Er ist höchstens 20, seine Augen wurden zu kleinen Schlitzen im Lauf der Samstagnacht, seine Lippen sind wie aufgespritzt.
Doch das Auffälligste an ihm ist sein Stahlhelm.
Vielleicht ist es ein Relikt der Wehrmacht, vielleicht auch ein Bundeswehrhelm, damit kenne ich mich nicht aus. Jedenfalls trägt er ihn ohne jede Scham. Denn das, was er seinen Begleitern – einem dicken Irokesenpunk und einem hageren Graubart mit einem Sechserpack Adelskroner – zu sagen hat, das sagt er auch dem Rest der Pennykundschaft, so laut bricht das alles aus ihm heraus.
Es geht um seinen Finger. Der blutet nämlich, und den hält er jetzt dem Kassierer eine Spur zu dicht vor die Nase. „Bei euch liegen Glasscherben im Regal!“, blafft der Stahlhelm, „was sagsten dazu? Warum liegen bei euch Glasscherben im Regal, hä?“
Er ruft es mit einer Mischung aus Empörung und Genuss, irgendwie freut er sich über den Zwischenfall und das Blut, das in einer dünnen Rinne an seinem Handgelenk hinunterläuft und im Ärmel verschwindet.
„Ich verklag euch!“, ruft er, „in Amerika ginge das!“
Der Kassierer bleibt ungerührt, er beobachtet lieber den Irokesen, der ihm gerade 1,83 Euro in kleinstmöglichen Münzen vorzählt und zweimal von vorne anfangen muss. „Wir sind aber nicht in Amerika“, murmelt er dann doch, ohne den Stahlhelm anzuschauen.
„Die haben Glasscherben im Regal!“, triumphiert der dicklippige Helmträger lautstark und beschreibt mit seinem hochgereckten Arm einen Halbkreis für uns, das Publikum, damit wir auch alle seinen blutenden Finger sehen können.
„Nu lass man“, sagt leise der Hagere mit dem Bier, und das wirkt. Alle drei trollen sich nach draußen, und als ich kurz darauf ebenfalls die Reeperbahn betrete, spielt der blutende Finger längst keine Rolle mehr.
Dafür hat das Adelskroner stark an Bedeutung gewonnen.
„3000 Plattenkritiken“ | „Die Frankensaga – Vollfettstufe“ | RSS-Feed | In memoriam | mattwagner {at} web.de |
27 Januar 2008
Meine erste Sendung
Kirschenlogik bei Edeka
Im Zuge der skurrilen Zigarrettenaffäre um unseren Hamburger Altkanzler fiel mir heute etwas ganz Erstaunliches auf: Ab 1974 hieß das deutsche Kanzlerpaar fast ein Vierteljahrhundert lang immer Helmut und Hannelore.
Den Rucksackhippie, der mir nachmittags am Schulterblatt (Foto) chemisch bedingt vors Fahrrad taumelte, hätte diese verblüffende und öffentlich überhaupt noch nicht diskutierte Erkenntnis aber bestimmt keinen Deut interessiert, selbst wenn ich sie ihm erläutert hätte.
Er reckte die Faust und brüllte der Roten Flora entgegen: „Es lebe die anarchosyndikalistische Republik Deutschland!“ Ich umkurvte ihn mühsam, was er nicht mal merkte, so konzentriert widmete er sich seinem Taumeln, Brüllen und Fäusteln.
Schon morgens war ich bei Edeka einer skurrilen Person begegnet. Sie war vor mir an der Kasse, eine kleine Knuddelkugel südländischer Herkunft, vielleicht 50, aber geschminkt auf zehn Jahre jünger. Und überrascht vom immensen Kirschenpreis: acht Euro das Kilo.
Die nicht gerade saisonalen Früchte kamen nämlich aus Chile. „Wann ik stärbe“, idealisierte sie ihre Fehlentscheidung, „dann die acht E’uro bleibe hiä. Abä Kirschä nämme ik mit – sin in meine Bauch, wenn ik stärbe!“
Eine bestechende Logik, die ich mit einem anerkennenden Lächeln belohnte. Und das half ihr auch sichtlich über die Acht-Euro-Kirschen hinweg.
Den Rucksackhippie, der mir nachmittags am Schulterblatt (Foto) chemisch bedingt vors Fahrrad taumelte, hätte diese verblüffende und öffentlich überhaupt noch nicht diskutierte Erkenntnis aber bestimmt keinen Deut interessiert, selbst wenn ich sie ihm erläutert hätte.
Er reckte die Faust und brüllte der Roten Flora entgegen: „Es lebe die anarchosyndikalistische Republik Deutschland!“ Ich umkurvte ihn mühsam, was er nicht mal merkte, so konzentriert widmete er sich seinem Taumeln, Brüllen und Fäusteln.
Schon morgens war ich bei Edeka einer skurrilen Person begegnet. Sie war vor mir an der Kasse, eine kleine Knuddelkugel südländischer Herkunft, vielleicht 50, aber geschminkt auf zehn Jahre jünger. Und überrascht vom immensen Kirschenpreis: acht Euro das Kilo.
Die nicht gerade saisonalen Früchte kamen nämlich aus Chile. „Wann ik stärbe“, idealisierte sie ihre Fehlentscheidung, „dann die acht E’uro bleibe hiä. Abä Kirschä nämme ik mit – sin in meine Bauch, wenn ik stärbe!“
Eine bestechende Logik, die ich mit einem anerkennenden Lächeln belohnte. Und das half ihr auch sichtlich über die Acht-Euro-Kirschen hinweg.
26 Januar 2008
Die Rettung des Kapitalismus auf einem Bierdeckel
Heute fiel mir übrigens ein, wie man auf einen Schlag sämtliche wirtschaftlichen Probleme unseres Landes ein für alle mal lösen könnte, inklusive Alterssicherung.
Und zwar so: Man verpflichtet einfach per Gesetz jeden Bürger, sein Einkommen komplett wieder auszugeben, Monat für Monat. Bis auf den letzten Cent.
Dafür erhält er ab dem 60. Lebensjahr eine monatliche Rente von 2000 Euro; wenn er mehr will, kann er einen Teil seines erzwungenen Komplettkonsums ja auch riestern, kein Problem.
Die Einkommenssteuer wird selbstverständlich ersatzlos abgeschafft. Dafür schießt die Mehrwertsteuer auf – sagen wir – 40 Prozent.
Die Effekte wären fantastisch: Durch die erzwungene Konsumexplosion jubelten die Unternehmen, schafften Arbeitsplätze ohne Ende, und parallel quölle der Staatshaushalt über vor lauter Mehrwertsteuer, von der natürlich neben dem ganzen Infrastrukturblabla auch die 2000 Euro Prokopfrente bezahlt werden müssten.
An den Details muss man natürlich noch feilen, aber das kann ja Friedrich Merz machen; der braucht eh ein Comeback.
So, und jetzt, nach der Rettung des Kapitalismus auf einem Bierdeckel, gehe ich schlafen.
Und zwar so: Man verpflichtet einfach per Gesetz jeden Bürger, sein Einkommen komplett wieder auszugeben, Monat für Monat. Bis auf den letzten Cent.
Dafür erhält er ab dem 60. Lebensjahr eine monatliche Rente von 2000 Euro; wenn er mehr will, kann er einen Teil seines erzwungenen Komplettkonsums ja auch riestern, kein Problem.
Die Einkommenssteuer wird selbstverständlich ersatzlos abgeschafft. Dafür schießt die Mehrwertsteuer auf – sagen wir – 40 Prozent.
Die Effekte wären fantastisch: Durch die erzwungene Konsumexplosion jubelten die Unternehmen, schafften Arbeitsplätze ohne Ende, und parallel quölle der Staatshaushalt über vor lauter Mehrwertsteuer, von der natürlich neben dem ganzen Infrastrukturblabla auch die 2000 Euro Prokopfrente bezahlt werden müssten.
An den Details muss man natürlich noch feilen, aber das kann ja Friedrich Merz machen; der braucht eh ein Comeback.
So, und jetzt, nach der Rettung des Kapitalismus auf einem Bierdeckel, gehe ich schlafen.
