1. Die Tageszeitung Die Welt brachte gestern einen Artikel über Hamburger Blogger, und der Autor stieß irgendwie auch auf mich, obwohl er mit Lyssa oder Eric Hegmann bestimmt mehr hätte reüssieren können. Was soll's: So kamen Rasmus vom brillanten, aber leider brachliegenden Blog Abgrund Hamburg, Erik von der Ringfahndung und ich nicht umhin, einige Marginalien beizusteuern. Wen's interessiert: Der Text steht hier online und wird hier archiviert.
2. Jemand, den ich kenne, nimmt gerade den Familiennamen seiner Frau an, weil beide keinen geeigneten Namen für ihr noch zu gebärendes Kind finden, der mit dem tütensuppenhaften „Knorr“ harmoniert. Eine rührende Geste. Aber soooo einfach wird das mit „Autzen“ auch nicht.
3. „Alle Mannschaften ziehen sich zurück, alles ist taktisch und studiert, nicht vibrierend. Deutschland ist die Ausnahme. Ich wünschte mir, Brasilien würde spielen wie Deutschland." Das ist zweifellos der schönste Satz, den ich seit Jahrzehnten über den deutschen Fußball gehört habe. Gesagt hat ihn Tostão, eine der brasilianischen WM-Legenden von 1970, einer aus der Pelé-Mannschaft also. Bin sprachlos. Nein, ein Wort fällt mir doch ein: Klinsmann.
4. Der Wolkenbruch heute nachmittag versuchte das alte Fabrikgebäude, in dem unsere Redaktion untergebracht ist, in die Elbe zu spülen. Es blieb allerdings bei pittoresken Tropfenmustern auf den Fensterscheiben. Aber kühler ist es nicht geworden, nur feuchter.
5. Der große Soul- und Bluessänger Van Morrison erwähnt in einem seiner Songs erstaunlicherweise die Reeperbahn, und zwar im Stück „Heavy connection“ vom Album „A period of transition“. Die Platte erschien 1977. Ungefähr so lange kenne ich sie auch schon, aber jetzt erst stoße ich auf diese kleine Skurrilität. Blamabel.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs von Van Morrison
1. „Sweet thing"
2. „Summertime in England"
3. „He ain't give you none"
Alle bisherigen Fundstücke des Tages:
1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14,
15, 16, 17, 18, 19, 20, Oh, my Google!
„3000 Plattenkritiken“ | „Die Frankensaga – Vollfettstufe“ | RSS-Feed | In memoriam | mattwagner {at} web.de |
06 Juli 2006
Alessandros falsche Fußballkarten
So sehr auch Fußball, Feiern, Völkerverständigung und Fahnenabsatz gewonnen haben in den letzten vier Wochen, so wenig kann die Herrin des ganzen Spektakels, die Fifa, von dieser Sympathie- und Euphoriewelle profitieren.
Nein, die Fifa ist mehr denn je der missmutige, argwöhnische, Big-Brother-hafte Krake, der uns nur dann Tickets geben wollte, wenn wir uns nackicht machten, und es selbst dann nur im Ausnahmefall getan hat (wobei ich nicht die zwei Ausnahmen für mich verhehlen will …).
Wer die Fifa veräppelt, darf deshalb auf viel Sympathie hoffen. Wie etwa der österreichische Radiosender Ö3, der – ähnlich wie das Hamburger Studio Braun – den arglosen Nutzern moderner Telekommunikation gern fiese Telefonstreiche spielt.
Auch viele andere Gags sind empfehlenswert – und nicht gar so erbarmungslos wie die des Studio Braun.
Nein, die Fifa ist mehr denn je der missmutige, argwöhnische, Big-Brother-hafte Krake, der uns nur dann Tickets geben wollte, wenn wir uns nackicht machten, und es selbst dann nur im Ausnahmefall getan hat (wobei ich nicht die zwei Ausnahmen für mich verhehlen will …).
Wer die Fifa veräppelt, darf deshalb auf viel Sympathie hoffen. Wie etwa der österreichische Radiosender Ö3, der – ähnlich wie das Hamburger Studio Braun – den arglosen Nutzern moderner Telekommunikation gern fiese Telefonstreiche spielt.
Auch viele andere Gags sind empfehlenswert – und nicht gar so erbarmungslos wie die des Studio Braun.
05 Juli 2006
Nach dem Spiel ist nach dem Spiel
Deutsche Fußballfans in Ottensen: „So ne Scheiße, wir fahrn nicht nach Berlin, so ne Scheiße, wir fahrn nicht nach Berlin!“
Italienische Fans in St. Pauli: „Ihr könnt nach Hauuuuuse fahrn, ihr könnt nach Hauuuuse fahrn!“
Ähm, das sind wir doch schon. Und es ist ziemlich nett hier. Viel netter als noch vor vier Wochen.
Auch jetzt noch.
Nein: Jetzt erst recht.
(Foto: Spiegel online)
Italienische Fans in St. Pauli: „Ihr könnt nach Hauuuuuse fahrn, ihr könnt nach Hauuuuse fahrn!“
Ähm, das sind wir doch schon. Und es ist ziemlich nett hier. Viel netter als noch vor vier Wochen.
Auch jetzt noch.
Nein: Jetzt erst recht.
(Foto: Spiegel online)
03 Juli 2006
Duck dich, Sylt!
„Kramer, wie wär’s“, sage ich heute laut und verwegen zu Kramer, „lass uns am Wochenende mit dem Schleswig-Holstein-Ticket nach Sylt fahren und die Insel aufmischen!“
Kramer schaut mich an, als hätte ihm gerade Papst Benedikt XVI einen gemeinsamen Bordellbesuch vorgeschlagen. Denn bei ihm und auch beim Franken habe ich den Ruf einer Spaßbremse oder, anders ausgedrückt, eines ganz erbärmlichen Trinkers, und das zu Recht. Wenn andere gemächlich in Fahrt kommen, so nach drei, vier Bier, wird mir schon blümerant, und ich muss den chemischen Selbstversuch abbrechen, um nicht nachts von Übelkeit geplagt durch die Wohnung wanken zu müssen und Ms. Columbo in höchste Sorge zu stürzen.
„Wie willst du den Sylt aufmischen“, höhnt Kramer, „etwa mit zwei Bier?“ Für Kramer nämlich bedeutet feiern automatisch saufen, und aufmischen automatisch auch. „Wir könnten zum Beispiel“, rufe ich ihm unbeeindruckt zu, „Sandburgen bauen – und sie anschließend zerstören!“ Kramer kringelt sich. „Genau“, ächzt er, „Sandburgen bauen!“
„Oder“, ziehe ich den brutalsten Pfeil aus dem Köcher, „wir könnten Strandkrebse quälen! Ist das nicht aufmischen?“ Findet Kramer keineswegs. Ohne Pils keine Party – seine Meinung.
„Dann lass uns eben ins Stadtbad fahren“, dehne ich unterm Einfluss von Hochsommer und unmittelbar bevorstehendem Feierabend seine Fassungslosigkeitsgrenze bis zum Äußersten, „und Mädchen aufreißen!“ Kramer schaut den Franken mit diesem Hast-du-das-auch-gerade-gehört-Blick an, und der realisiert das alles mit zweisekündiger Verspätung, ehe er mir eine derart unverschämte Lache ins Gesicht schüttet, als sei es wirklich völlig unmöglich, in meiner Begleitung Mädchen aufzureißen.
Wahrscheinlich hat er sogar Recht.
Also trinken wir gemeinsam ein Bier, jetzt und sofort. Der Franke eine Flasche allein, ich teile mir eine mit A., nur Kramer verzichtet aus irgendeinem gegrummelten Grund. Ausgerechnet der!
Vielleicht fahren wir am Wochenende wirklich mit dem Schleswig-Holstein-Ticket nach Sylt, aber ohne Kramer. Definitiv.
