen Zeigefinger tief ins rechte Ohr, drehte, grub und bohrte darin herum, holte Unsagbares heraus, wischte dann den Finger mit großer Geste ab an seiner Jeans, die aussah, als hätte sie solches schon oft erdulden müssen – und glaubte, nun sei die Sache geregelt, nun dürfe er George Michael hören.
Ich musste ihn enttäuschen, und dann kam auch schon der Bus.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs übers Saufen
1. „The piano has been drinkin’“ von Tom Waits
2. „One bourbon, one scotch, one beer“ von John Lee Hooker
3. „Drunk“ von Vic Chesnutt
Nein, wer sich gelähmt vom Suff gar nicht mehr bewegen kann, ist auf St. Pauli das kleinere Problem. Ein kaum größeres war jener Mann, der vorm U-Bahnhof St. Pauli (nicht fern von der abgebildeten Taubenstraße) mein Freund werden wollte. Er war vielleicht Mitte 50 und kein Zufallsbetrunkener wie viele der Partyterroristen, die uns allwochenendlich heimsuchen wie Wespenschwärme eine Freiluftausstellung von Sahnetorten. Aber er war auch kein Obdachloser, dazu war er nicht schmutzig genug.
Er war irgendetwas dazwischen, eine kleine grauhaarige Gestalt mit schroffen Furchen im Gesicht und abgetragenen Jeans. Früher oder später wird sich unerbittlich entscheiden, in welche Richtung das Pendel seines Lebens ausschlägt. „Prekär“ nennt man heutzutage wohl eine solche Situation.
Sein linkes Auge war blind; es sah aus, als hätte ihm jemand Kondensmilch in den Augapfel injiziert. Er schwenkte eine Flasche Astra, morgens um 9 an der Haltestelle, und die Afrikanerin, die mit ihrem Kinderwagen neben mir auf den Bus wartete, entfernte sich wortlos zwei Meter, als er wankend versuchte, ihr Baby auf eine Weise anzustammeln, die er in einem früheren Leben wohl als onkelhaft kennengelernt hatte.
Ich entschloss mich, ihn von Mutter und Kind fernzuhalten, sofern er die Verfolgung aufnehmen sollte. Doch das war unnötig, denn er wandte sich sowieso mir zu, mit einem irrlichternden Grinsen, das aussah nach dem verzweifelten Glück des Betrunkenen. „Was hörsten da?“, fragte er mit Blick auf meine Ohrhörer. „George Michael“, sagte ich. „Komm“, fuchtelte er mit seiner freien, astrafreien Rechten vor meinem Gesicht herum, „lass ma hörn!“
Er machte eine Bewegung Richtung Ohrhörer, als wollte er ihn mir vom Kopf nehmen und sich anschließend einführen, doch ich wehrte ab. „Ah“, machte er, und sein funktionierendes Auge weitete sich ein wenig, „ich verstehe!“
Dann steckte er sich seinen schrundigen Zeigefinger tief ins rechte Ohr, drehte, grub und bohrte darin herum, holte Unsagbares heraus, wischte dann den Finger mit großer Geste ab an seiner Jeans, die aussah, als hätte sie solches schon oft erdulden müssen – und glaubte, nun sei die Sache geregelt, nun dürfe er George Michael hören.
Ich musste ihn enttäuschen, und dann kam auch schon der Bus.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs übers Saufen
1. „The piano has been drinkin’“ von Tom Waits
2. „One bourbon, one scotch, one beer“ von John Lee Hooker
3. „Drunk“ von Vic Chesnutt
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