25 Januar 2008
Nomen est omen, aber nur zufällig
Einer wie Jérôme Kerviel, der 4,9 Milliarden Euro verschwinden ließ, sollte eigentlich nicht mittellos auf der Flucht sein, sondern wenigstens ein, zwei Milliönchen in der Tasche haben. Für schlechte Zeiten.
Es muss sich sehr merkwürdig anfühlen, jetzt, in diesem Moment, irgendwo auf der Welt klein und einsam in einer Hotelbar zu sitzen, mit Sonnenbrille auf der Nase und einem Mojito davor, und sich zu vergegenwärtigen, das fünffache Bruttoinlandsprodukt von Simbabwe in den Sand gesetzt zu haben.
Wahrscheinlich folgte Kerviel allzu bedenkenlos Will Oldhams nonchalantem Rat: „Bitte lieber um Vergebung als um Erlaubnis.“ Eine Verhaltensweise, die man aber nur dosiert einsetzen sollte – und in einer Kneipe der Hamburger Hell’s Angels schon mal gar nicht.
Der volltrunkene Volltrottel, der gestern dort hineinwankte und den Wunsch äußerte, „einmal Verbrecher zu sehen“, brachte damit die Anwesenden dazu, spätestens jetzt welche zu werden, und zwar zu seinen Ungunsten.
Trotzdem kamen er und Jerome Kerviel glimpflicher davon als der Fußballspieler Bekim Kastrati, dessen Schicksal eine lateinische Redensart aufs Bitterste zu bestätigen scheint. Scheint! Denn diese Redensart war, ist und bleibt natürlich abergläubischer Humbug.
Sonst dürfte sich ja eine wie Kerstin Schlapper-Rammelmann überhaupt nicht mehr aus dem Haus trauen.
Foto: die Zeitung mit den vier Buchstaben
Es muss sich sehr merkwürdig anfühlen, jetzt, in diesem Moment, irgendwo auf der Welt klein und einsam in einer Hotelbar zu sitzen, mit Sonnenbrille auf der Nase und einem Mojito davor, und sich zu vergegenwärtigen, das fünffache Bruttoinlandsprodukt von Simbabwe in den Sand gesetzt zu haben.
Wahrscheinlich folgte Kerviel allzu bedenkenlos Will Oldhams nonchalantem Rat: „Bitte lieber um Vergebung als um Erlaubnis.“ Eine Verhaltensweise, die man aber nur dosiert einsetzen sollte – und in einer Kneipe der Hamburger Hell’s Angels schon mal gar nicht.
Der volltrunkene Volltrottel, der gestern dort hineinwankte und den Wunsch äußerte, „einmal Verbrecher zu sehen“, brachte damit die Anwesenden dazu, spätestens jetzt welche zu werden, und zwar zu seinen Ungunsten.
Trotzdem kamen er und Jerome Kerviel glimpflicher davon als der Fußballspieler Bekim Kastrati, dessen Schicksal eine lateinische Redensart aufs Bitterste zu bestätigen scheint. Scheint! Denn diese Redensart war, ist und bleibt natürlich abergläubischer Humbug.
Sonst dürfte sich ja eine wie Kerstin Schlapper-Rammelmann überhaupt nicht mehr aus dem Haus trauen.
Foto: die Zeitung mit den vier Buchstaben
23 Januar 2008
Warum in Hessen, wo am Sonntag gewählt wird, die Todesstrafe nicht abgeschafft werden kann
Von: mattwagner
Betreff: Todesstrafe in Hessen
Datum: 13. Januar 2008 21:18 MEZ
An: Roland.Koch@******.de
Sehr geehrter Herr Koch,
laut Artikel 21 der hessischen Verfassung droht das Land bei besonders schweren Verbrechen noch immer mit der Todesstrafe. Können Sie mir sagen, ob Sie sich im Falle einer Wiederwahl für die Abschaffung einsetzen werden und wenn ja, in welchem Zeitraum?
Sofern dies nicht auf Ihrer Prioritätenliste stehen sollte, wüsste ich gerne, warum nicht.
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Wagner
Von: Roland.Koch@******.de
Betreff: Ihre Mail vom 13. Januar 2008
Datum: 23. Januar 2008 17:11:15 MEZ
An: mattwagner
Sehr geehrter Herr Wagner,
(… ) In Art. 21 Abs 1 Satz 2 der Hessischen Verfassung heißt es, dass jemand bei besonders schweren Verbrechen zum Tode verurteilt werden kann. Die Todesstrafe wird in Art. 109 Abs. 1 Satz 3 der Hessischen Verfassung ein weiteres Mal erwähnt.
Zum Verständnis dieser Regelungen der Hessischen Verfassung muss berücksichtigt werden, dass die Hessische Verfassung die erste Verfassung eines deutschen Landes war, die nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden und noch in Kraft ist. Als sie am 1. Dezember 1946 in einer Volksabstimmung angenommen wurde, war die Todesstrafe im damals geltenden Strafgesetzbuch bei besonders schweren Verbrechen noch vorgesehen. Nach dem Krieg ist sie in Deutschland in mehr als 100 Fällen auch verhängt, in Hessen allerdings nie vollstreckt worden. Erst das Grundgesetz hat sie durch seinen Art. 102 im Jahre 1949 abgeschafft. Seitdem gibt es sie auch in Hessen nicht mehr.
Da das Grundgesetz die Todesstrafe verbietet, darf kein Bundesland sie wieder einführen. Dass die Todesstrafe im Text unserer Landesverfassung noch enthalten ist, hat also keine praktische Bedeutung mehr.
Um den Wortlaut der Verfassung gleichwohl zu ändern, wäre allerdings (…) eine Volksabstimmung nötig. Nach Art. 123 erfordert eine Verfassungsänderung zunächst ein mit mehr als der Hälfte der gesetzlichen Zahl der Mitglieder des Landtags beschlossenes Gesetz, dem anschließend das Volk mit der Mehrheit der Abstimmenden zustimmt.
In diesem Fall könnte die Bevölkerung aber nur darüber abstimmen, ob die Todesstrafe weiter im Verfassungstext stehen soll, obwohl es darauf wegen des Verbots der Todesstrafe im Grundgesetz nicht ankommt. Eine solche Volksabstimmung, die sich isoliert auf die Frage der Todesstrafe bezieht, haben bisher alle politischen Parteien in Hessen nicht für sinnvoll gehalten.
Der hierfür primär zuständige hessische Gesetzgeber hat sich in der zu Ende gehenden Legislaturperiode eingehend mit der Frage des grundsätzlichen Veränderungs- und Ergänzungsbedarfs der Hessischen Verfassung beschäftigt. (…) Die angestrebte Einvernehmlichkeit für einen Gesetzentwurf zur Änderung der Hessischen Verfassung, der selbstverständlich auch die Aufhebung der Passagen zur Todesstrafe beinhalten würde, konnte jedoch nicht erzielt werden.
Der Bedeutung einer Reform der Hessischen Verfassung würde es nicht gerecht werden, wenn seitens Landesregierung durch die Einbringung eines Gesetzesentwurfs in den Hessischen Landtag eine beabsichtigte Verfassungsänderung vorgegeben würde. Es bleibt vielmehr auch in der künftigen Legislaturperiode Aufgabe aller im Hessischen Landtag vertretenen demokratischen Parteien, einen für alle Seiten tragfähigen Konsens zu finden, was aus meiner Sicht zu begrüßen wäre.
Mit freundlichen Grüßen
Roland Koch
Foto: Wikipedia
Betreff: Todesstrafe in Hessen
Datum: 13. Januar 2008 21:18 MEZ
An: Roland.Koch@******.de
Sehr geehrter Herr Koch,
laut Artikel 21 der hessischen Verfassung droht das Land bei besonders schweren Verbrechen noch immer mit der Todesstrafe. Können Sie mir sagen, ob Sie sich im Falle einer Wiederwahl für die Abschaffung einsetzen werden und wenn ja, in welchem Zeitraum?
Sofern dies nicht auf Ihrer Prioritätenliste stehen sollte, wüsste ich gerne, warum nicht.