Die bisherigen Teile der Frankensaga
19. Der Kulturstoffel 18. Fußball auf Fränkisch! 17. Auhuuu! 16. Die Bettelblickattacke 15. Der Franke bleibt störrisch 14. Der unvollendete Panini-Coup 13. Duck dich, Sylt! 12. Auf Partypatrouille 11. Laggs auf vier Uhr 10. Der Franke ist überall 9. Die Greeb-Pfanne 8. Erste gegen dritte Liga 7. Die verspätete Riesenkartoffel 6. Der historische Tag 5. Der Alditag 4. Der Faschingskrapfen 3. Der Klozechpreller 2. Der Dude 1. Das Alte Land
Kramer schaut mich an, als hätte ihm gerade Papst Benedikt XVI einen gemeinsamen Bordellbesuch vorgeschlagen. Denn bei ihm und auch beim Franken habe ich den Ruf einer Spaßbremse oder, anders ausgedrückt, eines ganz erbärmlichen Trinkers, und das zu Recht. Wenn andere gemächlich in Fahrt kommen, so nach drei, vier Bier, wird mir schon blümerant, und ich muss den chemischen Selbstversuch abbrechen, um nicht nachts von Übelkeit geplagt durch die Wohnung wanken zu müssen und Ms. Columbo in höchste Sorge zu stürzen.
„Wie willst du den Sylt aufmischen“, höhnt Kramer, „etwa mit zwei Bier?“ Für Kramer nämlich bedeutet feiern automatisch saufen, und aufmischen automatisch auch. „Wir könnten zum Beispiel“, rufe ich ihm unbeeindruckt zu, „Sandburgen bauen – und sie anschließend zerstören!“ Kramer kringelt sich. „Genau“, ächzt er, „Sandburgen bauen!“
„Oder“, ziehe ich den brutalsten Pfeil aus dem Köcher, „wir könnten Strandkrebse quälen! Ist das nicht aufmischen?“ Findet Kramer keineswegs. Ohne Pils keine Party – seine Meinung.
„Dann lass uns eben ins Stadtbad fahren“, dehne ich unterm Einfluss von Hochsommer und unmittelbar bevorstehendem Feierabend seine Fassungslosigkeitsgrenze bis zum Äußersten, „und Mädchen aufreißen!“ Kramer schaut den Franken mit diesem Hast-du-das-auch-gerade-gehört-Blick an, und der realisiert das alles mit zweisekündiger Verspätung, ehe er mir eine derart unverschämte Lache ins Gesicht schüttet, als sei es wirklich völlig unmöglich, in meiner Begleitung Mädchen aufzureißen.
Wahrscheinlich hat er sogar Recht.
Also trinken wir gemeinsam ein Bier, jetzt und sofort. Der Franke eine Flasche allein, ich teile mir eine mit A., nur Kramer verzichtet aus irgendeinem gegrummelten Grund. Ausgerechnet der!
Vielleicht fahren wir am Wochenende wirklich mit dem Schleswig-Holstein-Ticket nach Sylt, aber ohne Kramer. Definitiv.
Die bisherigen Teile der Frankensaga
19. Der Kulturstoffel 18. Fußball auf Fränkisch! 17. Auhuuu! 16. Die Bettelblickattacke 15. Der Franke bleibt störrisch 14. Der unvollendete Panini-Coup 13. Duck dich, Sylt! 12. Auf Partypatrouille 11. Laggs auf vier Uhr 10. Der Franke ist überall 9. Die Greeb-Pfanne 8. Erste gegen dritte Liga 7. Die verspätete Riesenkartoffel 6. Der historische Tag 5. Der Alditag 4. Der Faschingskrapfen 3. Der Klozechpreller 2. Der Dude 1. Das Alte Land
02 Juli 2006
Elfmetertöter
Der arme Tropf, der hier einen Elfmeter zu schießen versucht, muss ein Engländer sein. Anders ist das Desaster nicht zu erklären. Immerhin bedeutet „penalty“, das englische Wort für Elfmeter, ja auch Bestrafung – aber eigentlich nicht für den Schützen.
Na ja, hoffen wir mal, dass er sich wenigstens nicht schwer verletzt hat.
Na ja, hoffen wir mal, dass er sich wenigstens nicht schwer verletzt hat.
Gesichtszwillinge (4)
Gut, der rote Zinken von Udo Lattek ist unkopierbar.
Aber sonst sehe ich recht viel Lattek im Gesicht seines Trainerkollegen Sven-Göran Eriksson, der sich gerade von der WM verabschieden musste.
Aber wahrscheinlich bin ich mal wieder der Einzige. Pffft.
01 Juli 2006
Debil vor Glück
Zu viert wollen wir die Nervenprobe des Viertelfinales im abgedunkelten Raum bestehen. Da klingelt es, und ein Großteil der Berliner WM-Blogger-WG bevölkert urplötzlich das Wohnzimmer – Stimmung!
Die armen Tröpfe brauchen dringend Asyl. Sie waren fürs Spiel Italien-Ukraine angereist und hatten versucht, die erste Halbzeit der Deutschland-Partie optisch irgendwo auf der Reeperbahn zu erhaschen, waren aber weitgehend gescheitert. Also hatte Sherpa Lyssa sie kurzerhand und klugerweise hierher verschleppt.
Nach dem gloriosen Elfmeterschießen bin ich endlich, endlich mal dabei und sogar aktiv beteiligt, als sich die legendären wildfremden Menschen um alle verfügbaren Hälse fallen; pikanterweise gehören auch ein Holländer (der Videoblogger Erik) und der Engländer Ben dazu. Man muss aber wirklich schon sehr genau hinschauen, um in beider Lächeln den Anschein von Säuerlichkeit zu erkennen. Und vielleicht bilde ich mir das auch nur ein.
Hinterher brechen die Berliner und ich zum zweiten Viertelfinalspiel in die Hamburger Arena auf, und ich muss sagen: Im wohligen Gefühl des deutschen Sieges durchs Busfenster eine Abendsonnendusche zu nehmen und sich selig zum Stadion schaukeln zu lassen, gehört schon jetzt zu den schönsten Gefühlserinnerungen des Jahres.
Über der zweiten Partie scheint durch die dramatischen Ereignisse zuvor ein mattschimmernder Seidenglanz zu liegen, und ich genieße selbst Fehlpässe von Timostschuk mit dem Grinsen eines Debilen. So zumindest müssen die mich seltsamerweise homogen umgebenden Koreaner meine Mimik deuten.
Jener Holländer übrigens, der bei Ebay noch bis zum 7. Juli Karten für das Spiel von heute Abend verticken will (Stückpreis: 1000 Euro), sollte sich vielleicht nach einer anderen Karriere umschauen. Zum Schwarzhändler fehlt ihm das Talent.
Die armen Tröpfe brauchen dringend Asyl. Sie waren fürs Spiel Italien-Ukraine angereist und hatten versucht, die erste Halbzeit der Deutschland-Partie optisch irgendwo auf der Reeperbahn zu erhaschen, waren aber weitgehend gescheitert. Also hatte Sherpa Lyssa sie kurzerhand und klugerweise hierher verschleppt.
Nach dem gloriosen Elfmeterschießen bin ich endlich, endlich mal dabei und sogar aktiv beteiligt, als sich die legendären wildfremden Menschen um alle verfügbaren Hälse fallen; pikanterweise gehören auch ein Holländer (der Videoblogger Erik) und der Engländer Ben dazu. Man muss aber wirklich schon sehr genau hinschauen, um in beider Lächeln den Anschein von Säuerlichkeit zu erkennen. Und vielleicht bilde ich mir das auch nur ein.
Hinterher brechen die Berliner und ich zum zweiten Viertelfinalspiel in die Hamburger Arena auf, und ich muss sagen: Im wohligen Gefühl des deutschen Sieges durchs Busfenster eine Abendsonnendusche zu nehmen und sich selig zum Stadion schaukeln zu lassen, gehört schon jetzt zu den schönsten Gefühlserinnerungen des Jahres.
Über der zweiten Partie scheint durch die dramatischen Ereignisse zuvor ein mattschimmernder Seidenglanz zu liegen, und ich genieße selbst Fehlpässe von Timostschuk mit dem Grinsen eines Debilen. So zumindest müssen die mich seltsamerweise homogen umgebenden Koreaner meine Mimik deuten.
