„Heute habe ich Hunger“, verkündet der Franke mittags vergnügt, obwohl das praktisch für jeden beliebigen Zeitpunkt des Tages gilt, aber mittags ganz besonders, „heute brauche ich Nachschlag!“
Also geht es zum Inder. Die Portionen dort sind reichlich, geradezu üppig, schier ausreichend. Ohne es zu thematisieren kommen wir beide zu dem Schluss: Genug ist genug. Heute ist Nachschlag nicht nötig.
Wahrscheinlich wäre er sogar schädlich für die nachmittägliche Produktivität. Denn wie man weiß, fordert der Verdauungstrakt jeweils Ressourcen an, die sich proportional zur aufgenommenen Nahrungsmenge verhalten, und all das geht auf Kosten des Gehirns. Selbst das des Franken muss sich diesem Effekt regelmäßig beugen.
Plötzlich steht der junge Mann, der uns das Essen serviert hat, wieder am Tisch. Wie aus dem Nichts. „Wolle Sie Na’hschlack?“, fragt er und strahlt dabei wie der Lottomann, der montags klingelt, um dich über den Millionengewinn zu informieren (nehme ich zumindest an).
„Iss kein Proppläm“, fährt der Bursche ermunternd fort, „können ruhig sake!“ Ich sage auch – und zwar spontan ab. Dann schaue ich den Franken an. Ich weiß genau, was jetzt in ihm vorgeht. Und ich weiß, wie das alles ausgehen wird.
„NA GUT!“, bricht die Frankenfirewall zusammen wie ein Kartenhaus im Wirbelsturm Katrina. Dann reicht er seinen auf Spülmaschinenniveau abgeleckten Teller der Bedienung, die sich hocherfreut auf den Weg macht zur Quelle des Na’hschlacks.
„Weißt du was?“, wende ich mich müde an den Franken, „weder an der sittlichen Reife noch an der moralischen Standfestigkeit, einem solchen Angebot zu widerstehen, wirst du dich jemals in deinem Leben erfreuen können.“
„Was hat das mit Sitte und Moral zu tun?“, grinst der Spross fränkischer Krume jedoch keck und nimmt mit sicherem Griff den Nachschlagteller entgegen. Die Bedienung hat ihn mit praktisch der gleichen Menge gefüllt wie beim ersten Gang.
„Ach, lass nur“, murmele ich und schaue ihm die nächsten fünf Minuten einfach nur dumpf beim Schlingen zu.