21 Juli 2010

Anfixgeld

Als ich heute Morgen auf dem Weg zur Arbeit war, sah ich an der Reeperbahn einen ältlichen Punk, der dort – also auffe Arbeit – schon angekommen war.

Er setzte sich vors Sexy Devil (Foto: ein Auslagebeispiel) an die Hauswand; sein Schneidersitz sah routiniert aus, oft geübt, doch sein Rücken bildete einen bedenklichen Bogen, der ihm dereinst noch viel orthopädische Unbill bescheren wird, das sage ich jetzt schon mal unwiderlegbar voraus.

Aus seinem speckigen Rucksack fischte der Punk mit vegetativ sicherem Handgriff einen Plastikbecher, den er vor sich auf den Gehweg stellte. Dann kramte er in der Jackentasche – und warf zu meiner Überraschung eine nicht geringe Anzahl eigener Münzen in seinen Becher.

Ganz klar: Das war Anfixgeld – für jene, die beim Anblick eines vollkommen leeren Bechers erleichtert dächten, das Verweigern eines Obolus sei mehrheitsfähig und somit gerechtfertigt. So aber hielten sie das mitgebrachte Geld des Punks zwangsläufig für bereits erfolgte (und erstaunlich üppige) Spenden, was ja wohl irgendeinen guten Grund gehabt haben musste – und sie daher unter Druck setzte, selbst etwas hineinzuwerfen.

Dieser kleine Psychotrick verlangte mir Bewunderung ab, denn er legte eine präventive Askese des ältlichen Punks nahe, die ich ihm so ohne weiteres nicht zugetraut hätte. Gestern bereits hatte er sich offensichtlich bewusst in Konsumverzicht geübt, um heute ausreichend aufgespartes Anfixgeld in den Becher kippen zu können.

Mehr als diesen Köder, der unsereins qua schlechtem Gewissen zum Befüllen des Behältnisses verführen sollte, hatte der Straßenpsychologe allerdings nicht zu bieten.

Hätte er wenigstens einen Hund dabeigehabt; aber nein.



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20 Juli 2010

Fundstücke (91): Ich will ja nur helfen!



Entdeckt an einem Laternenmast an der Simon-von-Utrecht-Straße.

PS: Nein, Annas Facebooknamen verrate ich nicht.


19 Juli 2010

Fundstücke (90): Botanik vs. Fauna



Das einzig Gute, was man über dieses konsequent schiefergelegte Bild im Schwälmer Anzeiger sagen kann, betrifft die Syntax:

Der verantwortliche Überschriftenkatastrophator hat den Deppenbindestrich in „Kammmolch“ vermieden.

Chapeau.

18 Juli 2010

Eine weiße Entscheidung



Beim Besuch in Schwalmstadt offeriert mir Freund C. in Anwesenheit seines juvenilen Katers Stanislaus (Foto) das regional ruhmreiche Bosch-Braunbier aus Bad Laasphe. Ich kenne mich mit Bier bei weitem nicht so gut aus wie mit Wein, doch es scheint mir ein recht annehmbares Gebräu zu sein.

Da der Franke die Bierlexika der berüchtigten Gerstensaftkritiker Jürgen Roth und Michael Rudolf hütet wie seine Weizenbiergläser, rufe ich ihn an, um mehr über das Bosch-Braunbier zu erfahren. Schmeckt es nur passabel, oder ist es nach fachlicher Meinung gar mehr (oder weniger) als das?

Der Franke blättert in den Büchern und liest mir glucksend das Verdikt vor. Die Brauerei Bosch, so scharfrichtern Roth/Rudolph laut seiner telefonischen Aussage, sollte lieber Traktoren oder Bohrmaschinen herstellen statt Bier.

Freund C. nimmt es tapfer, zumal er selbst nicht spart an Kritik, doch nur am Konkurrenten Schwalmbräu. „Ich nenne es“, sagt er, „Schwälmer Sterbehilfe.“

Im weiteren Verlauf des Abends bin ich dann vorsorglich auf Weißburgunder umgestiegen. Eine weiße … äh … weise Entscheidung.

15 Juli 2010

Fundstücke (89): Liebe in Zeiten der Gentrifizierung



Die Fassaden in der St.-Pauli-Hafenstraße sind bis heute geprägt von den Auseinandersetzungen der 80er und frühen 90er Jahre, als dort leerstehende Häuser besetzt wurden, (u. a.) radikale Linke Zuflucht fanden und Straßenschlachten mit der Polizei die Geschäfte der benachbarten Huren störten.

Relikte jener Zeit werde ich bald in einer kleinen Fotostrecke vorstellen, das drohe ich schon mal an, doch der Anfang soll meinem Wesen entsprechen, also sanft und versöhnlich sein.

Die an einer Hafenstraßenhausfassade entdeckte Liebeserklärung nämlich rührt in ihrer schlichten, grundlosen Zuversicht mein Herz, jawohl. Und dass heute noch jemand Hans heißt und heiratet, das ist nachgerade rosamundepilcheresk.

Vor allem in der Hafenstraße.

13 Juli 2010

Fundstücke (88)

1. Ich weiß nicht, ob die dänische Sängerin Medina weiß, dass der Titel ihres Albums „Welcome to Medina“ auf Deutsch übersetzt ziemlich schlüpfrig klingt. Mich erinnert er ein wenig an den alten Witz, wonach sie Dieter Bohlen ganz schön teuer kamen, die vier Wochen in Verona

2. Der Franke hat mir mal erklärt, warum er niemals Rollkragenpullover trägt, selbst im Winter nicht: „Weil mein Dreitagebart immer den Kragen zerfetzt.“

3. Bei einer kürzlichen Stadtrundfahrt durch Gelsenkirchen fuhr der Bus unter anderem folgende als Sehenswürdigkeiten deklarierte Orte an: a) ein Callcenter namens Tectum; b) den berühmten Schalker Markt, einen Parkplatz; c) die Emscher, eine „offene Kloakenführung“ (Reiseführer). Sie soll aber demnächst renaturiert werden, was mir sehr beruhigend vorkam.


4. Das Beispielfoto zum Wiki-Eintrag Packstation von Alexander Blum sieht m. E. eher so aus, als hätte der DHL-Mitarbeiter gerade eine überschaubare Stange Wasser vor die Station gestellt, aber was weiß ich schon.

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12 Juli 2010

Humbug Homöopathie oder Die herumeiernde BKK

Heute macht der Spiegel mit dem Thema Homöopathie auf. Es ist meines Wissens die erste ernsthafte Kampagne eines meinungsführenden Magazins gegen diesen offensichtlichen Unsinn, der groteskerweise trotzdem von den deutschen Krankenkassen finanziert wird.

Mit der sofortigen Abschaffung dieser Praxis könnte man Abermillionen Kosten im Gesundheitswesen einsparen; und wer weiter von Heilpraktikern mit wirkungslosen Wässerchen umgluckt werden möchte, kann das ja künftig gerne selber bezahlen. Das müssen Leute, die auf dem Rummelplatz zur Handleserin gehen, schließlich auch.