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Wagner
Von: Roland.Koch@******.de
Betreff: Ihre Mail vom 13. Januar 2008
Datum: 23. Januar 2008 17:11:15 MEZ
An: mattwagner
Sehr geehrter Herr Wagner,
(… ) In Art. 21 Abs 1 Satz 2 der Hessischen Verfassung heißt es, dass jemand bei besonders schweren Verbrechen zum Tode verurteilt werden kann. Die Todesstrafe wird in Art. 109 Abs. 1 Satz 3 der Hessischen Verfassung ein weiteres Mal erwähnt.
Zum Verständnis dieser Regelungen der Hessischen Verfassung muss berücksichtigt werden, dass die Hessische Verfassung die erste Verfassung eines deutschen Landes war, die nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden und noch in Kraft ist. Als sie am 1. Dezember 1946 in einer Volksabstimmung angenommen wurde, war die Todesstrafe im damals geltenden Strafgesetzbuch bei besonders schweren Verbrechen noch vorgesehen. Nach dem Krieg ist sie in Deutschland in mehr als 100 Fällen auch verhängt, in Hessen allerdings nie vollstreckt worden. Erst das Grundgesetz hat sie durch seinen Art. 102 im Jahre 1949 abgeschafft. Seitdem gibt es sie auch in Hessen nicht mehr.
Da das Grundgesetz die Todesstrafe verbietet, darf kein Bundesland sie wieder einführen. Dass die Todesstrafe im Text unserer Landesverfassung noch enthalten ist, hat also keine praktische Bedeutung mehr.
Um den Wortlaut der Verfassung gleichwohl zu ändern, wäre allerdings (…) eine Volksabstimmung nötig. Nach Art. 123 erfordert eine Verfassungsänderung zunächst ein mit mehr als der Hälfte der gesetzlichen Zahl der Mitglieder des Landtags beschlossenes Gesetz, dem anschließend das Volk mit der Mehrheit der Abstimmenden zustimmt.
In diesem Fall könnte die Bevölkerung aber nur darüber abstimmen, ob die Todesstrafe weiter im Verfassungstext stehen soll, obwohl es darauf wegen des Verbots der Todesstrafe im Grundgesetz nicht ankommt. Eine solche Volksabstimmung, die sich isoliert auf die Frage der Todesstrafe bezieht, haben bisher alle politischen Parteien in Hessen nicht für sinnvoll gehalten.
Der hierfür primär zuständige hessische Gesetzgeber hat sich in der zu Ende gehenden Legislaturperiode eingehend mit der Frage des grundsätzlichen Veränderungs- und Ergänzungsbedarfs der Hessischen Verfassung beschäftigt. (…) Die angestrebte Einvernehmlichkeit für einen Gesetzentwurf zur Änderung der Hessischen Verfassung, der selbstverständlich auch die Aufhebung der Passagen zur Todesstrafe beinhalten würde, konnte jedoch nicht erzielt werden.
Der Bedeutung einer Reform der Hessischen Verfassung würde es nicht gerecht werden, wenn seitens Landesregierung durch die Einbringung eines Gesetzesentwurfs in den Hessischen Landtag eine beabsichtigte Verfassungsänderung vorgegeben würde. Es bleibt vielmehr auch in der künftigen Legislaturperiode Aufgabe aller im Hessischen Landtag vertretenen demokratischen Parteien, einen für alle Seiten tragfähigen Konsens zu finden, was aus meiner Sicht zu begrüßen wäre.
Mit freundlichen Grüßen
Roland Koch
Foto: Wikipedia
Kärtchen, wechsel dich!
Eine feine Sache, so ein Schleswig-Holstein-Ticket. Für 29 Euro fährst du durchs ganze Bundesland und kannst auch noch vier Leute mitnehmen.
Ms. Columbo und ich sind aber nur zwei. Deshalb stelle ich mich in Flensburg (Foto) an den Automaten, um die Nächstbesten gegen einen kleinen Obolus an unserer Fahrkarte zu beteiligen – eine Win-Win-Situation. Doch niemand kommt.
Dafür spricht mich auf dem Weg zum Bahnsteig ein stämmiger Mittdreißiger an und fragt, ob wir mit dem Schleswig-Holstein-Ticket nach Hamburg führen. Erfreut bestätige ich. „Ich muss bis Schleswig“, sagt er, „aber ich habe kein Geld.“
Na gut, wir nehmen ihn trotzdem an Bord. Schadet nichts, nützt aber auch nichts. Als der Schaffner kommt, reicht er uns einen Kugelschreiber und bittet um den Eintrag der Namen. So verstehe ich ihn jedenfalls und reiche die Karte samt Kuli zunächst unserem fremden Mitfahrer, der kurz verständnislos kuckt, doch dann klaglos JENS WINKLER hinschreibt, in Großbuchstaben.
Die Namen von Ms. Columbo und mir möchte der Bahnmann danach gar nicht mehr, einer reicht ihm. WINKLER ist damit binnen Sekunden vom Schnorrer zum Haupteigentümer der Karte aufgestiegen. Bei einer weiteren Kontrolle wäre er derjenige, an dem unser aller Reiseschicksal hinge, doch fährt er nur bis Schleswig.
Unterwegs greift er die Titelschlagzeile der Frankfurter Rundschau auf, die Ms. Columbo gerade liest, und sinniert darüber, ob man in der jetzigen Lage sein Vermögen nicht lieber in Gold statt in Aktien investieren solle. „Ich dachte, er hätte kein Geld“, muffelt Ms. Columbo später, nachdem WINKLER sich in Schleswig umstandslos verabschiedet hat.
Die restlichen anderthalb Stunden vergehen angespannt, doch ohne weitere Kontrolle, zum Glück. Kurz vorm Hauptbahnhof betritt ein junger Mann unser Abteil und fragt, ob wir ein Schleswig-Holstein-Ticket über hätten. Nein, das benötigten wir noch für die U-Bahn bis St. Pauli.
„Die Fahrten zahle ich Ihnen“, bietet er an, nachdem er sich vergewissert hat, dass mit „JENS WINKLER“ ein Männername auf der Karte steht. „Ich gebe Ihnen die dreizwanzig.“ Das entspricht exakt dem Betrag, den wir jetzt am Automaten zahlen müssen. Doch immerhin sind wir damit die Gefahr, die von JENS WINKLER ausgeht, endgültig los; jeder HVV-Kontrolleur hätte uns aus WINKLERs physischer Abwesenheit einen Strick drehen können.
„Aha, in Schleswig ist der Herr also ausgestiegen, hm? Und warum steht dann nicht IHR Name auf der Karte, Herr Wagner, wo Sie doch die längere Fahrt hatten, hm? Mitkommen. Personalausweise.“
Ja, so hätte es kommen können, doch so kann es jetzt nicht mehr kommen. Denn ein anderer besitzt das JENS-WINKLER-Schleswig-Holstein-Ticket, mit allen Risiken, die das bedeutet.
Statt froh und dankbar für den günstigen Ausgang der Geschichte zu sein, verspüren wir aber am Hauptbahnhof das kriminielle Bedürfnis, wenigstens eine winzige Amortisation der bisher unverändert 29 Euro gekosteten Länderkarte zu erzielen. Wir kaufen also zwei Kurzstreckentickets für 1,30 das Stück – im Wissen, dass ihre Gültigkeit nicht ganz bis nach St. Pauli reicht.
Ein Risiko von zweimal 40 Euro Strafe für einen maximalen Erlös von 60 Cent. Super Deal. Doch wahren Meistern geht es eben nicht um mathematisch messbare Beute, sondern um Ruhm und Ehre.
Und siehe da: Alles geht gut. Wir haben die Kosten fürs Schleswig-Holstein-Ticket damit von 29 auf 28,40 Euro gedrückt. Nach diesem Coup können wir demnächst auch größere Dinger drehen.
Zum Beispiel so etwas wie Rififi.
Ms. Columbo und ich sind aber nur zwei. Deshalb stelle ich mich in Flensburg (Foto) an den Automaten, um die Nächstbesten gegen einen kleinen Obolus an unserer Fahrkarte zu beteiligen – eine Win-Win-Situation. Doch niemand kommt.
