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23 Januar 2011

Fundstücke (125)



Dass ausgerechnet eine „magische Kohlsuppe“ von einer Firma namens No Wonder angeboten wird, zeugt von einem erfrischenden Hang zur Selbstentlarvung.

So etwas sollte Schule machen. Ein Hersteller von Homöopathika zum Beispiel käme unter dem Firmennamen „Echtnixdrin“ erheblich authentischer rüber.

Aber auf mich hört ja mal wieder niemand.



06 Januar 2011

Die abgelaufene Alufolie



Es begann alles mit einem spontanen Scherz in der Küche. Ms. Columbo hatte eine Packung Alufolie aus der Einkaufstasche geholt, und ich fragte sie: „Hast du auch aufs Mindesthaltbarkeitsdatum geachtet?“
Ihr baffer Blick, ehe sie mich pantomimisch mit der Rolle verprügelte: einfach unbezahlbar.

Daraus entwickelte ich die ebenso bescheuerte wie vermeintlich interessante Idee, das Mindesthaltbarkeitsproblem von Alufolie doch einmal vor Ort zu thematisieren, nämlich bei den Einzelhandelsketten.

Also schrieb ich an PENNY, REWE
, EDEKA, toom und Lidl folgende Mail (wobei ich die Verortung der jeweiligen Filiale natürlich an die Realität anpasste):

Sehr geehrte Damen und Herren,

unlängst kaufte ich in Ihrer Filiale an der Reeperbahn in Hamburg eine Packung Alufolie. Als ich sie nach einigen Tagen benutzen wollte, musste ich zu meiner Bestürzung feststellen, dass das Haltbarkeitsdatum schon seit Monaten abgelaufen war.

Jetzt wüsste ich gerne, wie wir die Sache regeln können. Ich bin an einer gütlichen Einigung interessiert. Den Kassenzettel habe ich allerdings inzwischen nicht mehr.

Für konstruktive Vorschläge bin ich dankbar.

Mit besten Grüßen
Matt

Als erstes rührte sich REWE, und zwar noch am selben Tag:

Sehr geehrter Herr Wagner,

in Beantwortung Ihrer E-Mail teilen wir Ihnen mit, dass es bei "Alufolie" kein Mindesthaltbarkeitsdatum gibt - es ist doch kein Lebensmittel.

Die auf der Verpackung aufgedruckte Nummer ist eine Seriennummer.

Mit freundlichen Grüßen
Barbara B.
REWE Kundenservice

Barbara B. legt zwar sehr bürokratenmäßig los („in Beantwortung Ihrer Mail“), doch dann wird sie gestochen präzise. Vor allem zweierlei erfreute mich an dieser Mail: zum einen die Tüdelchen, mit denen sich REWE von seiner Alufolie distanziert, zum anderen die gegenüber einem Rumpeldenker wie mir angemessene Schnippischkeit im Ton: „es ist doch kein Lebensmittel“ … Ein angefügtes Ausrufezeichen hätte indes die pädagogische Attitüde noch deutlicher unterstrichen. Da könnte Barbara B. noch an sich arbeiten.

Nur wenige Stunden später schlug EDEKA im Posteingang auf:

Sehr geehrter Herr Wagner,

danke schön für Ihre Mitteilung zu der Alufolie.

Alufolie hat kein Mindesthaltbarkeitsdatum. Bei dem auf der Verpackung aufgedruckten Datum handelt es sich um das Produktionsdatum. Sie können die Alufolie also ohne Bedenken verwenden.

Bitte wenden Sie sich mit Fragen und Anregungen gerne wieder an uns. Sie erreichen uns von Montag bis Samstag zwischen 8 und 20 Uhr unter 01803 333 520.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr EDEKA Kundenservice

Da ging mir natürlich das Herz auf. Schon das einleitende „danke schön“ ist ein emotionaler Volltreffer, und in der Folge vermeidet es das sensible EDEKA sorgsam, mir und meiner offenkundigen geistigen Armut zu nahe zu treten. Sachlich werden die Fakten genannt, man tätschelt mir beruhigend die Schultern und freut sich auf weiteren Kontakt. Kurz: EDEKAs Schreiben ist – trotz einer gewissen Unpersönlichkeit dank der fehlenden Unterschrift – eine mailgewordene Kuschelecke.

Fünf Tage zogen ins Land, ehe sich an der Alufolienfront wieder etwas tat. Lidl war dran:

Sehr geehrter Herr Wagner,

der Artikel Alufolie besitzt grundsätzlich kein Mindesthaltbarkeitsdatum.

Je nach Lieferant kann die Ware mit einem Produktionsdatum versehen sein, damit im Falle von möglichen Mängeln eine Nachvollziehbarkeit der Produktionslinie gewährleistet ist.

Die derzeit in unserem Markt befindliche Ware ist aber mit keinem Datum versehen. Sollten Ihrerseits noch Fragen bestehen, wenden Sie sich sonst gerne direkt mit der Verpackung an die Filiale.

Wir hoffen Ihnen hiermit geholfen zu haben und Sie weiterhin als Kunden bei uns begrüßen zu dürfen.

