Draußen herrscht ungewöhnlicher Krach. Ein Schaben und Klirren, ein Rutschen und Reißen, ein Donnern und (metallisches) Kreischen.
Alles dabei, nur keine Stimmen. Alles passiert stumm. Also heißt es mal wieder nachschauen.
Vom Balkon aus sieht man, wie etwa ein Dutzend schwarzvermummter Gestalten in höchster Eile die dank eines Gentrifizierungsneubaus überall herumstehenden Baustellenabsperrungen mitten auf die Straße zerrt und sich dann im Laufschritt Richtung Osten dünn macht.
En passant nimmt einer der Herren die von mir gerade erst am Straßenrand drapierten beiden gelben Säcke und wirft sie auf die Fahrbahn. Im Hintergrund dazu der Sound der Stadt: Polizeisirenen.
Die Seilerstraße ist also jetzt vollgesperrt, augenblicklich kehrt paradiesische Ruhe ein (wenn man vom Hintergrundsound absieht, aber der ist ja quasi immer da, nur gerade ein bisschen intensiver, aufgeregter, vielstimmiger).
Nach ein paar genussvoll ausgekosteten Minuten der kompletten Autolosigkeit keimt gleichwohl das Bedürfnis, etwas gegen diesen Zustand dort unten tun zu müssen. Es scheint mir allmählich sehr opportun, kräftige junge Männer in der Blüte ihrer Jahre herbeizurufen, welche die Hindernisse wieder wegräumen.
Denn Straßensperren widersprechen einfach meiner Auffassung von Bewegungsfreiheit. Ausnahmen brauchen meines Erachtens schon sehr gute Argumente; die Ägypter haben zum Beispiel gerade welche. Wie auch immer: ein Anruf bei der Davidwache bringt einen Herrn Friese an den Apparat, der atemlos wirkt, obwohl er doch nur Telefondienst hat.
Ich schildere ihm die Fakten. Seilerstraße, schwarzvermummte Gestalten, eigenmächtige Vollsperrung. Herr Friese bedankt sich seufzend, und nur wenige Minuten später tauchen sie auf, die kräftigen jungen Männer in der Blüte ihrer Jahre.
In meinem kleinen Film sehen wir, wie sie dem Aufräumen der Seilerstraße mit jener stillen Verachtung nachgehen, die man nur Tätigkeiten entgegenbringt, für die man sich überqualifiziert fühlt.
Das tun sie unter ähnlicher Krachentwicklung wie ihre Pendants, die Schwarzvermummten, und auch ähnlich wortlos. Wenn man es genau nimmt, gäbe es von hier oben kaum Unterscheidungskriterien, nur die Helme, die im Licht der Straßenlampen gelblich glänzen.
Meine Sympathien jedenfalls sind klar verteilt. Sie können einfach keinen Menschen gehören, die meine gelben Säcke auf die Straße werfen.