Da die Finanzlage zappenduster ist, könnte diese Spiegel-Kampagne durchaus etwas bewirken. Wie die Krankenkassen es bis dato rechtfertigen, Geld für Heilpraktiker und Zaubertränke aus dem Fenster zu werfen, habe ich vor einiger Zeit selbst herausfinden dürfen, nachdem meine BKK mir enthusiastisch mitgeteilt hatte, sie finanziere ab jetzt auch homöopathische Behandlungen.

Als Anhänger von Heilmethoden, deren Wirkung auch nachweisbar ist, störte es mich natürlich immens, dass mit einem Teil der dreistelligen Summe, die ich monatlich zwangsentrichten muss, blanker Hokuspokus finanziert wird. Daher schrieb ich an die Krankenkasse einen Brief, aus dem eine Korrespondenz erwuchs.

Im Folgenden ist dieser Schriftwechsel mit einer verkniffen herumeiernden Krankenkasse anonymisiert dokumentiert – als Diskussionsbeitrag zur Spiegel-Kampagne, die gerne eine richtige Welle schlagen darf. Denn es geht um Millionen, die zurzeit noch für Quatsch ausgegeben werden, und das muss aufhören. Sofort.

Von: Matt
Betreff: z. Hdn. Frau V. | Artikel über Homöopathie, „Wir für Sie“
Datum: 14. Januar 2006 18:23:10 MEZ
An: ****@bkk***.de

Sehr geehrte Frau V.,

mit großer Verwunderung habe ich Ihrem obengenannten Artikel entnehmen müssen, dass ins Leistungsspektrum der BKK nun auch die Homöopathie aufgenommen wird.

Ich möchte Sie gern auf Folgendes hinweisen: Keine einzige seriöse Doppelblinduntersuchung hat jemals eine Wirksamkeit der Homöopathie nachgewiesen, die über einen reinen Placeboeffekt hinausginge. Und das wäre auch sehr verwunderlich gewesen, denn homöopathische Vorstellungen basieren auf einem Weltbild, das mit den Naturgesetzen nicht vereinbar ist. Es ist ein rein magisches Ideenkonstrukt.

Man kann zugespitzt sagen: Entweder entspricht die Homöopathie der Wahrheit oder der aktuelle Erkenntnisstand von Physik und Chemie – beides zusammen aber kann nicht gehen.

Nur ein Beispiel: Die Homöopathie behauptet, ein Wirkstoff sei auch dann noch aktiv, wenn durch Verdünnung kein einziges seiner Moleküle mehr in der Tinktur vorhanden ist; und sie behauptet zudem, dass NUR dieser verschwundene Wirkstoff noch aktiv sei, aber keiner der tausend anderen Stoffe, die in jeder Tinktur ebenfalls vorkommen.

Absurd, oder?

Für Sie offenbar nicht. Denn in Ihrem Artikel tun Sie das alles mit einem Nebensatz ab, der bei rational denkenden Beitragszahlern nicht nur latente Empörung wecken muss: „Dass einige Schulmediziner oder von der Pharmaindustrie finanzierte Forschungsinstitute zu anderen Ergebnissen kommen“, schreiben Sie, „muss nicht weiter kommentiert werden.“

So, muss es nicht? Oh doch.

So kommt u. a. auch die weder von der Schulmedizin noch von der Pharmaindustrie gesponserte GWUP (Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften e. V.) zu einer verheerenden Einschätzung der Homöopathie. Näheres dazu finden Sie z. B. hier.

Ich protestiere hiermit ausdrücklich dagegen, dass meine Krankenkassenbeiträge an die BKK für eine lachhafte Methode verschwendet werden, die auf lange überholten Vorstellungen aus dem medizinischen Mittelalter basiert.

Und ich fordere Sie auf, die Homöopathie wieder aus dem Leistungskatalog zu entfernen.
Ich freue mich auf Ihre Stellungnahme.

Mit besten Grüßen

Matt


Von: H. B. <***@bkk***.de>
Betreff: Artikel über Homöopathie, "Wir für Sie"
Datum: 18. Januar 2006 12:38:24 MEZ
An: Matt


Sehr geehrter Herr Wagner,

Ich habe Ihre Email von Frau V. zur Beantwortung erhalten.

Vielen Dank für Ihre kritische Nachricht. Wir haben uns im Vorfelde sehr intensiv mit der Thematik befasst und sehr lange überlegt, ob wir diese Leistung unseren Kunden anbieten können. Wie Sie wissen, ist die Homöopathie sehr umstritten. Fakt ist, dass sehr viele Kunden den Wunsch nach Kostenbeteiligung alternativer Behandlungsformen uns gegenüber geäußert haben. Die Aufnahme der Homöopathie in unseren Leistungskatalog – so wie sie jetzt von uns angeboten wird – betrachten wir als Quantensprung. Ich möchte Ihnen das kurz erklären:

– Zweifelsohne gibt es sicherlich auch sehr gute Heilpraktiker.
– Beachten Sie hierbei jedoch, dass die Bezeichnung Heilpraktiker nicht geschützt ist, d.h. jeder kann sich nach einem Wochenendseminar so nennen.
– Bitte beachten Sie auch, dass wir eine gesetzliche Krankenkasse sind, d.h. wir dürfen uns laut Gesetz nur an den Leistungen beteiligen, die von niedergelassenen Vertragsärzten erbracht werden!!!
– Wir haben also einen Weg gefunden, unseren Kunden zumindest unter bestimmten Voraussetzungen homöopathische Behandlungen zur ermöglichen.

Ich hoffe, Sie bleiben uns wohl gesonnen und verbleibe mit sonnigen Grüßen.

Mit freundlichen Grüßen

H. B.
Leiter Vertrags- und Versorgungsmanagement
BKK ***


Von: Matt
Betreff: Re: Artikel über Homöopathie, "Wir für Sie"
Datum: 21. Januar 2006 01:00:40 MEZ
An: H. B. ***@bkk***.de


Sehr geehrter Herr B.,

vielen Dank für Ihre Mail.

Sie bezeichnen darin die Homöopathie als „umstritten“. Nun, es gibt auch noch immer Menschen, die ernsthaft glauben, die Erde sei vor 6000 Jahren von einem Mann mit weißem Bart erschaffen worden. Die Wissenschaft sagt etwas anderes. Und damit ist das Problem sicherlich auch „umstritten“.

Aber mal ehrlich: Man muss doch immer beurteilen, welche Position plausibler ist! Es geht darum, was beweisbar ist und was nicht. Und die Homöopathie ist alles andere als das – sie ist schlicht Humbug. Und sie kann ja auch nichts anderes sein als Humbug, wenn man ihre Methoden unter die Lupe nimmt. Denn wie ich in meiner ersten Mail schon ausführte: Entweder die Naturgesetze stimmen oder die Homöophathie.

