29 April 2008

Am Ende Wohlweh

Wir treiben ein wenig Sport an der Nordseeküste. Der Sport muss sein, denn die Krankenkasse sponsert die Reise beträchtlich, und wenn wir schwänzten, ginge der Zuschuss flöten.

Die Reise begann im Intercity. Wir fanden vor: einen leeren Wagen ohne reservierte Plätze – der feuchte Traum eines jeden Bahnkunden. Wir sicherten uns den Tisch mit Stromanschluss für den Laptop. Besser konnte es nicht laufen.

So blieb es auch selige zehn Minuten lang – bis die Schulklasse einfiel. Es handelte sich um ungefähr 30 Drittklässler, die von ihren Betreuerinnen längst aufgegeben worden waren. Zumindest fiel keine der drei hilflosen Lehrkräfte den hinfort über Sitze, Lehnen und meine Beine marodierenden Horden in die Arme.

An Lesen war nicht zu denken, und die Kopfhörerlautstärke, die nötig war, um die infernalischen Kreischkids zu übertönen, werden wir wahrscheinlich mit Tinnitus nicht unter drei Jahren bezahlen.

Leider wollte die minderjährige Terrortruppe dorthin, wo auch wir hin wollten. Das wurde drei schwere Stunden später klar. Selbst mein Besuch auf der Toilette, wohin es mich u. a. wegen der Hoffnung auf Kontemplation verschlagen hatte, wurde beeinträchtigt: Als ich die Tür öffnete, fielen mir mehrere Steppkes entgegen, und was taten sie dabei? KREISCHEN.

Wir erreichten die Nordsee urlaubsreif. Doch seit der ersten Nordic-Walking-Einheit durch die Dünen sind wir wieder fit. Dann deklarierte unsere Kursleiterin Linde (wie Eiche, Buche etc.) den leichten Schmerz beim Dehnen auch noch als „Wohlweh“, und seit diesem entzückenden Neologismus ist alles wieder bestens, auch mental.

14 Kommentare:

  1. Herr Matt,

    sind diese Kinder dann wenigstens an der Küste nach Übersee verschifft worden ?

    In solch einem Zug habe ich auch einmal gesessen - von Schleswig nach Hamburg. Gegen Mittag, Schulschluß.
    Kindergeschrei ist Zukunftsmusik - so viel Zukunft fand ich dann doch mehr als genug. Nerv.
    "Wohlweh" und "Entspannungsschmerz" - diese Geschwister aus der Wellnesswelt.
    So wohl und entspannt möge mir auch einmal sein, daß ich das nur noch mit sanften Betäubungsmitteln aushalten mag.
    Oh ja.
    ;-)

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  2. Lieber Herr Matt,

    es ist nicht so, dass ich Ihnen Sport an der Nordseeküste nicht gönne - ganz im Gegenteil.

    Aber wenn ich Worte wie "Krankenkasse", "Zuschuss" und "..ginge...flöten..." in diesem Zusammenhang lese, werde ich hektisch - zumindestens mental.

    Habe ich Sie bisher doch als weitgehend gesunden, fair bezahlten "Nachbarn" eingeschätzt. Ich will das an dieser Stelle nicht vertiefen, aber sind Sie dringend angewiesen auf Transferleistungen dieser Art...? Und nebenbei noch Kinder nervig finden?

    Vielleicht war mein heutiger Tag auch einfach nur scheiße und ich beneide Sie insgeheim, aber irgendwie schwingen da komische Gedanken bei mir mit.

    PS: seien Sie wenigstens nachsichtiger mit Kindern - sie sind immer nur das Produkt ihrer Eltern.

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  3. Dringend darauf angewiesen, Herr Elbkind, ist wohl nur der, der sich das Internet nicht leisten und somit diesen Beitrag nicht lesen kann ...

    Aber wenn man meine Gesundheitsvorsorge fördern möchte, damit die Chance gemindert wird, dass ich irgendwann dem System (also auch Ihnen) verfrüht auf der Tasche liege, dann ist dagegen doch wohl nichts zu sagen.