Mit freundlichen Grüßen

i.A. Julia K.
Sekretariat Vertrieb

Ein tadelloser Brief, wenngleich mit schlingernder Interpunktion. Meine Sorge wird aufgegriffen, aber zerstreut. Lidls Sorge hingegen, mich trotz meiner Selbstenttarnung als Denkschnecke durch diese leidige Affäre vielleicht als Kunden zu verlieren, wird geschickt verpackt in die ausgangs formulierte Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen. Gut gelöst, Lidl, aber langsam wie eine Wanderdüne. Zum Ausgleich erhielt ich diese Mail zweimal innerhalb von 17 Minuten, und zwar von verschiedenen Absendern.

Auf Rang 4 landete – sechs Tage nach Eingang meiner Mail – der toom-Markt. Er schrieb Folgendes:

Guten Tag Herr Wagner,

vielen Dank für Ihre Mitteilung an unser Haus. Dem Thema Haltbarkeitsdatum von Alufolie haben wir uns gerne angenommen und können Sie beruhigen und Ihnen versichern, dass es kein Mindesthaltbarkeitsdatum bei Alufolien gibt. Die verschiedenen Hersteller drucken zum Teil interne kodierte Produktionsnummern auf ihre Produkte und einige Hersteller versehen ihre Ware mit einem Produktionsdatum. Dieses wird wahrscheinlich bei der von Ihnen gekauften Alufolie der Fall sein. Also, es besteht kein Grund zur Sorge. Sollten Sie noch Fragen haben rufen Sie mich gerne an.

Mit freundlichen Grüßen

Lars R.
Marktmanager
toom Verbrauchermarkt

Bei toom fühle ich mich blendend aufgehoben. Gut, auch hier könnte man an der Kommasetzung noch schrauben, doch inhaltlich gibt es nichts zu mäkeln. toom signalisiert Recherchetiefe, zerstreut behutsam meine Ängste und hält mir, obwohl ich ganz offensichtlich plemplem bin, die Tür offen für Rückfragen; die Telefonnummer des Marktmanagers himself stand wirklich drunter.

PENNY gehört zwar zur REWE-Gruppe, was aber nicht heißt, dass sie sich um ihre Kunden nicht selbst kümmern können. Wenn auch mit Verzögerung, denn ich musste eine knappe Woche auf diese Antwort warten:

Sehr geehrter Herr Wagner,


es tut uns leid, dass Sie Grund zur Beanstandung hatten, umso mehr, da die Zufriedenheit der Kunden im Mittelpunkt unserer unternehmerischen Aktivität steht.

Wie Sie sicher verstehen, liegt es sehr in unserem Interesse, Ihrem Beschwerdegrund nachzugehen.

Da Alufolie kein Mindesthaltbarkeitsdatum haben dürfte, bitten wir Sie, uns die Umverpackung zur näheren Überprüfung zur Verfügung zu stellen und an folgende Adresse zu schicken:

PENNY Markt, Qualitätssicherung (…)

Die Portokosten werden wir Ihnen in Form eines Warengutscheins erstatten.

Sollten Sie die Verpackung bereits verworfen haben, geben Sie uns bitte eine kurze Rückinformation.

Für Ihre Unterstützung im Voraus vielen Dank.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Kundenservice - PENNY Markt
Nadine B.

PENNY geizt nun wirklich nicht mit Entgegenkommen; sie sollten sich in EURO umbenennen, haha … Bereits die defensive Formulierung, Alufolie „dürfte kein Mindesthaltbarkeitsdatum“ haben, kommt einem Volldeppen wie mir allerdings viel zu weit entgegen. Da lobe ich mir die taffe Barbara B.

Doch PENNY scheint wirklich ein wenig verunsichert zu sein. Der übliche Verweis auf das Produktionsdatum, welches ich wohl missgedeutet hätte, fehlt komplett; stattdessen will man dieser Hirnrissigkeit Merkwürdigkeit auf den Grund gehen und bittet ums Corpus delicti.

Damit aber konnte ich leider nicht dienen. Denn ich hatte natürlich in keinem dieser Läden auch nur das kleinste Fitzelchen Alufolie gekauft. Eine geradezu mikroskopische Basis also für den längsten hiesigen Blogtext aller Zeiten – was leider auch für die Länge Ihrer beim Lesen verschwendeten Lebenszeit gilt, in der Sie viel sinnvollere Dinge hätten tun können.


Zum Beispiel die Welt retten.

12 Dezember 2010

Die mutierte Ananas



Als es noch keine Codenummern für Waren gab, ist es bestimmt niemals vorgekommen, dass eine Ananas als MP3-Soundsystem auf dem Kassenbon landete.

Andererseits gab es in jenen seligen Zeiten auch noch gar keine MP3-Soundsysteme. Und wahrscheinlich nicht mal Ananas, sondern nur Melonen im Netz.

Na ja, jedenfalls bongte die Aldifrau heute statt der Ananasnummer versehentlich eine MP3-Soundsystem-Nummer ein. Der Preisunterschied lag bei knapp 79 Euro, was zuerst mich stutzig machte und dann auch die Aldifrau.