Ihre Aufgabe als Krankenkasse müsste es doch sein, uninformierte und gutgläubige Patienten aufzuklären, damit Sie medizinisch wirksamen Behandlungen eher vertrauen als dem Humbug. Doch nein: Stattdessen finanziert die BKK diesen Irrglauben lieber stillschweigend. Wie kann das sein? Geschieht das nur aus Angst, Patienten zu verlieren oder keine neuen zu gewinnen? Ich bin überzeugt: Mit einer Aufklärungskampagne, die klar machen würde, worin der Unterschied zwischen evidenzbasierter Medizin und Zauberei liegt, könnten Sie viele Patienten gewinnen.

Im weiteren Verlauf Ihrer Mail wird zunehmend unklar, worauf sie überhaupt hinauswollen. Können Sie mir noch einmal genau erläutern, aus was der von Ihnen geschilderte „Quantensprung“ bestehen soll? Mir jedenfalls scheint er ein kläglicher Hops direkt ins Spätmittelalter zu sein.

Dann verstehe ich auch nicht, was sie zu Heilpraktikern schreiben. Man macht ein Wochenendseminar und ist einer – wie soll so jemand mir helfen können, wenn ich krank bin? Und wieso soll so jemand meine Krankenkassenbeiträge kassieren dürfen? Egal, wie gut er ist: Das ist doch skandalös!

Ihre Argumentation hin zum unterstrichenen Teil ist dann leider gar nicht mehr nachzuvollziehen. Natürlich dürfen Sie sich nur an Leistungen beteiligen, die von niedergelassenen Vertragsärzten erbracht werden. Aber was hat das mit Ihrer Entscheidung zu tun, eine irrationale Lehre von anno dunnemals zu finanzieren?

Wenn es nur um die angeblich so liebevolle Zuwendung geht, die Heilpraktikern ihren Patienten entgegenbringen: Dazu ist doch sicherlich auch ein engagierter Arzt in der Lage, der den Freiraum eingeräumt bekommt, ohne dass er deshalb magischen Hokuspokus entfachen muss; solche Ärzte gilt es zu unterstützen mit entsprechenden Anreizen – und nicht die Absolventen von Wochenendseminaren.

Wie Sie sehen, hat Ihre Mail leider nichts zur Klärung unserer Fragen beigetragen. Und sie hat auch unsere Wohlgesonnenheit, die Sie sich wünschten, keineswegs gefördert.

Somit setze ich auf eine Präzisierung. Und ich hoffe natürlich weiterhin inbrünstig und im Interesse aller Patienten darauf, dass Sie unsere Mitgliedsbeiträge nicht für nachgewiesenermaßen wirkungslose Methoden verschwenden.

Mit besten Grüßen
Matt


Von: H. B. ***@bkk***.de
Betreff: Homöopathie
Datum: 27. Februar 2006 16:09:53 MEZ
An: Matt


Sehr geehrter Herr Wagner,
Herzlichen Dank für das große Interesse an unserem integrierten Versorgungsvertrag "Homöopathie" nach § 140a Sozialgesetzbuch (SGB) V. Bitte entschuldigen Sie, dass ich Ihnen nicht postwendend antwortete. Ich habe Ihre Mail vom 27.02.06 an Herrn T. zur Beantwortung erhalten.


Mit dem Versorgungsvertrag nach § 140a SGB V schaffte der Gesetzgeber den Krankenkassen die Möglichkeit neue Versorgungsformen unseren Versicherten anzubieten. Von diesem Angebot haben wir Gebrauch gemacht und mit dem Deutschen Zentralverein homöopathischer Ärzte in Bonn einen Versorgungsvertrag abgeschlossen. An die teilnehmenden Vertragsärzte (Ärzte mit einem Kassenarztvertrag) und an dem Vertrag sind hohe Qualitätsanforderungen sowie eine langjährige Weiterbildung gestellt. Der Versorgungsvertrag behandelt keineswegs die zur Auswahl stehenden Therapien oder homöopathischen Arzneimittel sondern die Erst- und Folgeanaemnese.

Aus Gesprächen mit unseren Versicherten erfahren wir, dass sie über längere Zeiträume mehrere Ärzte aufgesucht haben, ohne das es zu einer Besserung des Krankheitsbildes kommt. Diesen Menschen können wir eine Alternative bei Schulmedizinern anbieten. Die Vereinbarung ist für jeden Versicherten freiwillig. Er kann über eine Vereinbarung mit einem der am Vertrag teilnehmenden Ärzte beitreten.
Insofern ist uns dieser Quantensprung durch den neuen § 140a SGB V eröffnet worden. Ich kann Sie beruhigen, Beitragsmittel werden hier nicht verschwendet, da der Gesetzgeber hierfür die Möglichkeit der monetären Kompensation über die Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenhäuser geschaffen hat.

In diesem Zusammenhang möchte ich noch darauf hinweisen, dass das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 06.12.2005 sich mit der Thematik der neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden und auch kritisch mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung auseinandergesetzt hat. Das Bundessozialgericht wurde in dem Klagefall zur erneuten Entscheidung verpflichtet. Unter bestimmten Bedingungen werden die Krankenkassen demnach verpflichtet auch bei alternativen Behandlungsmethoden die Kosten zu übernehmen.
Mit freundlichen Grüßen


HB


Von: Matt
Betreff: Re: Homöopathie
Datum: 27. Februar 2006 18:01:42 MEZ
An: H. B. ***@bkk***.de


Sehr geehrter Herr B.,

danke für Ihre Antwort.

Ich werde mich nach einer Krankenkasse umschauen, die explizit KEINE Pseudowissenschaft und Esoterik unterstützt.

Mit freundlichen Grüßen
Matt



PS: Eine Bitte an alle Esos, Bachblütenblödis und
Horoskopheinis: Sagt einfach mal gar nichts. Die Homöopathie ist abschließend widerlegt, es handelt sich lediglich um einen Placeboeffekt. Und ja: Er wirkt manchmal auch bei Hunden.

10 Juli 2010

Stilkritik am schlafenden Objekt



Gerade wer schwer betrunken auf dem Spielbudenplatz an der Reeperbahn herumliegt, sollte das natürlich stil- und trendbewusst tun. Und kiezkompatibel.

So hat der abgebildete Suffkopp noch vorm Anvisieren des Deliriums auf ein modisches, mit dem Blau seiner Mütze grandios harmonisierendes Polohemd geachtet, wenngleich dessen Querstreifen den wohl nicht komplett durchdefinierten Torso unschön verdicklichen, optisch.

Beim Fußkleid beweist der Kiezalki von Welt heutzutage natürlich Markenbewusstsein, welches in Zeiten wie diesen unbedingt ebenso geschickt wie dezent auf die Fußballweltmeisterschaft anspielen muss – und es auch tut (Adidas!).