    Und natürlich hindert mich ein bezuschusstes Unterwegssein keineswegs daran, gegen Plärrhälse zu wettern. Wenn es Ihnen behagt, dass ich das auf die Eltern erweitere: gerne, kein Problem, das kriegen wir hin.

    Olaf, bisher sind mir die Bälger hier nicht mehr über den Weg gelaufen, selbst am Strand nicht. Vielleicht gibt es also wirklich die Chance auf eine bereits erfolgte Überseeverschiffung.

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  4. Nordseeurlaub? Welche Kasse?

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  5. moinmoin

    tja matt - man kann halt nicht immer alles haben! ;)

    die bälger nenne ich übrigens gern und oft wänster.

    obwohl oder gerade weil ich vater zweier solcher nervensägen bin kann ich dein leid nachfühlen. aber ohne kinder wärs erst richtig scheiße - kannste glauben.

    blondyonly

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  6. Da fällt mir auf, daß diese gelbweiße Plastikboje im Dialog mit Sand und Wattwurm, Schlick und Seetang bisher überhaupt noch nicht gewürdigt worden ist.
    Bestimmt rankt sich darum eine spannende Piratengeschichte.
    Herr Matt, wie geht die ?
    (Gerade ertönt massives LaLüLaLü im Hintergrund - der erste Mai 2008 wird eingeläutet. Es ist 20:26 watch.)

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  7. Ihre Computeruhr geht richtig.

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  8. Alle Jahre wieder, Herr Olaf.
    Als bei Ihnen LaLüLaLü durch die Gassen trötete, rotteten
    sich verprügelnswürdige schwäbische Jugendliche
    zusammen um den immer gleichen Einsatzplan zu besprechen.
    Das Ergebnis habe ich gerade von Zäunen und Gehölzen gepfriemelt.
    12 Kilometer 400er Nassschliff halblagig aus Beständen der NVA.
    Ein Schei...auspapier mit dem sich schon durch Nachtfeuchte
    wunderbare Kasperköpfe kneten lassen.
    Das waren die Don Krawallos, aus dem Zug. Wetten daß?

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  9. Und wann sind Sie wieder zurück? Wir hätten ja heute mal beinahe einen Spontanbesuch getätigt, aber wenn Sie beide nicht da sind, ist Ihre Wohnung ja nur halb so schön ;-)

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  10. Ganz! Aus! Meinem! Herzen!
    Danke für diesen Beitrag! Witzigerweise habe ich gestern einen weniger ausführlichen, aber nicht weniger tief empfundenen Beitrag zum gleichen Thema geschrieben :))

    Neenee, nix gegen Kinder, aber bitte in gebührender Entfernung.

    Ich warte immer noch auf die Proteste der pc-Berufsgutmenschen... wo bleibt ihr denn, ihr seid immer so lustig!?

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  11. Die kommen hier eher selten vor.

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  12. OK, ich möchte dazu etwas sagen. Ich finde es, ehrlich gesagt, ziemlich schockierend, was ich hier lesen muß. Leute, die so sehr gegen lärmende Kinder hetzen, haben wohl selbst niemals auf der Straße Fußball gespielt oder sind durch fremde Vorgärten gelaufen, wenn man mal wieder Serienkiller und Gendarm gespielt hat.

    Haben Sie alle das früher nicht getan? Oder sind Sie mittlerweile so alt, daß es nur noch um Ihre Ruhe geht?

    Lassen Sie doch bitte die Kinder herumtoben, lärmen, spielen! Das ist ein völlig normaler Prozeß, das brauchen Kinder. Wenn Sie sich vielleicht sogar darüber freuen, spielende Kinder zu sehen, dann sind Sie am Ende gar nicht mehr genervt, sondern freuen sich mit jenen. Wer weiß?

    Aber Schimpfen auf Kinder ist DEEEERMAAAASSEN spießig und alt... das hätte ich Ihnen allen nicht zugetraut.

    „Nur wer ein Kind bleibt, wird erwachsen”

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  13. Habe schon die ganze Zeit gedacht: Wann rührt sich dieser notorische Gutmensch endlich?

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  14. Erst nach Aufforderung.

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