Dafür spricht mich auf dem Weg zum Bahnsteig ein stämmiger Mittdreißiger an und fragt, ob wir mit dem Schleswig-Holstein-Ticket nach Hamburg führen. Erfreut bestätige ich. „Ich muss bis Schleswig“, sagt er, „aber ich habe kein Geld.“
Na gut, wir nehmen ihn trotzdem an Bord. Schadet nichts, nützt aber auch nichts. Als der Schaffner kommt, reicht er uns einen Kugelschreiber und bittet um den Eintrag der Namen. So verstehe ich ihn jedenfalls und reiche die Karte samt Kuli zunächst unserem fremden Mitfahrer, der kurz verständnislos kuckt, doch dann klaglos JENS WINKLER hinschreibt, in Großbuchstaben.
Die Namen von Ms. Columbo und mir möchte der Bahnmann danach gar nicht mehr, einer reicht ihm. WINKLER ist damit binnen Sekunden vom Schnorrer zum Haupteigentümer der Karte aufgestiegen. Bei einer weiteren Kontrolle wäre er derjenige, an dem unser aller Reiseschicksal hinge, doch fährt er nur bis Schleswig.
Unterwegs greift er die Titelschlagzeile der Frankfurter Rundschau auf, die Ms. Columbo gerade liest, und sinniert darüber, ob man in der jetzigen Lage sein Vermögen nicht lieber in Gold statt in Aktien investieren solle. „Ich dachte, er hätte kein Geld“, muffelt Ms. Columbo später, nachdem WINKLER sich in Schleswig umstandslos verabschiedet hat.
Die restlichen anderthalb Stunden vergehen angespannt, doch ohne weitere Kontrolle, zum Glück. Kurz vorm Hauptbahnhof betritt ein junger Mann unser Abteil und fragt, ob wir ein Schleswig-Holstein-Ticket über hätten. Nein, das benötigten wir noch für die U-Bahn bis St. Pauli.
„Die Fahrten zahle ich Ihnen“, bietet er an, nachdem er sich vergewissert hat, dass mit „JENS WINKLER“ ein Männername auf der Karte steht. „Ich gebe Ihnen die dreizwanzig.“ Das entspricht exakt dem Betrag, den wir jetzt am Automaten zahlen müssen. Doch immerhin sind wir damit die Gefahr, die von JENS WINKLER ausgeht, endgültig los; jeder HVV-Kontrolleur hätte uns aus WINKLERs physischer Abwesenheit einen Strick drehen können.
„Aha, in Schleswig ist der Herr also ausgestiegen, hm? Und warum steht dann nicht IHR Name auf der Karte, Herr Wagner, wo Sie doch die längere Fahrt hatten, hm? Mitkommen. Personalausweise.“
Ja, so hätte es kommen können, doch so kann es jetzt nicht mehr kommen. Denn ein anderer besitzt das JENS-WINKLER-Schleswig-Holstein-Ticket, mit allen Risiken, die das bedeutet.
Statt froh und dankbar für den günstigen Ausgang der Geschichte zu sein, verspüren wir aber am Hauptbahnhof das kriminielle Bedürfnis, wenigstens eine winzige Amortisation der bisher unverändert 29 Euro gekosteten Länderkarte zu erzielen. Wir kaufen also zwei Kurzstreckentickets für 1,30 das Stück – im Wissen, dass ihre Gültigkeit nicht ganz bis nach St. Pauli reicht.
Ein Risiko von zweimal 40 Euro Strafe für einen maximalen Erlös von 60 Cent. Super Deal. Doch wahren Meistern geht es eben nicht um mathematisch messbare Beute, sondern um Ruhm und Ehre.
Und siehe da: Alles geht gut. Wir haben die Kosten fürs Schleswig-Holstein-Ticket damit von 29 auf 28,40 Euro gedrückt. Nach diesem Coup können wir demnächst auch größere Dinger drehen.
Zum Beispiel so etwas wie Rififi.
21 Januar 2008
Unter Dänen
Die kleine dänische Bucht in Gråsten, wo wir einen Kurzurlaub verbringen, erinnert ein wenig an Bodega Bay.
Gestern morgen schrien uns die Möwen gar auf eine Art aus dem Schlaf, die jenem elektronischen Sound ähnelte, den Oskar Sala für Hitchcocks Horrorvögel am Trautonium zurechtgebastelt hatte.
Das Wetter hier ist rau, die Hütte warm, das Raclette zischt, der Grappa fließt, und Mülleimer heißen „Miljøstation“.
Was kann es Erholsameres geben?
20 Januar 2008
Marions Kochbuch revisited
In der heutigen WamS bereitet Steffen Fründt anhand meines Falles den Abmahnwahn von „Marions Kochbuch“ auf.
Damit hat die unschöne Sache endgültig die Sphäre der Mainstreammedien erreicht. Ob das für die Schädiger oder Geschädigten nützlicher ist (und wer überhaupt wer ist), ist noch nicht raus.
In meinem Fall sieht es zurzeit so aus: Statt 747 Euro habe ich nach Rücksprache mit der sehr empfehlenswerten Anwaltskanzlei Kremer nur ein gutes Drittel davon bezahlt.
Jetzt stehe ich kampfeslustig tänzelnd in meiner Ringecke.
Damit hat die unschöne Sache endgültig die Sphäre der Mainstreammedien erreicht. Ob das für die Schädiger oder Geschädigten nützlicher ist (und wer überhaupt wer ist), ist noch nicht raus.
In meinem Fall sieht es zurzeit so aus: Statt 747 Euro habe ich nach Rücksprache mit der sehr empfehlenswerten Anwaltskanzlei Kremer nur ein gutes Drittel davon bezahlt.
Jetzt stehe ich kampfeslustig tänzelnd in meiner Ringecke.
Kleine Gefechte unter Fremden
In der Kneipe schräg gegenüber der Davidwache bin ich mit GP verabredet. „Dort gibt es eine Raucherlounge“, hatte er frohlockt.
Als er den Kellner nach der genauen Lage des Raumes fragt, offeriert der allerdings sofort einen Aschenbecher. „Das ist verboten“, teste ich pflichtgemäß des Kellners Gesetzestreue. „Ja, aber bis März wird das nicht bestraft“, trägt er lächelnd Eulen nach Athen, denn natürlich weiß ich das längst. Und ich mag kleine unverhoffte, zwischen Ernst und Spott changierende Wortgefechte mit wildfremden Menschen.
Let’s roll: Ob er nicht wisse, dass dieses lachhafte Moratorium bis März nichts weiter sei als ein billiger Wahlkampftrick von Bürgermeister Ole von Beust, der keine Lust habe, bei der just Ende Februar anstehenden Landtagswahl auch noch die Stimmen der Raucher zu verlieren, aber danach umso ungerührter zuschlagen werde? Ob er, der Kellner, etwa darauf reinzufallen gedenke? Ja, ob er gar von Beust wählen wolle???
All diese Fragen knattere ich ihm fröhlich vor, und er lächelt sie lässig weg und sagt, nein, den gedenke er nicht zu wählen. „Ich werde Sie anzeigen!“, grinse ich. „Dann werde ich Sie rauswerfen!“, grinst er zurück. „Ich gehe sofort rüber zur Davidwache!“, plustere ich mich auf. So haben wir unseren Spaß.
Der Kellner holt den nächsten Chardonnay, der vollendete Gentleman GP hingegen hat inzwischen den Aschenbecher auf einem leeren Nachbartisch abgestellt und bläst den Rauch ins Irgendwo, jedenfalls weg von mir.
Wenig später beugt sich ein älterer Herr herüber. Ermuntert von GPs offensichtlich ungeahndetem Gesetzesbruch, doch noch immer sichtbar unsicher, bittet er um leihweise Überlassung des Aschenbechers. GP reicht ihn rüber.
„Tut gut, sich mal wieder so richtig illegal zu fühlen, nicht wahr?“, frage ich den Nachbarraucher gespielt komplizenhaft. „Äh, genau“, antwortet er. „Sie sind ein Revoluzzer“, ziehe ich die Schraube weiter an, „wie Che Guevara!“. Er schaut verwirrt, seine Begleiterin ebenfalls.
Kein Zweifel: Es wird höchste Zeit für den nächsten Chardonnay.