Nach einem hochkomplexen deduktiven Verfahren (Kassiererin verliest postenweise den Kassenbon, Ms. Columbo separiert die aufgerufenen Waren im Einkaufswagen) konnte die Südfrucht schließlich als Schuldige identifiziert werden.
„Ist nur eine Ziffer Unterschied“, grinste die Aldifrau schief.

Bald darauf eilte eine Vorgesetzte mit Schlüssel herbei. „Die Ananas“, rief ihr die Kassiererin kreuzfidel zu, „ist ein MP3-Soundsystem!“ Ganz guter Witz eigentlich, im Rahmen eines Alditages. Frau Vorgesetzte lachte aber kein bisschen, sondern schaute aus der Wäsche, als sei so ein Tippfehler bei Aldi ein kapitaler Kündigungsgrund.

Also mal schauen, ob die Kassiererin nächste Woche überhaupt noch da ist. Wenn nicht, dann werde ich mich aus Protest an den Gitterwagen ketten, wo immer die MP3-Soundsysteme drin sind, und antikapitalistische Slogans brüllen. (Wenn diese Drohung der Kassiererin den Job nicht rettet, dann weiß ich auch nicht.)

Zurzeit habe ich ja Rücken, und deshalb ist mein temporär bester Freund ein extralanger Schuhlöffel mit Schlaufe oben dran. Das sage ich vor allem deshalb, um das heutige Foto zu rechtfertigen, aber auch aus tief empfundener Dankbarkeit gegenüber dem menschlichen Erfindungsgeist.

Ja, wir haben das Rad erfunden, die Raumfähre, den Kassenbon und den extralangen Schuhlöffel mit Schlaufe oben dran. Eigentlich sind wir bestens qualifiziert, die Welt zu retten, daran habe ich überhaupt keine Zweifel mehr, seit ich Rücken habe.

10 Dezember 2010

Der Kontaminator

Es verbessert die durch einen grippalen Infekt eh angespannte Gesamtlage keineswegs, sondern – im Gegenteil – macht sie vollends entwürdigend, wenn man dazu auch noch Rücken hat.

Wie ich.

Ein sogenannter Wärmegürtel linderte heute die schlimmsten Qualen, doch allein schon in den Räumen einer Apotheke die Beratung des einschlägig erfahrenen Franken in Anspruch nehmen zu müssen, vergällt rückblickend die ganze Woche.

„Ich weiß, wie das ist“, feixt der Franke Mitleid. Immerhin springt er nicht beiseite, als ich mich – beim Aufstehen wieder mal von Thors Blitz durchzuckt – entsetzt auf seiner Schulter abstützen muss. Braver Franke.

Neulich aber war er nicht brav. Während einer gemeinsamen mittäglichen Flanage durch den Pennymarkt in Ottensen hatte ich vier Tafeln „Ritter Sport Dunkle Voll-Nuss“ erstanden. Zurück im Büro stand bereits nach wenigen Minuten Kramer in der Tür.

Er habe aus gewöhnlich zuverlässiger Quelle gehört, hub er an, ich hätte fünf Tafeln „Ritter Sport Dunkle Voll-Nuss“ in egoistischer Verwahrung. „Franke, ich verfluche dich und deine Nachkommen bis in die siebte Generation!“, wollte ich gerade brüllen, doch da stand Kramer schon vorm Bisley und nestelte gierig wie ein Zombie an den Schubladen.

„Vier! Es waren nur vier!“, schrie ich, während ich verzweifelt mit ihm rang, doch er glaubte mir kein Wort und wollte, wie jeder stinknormale Mafiaboss, seinen Anteil. Wie es mir freilich im Verlauf unseres Kampfes um die territoriale Unversehrtheit meiner Bisleyschubladen gelang, ihn von der Schokolade abzulenken und seine Aufmerksamkeit stattdessen mit Mentholbonbons von Ricola zu fesseln, vermag ich nicht mehr stichhaltig zu rekonstruieren.

Tatsache jedenfalls ist: Beim ungelenken Herausschütteln aus der Dose fielen mir versehentlich gleich drei Bonbons in seine geöffnete Handfläche. Eine Katastrophe, denn damit waren sie alle schlagartig Kramer-kontaminiert, und wer diesen vierschrötigen Allesbegrabscher je in manueller Aktion erlebt hat, weiß, wovon ich spreche.

Er bestand darauf, die zwei Mentholbonbons zurück in die Dose zu befördern, ich verweigerte das mit brutalstmöglicher Verbissenheit. Aus Rache betatschte er daraufhin minutenlang wahllos alle erreichbaren Gegenstände im Zimmer, er kontaminierte buchstäblich handstreichartig Nachschlagewerke, Monitor, Tastatur, Terminkalender, Teppichboden (!) und die Oberfläche meines Schreibtisches.

Den Griff der Bürotür natürlich auch – wie sollte ich nun je wieder aus meinem Büro hinauskommen!? Und an allem war natürlich nur einer schuld: der Franke.

Ich sollte ihn mit einem Wärmegürtel knebeln.
Einen habe ich ja noch übrig.

01 Dezember 2010

Das entscheidende Steak



Im Vergleich zum Hamburger Durchschnitt sind auf St. Pauli viele Leute nicht gut bei Kasse. Und im Supermarkt wird das manchmal evident.