Jener Holländer übrigens, der bei Ebay noch bis zum 7. Juli Karten für das Spiel von heute Abend verticken will (Stückpreis: 1000 Euro), sollte sich vielleicht nach einer anderen Karriere umschauen. Zum Schwarzhändler fehlt ihm das Talent.
29 Juni 2006
Der Scheunen-Tor
Während wir bei der Fußball-WM eine Spitzenleistung nach der anderen goutieren dürfen (zumindest solange nicht die Ukraine oder England beteiligt sind), vergessen wir leicht, welche enorme Körperbeherrschung es bedeutet, überhaupt kontrolliert gegen einen Ball treten zu können.
Man muss sich nur einmal Altkanzler Schröders jammervolle und auch ästhetisch bestürzende Kickerei ins Gedächtnis rufen. Dann wird uns rasch klar, wie viele Menschen auf diesem Erdball die erwähnte Körperbeherrschung nicht aufweisen, obwohl sie bisweilen anderer Meinung sind.
Zum Beispiel dieser hier:
So. Und um 17 Uhr geht es endlich weiter.
Man muss sich nur einmal Altkanzler Schröders jammervolle und auch ästhetisch bestürzende Kickerei ins Gedächtnis rufen. Dann wird uns rasch klar, wie viele Menschen auf diesem Erdball die erwähnte Körperbeherrschung nicht aufweisen, obwohl sie bisweilen anderer Meinung sind.
Zum Beispiel dieser hier:
So. Und um 17 Uhr geht es endlich weiter.
28 Juni 2006
Zwischen den Spielen
Ein bewölkter Tag bedeckt die Stadt wie ein altes schlaffes Haarnetz. Auf dem Mittelstreifen der Reeperbahn sterben die ersten frischgepflanzten Bäume schon wieder ab.
Ich starre ins Halbdunkel der Zimmerecke, zu keinem Gedanken fähig. Was tun? Keine Ahnung.
Dort steht er, dieser große Kasten. Es ist der Fernseher, ein graues, graues Nichts. Er ist aus. Klar. Denn es läuft … kein Fußball.
Die Weltmeisterschaft macht Pause.
Und das Schrecklichste: Auch morgen noch.
Ich starre ins Halbdunkel der Zimmerecke, zu keinem Gedanken fähig. Was tun? Keine Ahnung.
Dort steht er, dieser große Kasten. Es ist der Fernseher, ein graues, graues Nichts. Er ist aus. Klar. Denn es läuft … kein Fußball.
Die Weltmeisterschaft macht Pause.
Und das Schrecklichste: Auch morgen noch.
Der Bärendienst
(Foto: eisbaer.de)
Radikale Moralisten verstehe ich einfach nicht. In den USA haben Abtreibungsgegner mal einen Arzt ermordet, weil sie der Auffassung waren, es sei Mord, Zellhaufen operativ aus Frauenbäuchen zu entfernen. Diese Meinung dürfen sie ja gerne sagen und brüllen, aber einen ausgewachsenen, denkenden Menschen umzubringen, weil sie damit gegen das Umbringen protestieren wollen, kommt mir in jeder Hinsicht hirnrissig vor – und auf geradezu debile Weise unlogisch.
Ähnlich einige radikale Tierschützer: Sie drohen drei Jägern mit dem Tod, weil die den Bären Bruno getötet haben, der sich seit Wochen die Zeit damit vertrieben hatte, in Bayern Schafe und Hühner zu töten.
Man muss erst gar nicht in die Diskussion einsteigen, ob das Leben eines Menschen nun genauso wertvoll sei wie das eines Tieres, einer Pflanze, einer Amöbe oder von Plankton (wie wäre es mit dem Ebolavirus?), um eins sicher zu erkennen: Diese anonymen Droher denken gerade mal von ihrem Stammhirn bis zum Brett vor ihrem Kopf.
Wobei ich natürlich auf Brunos Seite bin. In den letzten 170 Jahren gab es genau zwei Bären in Bayern, und beide knallte man ab. Erzähl das mal einem Kanadier, der hält uns für bekloppt. Und das dürfte er natürlich sagen und brüllen, und vielleicht täte er das auch, aber eins ist sicher: Er käme niemals auf die Idee, uns deshalb das Erschießen anzudrohen.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs über Tiere
1. „Me and you and a dog named Boo“ von Lobo
2. „Es gibt Tage, da wünscht' ich, ich wär mein Hund“ von Reinhard Mey
3. „(Let me be your) teddy bear“ von Elvis Presley
Radikale Moralisten verstehe ich einfach nicht. In den USA haben Abtreibungsgegner mal einen Arzt ermordet, weil sie der Auffassung waren, es sei Mord, Zellhaufen operativ aus Frauenbäuchen zu entfernen. Diese Meinung dürfen sie ja gerne sagen und brüllen, aber einen ausgewachsenen, denkenden Menschen umzubringen, weil sie damit gegen das Umbringen protestieren wollen, kommt mir in jeder Hinsicht hirnrissig vor – und auf geradezu debile Weise unlogisch.
Ähnlich einige radikale Tierschützer: Sie drohen drei Jägern mit dem Tod, weil die den Bären Bruno getötet haben, der sich seit Wochen die Zeit damit vertrieben hatte, in Bayern Schafe und Hühner zu töten.
Man muss erst gar nicht in die Diskussion einsteigen, ob das Leben eines Menschen nun genauso wertvoll sei wie das eines Tieres, einer Pflanze, einer Amöbe oder von Plankton (wie wäre es mit dem Ebolavirus?), um eins sicher zu erkennen: Diese anonymen Droher denken gerade mal von ihrem Stammhirn bis zum Brett vor ihrem Kopf.
Wobei ich natürlich auf Brunos Seite bin. In den letzten 170 Jahren gab es genau zwei Bären in Bayern, und beide knallte man ab. Erzähl das mal einem Kanadier, der hält uns für bekloppt. Und das dürfte er natürlich sagen und brüllen, und vielleicht täte er das auch, aber eins ist sicher: Er käme niemals auf die Idee, uns deshalb das Erschießen anzudrohen.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs über Tiere
1. „Me and you and a dog named Boo“ von Lobo
2. „Es gibt Tage, da wünscht' ich, ich wär mein Hund“ von Reinhard Mey
3. „(Let me be your) teddy bear“ von Elvis Presley
27 Juni 2006
Auf Partypatrouille
Tolle Fete heute Abend. Ein berühmter Hamburger Eventmanager hat zum traditionellen Hoffest geladen, und weil er so berühmt ist, kommen auch viele Berühmtheiten. Darunter sind Havebeens (wie Alexander Klaws), Wannabees (wie diese junge sexy Sängerin, deren Name mir partout nicht einfallen will) und echte Künstler (wie Nils Koppruch von Fink).
Und mittendrin überraschenderweise Senait. Wie sich rasch herausstellt, hat der Kontakt mit ihren eritreischen Lippen ungefähr den gleichen Effekt, als würde man auf der Davidwache für die Erfassung von Fingerabdrücken präpariert. Ein Bussi hier, ein Bussi da, und schon muss ich Ms. Columbo beidwangig von enormen Lippenstiftspuren befreien.
Seltsamerweise komme ich unbefleckt davon; vielleicht bildet ein leichter Bartschatten ja eine Art Schutzfilm. Der Franke allerdings liefert das Gegenbeispiel für diese Theorie; ich sehe mich plötzlich unfasslicherweise an seiner ungeschlachten Wange mit einer Serviette herumhantieren. Natürlich nicht ohne ihm währenddessen vorzuschlagen, doch einfach nie mehr zu duschen – ich meine: Senaits Lippenstift!
Vor mir in der Grillimbisschlange steht Vanessa von der dahingeschiedenen Girlpopband No Angels. Ich erinnere mich an ein Interview mit ihr und dem Rest der Band vor einigen Jahren. Von den fünf Sängerinnen waren vier völlig bei der Sache, nur Vanessa beschäftigte sich die ganze Zeit mit ihrem Handy, simste klackerdiklack vor sich hin und lächelte versonnen ins Display.
