
Eine sogenannte CC-Karte berechtigt in Hamburg zur Nutzung aller öffentlichen Verkehrsmittel innerhalb des gewählten Bereichs, nur weder vor 9 noch zwischen 16 und 18 Uhr.
So eine CC-Karte habe ich im Abonnement. Allerdings bleibt sie meist ungenutzt, da ich praktisch das ganze Jahr über Fahrrad fahre. Nur vor Regen schrecke ich zurück. Und vor Glatteis.
Wenn ich also mal wetterbedingt ohne Fahrrad unterwegs bin und um 17 Uhr das Büro verlasse, müsste ich eigentlich Bahn oder Bus in Anspruch nehmen; allerdings befinde ich mich dann mitten in der Tabuzeit.
Der Kauf einer Kurzstreckenkarte für 1,30 enthöbe mich dieses Problems, doch davor scheue ich zurück, da mein Monatsabo bereits bezahlt ist, aber dank meiner Fahrradphilie sowieso viel zu selten genutzt wird. Ein Dilemma, geboren aus Relikten einer protestantisch-askestischen Erziehung und selbsterworbenem Geiz.
Neulich verfiel ich auf den Gedanken, die Stunde, die meine CC-Karte nach Feierabend noch ausgesetzt ist, bei ein, zwei Bier im Aurel abzubummeln, um so den Kauf der Kurzstreckenkarte zu vermeiden. Eine Kosten-Nutzen-Abwägung beider Varianten ergab allerdings eine insgesamt betrübliche Gesamtbilanz.
Wenn es richtig schüttet, kaufe ich also meist die elende Kurzstreckenkarte. Gestern nun war ich morgens mit dem Fahrrad ins Büro gefahren, musste nachmittags aber feststellen, dass Hamburg inzwischen zu einem komplett radeluntauglichen Wintermärchen verkommen war, mit Glatteis, verunglückten Autos, unästhetisch herumeiernden Taumlern und allem Drum und Dran.
Kein Fahrradwetter, oh nein! Also schob ich das Gefährt zum Bahnhof Altona, löste eine blödsinnige Kurzstreckenkarte und fuhr nach Hause. Am Ausgang des Bahnhofs Reeperbahn stoppte mich eine Phalanx blauuniformierter HVV-Männer.
Ich zeigte müde meine Kurzstreckenkarte vor und begehrte Durchlass, als einer von ihnen sagte: „Wir haben ein Problem: das Fahrrad.“
In Sekundenbruchteilen ersetzte mein Lymphsystem das kursierende Feierabenddopamin komplett durch eine volle Dröhnung Adrenalin – denn der Mann hatte verdammt recht: In der CC-Tabuzeit darf man auf gar keinen Fall Fahrräder mit in die Bahn nehmen.
Ausladende Drilliingskinderwagen mit 48 Reifen, Anhängerkupplung und aufgepflanztem Baukran: jederzeit erlaubt. Aber keine Fahrräder. Lebensgefahr durch Glatteis reicht aus blauuniformierter Sicht als Entschuldigung nicht aus, denn ich hätte das Rad ja auch in Altona anketten können.
Knurrend überreichte ich dem fein lächelnden Kontrolleur den verlangten 10-Euro-Schein. „Wenn es Sie tröstet“, sagte er, „das ist eine unserer niedrigsten Strafgebühren überhaupt.“
Komischerweise tat es das wirklich. Ich schlitterte nach Hause mit dem recht beschwingten Gefühl, ein Schnäppchen gemacht zu haben.
Versteh einer die Kapriolen der Körperchemie.






