Auch bei der Wahl des Getränkes, mit dem sich der Herr bei knapp 40 Grad im Schatten gepflegt abschoss, spielten ganz offensichtlich ästhetische Kriterien eine erheblich größere Rolle als inhaltliche. So entschied er sich stilsicher zum Erwerb einer farblich sorgsam auf den schwarzrotgelben Zeitgeist abgestimmten Bierdose.

Gut, die seit dem akut tobenden Achtzigerrevival wieder total angesagte Ray-Ban-Sonnenbrille hätte der Rauschausschläfer sich vorm Wegnicken nicht unbedingt auf der Brust drapieren müssen, doch hey: Es ist wenigstens eine Ray-Ban-Brille! (Hätte ich zumindest gern.)

Alles in allem liefert der Mann also eine outfitmäßig ziemlich runde Performance ab, die lediglich durch die im Labberlook gehaltene und ausgerechnet
im Schritt unschön beulende Chinohose in Nuancen beeinträchtigt wird.

Kritik verdient allerdings seine sich über zwei Stufen erstreckende Schlafhaltung. Sie hat etwas Vorläufiges, Skizzenhaftes, das führt zu Abzügen in der B-Note.

Angesichts der Art und Weise, wie man sonst so auf dem Spielbudenplatz herumliegt, ist das aber letztlich auch noch ganz okay.


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09 Juli 2010

Häme statt Amaretti



Beim Stammitaliener im Mercado bestellen wir zum Nachtisch zwei Espressi (wahlweise auch „Espresso“ bzw. „Espressos“), die aber beide heute leider – und zwar ganz unüblich – ohne beigefügte Amaretti (resp. „Amaretto“, „Amarettos“) geliefert werden.

Auf die hatte ich mich aber besonders gefreut, ja zuvor sogar erwogen, Paolo zu bitten, mir unter der Hand und ohne Wissen des Chefs ein, zwei mehr zuzuschanzen, denn heute Mittag bin ich ein ganz besonders gieriger Süßschnabel.

Doch leider war Paolo gerade an der Nudeltheke unabkömmlich, und zu seinem gemütlich korpulenten Kollegen, der unsere Bestellung entgegennimmt, habe ich ob seiner in der Vergangenheit oftmals demonstrierten Wortkargheit einen weniger guten Draht. Also bitte ich ihn zur Begrenzung des Schadens nur um ordnungsgemäße Amarettinachlieferung – und hoffe inständig still, er möge mir den Wunsch von meinen sehnsüchtigen Augen ablesen.

Er liefert auch, ohne zu murren, doch wie befürchtet holt er dem Franken und mir nur jeweils ein Amaretto. Na ja, immerhin. Dann passiert das, was immer passiert: Noch während ich meine Vorfreude stillvergnügt feinjustiere, hat der Franke sein Amaretto bereits inhaliert – und zwar ähnlich schnell wie ein Chamäleon mit der Zunge eine Raupe von der Rinde pflückt.

„Du hättest mir deins ruhig auch noch überlassen können“, kritisiere ich den Franken verletzt und nicht ganz frei von Eigennutz, „denn ohne mich hättest du schließlich überhaupt keins bekommen.“

Der Franke ist für solche spitzfindigen Belehrungen allerdings komplett unerreichbar, das war schon immer so. „Hätte, hätte, hätte“, singsangt er fidel durch die Krümel seiner Amarettoreste – und ergänzt mit der Arroganz des Lateiners derart laut, dass sich ganz da hinten an der Nudeltheke sogar Paolo irritiert umdreht:


„Du redest im Irrealis!“

An manchen Tagen mag ich Leute mit humanistischer Bildung einfach nicht.

Foto unter Creative-Common-Lizenz von Tinette.

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07 Juli 2010

Fundstücke (87): Wow, Frucht mit Frucht!

Wie lange ist es eigentlich her, dass man das Selbstverständliche noch nicht extra erwähnen musste – vielleicht fünf Jahre? Sieben? Zehn?

Sachdienliche Hinweise sind willkommen, gerade von den Älteren unter uns.

Entdeckt in Eppendorf.

05 Juli 2010

Vielleicht Voodoo?



Sauen und Ferkel gehen bei Aldi zurzeit gar nicht gut. Und ihnen geht’s auch nicht gut: der Preisverfall immens, die Haltung in schlecht belüfteten Plastikwaben keinesfalls artgerecht. Immerhin sind die Paarhufer dort (vorläufig) noch besser dran als das arme Stofftier, welches ich unlängst leblos auf der Budapester Straße vorfand.



Mit schwarzem Klebeband von allen Sinneseindrücken abgeschnitten, mit ebendiesem auch noch stramm gewindelt und schließlich brutalstmöglich auf einer vierspurigen Hauptverkehrsstraße entsorgt: Wer tut so was? Und warum – nur weil den Petzi keiner im Urlaub versorgen wollte? Oder war es Voodoo?

Der Kiez wird mir durch solche Funde keinen Deut weniger unheimlich, ehrlich gesagt. Und das passiert oft. Überall liegt jemand oder etwas herum, das dort nicht hingehört. Und jeder lässt ihn, sie oder es liegen.

Ich im vorliegenden Fall übrigens auch, nicht nur aus hygienischen Gründen: Ich wollte einfach nicht wissen, was mich hinter dem schwarzen Klebeband erwartete.


Und seither nagt die Neugier an mir wie ein Nacktmull im Ramadan.

04 Juli 2010

Ohne Worte (79)



Titelfoto der Berliner Morgenpost von heute


Getting high on Low



So grobschlächtig und -gestrickt die englische Boulevardpresse auch ist: Mich als Kalauerfan (Was hat man nach schlaflosen Sabbelnächten im Web? Einen Chatlag …) erfreut sie doch immer wieder.

Die Sun, so was wie die englische BILD-Zeitung, glänzte heute nach dem grandiosen deutschen Kantersieg gegen Argentinien mit der wieder mal clever erfundenen und – wie es sich gehört – unübersetzbaren Doppelbedeutung „Not even Klose“.

Die Argentinier waren also nicht mal nah dran am Sieg, und zwar wegen Miro – gut gelöst, Sun.

Ein bisschen schade ist es natürlich, dass sie keine Umlaute können, die Briten. „Jogi Low“ klingt dadurch despektierlicher, als es wahrscheinlich gemeint ist. Wortspiele mit „Low“ sind der Sun aber bisher noch nicht eingefallen; dazu müsste das deutsche Team wohl erst mal verlieren. Andererseits wäre ein die hiesigen Fangefühle trefflich beschreibendes „Getting high on Low“ schon jetzt überaus angebracht.

Es gibt übrigens auch sehr alberne Kalauer. Wie z. B. konnte man ca. 1970 Platten mit Hippiemusik guten Gewissens beschreiben? Ganz klar: als Fixvorlagen …
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03 Juli 2010

Die gemütlichsten Ecken von St. Pauli (31)



Immer mal wieder gibt es auf dem Kiez tragischtraurige Wechselwirkungen, wenn die gezackten Ränder zweier sich völlig fremder Welten aneinander vorbeischrammen.