Und was soll ich sagen: Heute Abend in der Grillimbissschlange ist es ganz genau wie damals. Sie starrt entrückt auf ihr Handy, drückt auf den Tasten herum, und das in unmittelbarer Nähe von Grillhähnchen und Pommes rotweiß. Kein Wunder, ehrlich gesagt, dass ihre Solokarriere nicht in Gang kommen will.
Zum Achtelfinale Schweiz-Ukraine ziehen wir uns alle in einen Saal mit Großbildleinwand zurück, und weil das Spiel ungefähr so aufregend ist wie das Starren auf eine monochrome Betonwand oder Vanessa Petruos Handydisplay, schlage ich eine Wette vor: einen Kasten Bier auf die Ukraine. Der Franke schlägt ein und beweist nach dem entscheidenden Elfemterschießen (0:3 gegen seine Schweizer) eine gewisse Haltung, verweigert mir aber das High Five. Auf dem Heimweg muss ich die Nacht ähnlich versonnen angelächelt haben wie Vanessa ihr Handy, und das lag nicht nur am erstaunlichen Chardonnay.
Weil man auf solche Partys als geladener Gast selbstverständlich keine Kamera mitnimmt, gibt es heute nur ein Foto von einem Gebäude, das sich immerhin in unmittelbarer Nähe des Hoffestes in den Hamburger Himmel reckt.
Ex cathedra: Die Top 3 der Girlbandsongs
1. „Be my baby“ von The Ronettes
2. „Barracuda“ von Heart
3. „River of joy“ von No Angels (übrigens von Senait geschrieben)
Die bisherigen Teile der Frankensaga
19. Der Kulturstoffel 18. Fußball auf Fränkisch! 17. Auhuuu! 16. Die Bettelblickattacke 15. Der Franke bleibt störrisch 14. Der unvollendete Panini-Coup 13. Duck dich, Sylt! 12. Auf Partypatrouille 11. Laggs auf vier Uhr 10. Der Franke ist überall 9. Die Greeb-Pfanne 8. Erste gegen dritte Liga 7. Die verspätete Riesenkartoffel 6. Der historische Tag 5. Der Alditag 4. Der Faschingskrapfen 3. Der Klozechpreller 2. Der Dude 1. Das Alte Land
Und mittendrin überraschenderweise Senait. Wie sich rasch herausstellt, hat der Kontakt mit ihren eritreischen Lippen ungefähr den gleichen Effekt, als würde man auf der Davidwache für die Erfassung von Fingerabdrücken präpariert. Ein Bussi hier, ein Bussi da, und schon muss ich Ms. Columbo beidwangig von enormen Lippenstiftspuren befreien.
Seltsamerweise komme ich unbefleckt davon; vielleicht bildet ein leichter Bartschatten ja eine Art Schutzfilm. Der Franke allerdings liefert das Gegenbeispiel für diese Theorie; ich sehe mich plötzlich unfasslicherweise an seiner ungeschlachten Wange mit einer Serviette herumhantieren. Natürlich nicht ohne ihm währenddessen vorzuschlagen, doch einfach nie mehr zu duschen – ich meine: Senaits Lippenstift!
Vor mir in der Grillimbisschlange steht Vanessa von der dahingeschiedenen Girlpopband No Angels. Ich erinnere mich an ein Interview mit ihr und dem Rest der Band vor einigen Jahren. Von den fünf Sängerinnen waren vier völlig bei der Sache, nur Vanessa beschäftigte sich die ganze Zeit mit ihrem Handy, simste klackerdiklack vor sich hin und lächelte versonnen ins Display.
Und was soll ich sagen: Heute Abend in der Grillimbissschlange ist es ganz genau wie damals. Sie starrt entrückt auf ihr Handy, drückt auf den Tasten herum, und das in unmittelbarer Nähe von Grillhähnchen und Pommes rotweiß. Kein Wunder, ehrlich gesagt, dass ihre Solokarriere nicht in Gang kommen will.
Zum Achtelfinale Schweiz-Ukraine ziehen wir uns alle in einen Saal mit Großbildleinwand zurück, und weil das Spiel ungefähr so aufregend ist wie das Starren auf eine monochrome Betonwand oder Vanessa Petruos Handydisplay, schlage ich eine Wette vor: einen Kasten Bier auf die Ukraine. Der Franke schlägt ein und beweist nach dem entscheidenden Elfemterschießen (0:3 gegen seine Schweizer) eine gewisse Haltung, verweigert mir aber das High Five. Auf dem Heimweg muss ich die Nacht ähnlich versonnen angelächelt haben wie Vanessa ihr Handy, und das lag nicht nur am erstaunlichen Chardonnay.
Weil man auf solche Partys als geladener Gast selbstverständlich keine Kamera mitnimmt, gibt es heute nur ein Foto von einem Gebäude, das sich immerhin in unmittelbarer Nähe des Hoffestes in den Hamburger Himmel reckt.
Ex cathedra: Die Top 3 der Girlbandsongs
1. „Be my baby“ von The Ronettes
2. „Barracuda“ von Heart
3. „River of joy“ von No Angels (übrigens von Senait geschrieben)
Die bisherigen Teile der Frankensaga
19. Der Kulturstoffel 18. Fußball auf Fränkisch! 17. Auhuuu! 16. Die Bettelblickattacke 15. Der Franke bleibt störrisch 14. Der unvollendete Panini-Coup 13. Duck dich, Sylt! 12. Auf Partypatrouille 11. Laggs auf vier Uhr 10. Der Franke ist überall 9. Die Greeb-Pfanne 8. Erste gegen dritte Liga 7. Die verspätete Riesenkartoffel 6. Der historische Tag 5. Der Alditag 4. Der Faschingskrapfen 3. Der Klozechpreller 2. Der Dude 1. Das Alte Land
25 Juni 2006
Laggs auf vier Uhr
Über das Restaurant Tai-Pan („Sushi all you can eat!“ abends für laue 14,90) habe ich schon einmal berichtet, und zwar recht positiv. Damals gab es das Sushi aber auch noch mit Fisch …
Zwischen zwei WM-Spielen laufen Ms. Columbo, der Franke und ich dort wohlgemut auf. Doch nachdem wir eine Viertelstunde lang ratlos suchend auf die kreisenden Gemüsetellerchen, frittierten Hähnchenunterschenkel, Gurkenstücke in Reisröllchen und pappigen Dim Sums gestarrt haben, moniere ich bei der schüchternen deutschen Bedienung die erschütternde Fischarmut, die vermutlich exakt jener der Elbe bei Dresden in den 70er Jahren entspricht. Das sage ich zwar nicht explizit, lasse es aber mitschwingen.
Der Sushikoch, beschwichtigt die junge Frau mich daraufhin eilends, sei im Verborgenen – nämlich der Küche – bereits fleißig tätig, und bald würde der Kreisverkehr, so fuhr sie sinngemäß fort, nur so strotzen vor Köstlichkeiten maritimer Herkunft.
Nach weiteren fünf Minuten des traurigen Betrachtens fischloser Sushischälchen wende ich mich erneut an die zuständigen Instanzen, diesmal aber auf höherer Entscheidungsebene, der chinesischen. Der Mann lächelt ebenso peinlich berührt wie deeskalierend und versichert mir unter unablässigem Nicken die baldige, ja gleichsam sofortige Niveauanhebung der Setlist. Murrend gehe ich zurück Ms. Columbo und dem Franken, und kaum sitze ich, liefert uns der Chinese unter Umgehung des Kreisverkehrs umstandslos eine kleine Kollektion von Lachssushi direkt an den Tisch.
Sogleich besänftigt danken wir herzlich und tun uns gütlich daran, ohne freilich zu den anderen Gästen aufzublicken, die zweifellos unsere Vorzugsbehandlung kräftig zu missbilligen wissen. Andererseits hatte ich – nur ich! – mich zweimal zum Widerstand aufgerafft, während die dumpfe Masse sich stumm in ihr Schicksal fügte. Sie sollen sich also bitte nicht so anstellen und die Zeit bis zur regulären Lieferung des Fischsushi eben mit Omelettstreifen verbringen, die rücklings auf Reisbällchen geschnallt sind.