Neulich bei Edeka steht einer in der Kassenschlange vor mir, der von dem Rechnungsbetrag, den die Kassiererin ihm für seine Einkäufe nennt, nicht sehr erbaut ist. 21,55 Euro? So viel hat er einfach nicht dabei. Höchstens so um die 15.

Der Mann ist ein kleiner südländischer Typ mit Baskenmütze, zwischen Unterlippe und Kinnspitze trägt er einen vertikalen Bartstreifen. Ansonsten guckt er stoisch. In aller Supermarktöffentlichkeit der temporären Zahlungsunfähigkeit überführt zu werden, scheint ihm nicht peinlich zu sein, eher zum innerlichen Seufzen.

Jedenfalls rührt sich nichts in seinem Gesicht. Stattdessen mustert er kurz die Einkäufe und entscheidet sich für einen Fünfkilosack Kartoffeln. Den gibt er zurück. Die Kassiererin storniert den Sack und schüttelt den Kopf.


Der Mann entscheidet sich jetzt für Tomatenketchup, allerdings verfehlt er erneut die Zielvorgabe, die Kassiererin lächelt bedauernd. Nun erwischt es eine Riesenflasche Limonade, doch es ist immer noch zu wenig.

Sei froh, dass du die ungesunde Zuckerplörre los bist, höre ich mich denken. Der Unmut in der Kassenschlange hält sich derweil in Grenzen, obwohl Mr. Vertikalbart den Betrieb auf unzulässige Weise aufhält. Denn mal ehrlich: Mit ein wenig angewandtem Kopfrechnen während des Einkaufs wäre die missliche Lage, welche durch unsere unfreiwillige Zeugenschaft keineswegs verbessert wird, leicht zu vermeiden gewesen.

Doch stillschweigend scheinen alle anstehenden St. Paulianer Verständnis zu hegen für seine Situation. Zu wenig Geld: Das kennen hier viele. Man guckt nur sparsam, man grinst nicht mal, und keiner spricht.

Nach einer kleinen Beratungspause, nach einigem inneren Hin und Her hat sich der Mann nun für ein eingeschweißtes Schweinesteak mit schneeweißen Fettadern entschieden, dessen vermeintliches Schicksal es noch vor wenigen Minuten war, einen Teller mit Kartoffeln und Tomatenketchup zu teilen und mit ungesunder Zuckerplörre hinuntergespült zu werden.

Und endlich klappt es. Er ist unter 15 Euro Gesamtrechnung, sein Budget vermag den Rest der Einkäufe abzudecken. Hätte ich genauer hingeschaut, würde ich jetzt die absoluten Prioritäten der Baskenmütze kennen. Ich wüsste, was wirklich unverzichtbar für ihn ist, wenn es schon das Steak mit den schneeweißen Fettstreifen nicht war.

So aber werden wir es nie erfahren.

21 November 2010

Halbwegs trinkbar (für den Ausguss)



Dieser bei Edeka neu ins Sortiment genommene Wein schmeckt wie ein angegammelter Putzlumpen, den jemand zwei Wochen lang in feuchtem Heu vergessen und danach zur Tarnung parfümiert hat (nur war im Flakon versehentlich Katzenpisse).

Ich hatte mich von zweierlei locken lassen: a) dem Etikett „Bio“ und b) dem Bügelverschluss. Fand ich a) unterstützenswert und b) originell.

Auf den Gedanken, dass der Wein c) bäh sein könnte, war ich beim Kauf nicht gekommen. Dabei ist es völlig unmöglich – und das sollte ich nach mehreren Verkostungsjahrzehnten eigentlich längst wissen –, für 3,79 Euro eine auch nur halbwegs trinkbare Flüssigkeit auf Traubenbasis herzustellen.

Man darf ja öffentlich nicht zum Boykott von Waren auffordern, und das würde ich natürlich auch unter keinen Umständen tun. Aber wenn ich ich wäre, würde ich diesen Wein nie mehr in meinem ganzen Leben und weit darüberhinaus noch einmal kaufen.

Mal sehen, ob er wenigstens dem Ausguss schmeckt.

16 November 2010

Bin mit dem Fahrrad

In der Talstraße wohnen keine Pfeffersäcke. Hier sehen die Fassaden und Klingelschilder manchmal so aus wie auf diesem Bild.

Im Kioskcafé, wo sich manchmal missmutige Transen die Nachtschicht mit Koffein aus den Knochen spülen, residiert ein Chef, der nicht nur einen kapitalen anatolischen Schnauzer, sondern auch seine Laune stets offen zur Schau trägt. Wie auch immer sie gerade beschaffen ist.

Manchmal schaut er dich nicht mal mit der Kniekehle an, erwidert keinen Eintrittsgruß, grabscht mürrisch nach deinem Geld und fetzt dir die Hermes-Quittung hin, als wärst du Luft – und zwar sehr, sehr lästige Luft.

Und ein andermal, man weiß nie warum, grinst der Mann derart selig, dass sein Schnauzer so breit wird wie Jerry Garcia einst die ganze Zeit war. „Wie geht’s dir, mein Freund?“, strahlt der Chef dann mit seinem nonchalant entblößten Goldzahn um die Wette.