Dabei entstehen schrille Dissonanzen, die allerdings manchmal fast den Rang einer Botschaft gewinnen. Wie hier an der Reeperbahn Ecke Talstraße.

02 Juli 2010

Es lebe die Lager-Mentalität!



Wir befinden uns im Jahr 2010 n. Chr. Das ganze Hamburger Fanfestgelände (Foto) ist von den Dänen besetzt. Das ganze Fanfest? Nein, ein von einem unbeugsamen Mann betriebener Stand hört nicht auf, den Eindringlingen Widerstand zu leisten …

Und jetzt noch mal von vorn: Das Fanfest ist komplett durchmonopolisiert, was punktuell von besonderer Tragik ist. Ich spreche vom Bier. Ausgeschenkt wird nämlich nur Carlsberg.

Die dänische Brauerei wirbt seit Jahrzehnten mit dem unfreiwillig selbstentlarvenden Slogan „Probably the best beer in the world“. Denn wie wir alle wissen, gestattet das Wörtchen „probably“ einen ziemlich großen Interpretationsspielraum. Wenn man den Slogan zum Beispiel experimentell um einigen Ballast erleichtert und auf „probably beer“ zurechtkürzt, käme man der Wahrheit schon sehr nahe.

Jedenfalls gibt es fanfestweit nur Carlsberg, selbst an Verkaufsständen, die von oben bis unten mit Astra-Logos beklebt sind (ja, ich weiß: Astra gehört zu Carlsberg. Und trotzdem.). Selbst der todtraurige Englandpavillon darf weder Lager noch Ale ausschenken, sondern nur mit schmerzlichem Lächeln Cider. Oder eben Carlsberg.

So geht es jedem Stand. Jedem? Nein: Der Franke, dieser durchtriebene Fuchs, hat mit einem untrüglichen Gespür, welches sich nur dank einer Sozialisation mit Gerstensaftschwerpunkt erwerben ließ, den einzigen Stand auf dem ganzen Heiligengeistfeld aufgetan, der klammheimlich ein anderes Bier ausschenkt.

Ich verrate hier auf gar keinen Fall, welcher das ist, ja, ich verschweige sogar, ob es sich um einen großen oder kleinen Länderpavillon handelt; schließlich muss dieser Claim geschützt werden vor den Nachstellungen der Fifaflitzpiepen und Carlsbergkapos. Seine genauen Koordinaten dürfen nicht in falsche Hände geraten. Herrschaftswissen, Herrschaftszeiten!

Jedenfalls vertickt der Inhaber dieses subversiven Standes unter der Hand ein sehr süffiges Lagerbier, welches natürlich nicht auf seiner Karte steht. Der Franke muss in seiner grobschlächtigen Art, der bisweilen wirklich so etwas wie Leutseligkeit zu entströmen vermag, derart vertrauenserweckend gewirkt haben, dass der Standinhaber ihm in einem Anfall von Zutraulichkeit sein gefährliches Geheimnis verriet – und den Franken qua Ausschank gleichsam vom Mitwisser zum Mittäter machte.

Für sein Lager nimmt der Mann sogar einen Euro weniger als Carlsberg für seine „probably“-Plörre. Klar, die Dänen müssen ihre abgedrückten Lizenzmillionen, mit denen sie sich das Fanfestmonopol erkauft haben, wieder reinholen. Aber mitmachen muss man das trotzdem nicht, wenn man andere Quellen hat. Und die haben wir, verdammt …

Mutmaßungen, welcher tapfere Länderpavillon hier in Hamburg konspirativ wider den Weltkonzern löckt, sind natürlich willkommen – und werden möglicherweise gar mit diskreten Hinweisen belohnt.

Wenn ich übrigens ab heute Nacht spurlos verschwunden sein werde, dann sucht mich in einem dänischen Gulag. Aber sucht mich!

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01 Juli 2010

Esprit nur in der Fantasie

Im Bauch-/Rückenkurs, unter der Knute von Drillinstructor Chris.

Muskelberg (keuchend): „Ah, bitte nicht das Fenster aufmachen! Ich bin verschwitzt, dann habe ich morgen einen steifen Nacken.“
Matt: „Ach, Sie schwitzen …?“

Tja, leider ist dieser kleine Dialog nur semidokumentarisch. In Wahrheit war der Muskelberg eine feingliedrige Blondine, in Wahrheit sagte ich keuchend „Klar doch“ und schloss espritlos das Fenster, in Wahrheit schwitzte ich genauso wie sie.

Das Leben ist eben kein Wunschkonzert. Erst recht nicht an fußballfreien Tagen.


PS: Für das Foto gibt es einen verblüffend logischen Grund: Es entstand in der U-Bahnstation Rödingsmarkt – also in unmittelbarer Nähe des Fitnessclubs. So fügt sich eins zum andern, und zwar auf beglückend harmonische Weise.

30 Juni 2010

Die gemütlichsten Ecken von St. Pauli (30): Fanfest, Heiligengeistfeld



Wenn ich das grottigste Spiel der WM wählen sollte, fiele mein Urteil sofort auf die gestrige Achtelfinalpartie Parguay–Japan, die ich nur mit kaltem Wasser und ausgiebiger FAZ-Lektüre (und zwar der Ausgabe von gestern!) überstehen konnte.

Mir gegenüber saß ein Paraguayer in vollem Ornat, den ob der dargebotenen Leistungen bleierne Müdigkeit übermannte, obwohl das Poldibild über ihm ständig adrenalinhaltige Wellen durch den Deutschlandpavillon sandte.

Später trafen vier Kumpels des Schläfers ein und weckten ihn. Sie waren durchweg genauso gekleidet, also jeweils mit puffroten Hosen und weißen Stiefeln. Nur dank der Gruppendynamik schliefen sie nicht gemeinsam ein, doch da hatte ich mein Bild schon längst im Kasten. Verzeih mir also, Paraguayo – aber dafür seid ihr wenigstens weiter.

Viel Spaß dann gegen Spanien.


28 Juni 2010

Glory Days



Rauschhafte WM-Tage; sie erinnern an Bruce Springsteens „Glory Days“.

In zwei Wochen schon werden sie wieder vorbei sein, und ich werde mich wieder fragen, wie und wohin sie so schnell verschwinden konnten, diese gloriosen Tage des Fieberns, Freuens und Bangens – und des Essens exotischer Sachen im Fanpark auf dem Heiligengeistfeld, wo jedes Teilnehmerland seinen Ess- und Trinkpavillon hat.

Heute etwa aß ich in Südafrika (Foto) erstmals im Leben Impala und Gnu – und muss sagen: So richtig verstehen kann ich die Löwen in der Kalahari nicht. Andererseits essen die das roh und nicht als Steak, vielleicht kommt das besser.

Es ist übrigens ein verdammt cooles Gefühl, an der Spitze der Nahrungskette zu stehen. Wobei: In Wahrheit stehen ja ganz andere dort, und zwar die Bakterien.

