Vor allem Bücherkisten stehen draußen herum, heute sah ich zudem zwei Paar Damenschuhe sowie CDs und Handyschutzhüllen. Allerdings gibt es bisher keine Hinweise darauf, dass irgendetwas davon auch nur einen der rar gesäten Passanten interessiert. Ausnahme: eine Pappschachtel mit (natürlich noch verschlossenen) Chipstüten, die am Wochenende bei uns im Treppenhaus stand. Keine zwei Stunden später war sie leer – und das sogar ohne unsere Mithilfe. Wir sind eher chipsophob.
Eine zweite Auffälligkeit betrifft einen erheblich unappetitlicheren Sachverhalt: Überall in der Stadt tauchen plötzlich Hotspots eingetrockneter Vogelkacke auf. Beide, Mensch und Tier, scheinen in der Not also auszumisten. Das Guanophänomen läuft allerdings aufs Merkwürdigste einer hier in Hamburg gerade breit diskutierten Entwicklung zuwider, nämlich der unter den Tauben grassierenden Hungersnot.
Seit die vom Lockdown zum Konsumverzicht verdonnerten Menschen mangels Gelegenheit weniger Müll unsachgemäß entsorgen, müssen die armen Vögel darben. Wie sie es aber schaffen, im Gegenzug die Produktion von Exkrementen mächtig anzukurbeln, dürfen uns gern die Ornithologen erklären. Oder noch besser die Physiker, denen dieser aufregende Fall eines taubeninduzierten Perpetuum mobile – man steckt oben weniger rein, bekommt hinten aber mehr raus – sicherlich viel zu forschen aufgibt. Vielleicht liefern uns diese seltsamen Vögel damit sogar die Lösung aller künftigen Energieprobleme?
Die heute Nachmittag auf dem Heiligengeistfeld herumstaksenden Tauben schien das Dramatische ihrer Situation indes kaum zu kümmern. Es wurde fröhlich herumgebalzt, man umtänzelte und bestieg sich munter; ja, diese vögelnden Vögel taten ganz so, als gäbe es doch ein Morgen. Ein tröstlicher Gedanke, der augenblicklich meinen Tag erhellte.