Heute war so ein „Wie geht’s dir, mein Freund?“-Tag. Als ich die Quittung einsteckte, fragte er sogar: „Willst du Kaffee?“ „Danke, sehr nett“, antwortete ich fast gerührt, „aber ich muss leider ins Büro.“ Er schaute mich beinah zärtlich an, als sei ich wirklich sein Freund und nicht nur irgendein Typ, der ab und zu mal vorbeikommt, um ein Hermes-Paket abzugeben.

„Becher mitnehmen?“, flötete er unter Aufbietung aller ihm möglichen Eloquenz, und außer Gold blickte mir dabei auch noch die ein oder andere Zahnlücke entgegen. „Nein“, hörte ich mich antworten, „ich bin mit dem Fahrrad.“

Ich bin mit dem Fahrrad???


Dieser verkrüppelte Satz aus meinem eigenen Mund hallte mir noch nach im Hirn, als ich schon längst wieder aufgesattelt hatte. Und auch jetzt noch ein bisschen, ehrlich gesagt.

Wo war denn da bloß das finale „da“ gewesen? Oder wenigstens ein etwas eleganteres „unterwegs“ – das Adverb halt? Dieses akute Summen und Surren à la „Ich bin Arbeit“, „Gehst du Disco?“ oder „Hab noch Vertrag“ macht mich anscheinend immer wuschiger.

Vielleicht bin ich auch einfach zu oft Blog von Fräulein Krise, vallah.


03 Oktober 2010

Das Gute im Menschen



„Ein Euro vierzig“, sagt die Verkäuferin mit dem kurzen Zopf am Kopf. „Kann das stimmen?“, frage ich, „ich habe drei Quarkkornstangen.“ Und die sind nun mal viel teurer, weil glorios lecker.

Die Verkäuferin schaut irritiert aufs Display, hackt auf ihrer Kassentastatur herum, erfolglos, ruft dann nach einer Kollegin: „Ich brauch ’n Storno!“ Die Kollegin kommt, steckt den Stornoschlüssel rein, alles geht auf null, und am Ende steht da: 2,79 Euro. Damit kommen wir der Wahrheit über drei Quarkkornstangen schon erheblich näher.

Ich zahle, die Verkäuferin drückt mir wortlos die Quittung in die Hand, und ich denke: hmpf. Denn in mir war längst das seltsame Bedürfns gekeimt, für meine spontane Ehrlichkeit hochachtungsvoll gelobt zu werden. Auch ein kleiner Dank hätte mir geschmeichelt.

Aber in Wahrheit ist das Quatsch. Die Verkäuferin hat sich völlig richtig verhalten. Schließlich darf sie von mir als Akteur in einem funktionierenden Soziotop mit größter Selbstverständlichkeit erwarten, einen Fehler, der mir auffällt, anzusprechen – vor allem und gerade dann, wenn ich von ihm profitiere.

Schließlich hätte ich ja sicherlich auch dann nachgefragt (und zwar mit exakt den gleichen Worten), wenn sie mir versehentlich zu viel abgerechnet hätte. Gerade ihre stillschweigende Art, wie sie mit der Panne umging, war im Grunde ein Kompliment für mich. Weil sie damit nämlich en passant ein fundiert positives Menschenbild vermittelte – und mich liebenswerterweise darin einschloss.

Wäre die Verkäuferin stattdessen unter haltlosem Stammeln von Dankesbekundungen vor mir auf die Knie gefallen, um meine Schnürsenkel mit ihren Tränen zu benetzen, so müsste man sich viel eher Sorgen machen um unser aller Zusammenleben.

Obwohl die Vorstellung schon ihren Reiz hat, zugegeben.


25 August 2010

Ein doppeltes „Das geht nicht“



Warum bloß vergrätzen uns Gastronomie und Einzelhandel bisweilen lieber mit Prinzipienreiterei, anstatt uns zum Segen künftiger Gewinne lieber mit ein bisschen Flexibilität bei der Stange zu halten?

Gleich zwei Beispiele von heute lassen mich ratlos diese systemkritische Frage stellen. Beispiel 1: das Café Leinpfad, eine höchst idyllisch am Alsteranleger gelegene Gaststätte. Wir wollten zwei Gutscheine über je ein großes Frühstück dort einlösen, die wir im Internet erworben hatten. Allerdings erbat Ms. Columbo einen Orangensaft statt Sekt, und ich wünschte mir statt des offerierten Fleischsalats lieber etwas mehr Käse. Das war alles; eigentlich keine Herausforderung für die deutsche Gastronomie im 21. Jahrhundert.

„Das geht leider nicht“, beschied uns allerdings die Kellnerin. „Nur genauso, wie es im Internet stand.“

Dabei wäre das Café Leinpfad mit O-Saft sogar billiger weggekommen als mit Sekt, es hätte also ein Geschäft gemacht. Wir diskutierten und argumentierten, doch die Haltung der Dame erwies sich als ebenso verfestigt wie inzwischen unser stillschweigender Entschluss, das Café Leinpfad hinfort nie mehr freiwillig aufzusuchen – dabei sollte diese Gutscheinaktion im Internet doch neue Kunden werben.