Und siehe da: Allmählich zeichnet sich auch offiziell eine Besserung der Lage ab. Was auch dringend nötig ist, denn unsere außer der Reihe servierte Lieferung ist schon nach Sekunden aufgeteilt und verputzt. Allerdings wird uns nun auch die schlechte strategische Lage unserer Sitzposition deutlich. Wir sitzen sehr weit entfernt vom Ort der Laufbandbestückung. Jeder Lachs, alle Muscheln müssen, nachdem sie ins Rennen gegangen sind, fast eine komplette Runde absolvieren, ehe sie überhaupt in unsere Reichweite kommen. Und man kann sich vorstellen, wie schwer das angesichts der auf echtes Sushi geiernden Tai-Pan-Gäste selbst einem Fisch wie dem Lachs fallen muss, der in der freien Natur ja sogar Schleusen, Bärentatzen und wahrscheinlich auch Staudämme zu überwinden vermag, während er tapfer flußaufwärts strebt zum Ort seiner Geburt, wo er nach all der Mühsal schließlich umstandslos ablaicht und kurz darauf verstirbt.
Kurz: Es kommt weiterhin nichts Fischiges bei uns an. Von meiner Sitzposition aus sehe ich zwar mit Bassettblick, welche Must-have-Tellerchen aufs Band gestellt werden, doch der mir gegenüber sitzende Franke verfolgt kommentierend ihr Schicksal bis zu jener Sekunde, in der die besser postierte Konkurrenz sie betrüblicherweise runterklaubt.
Doch mit der Zeit schlägt sich wirklich hie und da eins durch bis zu uns. „Laggs auf vier Uhr“, raunt der Franke dann konspirativ zu uns herüber, „jetzt auf drei Uhr, auf zwei … jetzt!“, und die prächtige Ms. Columbo, perfekt platziert direkt am Band, greift beherzt zu und erlegt für unsere kleine Schicksalsgemeinschaft ein Sushischälchen – eins mit echtem Fisch!
Mit dieser perfekten Koordination, einer geradezu patentierbaren Schleppnetzfangmethode fürs Fischen in Innenräumen, entgehen uns hinfort keine relevanten Schälchen mehr, obgleich sie den ganzen Abend über kaum häufiger vorbeikommen als die Queen Mary 2 im hiesigen Trockendock.
Egal: Irgendwie werden wir jedenfalls satt.
Trotz „all you can eat“.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs über die Vorzüge des Teamwork
1. „Let's work together“ von Canned Heat
2. „Allein machen sie dich ein“ von Ton Steine Scherben
3. „Smells like team spirit“ (haha!!!) von Nirvana
Die bisherigen Teile der Frankensaga
19. Der Kulturstoffel 18. Fußball auf Fränkisch! 17. Auhuuu! 16. Die Bettelblickattacke 15. Der Franke bleibt störrisch 14. Der unvollendete Panini-Coup 13. Duck dich, Sylt! 12. Auf Partypatrouille 11. Laggs auf vier Uhr 10. Der Franke ist überall 9. Die Greeb-Pfanne 8. Erste gegen dritte Liga 7. Die verspätete Riesenkartoffel 6. Der historische Tag 5. Der Alditag 4. Der Faschingskrapfen 3. Der Klozechpreller 2. Der Dude 1. Das Alte Land
Zwischen zwei WM-Spielen laufen Ms. Columbo, der Franke und ich dort wohlgemut auf. Doch nachdem wir eine Viertelstunde lang ratlos suchend auf die kreisenden Gemüsetellerchen, frittierten Hähnchenunterschenkel, Gurkenstücke in Reisröllchen und pappigen Dim Sums gestarrt haben, moniere ich bei der schüchternen deutschen Bedienung die erschütternde Fischarmut, die vermutlich exakt jener der Elbe bei Dresden in den 70er Jahren entspricht. Das sage ich zwar nicht explizit, lasse es aber mitschwingen.
Der Sushikoch, beschwichtigt die junge Frau mich daraufhin eilends, sei im Verborgenen – nämlich der Küche – bereits fleißig tätig, und bald würde der Kreisverkehr, so fuhr sie sinngemäß fort, nur so strotzen vor Köstlichkeiten maritimer Herkunft.
Nach weiteren fünf Minuten des traurigen Betrachtens fischloser Sushischälchen wende ich mich erneut an die zuständigen Instanzen, diesmal aber auf höherer Entscheidungsebene, der chinesischen. Der Mann lächelt ebenso peinlich berührt wie deeskalierend und versichert mir unter unablässigem Nicken die baldige, ja gleichsam sofortige Niveauanhebung der Setlist. Murrend gehe ich zurück Ms. Columbo und dem Franken, und kaum sitze ich, liefert uns der Chinese unter Umgehung des Kreisverkehrs umstandslos eine kleine Kollektion von Lachssushi direkt an den Tisch.
Sogleich besänftigt danken wir herzlich und tun uns gütlich daran, ohne freilich zu den anderen Gästen aufzublicken, die zweifellos unsere Vorzugsbehandlung kräftig zu missbilligen wissen. Andererseits hatte ich – nur ich! – mich zweimal zum Widerstand aufgerafft, während die dumpfe Masse sich stumm in ihr Schicksal fügte. Sie sollen sich also bitte nicht so anstellen und die Zeit bis zur regulären Lieferung des Fischsushi eben mit Omelettstreifen verbringen, die rücklings auf Reisbällchen geschnallt sind.
Und siehe da: Allmählich zeichnet sich auch offiziell eine Besserung der Lage ab. Was auch dringend nötig ist, denn unsere außer der Reihe servierte Lieferung ist schon nach Sekunden aufgeteilt und verputzt. Allerdings wird uns nun auch die schlechte strategische Lage unserer Sitzposition deutlich. Wir sitzen sehr weit entfernt vom Ort der Laufbandbestückung. Jeder Lachs, alle Muscheln müssen, nachdem sie ins Rennen gegangen sind, fast eine komplette Runde absolvieren, ehe sie überhaupt in unsere Reichweite kommen. Und man kann sich vorstellen, wie schwer das angesichts der auf echtes Sushi geiernden Tai-Pan-Gäste selbst einem Fisch wie dem Lachs fallen muss, der in der freien Natur ja sogar Schleusen, Bärentatzen und wahrscheinlich auch Staudämme zu überwinden vermag, während er tapfer flußaufwärts strebt zum Ort seiner Geburt, wo er nach all der Mühsal schließlich umstandslos ablaicht und kurz darauf verstirbt.
Kurz: Es kommt weiterhin nichts Fischiges bei uns an. Von meiner Sitzposition aus sehe ich zwar mit Bassettblick, welche Must-have-Tellerchen aufs Band gestellt werden, doch der mir gegenüber sitzende Franke verfolgt kommentierend ihr Schicksal bis zu jener Sekunde, in der die besser postierte Konkurrenz sie betrüblicherweise runterklaubt.
Doch mit der Zeit schlägt sich wirklich hie und da eins durch bis zu uns. „Laggs auf vier Uhr“, raunt der Franke dann konspirativ zu uns herüber, „jetzt auf drei Uhr, auf zwei … jetzt!“, und die prächtige Ms. Columbo, perfekt platziert direkt am Band, greift beherzt zu und erlegt für unsere kleine Schicksalsgemeinschaft ein Sushischälchen – eins mit echtem Fisch!
Mit dieser perfekten Koordination, einer geradezu patentierbaren Schleppnetzfangmethode fürs Fischen in Innenräumen, entgehen uns hinfort keine relevanten Schälchen mehr, obgleich sie den ganzen Abend über kaum häufiger vorbeikommen als die Queen Mary 2 im hiesigen Trockendock.
Egal: Irgendwie werden wir jedenfalls satt.