Doch daran darf man keinen Gedanken verschwenden – vor allem nicht an gloriosen Tagen wie diesen.

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27 Juni 2010

Der Achtelfinaltag



Es lag nicht nur an der grauenerregenden Kombination Halbmarathon und Harley Days, dass wir heute morgen den chaotischen Kiez gen Blankenese verließen; es war auch eine Art Übersprungshandlung, um die Spannung vor dem Achtelfinale gegen England irgendwie in den Griff zu kriegen.

Zum Spiel tuckerten wir dann nachmittags per Fähre (Foto) wieder zurück bis zum Fischmarkt – anders als der hypernervöse Franke, der frühmorgens in die Einsamkeit des Alten Landes geflohen war, um sich dort den lieben langen Tag fahrig lesend an einen Teich zu legen.

Ich wusste ja, dass dieser Typ schräg ist, aber sooo schräg …?

Nach einem gloriosen 4:1 ist der Besuch des Fanfestes auf dem Heiligengeistfeld besonders erhebend und unbedingt zu empfehlen – vor allem wegen des önologisch gut sortierten Italienstandes.

Der Weinhändler dort vertritt die paradoxe, aber äußerst charmante These, man müsse unbedingt noch vor dem Leberschaden alle Weingenüsse der Welt erlebt haben; denn wenn man ihn einmal hätte, den Leberschaden, dann dürfe man ja nicht mehr ran an die feinen Tropfen.

Ich habe selten etwas Überzeugenderes gehört in meinem ganzen Leben.

26 Juni 2010

Zwischen Hölle und Meyer



Der Teufel hat die Hölle umbenannt.

„Hinfort“, sprach der Blödmann, „sollst du, Hölle, auf einen neuen Namen hören, und er sei Harley Days.“ Leider bekam die Direktive keiner mit, wegen des Lärms.

Ich habe übrigens unwiderlegbare Beweise dafür, dass viele Harleyfahrer dieses Blog lesen – und abgrundtief hassen. Sonst würden sie wohl kaum ausgerechnet unter unserem Balkon, den sie unablässig unterqueren, jeweils im Leerlauf den Motor aufheulen lassen.

Das klingt wie Tarzan mit Stirnhöhlenkatarrh, was die breitärschigen, wehrmachtshelmbedeckten Bart- und Kuttenclowns aber (natürlich) nicht zu kümmern scheint.

Viel besser hingegen klingt Felix Meyer, ein Straßensänger, der so gut ist, dass er jetzt einen Plattenvertrag bekommen hat, und womit? Mit Warner.

Und Recht.


PS: Am Montagabend um 21.30 Uhr spielt er im Grünen Jäger auf St. Pauli. Und bestimmt ist er nach dem Fußballspiel auch noch dort. Wie ich.


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24 Juni 2010

Fundstücke (86 revisited): Züchtige Flora



Gerade erst forderte ich von manchen Bäumen das Tragen von Hosen. Daraufhin wies heute Blogleser P. Krok nach, dass diese Forderung keineswegs abwegig ist, sondern sich manche Vertreter dieser Pflanzenfamilie längst einer züchtigeren Bekleidung befleißigen.

Es geht doch!

Allerdings bin ich mir sehr sicher: Die hier abgebildeten Hosen-Träger sind nicht auf St. Pauli zu Hause. Zu prüde.

Fundstücke (86): Frivole Flora



Kieztypische Freizügigkeit hin oder her:
Manche Bäume sollten Hosen tragen, echt.

Entdeckt am Elbpark.

23 Juni 2010

Besuch in der Herbertstraße



Heute betrat ich die sagenumwobene Herbertstraße, allerdings nur zum Besuch einer Bar- und Ausstellungseröffnung und sonst gar nichts.

Die Adresse lautete Herbertstraße 7. „Hoffentlich verwechsle ich nicht den Eingang“, hatte ich zum Abschied noch scherzhaft zu Ms. Columbo gesagt – und verwechselte dann auch prompt den Eingang nicht.

Allerdings wäre selbst das gar nicht so schlimm gewesen, denn die illustre Hurenschar, die hier normalerweise in den Fenstern sitzt und thematisch abgestufte Dienste offeriert – von Schmusekätzchen über Wuchtbrumme bis Peitschenfrau –, hatte sich vorsichtshalber in ihre Gemächer zurückgezogen angesichts der zu erwartenden Journalist(inn)en und des einen Bloggers (= moi).

Mit O-Saft und Prosecco
begossen wurde nämlich die Eröffnung der Kontaktbar Domenicas Lounge, wo diverse Fotos der legendären Sexdienstleisterin an den Wänden hängen und die Flasche Dom Perignon (warum eigentlich IMMER Dom Perignon?) 750 Euro kostet.

Sofern dem kontaktgeneigten Gast das zu hoch erscheint, kann er auch ausweichen auf Wodka für 150 den Liter oder einen Cappuccino für sagenhaft schmale 2 Euro. Alles darf, nichts muss.

Ich nutzte die einmalig kostengünstige Gelegenheit, um einen benachbarten und wie gesagt verwaisten Hurenpräsentationsraum aufzusuchen (Foto oben), weil man so was sonst immer nur von außen sieht und ethnologisch-kiezkulturelle Aspekte unbedingt für eine nähere Inaugenscheinnahme sprachen.

Erstes Fazit: Alles ist immer rot. Übrigens auch die Wände von Domenicas Lounge und sogar der Schirm im … hüstel … Ständer.

Unter den Gästen waren diverse altgediente Kiezianer, und dementsprechend verliefen auch die Dialoge. Einer erzählte von seinem Vater, der im Krieg in Frankreich stationiert war und den Nazigrößen Prostituierte zuführen musste.

„Mein Vater“, erzählte er, „konnte nämlich Französisch.“ Rückfrage des etwa gleichalten Günter Zint: „Auch die Sprache?“

Nur wenige Meter entfernt von der neuen Bar saß übrigens Domenica einst im Fenster und buhlte um devote Kunden. Der verwaiste Stuhl, der heute dort zu sehen war, verströmte eine gewisse Melancholie und schien zu flüstern: Alles ist endlich, auch die Liebe und die Lust.

Obwohl die Liebe sicherlich nur sehr selten vorbeischaute in der Herbertstraße 7. Wenn überhaupt.

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22 Juni 2010

Fundstücke (85)



Ein babyblauer Uraltkäfer mit aufgeschnallten Skiern im Frühsommer mitten auf dem Kiez – wtf?


21 Juni 2010

Ein Werk von schieferer Bedeutung



Auf dieses beeindruckende Beispiel für Kunst im öffentlichen Raum stieß ich am Wochenende in Altona.

Das raffiniert vernetzte Strich- und Linienmuster mit dem markanten Winkel von 91 (sic!) Grad oben rechts (sic!!!) soll offensichtlich die inzwischen überholte Idee des Räumlichen mit deutlich empörtem Duktus aufs zweidimensional Flächige herunterbrechen und klassische Künstlerpositionen als zerschredderten Kommunikationsprozess in den (gerade abgeschafften!) „Raum“ stellen.