Als er den Kellner nach der genauen Lage des Raumes fragt, offeriert der allerdings sofort einen Aschenbecher. „Das ist verboten“, teste ich pflichtgemäß des Kellners Gesetzestreue. „Ja, aber bis März wird das nicht bestraft“, trägt er lächelnd Eulen nach Athen, denn natürlich weiß ich das längst. Und ich mag kleine unverhoffte, zwischen Ernst und Spott changierende Wortgefechte mit wildfremden Menschen.
Let’s roll: Ob er nicht wisse, dass dieses lachhafte Moratorium bis März nichts weiter sei als ein billiger Wahlkampftrick von Bürgermeister Ole von Beust, der keine Lust habe, bei der just Ende Februar anstehenden Landtagswahl auch noch die Stimmen der Raucher zu verlieren, aber danach umso ungerührter zuschlagen werde? Ob er, der Kellner, etwa darauf reinzufallen gedenke? Ja, ob er gar von Beust wählen wolle???
All diese Fragen knattere ich ihm fröhlich vor, und er lächelt sie lässig weg und sagt, nein, den gedenke er nicht zu wählen. „Ich werde Sie anzeigen!“, grinse ich. „Dann werde ich Sie rauswerfen!“, grinst er zurück. „Ich gehe sofort rüber zur Davidwache!“, plustere ich mich auf. So haben wir unseren Spaß.
Der Kellner holt den nächsten Chardonnay, der vollendete Gentleman GP hingegen hat inzwischen den Aschenbecher auf einem leeren Nachbartisch abgestellt und bläst den Rauch ins Irgendwo, jedenfalls weg von mir.
Wenig später beugt sich ein älterer Herr herüber. Ermuntert von GPs offensichtlich ungeahndetem Gesetzesbruch, doch noch immer sichtbar unsicher, bittet er um leihweise Überlassung des Aschenbechers. GP reicht ihn rüber.
„Tut gut, sich mal wieder so richtig illegal zu fühlen, nicht wahr?“, frage ich den Nachbarraucher gespielt komplizenhaft. „Äh, genau“, antwortet er. „Sie sind ein Revoluzzer“, ziehe ich die Schraube weiter an, „wie Che Guevara!“. Er schaut verwirrt, seine Begleiterin ebenfalls.
Kein Zweifel: Es wird höchste Zeit für den nächsten Chardonnay.
19 Januar 2008
Hinter der Heizung
Ich versuche, ein zerkrumpeltes Blatt in den Papierkorb zu werfen. Doch ich bin nicht Nowitzki, es landet hinter der Nachtspeicherheizung. Ms. Columbo zieht vorwurfsvoll die Augenbraue hoch.
Ich linse in den Spalt zwischen Wand und Heizkörper. Dort liegt das Blatt, aber auch andere Dinge. Zum Beispiel ein Block mit gelben Klebezetteln. Mir gehört er nicht.
„Du hast auch schon was hinter die Heizung geworfen“, versuche ich Gleichstand zu erzielen. „Aber nicht mit Absicht!“, kontert sie. „Habe ich doch auch nicht“, sage ich. „Na gut: Dann eben nicht aus Nachlässigkeit“, muss ich mir anhören.
„Du hattest also hehrere Motive, etwas hinter die Heizung zu werfen?“, frage ich rhetorisch. Ms. Columbo muss lachen. Eins ist jedenfalls sicher: Unabhängig von der ethisch-moralischen Situation liegen Dinge hinter der Heizung, die dort nicht hingehören. Sie zwingen mich, dort in lächerlicher Körperhaltung mit einem Schrubberstiel herumzustochern.
Manchmal ist Zivilisation durchaus ein wenig demütigend.
Ich linse in den Spalt zwischen Wand und Heizkörper. Dort liegt das Blatt, aber auch andere Dinge. Zum Beispiel ein Block mit gelben Klebezetteln. Mir gehört er nicht.
„Du hast auch schon was hinter die Heizung geworfen“, versuche ich Gleichstand zu erzielen. „Aber nicht mit Absicht!“, kontert sie. „Habe ich doch auch nicht“, sage ich. „Na gut: Dann eben nicht aus Nachlässigkeit“, muss ich mir anhören.
„Du hattest also hehrere Motive, etwas hinter die Heizung zu werfen?“, frage ich rhetorisch. Ms. Columbo muss lachen. Eins ist jedenfalls sicher: Unabhängig von der ethisch-moralischen Situation liegen Dinge hinter der Heizung, die dort nicht hingehören. Sie zwingen mich, dort in lächerlicher Körperhaltung mit einem Schrubberstiel herumzustochern.
Manchmal ist Zivilisation durchaus ein wenig demütigend.
18 Januar 2008
Ein Ort der Scham und Schande
Bereits seit Oktober 2006 haben wir theoretisch die Möglichkeit, den Mailverkehr über unseren Telefonanbieter Alice/Hansenet (Foto) abzuwickeln. Das taten wir aber nie; wir sind schließlich anderweitig gut versorgt.
Heute aber dachte ich wie aus heiterem Himmel, ich schaue mal rein und überlege, ob ich nicht vielleicht doch via Alice mailen sollte.
Noch niemals war, wie gesagt, von diesem Anschluss eine Elektropost versandt worden, nur zwei Testmails hatte ich anno 2006 hingeschickt. Praktisch niemand auf der ganzen weiten Welt und darüber hinaus kennt also diese Mailadresse.
Ich kenne sie ja selber nicht.
Umso frappierender war der Zustand, in dem sich mir heute dieses Mailfach präsentierte. Es war geflutet mit Spam. Mir flimmerten die Augen vor lauter Betreffs wie „Hello“, „Re:“, „Uqtvyujsoiqfgoiv“, „Hi“ oder „Your Account is Suspended For Security Reasons“.
Irgendwo mittendrin – auffindbar nur nach alphabetischer Sortierung – dümpelten meine zwei alten Testmails herum und piepsten ersterbend um Hilfe. Ichlöschte rettete sie und beschloss, nie mehr zurückzukehren an diesen Ort, der jungfräulich hätte sein sollen und doch einer der Scham und Schande war.
Dann ritt ich in den Sonnenuntergang.
Heute aber dachte ich wie aus heiterem Himmel, ich schaue mal rein und überlege, ob ich nicht vielleicht doch via Alice mailen sollte.
Noch niemals war, wie gesagt, von diesem Anschluss eine Elektropost versandt worden, nur zwei Testmails hatte ich anno 2006 hingeschickt. Praktisch niemand auf der ganzen weiten Welt und darüber hinaus kennt also diese Mailadresse.
Ich kenne sie ja selber nicht.
Umso frappierender war der Zustand, in dem sich mir heute dieses Mailfach präsentierte. Es war geflutet mit Spam. Mir flimmerten die Augen vor lauter Betreffs wie „Hello“, „Re:“, „Uqtvyujsoiqfgoiv“, „Hi“ oder „Your Account is Suspended For Security Reasons“.
Irgendwo mittendrin – auffindbar nur nach alphabetischer Sortierung – dümpelten meine zwei alten Testmails herum und piepsten ersterbend um Hilfe. Ich
Dann ritt ich in den Sonnenuntergang.
16 Januar 2008
Wichtige Fragen (4)
Ist es nicht sehr sarkastisch, aber auch ziemlich platt vom Schicksal, dem bisher so unfassbar unverwüstlichen Medienmogul Leo Kirch nur wenige Wochen, nachdem er sich erneut des deutschen Fußballs bemächtigte, einen Fuß zu rauben?
Dem kann der gesunde Menschenverstand doch nur mit Unverständnis begegnen.
Dem kann der gesunde Menschenverstand doch nur mit Unverständnis begegnen.
Pleiten, Pech und Bürsten (2)
Die Aufsteckbürstenaffäre geht in die letzte Runde.
Heute erhielt ich ein mehrseitiges Schreiben der in Bremen ansässigen Rechtsanwälte von Procter & Gamble. Bei den auf Ebay ersteigerten Bürsten aus China, eröffnete man mir ohne Umschweife, handele es sich definitiv um Fälschungen.
Wenn ich nicht schriftlich innerhalb einer eng gesetzten Frist, am besten augenblicks, die unverzügliche Vernichtung der bereits seit Wochen zollseits konfiszierten Bürsten beantrage, brächten sie den Fall vor Gericht.