Trotz „all you can eat“.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs über die Vorzüge des Teamwork
1. „Let's work together“ von Canned Heat
2. „Allein machen sie dich ein“ von Ton Steine Scherben
3. „Smells like team spirit“ (haha!!!) von Nirvana
Die bisherigen Teile der Frankensaga
19. Der Kulturstoffel 18. Fußball auf Fränkisch! 17. Auhuuu! 16. Die Bettelblickattacke 15. Der Franke bleibt störrisch 14. Der unvollendete Panini-Coup 13. Duck dich, Sylt! 12. Auf Partypatrouille 11. Laggs auf vier Uhr 10. Der Franke ist überall 9. Die Greeb-Pfanne 8. Erste gegen dritte Liga 7. Die verspätete Riesenkartoffel 6. Der historische Tag 5. Der Alditag 4. Der Faschingskrapfen 3. Der Klozechpreller 2. Der Dude 1. Das Alte Land
Gesichtszwillinge (3)
Nanu, seit wann trainiert denn Hannibal Lecter die Schweizer Fußballnationalmannschaft? Anthony Hopkins (rechts, äh links) und Köbi Kuhn wurden möglicherweise bei der Geburt getrennt.
(Fotos: Westlord.com, tele.ch)
Weitere Gesichtszwillinge:
– Franz Beckenbauer und Erich Honecker
– Angela Merkel und Peter Ustinov
24 Juni 2006
23 Juni 2006
Die Fundstücke des Tages (20)
1. Seit vielen Jahren schon erspare ich es mir aktiv und bei vollem Bewusstsein, nach dem Sinn des Lebens zu suchen. In diesem kleinen Textkunststück von Thilo Baum erfahre ich nun auch, WARUM das die absolut richtige Entscheidung gewesen ist.
2. In der Berliner Galerie Aquarium findet zurzeit eine Ausstellung mit 27 wirklich außergewöhnlichen Fußballexponaten statt – darunter die drei Zähne (Foto), die der bedauernswerte französische Kicker Patrick Battiston 1982 verlor, als unser Tormann Toni Schumacher ihm mitten aufm Platz nach dem Leben trachtete. Oder die konservierte Spucke (!) von Frank Rijkaard, die man angeblich aus Rudi Völlers Haaren herausgeholt hat – bevor er duschte.
3. Im „Kochbuch Foodball“ von Arne Friedrich und Ralf Zacherl gibt es ein Gericht namens „Chicken Frings“. Für einen Kalauerconnaisseur wie mich natürlich ein Fest. Hier weitere Anregungen für die zweite Auflage: Klöße à la Klose, Spaghetti mit Ball-Hack oder Schnitzel in Lahmsoße.
4. Schon gewusst? Es gibt speziellen Multivitaminsaft für Nager. Und der ist nicht billig: Literpreis 18 Euro. Zuchtmäuse hingegen – also genau jene Tiere, die solche Multivitaminsäfte für Nager wahrscheinlich wegsüffeln wie Gerhard Mayer-Vorfelder zwei Bocksbeutel Grauburgunder – kriegt man schon ab 15 Cent. Eine fremde und seltsame Welt.
Alle bisherigen Fundstücke des Tages:
1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13,
14, 15, 16, 17, 18, 19, Oh, my Google!
2. In der Berliner Galerie Aquarium findet zurzeit eine Ausstellung mit 27 wirklich außergewöhnlichen Fußballexponaten statt – darunter die drei Zähne (Foto), die der bedauernswerte französische Kicker Patrick Battiston 1982 verlor, als unser Tormann Toni Schumacher ihm mitten aufm Platz nach dem Leben trachtete. Oder die konservierte Spucke (!) von Frank Rijkaard, die man angeblich aus Rudi Völlers Haaren herausgeholt hat – bevor er duschte.
3. Im „Kochbuch Foodball“ von Arne Friedrich und Ralf Zacherl gibt es ein Gericht namens „Chicken Frings“. Für einen Kalauerconnaisseur wie mich natürlich ein Fest. Hier weitere Anregungen für die zweite Auflage: Klöße à la Klose, Spaghetti mit Ball-Hack oder Schnitzel in Lahmsoße.
4. Schon gewusst? Es gibt speziellen Multivitaminsaft für Nager. Und der ist nicht billig: Literpreis 18 Euro. Zuchtmäuse hingegen – also genau jene Tiere, die solche Multivitaminsäfte für Nager wahrscheinlich wegsüffeln wie Gerhard Mayer-Vorfelder zwei Bocksbeutel Grauburgunder – kriegt man schon ab 15 Cent. Eine fremde und seltsame Welt.
Alle bisherigen Fundstücke des Tages:
1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13,
14, 15, 16, 17, 18, 19, Oh, my Google!
22 Juni 2006
Droste gegen Zaimoglu und umgekehrt
(Foto: hr)
Am 16. Juni erschien in der taz ein Artikel („Ohne Fahne niemals nicht”) des Satirikers Wiglaf Droste, in dem er gegen „den deutschen Türken“ wettert, der zur WM „schwarzrotsenfige“ Fahnen schwenke.
Ich entdeckte den Text online und las ihn mit der üblichen Mischung aus Fassungslosigkeit und Genuss. Mit Droste muss man beileibe nicht immer konform gehen, aber eine gallige Schreibe hat der Mann – meine Herrn! Sein Geätze gegen den kulturellen, sozialen und politischen Mainstream gönne ich mir seit Jahren, und eins ist mir inzwischen klar geworden: Wir müssen uns Wiglaf Droste als unglücklichen Menschen vorstellen.
Aber darum geht es hier ja nicht. Sondern darum: Der erwähnte taz-Artikel über „den deutschen Türken“ verschwand plötzlich am Nachmittag des 16. Juni auf Nimmerwiedersehen aus der Online-Ausgabe. Da ich nur den Link gesichert hatte, nicht aber den Text, mailte ich die taz an und bat um Aufklärung. Dort gab man sich sehr, sehr schmallippig. Zum Glück fand ich den Artikel in einem Forum wieder, wo er seither heiß diskutiert wird.
Heute nun, sechs Tage später, druckte die taz eine Gegendarstellung des Schriftstellers Feridun Zaimoglu, und die Sache wird plötzlich glasklar: Droste nämlich hatte Zaimoglu in einem hingerotzten Nebensatz des besagten Artikels als „blasierten Buchabschreiber“ niedergemacht (-> Hintergrund); und offenbar erwirkte der daraufhin die Entfernung des Textes aus dem Web.
Interessanterweise veröffentlichte Droste in seinem Blog am Nachmittag des 16. Juni – wahrscheinlich sofort nach Entfernung des Artikels auf der taz-Seite – eine veränderte Fassung des Textes. Darin verschärft er noch den Ton (oder die taz hatte ihn zuvor entschärft) und bezeichnet Zaimoglu nun als „schmierigen Buchabschreiber“.
Dadurch erhält der Text nun sogar einen latent rassistischen Unterton, was Droste sich unbedingt verkneifen sollte. Sein Blog-Eintrag jedenfalls ist noch immer online. Mal schauen, wann Zaimoglu es schafft, auch den aus dem Netz zu kicken. Die Uhr läuft.
Am 16. Juni erschien in der taz ein Artikel („Ohne Fahne niemals nicht”) des Satirikers Wiglaf Droste, in dem er gegen „den deutschen Türken“ wettert, der zur WM „schwarzrotsenfige“ Fahnen schwenke.
Ich entdeckte den Text online und las ihn mit der üblichen Mischung aus Fassungslosigkeit und Genuss. Mit Droste muss man beileibe nicht immer konform gehen, aber eine gallige Schreibe hat der Mann – meine Herrn! Sein Geätze gegen den kulturellen, sozialen und politischen Mainstream gönne ich mir seit Jahren, und eins ist mir inzwischen klar geworden: Wir müssen uns Wiglaf Droste als unglücklichen Menschen vorstellen.