Auch wenn die sture Dame später wortlos doch zugunsten von etwas mehr Käse den Fleischsalat wegließ: Das Café Leinpfad ist künftig tabu. Die können ihren Fleischsalat gerne selber mümmeln.


Auf der Tabuliste steht seit heute auch der Applehändler Gravis in der Innenstadt, das Beispiel Nummer 2. Ich war mit meinem 2007 dort gekauften MacBook vorstellig geworden, weil dessen Verschluss defekt war; das Chassis musste auf Garantie ausgetauscht werden, mehr nicht. Deswegen wollte ich aber meinen Rechner nicht tagelang bei Gravis herumstehen lassen und schlug vor, nach dem Eintreffen des Ersatzteils vorbeizukommen, den Austausch abzuwarten und den Rechner gleich wieder mitzunehmen.

„Das geht nicht“, beschied mir die Dame bei der Reparaturannahme, als sei sie die eineiige Schwester derer vom Leinpfad.

Der Rechner, führte sie weiter aus, müsse dableiben, weil es nämlich schon vorgekommen sei, dass Kunden Ersatzteile nicht abgeholt hätten, die somit zurückgeschickt werden mussten.

Für mich klang das alles wie Klingonisch. Vor drei Jahren hatte ich zweieinhalbtausend Euro dort gelassen, und jetzt wollten sie meinen Computer tagelang konfiszieren wegen eines Ersatzteils, das in weniger als einer Viertelstunde ausgetauscht werden konnte?

„Okay“, sagte ich, vom Leinpfadvormittag noch etwas erschöpft, „dann verpflichte ich mich gern schriftlich, das Ersatzteil trotz Garantie zu bezahlen, wenn ich aus irgendwelchen absurden Gründen mit dem MacBook nicht mehr vorbeikommen sollte. Wo kann ich unterschreiben?“

Die Gravisfrau bat um Geduld, sie müsse nachfragen. Dann ging sie fort und kehrte kurz darauf wieder mit der niederschmetternden Botschaft: „Das geht leider wirklich nicht.“

Inzwischen hatte sich bei mir längst der stillschweigende Entschluss verfestigt, nie mehr irgendwas bei Gravis zu kaufen, vor allen Dingen nicht das nächste zweieinhalbtausend Euro teure MacBook, dessen Update etwa 2011 ansteht.

Stattdessen werde ich mit diesem Anliegen in die Schanze gehen, und zwar zu Arndt und Bleibohm, die eh mein Blog mögen, immer mal wieder Einträge in ihr Kundenmagazin übernehmen und mir den Rechner vielleicht sogar ein bisschen billiger überlassen.

Warum also vergrätzen uns Gastronomie und Einzelhandel bisweilen lieber mit Prinzipienreiterei, anstatt uns zum Segen künftiger Gewinne lieber mit ein bisschen Flexibilität bei der Stange zu halten? Bin ich etwa zu empfindlich – oder werden die allmählich so kundenfreundlich wie Seinfelds Soup Nazi?

Wer jetzt augenrollend kommentieren möchte, dieser Beitrag sei (mal wieder) ein bedrückendes Beispiel für viel Lärm um fast nichts in diesem Blog, der kann sich das sparen.

Das weiß ich nämlich selber. Und zwar am besten.



13 August 2010

Die gemütlichsten Ecken von St. Pauli (32)



Die Grenze zwischen St. Pauli und Altona bewacht so trutzig wie trist der Frischemarkt Gökpinar.

Irgendetwas an der Gesamtoptik seiner Fassade scheint zu signalisieren, dass es mit der Frische bei dem ein oder anderen Gemüse nicht gar so weit her sein kann, wie es der Ladenname behauptet, doch dafür gibt es keinerlei Beweise.

Schließlich sehen Biopaprika, nicht wahr, auch immer fahler und fleckiger aus als die gespritzten spanischen Glanzbomben. Vielleicht sollte ich mich also doch mal reintrauen in den Frischemarkt Gökpinar.

Und sei es nur, um mir einen Schwinger einzufangen für die despektierliche Vermutung von oben.

30 Juli 2010

Zirkelschluss



Theo Albrecht hat es gottlob oder leider nicht mehr erlebt, jenes „Präzisions-Schulreisszeug mit Mitteltrieb-Feineinstellung“, das zurzeit im Sortiment seiner Erbmasse Aldi-Nord zu finden ist.

„Bei uns damals“, wundert sich Ms. Columbo, „hieß das noch Zirkel.“ Bei uns auch, damals.

Nach dem Aldibesuch gingen wir über den Dom spazieren, der zurzeit aufgebaut wird und dank seiner Menschenleere und ratlos herumliegenden Geisterbahnfiguren eine gewisse Morbidität ausstrahlt.

Womit wir auf total unelegante Weise wieder bei Theo Albrecht angelangt sind.



07 Juli 2010

Fundstücke (87): Wow, Frucht mit Frucht!

Wie lange ist es eigentlich her, dass man das Selbstverständliche noch nicht extra erwähnen musste – vielleicht fünf Jahre? Sieben? Zehn?

Sachdienliche Hinweise sind willkommen, gerade von den Älteren unter uns.

Entdeckt in Eppendorf.

05 Juli 2010

Vielleicht Voodoo?