Das freiwillige Vernichtenlassen der Mundhygieneartikel sei also für mich sehr viel kostengünstiger, weshalb sie mir dringlich dazu rieten. Das hatte ich kommen sehen und bereits am 7. Januar in nicht unharschen Worten beim in Berlin gemeldeten Verkäufer dieses Szenario durchdiskutieren wollen.
Er antwortete auch.
Von: Kemal P.
Betreff: Re: 16 x Aufsteckbürsten Oral B FELXISOFT EB NEU OVP
Datum: 10. Januar 2008 02:40:24 MEZ
An: MattWagner
Der Wahrheitsgehalt dieser handzahmen Mail von Herrn P. erwies sich dank der neusten Entwicklungen als ähnlich ausgeprägt wie die Echtheit seiner Oral-B-Aufsteckbürsten. Sie erforderte somit heute eine Antwort.
Von: MattWagner
Betreff: Re: 16 x Aufsteckbürsten Oral B FELXISOFT EB NEU OVP
Datum: 15. Januar 2008 22:10:52 MEZ
An: Kemal P.
Bisher kam noch keine Antwort.
Es ist übrigens schon ein recht merkwürdiges Gefühl, die Vernichtung einer Ware zu beantragen, die man ordnungsgemäß bezahlt, aber dank eines staatlichen Eingriffs nie genutzt hat.
Als müsste man sich selbst ohrfeigen.
Edit 27.1.2008: Der Bürstenverkäufer hat mir nach zwei weiteren Erinnerungsmails das Geld zurückerstattet.
Heute erhielt ich ein mehrseitiges Schreiben der in Bremen ansässigen Rechtsanwälte von Procter & Gamble. Bei den auf Ebay ersteigerten Bürsten aus China, eröffnete man mir ohne Umschweife, handele es sich definitiv um Fälschungen.
Wenn ich nicht schriftlich innerhalb einer eng gesetzten Frist, am besten augenblicks, die unverzügliche Vernichtung der bereits seit Wochen zollseits konfiszierten Bürsten beantrage, brächten sie den Fall vor Gericht.
Das freiwillige Vernichtenlassen der Mundhygieneartikel sei also für mich sehr viel kostengünstiger, weshalb sie mir dringlich dazu rieten. Das hatte ich kommen sehen und bereits am 7. Januar in nicht unharschen Worten beim in Berlin gemeldeten Verkäufer dieses Szenario durchdiskutieren wollen.
Er antwortete auch.
Von: Kemal P.
Betreff: Re: 16 x Aufsteckbürsten Oral B FELXISOFT EB NEU OVP
Datum: 10. Januar 2008 02:40:24 MEZ
An: MattWagner
Ok alles klar, Nein das ist Definitiv keine fälschung ist schon merkwürdig aber ok kein problem. sollten die vom Zollamt probleme machen erstatte ich Ihnen gerne Ihr geld zurück.
mfg
Der Wahrheitsgehalt dieser handzahmen Mail von Herrn P. erwies sich dank der neusten Entwicklungen als ähnlich ausgeprägt wie die Echtheit seiner Oral-B-Aufsteckbürsten. Sie erforderte somit heute eine Antwort.
Von: MattWagner
Betreff: Re: 16 x Aufsteckbürsten Oral B FELXISOFT EB NEU OVP
Datum: 15. Januar 2008 22:10:52 MEZ
An: Kemal P.
Hallo, Herr P.,
es handelt sich bei den Aufsteckbürsten, die Sie mir verkauft haben, doch um Fälschungen. Das teilte mir heute das Anwaltsbüro B. in Bremen mit. Allerdings kann ich von einem Betrüger wohl kaum erwarten, dass er ausgerechnet auf dem Gebiet der Lüge mehr Taktgefühl walten lässt.
Wie auch immer: Ich wurde von Procter & Gamble gezwungen, die Vernichtung der Aufsteckbürsten zu beantragen. Damit ist der Fall eingetreten, für den Sie mir eine Rückerstattung angeboten haben. Bitte überweisen Sie also den Betrag von 21,80 Euro auf mein Paypalkonto; die Adresse kennen Sie ja. Ich nehme an, Sie werden das umgehend erledigen. Bei Paypal geht das ja innerhalb von Sekunden. Vielen Dank.
Für Ihren weiteren Lebensweg wünsche ich Ihnen alles Gute. Es kann ja im Grunde nur besser werden.
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Wagner
Bisher kam noch keine Antwort.
Es ist übrigens schon ein recht merkwürdiges Gefühl, die Vernichtung einer Ware zu beantragen, die man ordnungsgemäß bezahlt, aber dank eines staatlichen Eingriffs nie genutzt hat.
Als müsste man sich selbst ohrfeigen.
Edit 27.1.2008: Der Bürstenverkäufer hat mir nach zwei weiteren Erinnerungsmails das Geld zurückerstattet.
15 Januar 2008
Ein Meilenstein für Kaffeetanten
Gut, vielleicht ist meine Erfindung nicht vergleichbar mit der des Rades. Aber fast: Vorm Einfüllen des Espressos toaste ich nämlich neuerdings Gläser oder Tassen, um das Getränk möglichst lange heiß zu halten.
Eine sehr effiziente Methode zur Erhitzung auch solcher Materialien, denen der Umgang mit Toastern nicht in die Wiege gelegt wurde. Es hilft übrigens sehr, wenn der Henkel (wie in der heutigen Fotodokumentation zu sehen) über den Rand des Gerätes hinweg ragt, sonst toastet man sich nämlich auch noch die Fingerkuppen, wenngleich indirekt.
Auch sollte man Glas oder Tasse nach der Hälfte der Zeit einmal drehen, um eine gleichmäßige Hitzeverteilung über das gesamte Gefäß zu erreichen.
Es empfiehlt sich nach Abschluss der Prozedur zunächst eine kurze taktile Prüfung des Glas- oder Tassenrandes mit den Fingern, bevor man optimistisch den Lippenkontakt sucht. Doch das ist auch schon alles, was man bei dieser neuartigen Espressotassenerhitzungsmethode beachten muss. Sie funktioniert sogar bei Teepötten und kleineren Tellern.
Das Verfahren stelle ich hiermit unter einer Creative-Commons-Lizenz der Weltöffentlichkeit zur Verfügung.
13 Januar 2008
Haubesuch in der Provinz
Merkwürdig: Auch das „Sonntag-Morgenmagazin“ im strenggläubigen Dillkreis, wo ich das Wochenende verbringe, druckt unverblümte Sexanzeigen.
Tja, wo immer ich hinfahre: St. Pauli – das Foto zeigt ein von mir persönlich verewigtes Motiv des dort legendären Tittenmalers Erwin Ross – ist schon da.
Unter den einschlägigen Angeboten im „Sonntag-Morgenmagazin“ findet sich auch eins von „Gerda“. Sie offeriert „Haubesuche“.
Hmm … Tippfehler oder Domina?
Man muss die gute Gerda wohl buchen, um es zu erfahren. Aber dazu bleibe ich nun wirklich nicht lange genug hier.
Tja, wo immer ich hinfahre: St. Pauli – das Foto zeigt ein von mir persönlich verewigtes Motiv des dort legendären Tittenmalers Erwin Ross – ist schon da.
Unter den einschlägigen Angeboten im „Sonntag-Morgenmagazin“ findet sich auch eins von „Gerda“. Sie offeriert „Haubesuche“.
Hmm … Tippfehler oder Domina?
Man muss die gute Gerda wohl buchen, um es zu erfahren. Aber dazu bleibe ich nun wirklich nicht lange genug hier.
12 Januar 2008
Ausweisen, sofort!
Sah heute am Hauptbahnhof (Gleis 13 a/b), wie zwei südländisch (!) aussehende Nonnen einem alten Bettler nichts gaben.
Erster Gedanke: Sofort ausweisen! (Die Nonnen.)
Gut, ich habe dem Graubart auch nichts gegeben. Aber ich bin Deutscher! Zumindest im Sinne Roland Kochs.