Aber darum geht es hier ja nicht. Sondern darum: Der erwähnte taz-Artikel über „den deutschen Türken“ verschwand plötzlich am Nachmittag des 16. Juni auf Nimmerwiedersehen aus der Online-Ausgabe. Da ich nur den Link gesichert hatte, nicht aber den Text, mailte ich die taz an und bat um Aufklärung. Dort gab man sich sehr, sehr schmallippig. Zum Glück fand ich den Artikel in einem Forum wieder, wo er seither heiß diskutiert wird.
Heute nun, sechs Tage später, druckte die taz eine Gegendarstellung des Schriftstellers Feridun Zaimoglu, und die Sache wird plötzlich glasklar: Droste nämlich hatte Zaimoglu in einem hingerotzten Nebensatz des besagten Artikels als „blasierten Buchabschreiber“ niedergemacht (-> Hintergrund); und offenbar erwirkte der daraufhin die Entfernung des Textes aus dem Web.
Interessanterweise veröffentlichte Droste in seinem Blog am Nachmittag des 16. Juni – wahrscheinlich sofort nach Entfernung des Artikels auf der taz-Seite – eine veränderte Fassung des Textes. Darin verschärft er noch den Ton (oder die taz hatte ihn zuvor entschärft) und bezeichnet Zaimoglu nun als „schmierigen Buchabschreiber“.
Dadurch erhält der Text nun sogar einen latent rassistischen Unterton, was Droste sich unbedingt verkneifen sollte. Sein Blog-Eintrag jedenfalls ist noch immer online. Mal schauen, wann Zaimoglu es schafft, auch den aus dem Netz zu kicken. Die Uhr läuft.
Zum Körzen!
(Illustr.: Uni Münster)
Statt der BILD-Zeitung lese ich täglich das BILDblog. Zugegeben, damit überlasse ich verdienten Kollegen wie Stefan Niggemeier die Drecksarbeit. Aber diese Methode schützt mich auch vor gesundheitsgefährdenden Sätzen. So stoße ich nämlich nur ab und zu auf Ekliges von BILD-Mann NorbertKotzdörfer Körzdörfer.
Nun war es allerdings mal wieder soweit: Das BILDblog servierte mir eine besonders vomitive Körzdörferei. Direkt vor der WM hatte der Wortauswürger nämlich in BILD noch mal kräftig an der Patriotismusschraube gedreht, und zwar mit Ausrufen wie: „Ja zu Deutschland! Ja zu deutschem Bier! Ja zur deutschen Hymne!“
Das könnte man natürlich einfach alles als strunzdumm und simpelstgestrickt abtun, doch ein Satz aus Körzdörfers Parolenparade überschritt meine Ekelgrenze doch erheblich: „Ja zur deutschen Frau, die lächelnd zuschaut!“ – und zwar den deutschen Männern, die in den Fußballkampf ziehen.
Tja, und jetzt sitze ich hier mit diesem Satz und kann nicht anders, als an die Rhetorik eines deutschen Ministers zu denken und sein Gesabbel von der „deutschen Frau“, die „einspringt, um Männer für die Front frei zu machen“.
Aber das geht wahrscheinlich nur mir so.
Ex cathedra: Die Top 3 der Polit- und Parolensongs
1. „Woman is the nigger of the world“ von John Lennon
2. „Fight the power“ von Public Enemy
3. „Nazi punks fuck off“ von Dead Kennedys
Statt der BILD-Zeitung lese ich täglich das BILDblog. Zugegeben, damit überlasse ich verdienten Kollegen wie Stefan Niggemeier die Drecksarbeit. Aber diese Methode schützt mich auch vor gesundheitsgefährdenden Sätzen. So stoße ich nämlich nur ab und zu auf Ekliges von BILD-Mann Norbert
Nun war es allerdings mal wieder soweit: Das BILDblog servierte mir eine besonders vomitive Körzdörferei. Direkt vor der WM hatte der Wortauswürger nämlich in BILD noch mal kräftig an der Patriotismusschraube gedreht, und zwar mit Ausrufen wie: „Ja zu Deutschland! Ja zu deutschem Bier! Ja zur deutschen Hymne!“
Das könnte man natürlich einfach alles als strunzdumm und simpelstgestrickt abtun, doch ein Satz aus Körzdörfers Parolenparade überschritt meine Ekelgrenze doch erheblich: „Ja zur deutschen Frau, die lächelnd zuschaut!“ – und zwar den deutschen Männern, die in den Fußballkampf ziehen.
Tja, und jetzt sitze ich hier mit diesem Satz und kann nicht anders, als an die Rhetorik eines deutschen Ministers zu denken und sein Gesabbel von der „deutschen Frau“, die „einspringt, um Männer für die Front frei zu machen“.
Aber das geht wahrscheinlich nur mir so.
Ex cathedra: Die Top 3 der Polit- und Parolensongs
1. „Woman is the nigger of the world“ von John Lennon
2. „Fight the power“ von Public Enemy
3. „Nazi punks fuck off“ von Dead Kennedys
20 Juni 2006
19 Juni 2006
Im Reich der Zombieblogs
Heute wird es etwas selbstbezüglich und theoretisch, aber auch sehr spannend, versprochen. Es geht darum: Manipuliert Blogger.com möglicherweise seine Mitgliedszahlen? Einige Indizien scheinen das zumindest nahezulegen.
Wenn man sich zum Beispiel das Profil von ginehidi anschaut, stellt man fest: Es wurde angelegt im Februar 2006 und seither zweimal angeschaut. Auch das benachbarte Profil von dan06 wurde damals angelegt und zweimal aufgerufen. dan06 soll sogar ein Blog haben („danscrew“), aber das ist nicht online. Interessant genug, um ein wenig weiter zu recherchieren. Immerhin suggeriert die achtstellige Zahl am Ende jeder Blogger-URL ja eine hohe Millionenzahl an registrierten Blogs. Doch wo sind die denn alle?
Also habe ich mal wahllos im Heuhaufen herumgestochert und es u. a. mit der sehr viel höheren Zahl 18472123 als URL-Abschluss probiert. Ergebnis: eine julia, wieder angelegt im Februar 2006, angeblich 8 Profilansichten, aber kein Blog. In anderen Ecken – bspw. um die 13.000.000 – sieht es genauso aus. Diesmal sind offenbar im September 2005 massenhaft Namen angelegt worden, z. B. adrikosa. Angeblich 4 Profilaufrufe, kein Blog.
Weitere Stichproben – auch in niedrigen Regionen – ergeben praktisch immer das gleiche Bild: Karteileichen, Dummys, fiktive Blogs ohne Ende; ein echtes ist so selten wie ein Bär im Bayrischen Wald. Es scheint beinah so, als hätte ein Bot hunderttausende (oder gar Millionen?) von Pseudoprofilen angelegt.
Aber könnte es denn wirklich sein, dass der Google-eigene Anbieter Blogger.com im weltweiten Kampf ums boomende Gewerbe exorbitante Mitgliedszahlen vortäuscht? Und warum – um als Marktführer wahrgenommen zu werden? Immerhin geht es ja auch um Werbeeinnahmen.
Wenn jemand eine andere – profanere – Erklärung für das Phänomen der untoten Blogs bei Blogger.com hat: Ich bin sehr gespannt. Denn vielleicht ist es ja wirklich so, dass gefühlte 95 Prozent der Blogger schon nach kurzer Zeit wieder alles stehen und liegen lassen, ohne ihr Blog jemals zu löschen. Das spräche aber auch nicht für die Strahlkraft des Anbieters, wie ich finde. Zumal die üblichen Profilelemente wie Foto (im Bild: meins), Lieblingsfilme usw. ja noch nachzulesen sein müssten. Doch bei all den oben aufgeführten Stichproben fand sich nichts dergleichen; all diese Blogger scheinen kulturelle Banausen zu sein.
