Manchmal muss man seufzen über Hamburg. Da gehe ich zu einem Konzert in den Waagenbau an der Max-Brauer-Allee, will eine alte Lieblingsband aus den 80ern sehen, die Legendary Pink Dots, und wann geht es los? Offiziell um 22 Uhr. An einem Mittwochabend.
Vor Ort erfahre ich, dass ich mich realistischerweise lieber auf 23 Uhr einstellen sollte – allerdings erst mal aufs Vorprogramm. Die arbeitende Bevölkerung gehört offenbar nicht zur Zielgruppe. Also warte ich und vertreibe mir die Zeit mit einigen Fotostudien über den Waagenbau, der direkt (und ich meine DIREKT) unter einer S-Bahn-Brücke liegt, weshalb sie hier lieber keinen einsamen Singer/Songwriter auftreten lassen sollten.
Das Vorprogramm gestaltet der Keyboarder der Lieblingsband, er baut an einer dreiviertelstündigen Klangwand aus statischem Lärm, was durchaus seinen Reiz hat, aber nicht mittwochsabends zur Geisterstunde, wenn man auf seine Lieblingsband wartet.
Dann kommt sie, es ist schon Donnerstagmorgen, und mein alter Held Edward Ka-Spel ist aufgemacht wie eine Tuntendiva (würde Senait sagen): langer dunkler Umhang, ein Wollschal bis ans Schienbein, dazu eine lächerlich coole Sonnenbrille – der Mann wirkt wie ein Provinzstadtintellektueller, der auf Stadtrat und Kunstvereinsvorsitzende exzentrisch wirken will. Ich fotografiere lieber den Saxofonisten (auch wenn er partout nicht stillhalten will) und verziehe mich erschöpft gegen eins.
Übrigens war das nicht mal der Verzögerungsrekord. Auf den Beginn eines Konzertes im Molotov, einem kleinen Club in zwei Fußminuten Entfernung, musste ich mal bis viertel vor eins warten. An einem Donnerstag. Ganz klar: Die Hamburger Konzertveranstalter zielen voll auf die Generation Hartz IV. Auf die, die ausschlafen können.
Große Musik, die heute durch den iPod floss: „Black baby“ von Kruder & Dorfmeister, „Elevator“ von Jaffa und „Edge of time“ von Jean F. Cochoise.
Also ich verstehe es auch nicht, die Musiker sind wohl alle mit dem D-Zug (heute: InterRegio) durch die Kinderstube gerast und denken noch immer, man könne ja mal zehn bis fünftausend Gäste, Zuhörer, Eintrittzahler warten lassen, denn schon in den Achtzigern, als wir eine Musikkneipe hatten, meinten die Musiker, es gehöre zum guten Ton, denselben regelmäßig erst mit halbstündiger Verspätung anstimmen zu müssen.
AntwortenLöschenAber wehe, das Happahappa ist nicht richtig temperiert oder der Wodka von der falschen Marke.
Die Krönung war damals ein (natürlich) ausverkauftes Miles-Davis-Konzert in der Frankenhalle. Um kurz nach 20 Uhr, als das Konzert beginnen sollte, erreichte uns Backstage die Nachricht, der große Meister drehe gerade noch seine Runden im Hotelpool. Das Konzert begann dann eine dreiviertel Stunde verspätet.
Mann, ich hab den falschen Job!
Bei den ganz Großen ist es gewöhnlich anders. Bei Bob Dylan zum Beispiel muss man sich darauf einstellen, dass er zehn Minuten vorm offiziellen Beginn anfängt. Schon erlebt.
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