Sauen und Ferkel gehen bei Aldi zurzeit gar nicht gut. Und ihnen geht’s auch nicht gut: der Preisverfall immens, die Haltung in schlecht belüfteten Plastikwaben keinesfalls artgerecht. Immerhin sind die Paarhufer dort (vorläufig) noch besser dran als das arme Stofftier, welches ich unlängst leblos auf der Budapester Straße vorfand.



Mit schwarzem Klebeband von allen Sinneseindrücken abgeschnitten, mit ebendiesem auch noch stramm gewindelt und schließlich brutalstmöglich auf einer vierspurigen Hauptverkehrsstraße entsorgt: Wer tut so was? Und warum – nur weil den Petzi keiner im Urlaub versorgen wollte? Oder war es Voodoo?

Der Kiez wird mir durch solche Funde keinen Deut weniger unheimlich, ehrlich gesagt. Und das passiert oft. Überall liegt jemand oder etwas herum, das dort nicht hingehört. Und jeder lässt ihn, sie oder es liegen.

Ich im vorliegenden Fall übrigens auch, nicht nur aus hygienischen Gründen: Ich wollte einfach nicht wissen, was mich hinter dem schwarzen Klebeband erwartete.


Und seither nagt die Neugier an mir wie ein Nacktmull im Ramadan.

12 Juni 2010

(K)Ein teurer Spaß



Ich kann es wirklich nur empfehlen: nach Hause zu kommen und zu erzählen, die Vuvuzelatröte, die man stolz in der Hand hält, sei ein unwiderstehliches Schnäppchen gewesen („Nur acht Euro!“).

Ein solches Vorgehen erzeugt erstaunliche Effekte. So konsterniert habe ich nämlich Ms. Columbo selten gucken sehen. Und auch die unweigerlich folgende, mit Empörung kontaminierte Fassungslosigkeit („ACHT Euro????“) ist es allemal wert, diesen Spaß in die Wege geleitet zu haben.

In Wahrheit verschenkt Edeka diese Dinger natürlich. Wofür man den Laden teeren und federn müsste.

PS: Das Foto zeigt das Auge im Herzen des Vuvuzelasturms.

PPS: Ähm, was mach ich eigentlich jetzt mit dem Ding? Gelber Sack?

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23 Mai 2010

Die Stille nach dem Schluss



Ms. Columbo und ich sind mit schuld an diesem Desaster. Denn nur zwei-, dreimal im Jahr betraten wir Real, den supersten Supermarkt von St. Pauli, wenn nicht von ganz Hamburg.

Fußballfeldgroß ruht der Gebäudetrumm am Neuen Kamp wie der Ayers Rock vom Kiez, und jetzt hat er dichtgemacht. Heute war der letzte Tag, der Ausverkauf läuft seit Wochen. Deshalb gab es nur noch die Reste der Reste.

Hier zeigte sich in schonungsloser Offenheit, was die Akteure der Konsumgesellschaft nun wirklich nicht haben wollen, was selbst für Nachlässe von 60 Prozent nicht mehr an den Mann (oder Hund) zu bringen ist.

Zum Beispiel Jever Fun, Matschtomaten, Mülleimerdeo, Punicasaft, der „Sanitas Insektenstichheiler“, Plastikbeißknochen oder die „Pillenbox Vergiss nix“. Auch Bettwäsche des FC Bayern lag bleiern herum, dabei stand doch das Champions-League-Finale noch bevor.

Traurig schlichen die Bediensteten durch die Ödnis der Regalreihen, niedergedrückt von einer ungewissen Zukunft. Einer schob mit leerem Blick die letzten Flaschen Rosé zusammen. Einst hatte die Plörre 3,79 gekostet, jetzt 40 Prozent weniger, trotzdem blieb sie unbeachtet.

Leider war der Single Malt Scotch längst weg und die übriggebliebenen Pistazienkerne lediglich um zehn Prozent rabattiert. Statt die Leiche auszuweiden, fotografierte ich also nur ein wenig herum – die Tristesse der leeren Regale, die Traurigkeit am Ende des Tages, die Stille nach dem Schluss.

Vielleicht sieht es so irgendwann mal in allen Supermärkten aus, vielleicht ist Real die düstere Avantgarde, wer weiß das schon.

Hol deine Schäfchen ins Trockene, flüsterte es von irgendwo, doch dieser gute Rat kam nicht aus dem Supermarktradio, dessen terroristisch optimistische Promoterstimmen noch immer irgendwelche Sonderangebote anpriesen, als gäbe es kein Morgen.

Und das gibt es ja auch nicht.


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06 Mai 2010

Wie Mediamarkt den Konkurrenten Medimax auskontert

Aus der Mopo fällt mir am Montag der neue Medimaxprospekt entgegen. Er offeriert die Blu-ray-Version des zauberhaften Pixarfilms „Oben“ für noch zauberhaftere 12 Euro, und ich begebe mich schnurstracks ins Mercado nach Ottensen, um ihn zu erwerben.

Im Laden finde ich ihn nicht und wende mich an den Kassenmann. Beim Stichwort „Oben“ sackt er merklich in sich zusammen – wie jemand, dem man diese Frage heute nicht zum ersten, sondern zum hundertsten Mal stellt.