Deutsche Straftäter sollten übrigens ebenfalls ausgewiesen werden. Und zwar nach Hessen.
Dass ich heute in ebendieses Bundesland gereist bin, hat mit dieser Forderung gleichwohl nichts zu tun. Und auch nichts damit, dass ich dem Bettler nichts gegeben habe.
Sondern mit was ganz anderem.
Erster Gedanke: Sofort ausweisen! (Die Nonnen.)
Gut, ich habe dem Graubart auch nichts gegeben. Aber ich bin Deutscher! Zumindest im Sinne Roland Kochs.
Deutsche Straftäter sollten übrigens ebenfalls ausgewiesen werden. Und zwar nach Hessen.
Dass ich heute in ebendieses Bundesland gereist bin, hat mit dieser Forderung gleichwohl nichts zu tun. Und auch nichts damit, dass ich dem Bettler nichts gegeben habe.
Sondern mit was ganz anderem.
Das Bieterduell
Mir ist mal wieder eine Meisterleistung gelungen, die jedem, der dies hier in den nächsten Minuten liest, grenzenlose Bewunderung abnötigen wird. Doch der Reihe nach.
Neulich entschloss ich mich, alte Software bei Ebay zu versteigern. Auf dem neuen Rechner läuft sie eh nicht mehr, teils hat sie schon zehn Jahre auf dem Buckel. Wie man weiß, sind Softwarejahre Hundejahre, also mal sieben. 70 Jahre alte Software!
Aber vielleicht, so meine aus eigener Sammlererfahrung gespeiste Überlegung, gibt es irgendwo da draußen noch liebevolle Hätschler alter Rechnermühlen, die sich seufzend der patinösen Aura solcher Klassiker wie „Guinness Buch der Rekorde 1995” hingeben möchten.
Also wühlte ich in allen Kisten, suchte dies zusammen und das, packte schließlich 20 CDs mit Programmen und Lexika in eine Auktion, legte das Startgebot auf einen Euro fest, kalkulierte die auf Kante genähten Versandkosten mit brutto 2,35 Euro für einen gepolsterten Maxibrief und wartete wohlgemut ab.
Sieben Tage später stand das Höchstgebot fest. Zwei Leute hatten sich eine erbitterte Bieterschlacht geliefert, bis dem einen schließlich die Luft zu dünn wurde. Die unerhört dramatische Auktion endet bei exakt … einsfuffzig.
Damit wäre ich bestimmt 1995 im „Guinness Buch der Rekorde“ gelandet, hätte es damals Ebay schon gegeben. Doch ich schweife ab. Ich muss ja endlich zum Kern meiner Ausführungen kommen, nämlich dem Grund für die gleich einsetzende grenzenlose Bewunderung.
Heute also, nach Eingang der Überweisung in Höhe von brutto 3,85 Euro, verpackte ich die geronnene Arbeitskraft ganzer Entwicklergenerationen in den erwähnten Polsterumschlag und taperte zu Edis Lieblingspostfiliale in der Nachbarschaft.
Der Postmann nahm den Brief und wog ihn. „Tja“, sagte er dann, „über zwei Kilo. Geht nur als Päckchen. Macht 3,90 Euro.“
3,90 Euro. Fünf Cent mehr, als ich überwiesen bekommen habe. Eine echte Meisterleistung.
Grenzenlose Bewunderung bitte in den Kommentaren.
Neulich entschloss ich mich, alte Software bei Ebay zu versteigern. Auf dem neuen Rechner läuft sie eh nicht mehr, teils hat sie schon zehn Jahre auf dem Buckel. Wie man weiß, sind Softwarejahre Hundejahre, also mal sieben. 70 Jahre alte Software!
Aber vielleicht, so meine aus eigener Sammlererfahrung gespeiste Überlegung, gibt es irgendwo da draußen noch liebevolle Hätschler alter Rechnermühlen, die sich seufzend der patinösen Aura solcher Klassiker wie „Guinness Buch der Rekorde 1995” hingeben möchten.
Also wühlte ich in allen Kisten, suchte dies zusammen und das, packte schließlich 20 CDs mit Programmen und Lexika in eine Auktion, legte das Startgebot auf einen Euro fest, kalkulierte die auf Kante genähten Versandkosten mit brutto 2,35 Euro für einen gepolsterten Maxibrief und wartete wohlgemut ab.
Sieben Tage später stand das Höchstgebot fest. Zwei Leute hatten sich eine erbitterte Bieterschlacht geliefert, bis dem einen schließlich die Luft zu dünn wurde. Die unerhört dramatische Auktion endet bei exakt … einsfuffzig.
Damit wäre ich bestimmt 1995 im „Guinness Buch der Rekorde“ gelandet, hätte es damals Ebay schon gegeben. Doch ich schweife ab. Ich muss ja endlich zum Kern meiner Ausführungen kommen, nämlich dem Grund für die gleich einsetzende grenzenlose Bewunderung.
Heute also, nach Eingang der Überweisung in Höhe von brutto 3,85 Euro, verpackte ich die geronnene Arbeitskraft ganzer Entwicklergenerationen in den erwähnten Polsterumschlag und taperte zu Edis Lieblingspostfiliale in der Nachbarschaft.
Der Postmann nahm den Brief und wog ihn. „Tja“, sagte er dann, „über zwei Kilo. Geht nur als Päckchen. Macht 3,90 Euro.“
3,90 Euro. Fünf Cent mehr, als ich überwiesen bekommen habe. Eine echte Meisterleistung.
Grenzenlose Bewunderung bitte in den Kommentaren.
11 Januar 2008
Ein Appell an den deutschen Eisbären
Sagt mal, hört das denn gar nicht mehr auf mit diesen Eisbärbabys? Werden die nie mal alle?
Meines Erachtens sollten all jene Vertreter dieser respektablen Spezies, die in Zoos gepfercht sind, das Schnackseln komplett einstellen, schon aus Protest.
Doch ganz im Gegenteil. Der deutsche Eisbär geriert sich unverdrossen geil. Und deshalb sind selbst seriöse Nachrichtensendungen seit dieser Woche erneut zottelfellkontaminiert.
Wider Willen weiß ich nun, wie der Pfleger des neuen Nürnberger Eisbärbabys das neue Nürnberger Eisbärbaby ruft, nämlich „Flocke“. Ich will so etwas nicht wissen!
An genau der Stelle meiner hier oben eingebauten Festplatte, wo nunmehr „Flocke“ abgespeichert ist, sollte besser eine sinnvollere Information zu finden sein. Zum Beispiel das Wort „Zerknalltreibling“.
Mit dieser Neuschöpfung versuchten angeblich einst die Nazis das undeutsche Wort „Motor“ heim ins Reich zu holen. Das ist sehr, sehr witzig.
Selbst das Wissen, wann Don Alphonso gestern Abend in der zweistündigen DJV-Podiumsdiskussion zum Webjournalismus erstmals ungeduldig, vielleicht sogar schon verärgert mit dem rechten Fuß zuckte (nämlich nach 26 Minuten 38 Sekunden), hielte ich für eine sinnvollere Belegung des aber noch immer von „Flocke“ zäh verteidigten Speicherplatzes.
Also, Eisbären: Hört endlich auf mit dem ihr wisst schon! Gebt Speicherplatz frei! Lasst wenigstens 2009 als eisbärenbabyloses Jahr in die Geschichte der deutschen Zoos eingehen!
Machbar?
Foto: cl-mz, Photocase
Meines Erachtens sollten all jene Vertreter dieser respektablen Spezies, die in Zoos gepfercht sind, das Schnackseln komplett einstellen, schon aus Protest.
Doch ganz im Gegenteil. Der deutsche Eisbär geriert sich unverdrossen geil. Und deshalb sind selbst seriöse Nachrichtensendungen seit dieser Woche erneut zottelfellkontaminiert.
Wider Willen weiß ich nun, wie der Pfleger des neuen Nürnberger Eisbärbabys das neue Nürnberger Eisbärbaby ruft, nämlich „Flocke“. Ich will so etwas nicht wissen!
An genau der Stelle meiner hier oben eingebauten Festplatte, wo nunmehr „Flocke“ abgespeichert ist, sollte besser eine sinnvollere Information zu finden sein. Zum Beispiel das Wort „Zerknalltreibling“.