Sehr komische Geschichte, nicht wahr? Vielleicht liege ich aber auch völlig falsch, ähnlich wie der durchgeknallte Verschwörungstheoretiker im Film „23“. Also: plausible Theorien erwünscht. Sonst kann ich nicht mehr ruhig schlafen …
Wenn man sich zum Beispiel das Profil von ginehidi anschaut, stellt man fest: Es wurde angelegt im Februar 2006 und seither zweimal angeschaut. Auch das benachbarte Profil von dan06 wurde damals angelegt und zweimal aufgerufen. dan06 soll sogar ein Blog haben („danscrew“), aber das ist nicht online. Interessant genug, um ein wenig weiter zu recherchieren. Immerhin suggeriert die achtstellige Zahl am Ende jeder Blogger-URL ja eine hohe Millionenzahl an registrierten Blogs. Doch wo sind die denn alle?
Also habe ich mal wahllos im Heuhaufen herumgestochert und es u. a. mit der sehr viel höheren Zahl 18472123 als URL-Abschluss probiert. Ergebnis: eine julia, wieder angelegt im Februar 2006, angeblich 8 Profilansichten, aber kein Blog. In anderen Ecken – bspw. um die 13.000.000 – sieht es genauso aus. Diesmal sind offenbar im September 2005 massenhaft Namen angelegt worden, z. B. adrikosa. Angeblich 4 Profilaufrufe, kein Blog.
Weitere Stichproben – auch in niedrigen Regionen – ergeben praktisch immer das gleiche Bild: Karteileichen, Dummys, fiktive Blogs ohne Ende; ein echtes ist so selten wie ein Bär im Bayrischen Wald. Es scheint beinah so, als hätte ein Bot hunderttausende (oder gar Millionen?) von Pseudoprofilen angelegt.
Aber könnte es denn wirklich sein, dass der Google-eigene Anbieter Blogger.com im weltweiten Kampf ums boomende Gewerbe exorbitante Mitgliedszahlen vortäuscht? Und warum – um als Marktführer wahrgenommen zu werden? Immerhin geht es ja auch um Werbeeinnahmen.
Wenn jemand eine andere – profanere – Erklärung für das Phänomen der untoten Blogs bei Blogger.com hat: Ich bin sehr gespannt. Denn vielleicht ist es ja wirklich so, dass gefühlte 95 Prozent der Blogger schon nach kurzer Zeit wieder alles stehen und liegen lassen, ohne ihr Blog jemals zu löschen. Das spräche aber auch nicht für die Strahlkraft des Anbieters, wie ich finde. Zumal die üblichen Profilelemente wie Foto (im Bild: meins), Lieblingsfilme usw. ja noch nachzulesen sein müssten. Doch bei all den oben aufgeführten Stichproben fand sich nichts dergleichen; all diese Blogger scheinen kulturelle Banausen zu sein.
Sehr komische Geschichte, nicht wahr? Vielleicht liege ich aber auch völlig falsch, ähnlich wie der durchgeknallte Verschwörungstheoretiker im Film „23“. Also: plausible Theorien erwünscht. Sonst kann ich nicht mehr ruhig schlafen …
Meine trindidadischundtobagoische Freundin
Allmählich wird es wirklich zur Groteske. Seit Frankreich 1998 Fußballweltmeister wurde, haben die Blauen kein einziges WM-Spiel mehr gewonnen. Wenn sie jetzt nicht Togo weghauen – oh je … Schuld sind die Südkoreaner, die Zidane & Co. ein 1:1 abtrotzten und jetzt bessere Chancen als die Franzosen haben, die nächste K.O.-Runde zu erreichen.
Sollten die quirligen Asiaten wirklich ins Achtelfinale einziehen, werden sieben von ihnen nicht nur eine Siegprämie bekommen, sondern auch vom Wehrdienst freigestellt. Zu Südkorea zu halten, kommt also einem pazifistischen Akt gleich, denn ihr Weiterkommen senkte ja logischerweise die globale Kriegsgefahr. Für Schlachten braucht's nun mal Soldaten, und je weniger es davon gibt, desto schwieriger wird es, ein Gemetzel anzuzetteln. Null Soldaten, null Kriege – so simpel ist die Welt. Sieben Südkoreaner weniger sind schon mal ein Anfang. Also: Daumen drücken gegen die Schweiz!
Bei den eben genannten Ländern ist es übrigens einfach, ihre Einwohner zu bezeichnen: Franzosen, Südkoreaner (Foto: Spiegel online), Schweizer. Aber wie ist es mit Trinidad und Tobago? Ganz knifflige Sache, der die Dudenredaktion in ihrem aktuellen Newsletter ein interessantes Kapitel widmet. Ghana geht ja noch („Ghanaer“), ebenso wie Costa-Ricaner. Aber Togo?
Da dachte man immer, mit „Togolese“ korrekt unterwegs zu sein, und muss sich nun belehren lassen: Amtlich heißt es anders, nämlich Togoer. Und Menschen von der Elfenbeinküste heißen nicht etwa „Elfen“, „Elfenbeinküstler“ oder gar „Elfenbeiner“, sondern: Ivorer.
Bei der Ländernamenblähung Serbien und Montenegro stellt sich das Problem jetzt eh nicht mehr, aber wie ist es denn nun mit Trinidad und Tobago – „Trinidader und Tobagoer“? Darf ich vorstellen: meine trindidadischundtobagoische Freundin? Knirsch. Nein: Der Duden erlaubt hier nur die Umschreibung. Man muss also sagen: „Einwohner von Trinidad und Tobago“. Langweilig, aber korrekt.
Ach ja: Sollten sich die Togoer von den Franzosen doch nicht weghauen lassen, wird es ihnen übrigens quietschegal sein, ob wir sie weiter Togolesen nennen oder nicht. Und die Blauen werden wieder mal mit Häme leben müssen – adieu, les bloed …
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs mit Einwohnerbezeichnungen
1. „An englishman in New York“ von Sting
2. „Young americans“ von David Bowie
3. „Zorba the greek“ von Mikis Theodorakis
Sollten die quirligen Asiaten wirklich ins Achtelfinale einziehen, werden sieben von ihnen nicht nur eine Siegprämie bekommen, sondern auch vom Wehrdienst freigestellt. Zu Südkorea zu halten, kommt also einem pazifistischen Akt gleich, denn ihr Weiterkommen senkte ja logischerweise die globale Kriegsgefahr. Für Schlachten braucht's nun mal Soldaten, und je weniger es davon gibt, desto schwieriger wird es, ein Gemetzel anzuzetteln. Null Soldaten, null Kriege – so simpel ist die Welt. Sieben Südkoreaner weniger sind schon mal ein Anfang. Also: Daumen drücken gegen die Schweiz!
Bei den eben genannten Ländern ist es übrigens einfach, ihre Einwohner zu bezeichnen: Franzosen, Südkoreaner (Foto: Spiegel online), Schweizer. Aber wie ist es mit Trinidad und Tobago? Ganz knifflige Sache, der die Dudenredaktion in ihrem aktuellen Newsletter ein interessantes Kapitel widmet. Ghana geht ja noch („Ghanaer“), ebenso wie Costa-Ricaner. Aber Togo?
Da dachte man immer, mit „Togolese“ korrekt unterwegs zu sein, und muss sich nun belehren lassen: Amtlich heißt es anders, nämlich Togoer. Und Menschen von der Elfenbeinküste heißen nicht etwa „Elfen“, „Elfenbeinküstler“ oder gar „Elfenbeiner“, sondern: Ivorer.
Bei der Ländernamenblähung Serbien und Montenegro stellt sich das Problem jetzt eh nicht mehr, aber wie ist es denn nun mit Trinidad und Tobago – „Trinidader und Tobagoer“? Darf ich vorstellen: meine trindidadischundtobagoische Freundin? Knirsch. Nein: Der Duden erlaubt hier nur die Umschreibung. Man muss also sagen: „Einwohner von Trinidad und Tobago“. Langweilig, aber korrekt.
Ach ja: Sollten sich die Togoer von den Franzosen doch nicht weghauen lassen, wird es ihnen übrigens quietschegal sein, ob wir sie weiter Togolesen nennen oder nicht. Und die Blauen werden wieder mal mit Häme leben müssen – adieu, les bloed …
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs mit Einwohnerbezeichnungen
1. „An englishman in New York“ von Sting
2. „Young americans“ von David Bowie
3. „Zorba the greek“ von Mikis Theodorakis
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