08 Oktober 2007

Wenn die kühnsten Fantasien Wirklichkeit werden

Manche Dinge sind schlicht unvorstellbar. Sie müssen schon wirklich passieren, damit man sie glauben kann. Heute geschah so etwas.

Ich war mit dem Zug unterwegs von Gießen nach Kassel, wo ich neun Minuten nach der geplanten Ankunft den ICE nach Hamburg zu erwischen gedachte. Ein überaus spannendes Unterfangen mit völlig offenem Ausgang, sofern man prophylaktisch von der üblichen Verspätung ausgeht (was man unbedingt tun muss).

Nur die Tatsache, auf dem gleichen Bahnsteig einzulaufen, von dem auch der ICE abfahren sollte, puschte wider alle Empirie meinen naiven Optimismus. Dann aber geschah das oben dramaturgisch geschickt angedeutete Unvorstellbare: Unser Zug erreichte Kassel sechs Minuten vor der Zeit, und im gleichen Moment fuhr auf dem Nachbargleis ein ICE nach Hamburg ein – doch nicht etwa „meiner“, sondern der davor!

Völlig verdattert stieg ich ein, verbrachte euphorisiert und kopfschüttelnd selige Stunden im Speisewagen (selbst die Fehlbestellung eines Mixgetränks aus Bier und Orangensaft konnte meine Stimmung nicht recht trüben) und erreichte Hamburg eine knappe halbe Stunde früher als geplant.


Ich wiederhole, für die Annalen: früher als geplant.

Jaha, aus so was müssten sie mal ein Drehbuch stricken, die Herren Science-Fiction-Autoren! Und nicht immer fantasielos plausible Storys erzählen von Zeitreisen ins Pleistozän oder Alieninvasionen von Alpha Centauri.

14 Kommentare:

  1. Nun soll es ja bald so sein, dass die Bahn bei Verspätungen dem Kunden einen Nachlass gewährt. Ich fände es dann aber auch fair, wenn bei Verfrühungen der Kunde an die Bahn einen kleinen Obulus bezahlt. Oder?

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  2. Sie Münchhausen, Sie! :-)

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  3. Das muss der Neid Ihnen lassen, Matt: Sehr, sehr gut erfunden!
    Wenn es nicht so unglaublich wäre, und Sie an der einen Stelle nicht so hemmungslos überzogen hätten *"eine knappe halbe Stunde früher als geplant", könnte man fast darauf reinfallen.
    FAST!

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  4. Mist, ich wusste es. Meine Leserinnen und Leser sind einfach zu clever. Aber es ist schön, sich das von Zeit zu Zeit mal wieder zu vergegenwärtigen.

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  5. Irgendwie scheint die Bahn ein Händchen für ganz auf das Buchungsverhalten abgestimmte Überraschungen zu haben.

    Mir dürfte so ezwas nicht passieren, da ich immer billigbillig im Internet buche, inklusive Zugbindung. Für einen früheren Zug hätte ich also draugzahlen müssen.

    Was mir hingegen gerne passiert, ist, dass mein ICE von Bremen nach Hamburg Verspätung hat. Und zwar dermaßen, dass ich, um es noch einigermaßen pünktlich zu schaffen, in den bereitstehenden Regionalzug umsteigen muss. S-Bahn wäre der treffendere Begriff, randvoll mit randvollem Pack und Pöbel muss ich dann fast zwei Stunden stehend in einer stinkenden Bahn verbringen, anstatt auf reserviertem Sessel pünktlich anzukommen.

    Leider haben die Schaffner vor solchen Zügen kapituliert, denn ich würde es zu gerne erleben, dass mir jemand versucht, wegen meines "freiwilligen" Verzichts auf den ICE zugunsten des Bundeswehrsonderzuges auch noch einen Zuschlag abzuknöpfen.

    ich hätte vermutlich Blogstoff für Wochen.