Mit dieser Neuschöpfung versuchten angeblich einst die Nazis das undeutsche Wort „Motor“ heim ins Reich zu holen. Das ist sehr, sehr witzig.
Selbst das Wissen, wann Don Alphonso gestern Abend in der zweistündigen DJV-Podiumsdiskussion zum Webjournalismus erstmals ungeduldig, vielleicht sogar schon verärgert mit dem rechten Fuß zuckte (nämlich nach 26 Minuten 38 Sekunden), hielte ich für eine sinnvollere Belegung des aber noch immer von „Flocke“ zäh verteidigten Speicherplatzes.
Also, Eisbären: Hört endlich auf mit dem ihr wisst schon! Gebt Speicherplatz frei! Lasst wenigstens 2009 als eisbärenbabyloses Jahr in die Geschichte der deutschen Zoos eingehen!
Machbar?
Foto: cl-mz, Photocase
10 Januar 2008
Das Ergebnis ist immer das gleiche
Die Kreuzung Barner Straße und Friedensallee ist verkehrstechnisch von großer Tücke, obgleich ihre HVV-Anbindung geradezu obszön grandios ist.
Diverse Buslinien durchkreuzen die Gegend, doch sind die Haltestellen etwas verstreut gelegen. An der Barner Straße kommt die 37 vorbei, hundert Meter weiter in der Friedensallee öffnet die 150 dir gern die Tür, und auf der anderen Seite des Häuserblocks in der Bahrenfelder Straße lockt die Linie 2.
Alle fahren in die richtige Richtung, nämlich zum Bahnhof Altona. Mein Ehrgeiz besteht nun in der Regel darin, den nächsten eintreffenden Bus zu erwischen, unabhängig von der Haltestelle. Dadurch erhoffe ich mir ein frühestmögliches Eintreffen zu Hause.
Dazu muss ich anmerken: Ich kann mir keine Abfahrtzeiten merken, aber das nur nebenbei. Zuerst probiere ich es stets mit dem 37er, der mich aber regelmäßig in den Wahnsinn treibt, weil er einfach nicht kommt.
Natürlich warte ich ein paar Minuten über die turnusmäßige Abfahrtzeit hinaus, bin ja kein Anfänger, doch dann keimt auch schon der erste dämonische Gedanke, der sich alsbald zur Zwangshandlung auswächst: Los, lauf rüber zur 150, flüstert der Dämon, die kommt bestimmt gleich!
Das tat ich auch schon mehrfach, nur um in der Ferne sogleich den 37er an meiner alten Haltestelle vorfahren zu sehen, während nunmehr der 150er geruhte, eine kleine Auszeit vom harten Tagwerk zu nehmen.
Einmal ging ich am Ende auch noch rüber zur Haltestelle der 2 und durfte frustriert der 150 hinterherwinken, die nur eine Minute nach meinem Verlassen der Station frohgemut eingetroffen war. Die 2 hingegen kam laut Fahrplan erst in zehn Minuten. Also lief ich gesenkten Kopfs zum Bahnhof (sieben Minuten) und traf spätestmöglich zu Hause ein.
Inzwischen bin ich aber auf buddhaeske Weise gleichmütiger geworden. Ich warte einfach auf die 37, wann immer sie kommt. Wozu habe ich 8133 Songs auf dem iPod?
Heute stehe ich dergestalt in mir ruhend an der Haltestelle, als eine leicht atemlose Mittfünfzigerin angerauscht kommt und mich fragt, ob der 37 schon durch sei. Ich verneine das, und die Dame stellt sich erleichtert zu mir.
Doch nur fünf Minuten später verliert sie schnaufend die Geduld und dampft ab zur 150. Jetzt, vorfreue ich mich diebisch, werde ich die ganze trickreich inszenierte Aufführung der hiesigen Verkehrsbetriebe also mal live an der richtigen Bushaltestelle erleben.
Denn das Abdampfen der Frau muss nach meiner Erfahrung und kosmischer Logik das sofortige Eintreffen der 37 bedingen. Sie hingegen darf das ganze Elend aus hundert Meter Entfernung hilflos fluchend mitansehen, während ich fröhlich pfeifend in den Bus steige und mir stumm gratuliere zu einer taktischen Meisterleistung.
Klasse Plan. Doch der Bus kommt nicht. Nicht nach fünf und nicht nach acht Minuten, sondern erst nach zwölf. Trotz der geflohenen Frau.
Man kann sich einfach auf nichts mehr verlassen. Nur auf den dauermelancholischen Blick der abgebildeten Statue. Ich kenne sie nur zu gut: Sie steht auf halbem Weg zwischen der 37er-Haltestelle und dem Bahnhof Altona.
Diverse Buslinien durchkreuzen die Gegend, doch sind die Haltestellen etwas verstreut gelegen. An der Barner Straße kommt die 37 vorbei, hundert Meter weiter in der Friedensallee öffnet die 150 dir gern die Tür, und auf der anderen Seite des Häuserblocks in der Bahrenfelder Straße lockt die Linie 2.
Alle fahren in die richtige Richtung, nämlich zum Bahnhof Altona. Mein Ehrgeiz besteht nun in der Regel darin, den nächsten eintreffenden Bus zu erwischen, unabhängig von der Haltestelle. Dadurch erhoffe ich mir ein frühestmögliches Eintreffen zu Hause.
Dazu muss ich anmerken: Ich kann mir keine Abfahrtzeiten merken, aber das nur nebenbei. Zuerst probiere ich es stets mit dem 37er, der mich aber regelmäßig in den Wahnsinn treibt, weil er einfach nicht kommt.
Natürlich warte ich ein paar Minuten über die turnusmäßige Abfahrtzeit hinaus, bin ja kein Anfänger, doch dann keimt auch schon der erste dämonische Gedanke, der sich alsbald zur Zwangshandlung auswächst: Los, lauf rüber zur 150, flüstert der Dämon, die kommt bestimmt gleich!
Das tat ich auch schon mehrfach, nur um in der Ferne sogleich den 37er an meiner alten Haltestelle vorfahren zu sehen, während nunmehr der 150er geruhte, eine kleine Auszeit vom harten Tagwerk zu nehmen.
Einmal ging ich am Ende auch noch rüber zur Haltestelle der 2 und durfte frustriert der 150 hinterherwinken, die nur eine Minute nach meinem Verlassen der Station frohgemut eingetroffen war. Die 2 hingegen kam laut Fahrplan erst in zehn Minuten. Also lief ich gesenkten Kopfs zum Bahnhof (sieben Minuten) und traf spätestmöglich zu Hause ein.
Inzwischen bin ich aber auf buddhaeske Weise gleichmütiger geworden. Ich warte einfach auf die 37, wann immer sie kommt. Wozu habe ich 8133 Songs auf dem iPod?
Heute stehe ich dergestalt in mir ruhend an der Haltestelle, als eine leicht atemlose Mittfünfzigerin angerauscht kommt und mich fragt, ob der 37 schon durch sei. Ich verneine das, und die Dame stellt sich erleichtert zu mir.
Doch nur fünf Minuten später verliert sie schnaufend die Geduld und dampft ab zur 150. Jetzt, vorfreue ich mich diebisch, werde ich die ganze trickreich inszenierte Aufführung der hiesigen Verkehrsbetriebe also mal live an der richtigen Bushaltestelle erleben.
Denn das Abdampfen der Frau muss nach meiner Erfahrung und kosmischer Logik das sofortige Eintreffen der 37 bedingen. Sie hingegen darf das ganze Elend aus hundert Meter Entfernung hilflos fluchend mitansehen, während ich fröhlich pfeifend in den Bus steige und mir stumm gratuliere zu einer taktischen Meisterleistung.
Klasse Plan. Doch der Bus kommt nicht. Nicht nach fünf und nicht nach acht Minuten, sondern erst nach zwölf. Trotz der geflohenen Frau.
Man kann sich einfach auf nichts mehr verlassen. Nur auf den dauermelancholischen Blick der abgebildeten Statue. Ich kenne sie nur zu gut: Sie steht auf halbem Weg zwischen der 37er-Haltestelle und dem Bahnhof Altona.
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