„Leider schon ausverkauft“, antwortet er erschöpft. „Dienstag oder Mittwoch kommt er wieder rein.“ Zeit für eine Belehrung. „Aber Sie bewerben das Produkt doch in Ihrem Prospekt“, sage ich, „dann sollten Sie ihn auch in ausreichenden Mengen vorrätig haben. Andernfalls“, demonstriere ich gesundes Halbwissen im Wettbewerbsrecht, „wäre das ein Lockvogelangebot.“

Der Medimaxmann sackt noch tiefer in sich zusammen, was bei seiner hageren Statur und dem farblosen Teint beinah mitleiderregend wirkt. Doch mir gelingt es ganz gut, die aufkeimende Empathie niederzukämpfen. „Wie gesagt“, seufzt er, „Dienstag oder Mittwoch.“

Na gut, dann eben nicht. Also gehe ich mal schauen, was der Mediamarkt um die Ecke zur „Oben“-Frage sagt. Unter O ist die Blu-ray aber nicht zu finden. Ich spreche einen Verkäufer an. Er sucht, blättert und findet „Oben“ schließlich ganz hinten unter P.

„Hier“, sagt er und reicht mir die Scheibe mit der gelangweilten Lässigkeit desjenigen, der einen anderen zur eigenen Freude bei einer lässlichen Dummheit ertappt hat. Ich schaue aufs Preisschild. Dort steht 22,99 Euro. Zweiundzwanzigneunundneunzig.

„Bei Medimax“, trumpfe ich unter geflissentlichem Verschweigen ihres dortigen Ausverkauftseins auf, „gibt’s die für 12.“ Weiterhin erstaunlich gelangweilt schaut mich der Verkäufer an. „Kein Problem“, sagt er, „dann eben 12.“

Ich bin sturzverblüfft und reiche ihm den Film, als er mir wortlos fordernd die Hand entgegenstreckt. Wir gehen zu Kasse. „Wissen Sie“, erläutert er beim Klappern auf der Tastatur, „wir sind da sehr kulant. Sobald die den Prospekt rausbringen, passen wir sofort die Preise an.“

Er zuppelt das 22,99-Schild vom Cover und reicht mir die Disc. „Im System ist der neue Preis auch schon drin. Kein Problem.“ Ich trotte zur Kasse, der Scanner blinzelt über den Strichcode, und das Display zeigt wahrhaftig 12 Euro an, nicht 22,99.

Medimax legt der Mopo also für einen wahrscheinlich fünfstelligen Betrag ein Riesenfaltblatt bei – und generiert damit wegen dilettantischer Einkaufspolitik Umsätze beim größten örtlichen Konkurrenten.

Manchmal liebe ich den Kapitalismus.

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23 April 2010

Wie das Partybild auf die Bahncard kam

Nein, nicht alle Kollegen sind eine Zierde meines Standes.

Manche scheinen sich trotz eines IQs, der Lothar Matthäus’ Lebensalter entspricht, geradezu verirrt zu haben in diese Welt des Denkens und Schreibens, ohne allerdings – und das ist das besonders Merkwürdige – sogleich zügig wieder hinausexpediert worden zu sein.

Zu diesen Journalisten gehört Regina.

Regina beklagt sich in einem Forum öffentlich über die Bahn. Die nämlich, schimpft sie am 3. 11. 2009, habe ihrer Bahncard statt des üblichen Passfotos etwas ganz anderes eingeschweißt: nämlich ein seltsames Partybild von ihr.

„Rätsel DB!“, schlägt sich Regina vor den überforderten Kopf – ohne auch nur ansatzweise zu begreifen, dass weltweit nur ein Mensch das Partybild beim Antragstellen versehentlich hochgeladen haben muss, und zwar sie höchstselbst: Regina.

Denn woher in Mehdorns Namen sollte die Bahn das Bildchen sonst wohl haben?

Ach, es ist ein Kreuz. Da lobe ich mir doch die Bauernschläue der Pennyfiliale in Ottensen, die einfach einen Aushang macht, wenn sie mal ein paar Ls billig loswerden will.
(Sowie ein Deppenleerzeichen.)

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14 April 2010

Verfahren eingestellt



Heute erhielt ich in Sachen Fahrraddiebstahl Post von der Staatsanwaltschaft Hamburg.

„Das Verfahren“, teilte man mir ohne jede subkutane Empathie mit, sei „eingestellt worden, weil der Täter nicht ermittelt werden konnte.“ Für eine Anzeige, die ich erst am 23. März 2010 aufgab, eine recht zügige Einstellung des Verfahrens, ehrlich gesagt.

Aber wahrscheinlich hat die Staatsanwaltschaft einfach mit absolutem Hochdruck losermittelt, schließlich ist es MATT, sagte sie sich gewiss, dem das Fahrrad entwendet wurde, also werfen wir uns mit aller verfügbaren Manpower hinein in den Fall, nach dem Motto: besser kurz und intensiv als lang und lasch.

Das Ergebnis allerdings ist insgesamt weniger lustig als die Stuhlhusse mit Kellerfalte, die ich neulich im Aldi-Sortiment entdeckte.

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