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  6. Jetzt brauchen Sie mir nur noch zu erzählen, dass in der U-Bahn Haltestelle Hauptbahnhof Süd (gelbe Linie 3) keiner raucht ...

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  7. Herr Matt,

    und wenn es nicht wahr ist, dann ist es gut erfunden (es ist, so glaube ich, eine Redewendung aus dem Italienischen, die in ihrer Ursprungssprache unendlich viel melodischer klingt. Sie können ja einmal in Ihrem fachkundigen Umfeld nachfragen. So in etwa "e se no vero, e bene trovato" -rotwerd', ich habe es eben nur in phonetischer Erinnerung).
    Die sechs Minuten zu früh in Kassel, die hatte ich Ihnen auch geglaubt (Hallo Frau Anna !).
    Das habe ich einmal von Eisenach nach Kassel mit drei Minuten "Gutzeit" geschafft. Wahrscheinlich ist das heute zuschlagspflichtig.
    Aber diese halbe Stunde, die bekommen Sie auf diesem Gleisnetz mit dieser Nutzung und diesem System faktisch.einfach.nicht.hin. Sie müßten unterwegs z. T. umständlich und zeitraubend rangieren, um die Zugreihenfolge soweit zu ändern, daß eine halbe Stunde überhaupt möglich wird. Das ist ja das Problem: Wenn es irgendwo flopt, hängt alles nicht umleitbare dahinter fest. Und Überholen/ Passieren geht nicht überall, meist an Bahnhöfen.
    Also: Eine herrlich optimistische Geschichte, die Mut macht und träumen läßt. Immer im Glauben an das Gute - perenniel as the grass.
    Danke.
    Allen eine angenehme Woche.
    Montag, 08.10.2007 um

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  8. Sehen Sie, Herr Olaf, Hallo!gemeinsame Profilingdienste beim BaziND haben Sie genauso misstrauisch gemacht wie mich auch, wenn nicht sogar noch mehr.

    Matt, gestehen Sie. Und schreiben Sie eine lückenlose Darstellung der tatsächlichen Vorgänge!

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  9. Es ist alles wahr, so wahr ich hier sitze und zehnfingerblindtippe! Die halbe Stunde ist natürlich Ergebnis einer klitzekleinen Aufrundung, so weit komme ich Ihnen entgegen.

    ramses, normalerweise bin ich auch ein Früh- und somit Sparbucher, doch unvorhersehbare Umstände erforderten es, kurzfristig diese Reise anzutreten – mit dem bekannten (und wahren!) Verlauf.

    Opa, Ihre Erinnerung an Hamburg scheint schon arg eingetrübt zu sein. In der U-Bahn habe ich noch niemals jemanden rauchen sehen. In einem 14-stöckigen Hochhaus eingangs der Reeperbahn hingegen schon.

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  10. Das Gegenteil ist der Fall.

    Das Foto zeigt ja nicht die U-Bahn von innen, sondern die Haltestelle Hauptbahnhof Süd der Linie 3. Schauen Sie mal nach Kippen am Boden um die Sitzbänke auf dem Bahnsteig.

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  11. Mit Ihrer Erinnerung scheint übrigens was nicht mehr ganz so zu klappen: Der Nuttenturm hat 15 Etagen und befindet sich am Ende der Reeperbahn und nicht "eingangs" derselben.

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  12. Eingangs oder Ende, 14 oder 15 Stockwerke: Das sind doch alles korinthenkackerische Kinkerlitzchen, die von der „unbequemen Wahrheit“ (Gore) ablenken sollen.

    Was den kippenverschmutzten Bahnsteig angeht, so haben Sie natürlich recht. Mal schauen, was sich die Stadt ab 1. Januar einfallen lässt, um das abzustellen. Vielleicht muss sie sogar Oldman reaktivieren.

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  13. zu Absatz 1:

    Sie kennen schon Opas neue Anti-Blogroll, nicht wahr?

    Ich frag ja nur.

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  14. Ja. Aber ich habe mich dort nicht entdecken können …

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