Affektive und transformierende Motivation der die Funktionalität von Le Corbusiers Tapetencolorierungen noch einmal insistierend untermauernden Arbeit ist zweifellos eine neue Ethik des Mit- und vor allem Gegeneinanders, in deren atemberaubend wagemutigem Rostrot eine latent lauernde Gewaltsymbolik „aufgehoben“ ist, deren radikal kapitalismuskritische Sprengkraft erst bei Kunstlicht frappant zutage tritt.

Vielleicht interpretiere ich aber auch einfach zu viel hinein in diese Fahrspuren von Palettenwägelchen im Mercado zu Ottensen.

20 Juni 2010

Freiheit für Herrn Hugs!



Am Hamburger Berg, der kneipengespickten Hauptsaufzone all jener Kiezbesucher, die an käuflichen Damen weniger Interesse haben als an einem gut gezapften Astra, sitzen drei Tauben auf dem Gehweg und picken behaglich in einer großen Lache Erbrochenem.

Diese Tiere sind sich einfach für nichts zu schade, und ich bin heilfroh, dass sie unseren Balkon dank des aufgespannten Netzes nun praktisch nicht mehr besuchen können mit ihren kleinen stinkenden kotzegesprenkelten Schnäbeln.

Die Begegnung mit dem ekelresistenten Taubentrio hatte ich auf dem Weg zum Flohmarkt in der Wohlwillstraße, wo an einem der Stände eine patente Blondine kostenlose Umarmungen anbot – ein Service, der anscheinend nicht der Knaller des Tages war, denn einem Bekannten, den sie gerade herzte, als ich vorüberging, sagte sie: „Du bist erst der zweite!“

Dabei war die Frau keineswegs das Musterbeispiel einer knollengesichtigen Vettel, der man intuitiv die Schuld an der taubenverzaubernden Lache am Hamburger Berg in die Schuhe geschoben hätte. Vielleicht wusste einfach die Mehrzahl der Passanten nicht, was unter „free hugs“ zu verstehen sein sollte.

Angesichts der politisch stets hochmotivierten Kiezbewohnerschaft hätte sich dahinter ja auch die Aufforderung an irgendeinen US-Gouverneur verstecken können, einen gewissen Herrn Hugs endlich aus dem Gefängnis zu entlassen, vergleichbar mit dem Fall Mumia Abu-Jamal. Befreit Herbert Hugs! Er sitzt schon viel zu lange in der Todeszelle!

Temporärer Themenwechsel: „Fick dich in den Arsch, du Hurensohn!“, soll der Fußballspieler Nicolas Anelka nach Angaben französischer Medien sinngemäß zu seinem Trainer gesagt haben, und obwohl diese Aufforderung selbst für einen Nationalcoach physisch nur sehr schwer umzusetzen ist, also ganz offensichtlich scherzhaft gemeint war, musste der Spieler sofort nach Hause fahren.

Anelka hätte dem Trainer statt des missverständlichen Imperativs besser einen „free hug“ anbieten sollen. Aber hinterher ist man ja immer schlauer.

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19 Juni 2010

Fundstücke (84)



Diese haushohe Werbefläche, die uns seit einigen Wochen anschreit, wenn wir den Balkon betreten, passt heute plötzlich noch besser als gestern.

Hinter Michael: der Michel,
schemenhaft, stoisch und ganz und gar kickabhold.


18 Juni 2010

Schland ist gar nicht schlimm



Kaum geht die WM los, schwenken die Fans Flaggen in den deutschen Landesfarben und fahren sie an Autofenstern spazieren. Und kaum passiert das, kriegen manche Linke einen automatischen Beißreflex, der Plakate wie das abgebildete hervorbringt (Dank an Miele, der mir das Foto mailte).

Sie zeigen damit allerdings nur, wie verknöchert sie inzwischen sind. Sie sind selbst längst – auch wenn sie jung sind – zu Ewiggestrigen geworden, die gar nicht mehr merken, wie gegenstandslos ihr Eifer längst ist, wie grandios er ins Leere läuft.

Das war natürlich mal anders. Wer in den 50er und 60er Jahren die Fahne schwenkte, tat das meist zur Bemäntelung seiner braunen Vergangenheit – weil er die schwarz-weiß-rote Nazifahne nun mal nicht mehr schwenken durfte. Zurecht wandte sich die APO damals gegen das neue Staatssymbol, weil das, was ihm voranging und sich nun schwarz-rot-gold bemäntelte, noch lange nicht verarbeitet und überwunden war.

Doch was damals der Verschleierung der eigenen Vergangenheit diente, ist im Lauf der vergangenen drei, vier Jahrzehnte – oh Wunder – zum Symbol der längsten Phase parlamentarischer Demokratie in der deutschen Geschichte geworden. Wer heutzutage Schwarz-Rot-Gold schwenkt, huldigt damit – sofern er es überhaupt politisch meint – höchstens den Adenauers, Erhards, Schmidts und Merkels, ob er sie nun gewählt hat oder nicht.

Er zeigt damit demokratische Gesinnung – also das, was den Neonazis so immens zuwider ist. Deshalb sieht man auf Demos der Rechten auch niemals Schwarz-Rot-Gold, sondern immer nur Schwarz-Weiß-Rot, natürlich ohne Hakenkreuz, man will ja nicht in den demokratischen Knast …

Wenn die verknöcherte Linke sich nun aufregt über das Herzeigen eines demokratischen Symbols, zeigt sie damit nur, wie wenig sie die Entwicklung des Parlamentarismus in Deutschland begriffen hat und wie sehr sie noch in den Denkmustern der APO steckengeblieben ist.

Natürlich nichts gegen die APO: Sie war unabdingbar für die Austragung des Generationskonfliktes, der durch die personale Kontinuität nach Ende des Hitlerregimes unausweichlich wurde. Ihre Relevanz in den 60ern und 70ern ist unbestritten. Doch die Zeiten haben sich geändert.

Und gerade deshalb ist es geradezu tragisch, wie jene, die sich einst zurecht als fortschrittlich betrachteten, plötzlich zu Ewiggestrigen werden; zu Linken, deren politisches Lebenselixier offensichtlich die Schimäre eines Nationalismus ist, die sie weiter aufrechterhalten müssen, um selbst nicht unterzugehen.



Diese Ewiggestrigen brauchen die Nazis – oder zumindest etwas, das sie für naziähnlich halten; und sie brauchen bedingungslos die Illusion, Schwarz-Rot-Gold sei automatisch naziähnlich. Sie brauchen diese Lebenslüge, um ihre eigene Existenz weiter rechtfertigen zu können.

Deshalb ist die Realität ihr größter Feind. Die Realität, die da lautet:

a) Die schwarz-rot-goldene Fahne steht für Demokratie, nicht für Nationalismus.
b) Jene, die momentan die Fahne schwenken, meinen nicht mal einen demokratischen Nationalstaat, sie meinen eine Fußballmannschaft.

Diese Mannschaft ist übrigens längst geprägt von einer bunten Palette von Einwandererkindern, für deren Integration und Deutungshoheit die APO in den 60ern leidenschaftlich auf die Barrikaden gegangen wäre. Fast die Hälfte des aktuellen Kaders besteht nämlich aus Spielern, von denen mindestens ein Elternteil nicht aus Deutschland stammt, sondern aus:

Polen (Klose, Podolski, Trochowski), Türkei (Özil, Taşçı), Spanien (Gomez), Brasilien (Cacau), Tunesien (Khedira), Ghana (Boateng), Bosnien und Herzegowina (Marin) oder Nigeria (Aogo).


Den organischen Zusammenhang von schwarz-rot-goldener Fahne, parlamentarischer Demokratie und multikultureller Integration wollen die Ewiggestrigen allerdings nicht begreifen. Auch nicht, dass jene, die momentan Flaggen schwenken, längst eine angenehm ironische Distanz zu diesem Symbol haben.

Sogar die despektierliche Kurzform „Schland“ für Deutschland ist längst okkupiert, ironisiert und so mit einem nachsichtigen Lächeln eingemeindet worden. Und würde ein echter Nationalist seinem Dackel (oder was immer das ist) dieses lächerliche schwarz-rot-goldene Halsband umschnallen?



Deshalb eine Bitte an die Pawlow’schen Hunde: Kämpft gern gegen die Nazis – aber bitte nicht gegen jene, die das Symbol parlamentarischer Demokratie zur Unterstützung eines Fußballteams „missbrauchen“, welches auch noch auf bestmögliche Weise Aggressionen sublimiert, die früher nur auf dem Schlachtfeld abzubauen waren.

Ich habe heute beim Fanfest übrigens eingedenk des oben abgebildeten Plakats („unverkrampfte Deutsche stinken“) mal an ein paar einschlägig vorbelasteten Fahnenträgern geschnuppert, also vor allem an Spaniern, Argentiniern, Griechen, Japanern, Italienern und natürlich Deutschen.

Und siehe da: Sie müffelten alle ähnlich. Nämlich nach Bier, Schweiß oder Tränen – doch nie nach brauner Soße.

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17 Juni 2010

Fundstücke (83)



1.
In der 1976er Erstauflage des rororo-Taschenbuchs „Hasenherz“ von John Updike (das man übrigens hier skandalöserweise für nur einen Cent kaufen kann, um mal unauffällig an den Beitrag von gestern anzuknüpfen) findet sich auf Seite 260 (und ausschließlich auf Seite 260!) eine derartige Häufung absurdester Tippfehler, dass als Erklärung nur ein Sabotageakt des Setzers in Frage kommt. Wenn Sie das hier lesen, Mister X: Bitte sagen Sie uns, warum Sie das getan haben. Es interessiert mich wirklich! Zumal wir dann gemeinsam klären könnten, was ein „Scamag“ ist; die
Sächsische Cartonnagen-Maschinenfabrik in Dresden können Sie ja kaum gemeint haben. Entdeckt hat den vogelwilden Buchstabensalat Ms. Columbo.



2.
Nirgendwo wäre diese Zierpalme deplatzierter gewesen als vor dem durch sie hervorragend verdeckten Wegweiser im Gesundheitsamt Altona. Glückwunsch an den unbekannten Strategen, der diese nicht einfach zu findende Stelle mit traumhafter Sicherheit ausfindig machte.

3.
Nicht vergessen: Wir leben heute im gloriosen Morgen von vorvorgestern – und in der guten, alten Zeit von übermorgen. (Jaja, das habe ich bestimmt schon mal getwittert.)

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16 Juni 2010

Der Verfall des Euro ist unaufhaltsam



Okay, w
as macht man mit einer alten, aber tadellos erhaltenen Musik-DVD, die man nicht mehr haben will? Richtig: auf Amazon verkaufen.

Ich schaue mir also an, für wieviel Euro sie gebraucht dort angeboten wird, und stelle sie ein – für einen Cent weniger als das bisher niedrigste Angebot, nämlich 9,37 Euro. Schlau.

Wenige Stunden später bietet sie jemand für 9,36 an. Ich unterbiete. Er auch. Irgendwann wird’s mir zu umständlich, und ich senke den Preis um einen vollen Euro ab. Er um einen Euro und einen Cent.

Das Spielchen geht eine ganze Weile so weiter. Irgendwann liegen wir zwei Turteltäubchen bei 2,33 Euro, was ein verdammt niedriger Preis ist für diese tolle DVD – zumal der Rest der Amazon-Gemeinde das Ding nur für mindestens 5,80 Euro herausrücken würde.

Mein Konkurrent – ein Händler, der schon fast 40 000 Bewertungen hat – holt irgendwann zum großen Schlag aus und drückt das Ding in einem Anfall kapitalismusfeindlichen Wahnsinns auf 75 Cent. Jetzt reicht’s mir: Ich gehe antizyklisch hoch auf 5,79 Euro. Soll er sein Exemplar doch unbehelligt verramschen, mir doch egal.


Einen Tag später taxiert er es auf 5,78.

Das Spiel geht von vorne los, der spiralige Countdown nimmt erneut Geschwindigkeit auf. Bei 2,27 lasse ich ihn wieder hängen und springe erneut auf 5,79. Ich muss nicht erwähnen, wie er reagiert.


Inzwischen macht mir das Spiel Spaß. Fast würde ich es bedauern, wenn irgendjemand meine DVD kaufen würde; dabei habe ich nun wirklich keine Verwendung mehr dafür.

Eine neue Runde wird eingeläutet. Zug um Zug geht es auf altbewährte Weise wieder nach unten, die Sprünge abwärts werden immer größer, und irgendwann werfe ich ihm einen Brocken vor die Füße, den er nicht mehr schlucken wird: 14 Cent.

14 Cent also, für eine neuwertige DVD ohne Makel, von einem der größten Rockstars aller Zeiten. Das ist schon kein Schnäppchen mehr, das ist obszön, das ist nicht mehr zu verantworten, vor allem nicht gegenüber der Dritten Welt.

Abends schaue ich rein und sehe sein Gegenangebot: 13 Cent.

Meine Selbstsicherheit ist schlagartig wie pulverisiert. Guckte ich in den Spiegel, ich wäre sicherlich leichenblass. Mir bleibt jetzt nur noch eins: Mit zitternden Fingern klicke ich auf – „kaufen“.

Jetzt habe ich zwei Exemplare einer DVD, die ich schon als Einzelstück unbedingt loswerden wollte. Irgendwas ist hier schrecklich schiefgelaufen, und ich werde wohl ewig darauf sitzenbleiben. Denn eins ist sicher: Niemand auf der ganzen weiten Welt wollte dieses Teil erwerben, selbst für lausig-lachhafte 13 Cent nicht.

Nur ich. Und selbst das nur aus den falschen Gründen.

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