Als beim Halbfinale Deutschland-Türkei das erste Mal das Bild ausfiel und von der Straßenparty vorm Haus erstmals Schreie der Enttäuschung hochwehten in den zweiten Stock, kam mir die vermeintlich glorreiche Idee, das Spiel übers Webfernsehen Zattoo weiterzuschauen.
Damit würde ich meinen Nimbus als Technikfex bei Ms. Columbo festigen können, so viel war gewiss. Doch bei Zattoo hatte man natürlich auch nur das Vertröstungsstandbild. Dann kam der Ton wieder, das Bild aber blieb still und starr. Sehr unschön.
Denn ein Standbild ist für den übersensiblen Plasmafernseher etwa so nützlich wie ein spitzer Stein unter der Strandmatte: Es gibt sozusagen Druckstellen. Also Fernseher aus, Zattoo gestartet, Ton über den Rechner gehört.
Dann kam das Bild zurück. Fernseher wieder an, Zattoo wieder aus. Doch der Ton war plötzlich flinker als die Bilder, weil das ZDF sich visuell inzwischen beim Schweizer Sender SF-Info bediente, für den Kommentar aber das Telefon benutzte. So kannten wir Kloses Tor schon vom Hörensagen, bevor es zu sehen war. Sehr unschön.
Die Lösung: Bild via Fernseher und Ton via Ms. Columbos prähistorischem Radio aus der Küche. Fahrig suchte ich auf der UKW-Skala nach einem übertragenden Sender, und da war er auch schon.
Mr. und Ms. Columbo vor dem Volksempfänger. Wie in alten Zeiten, die wir nie erlebt haben: im Halbdunkel sitzen und wahrnehmungslos ins Ungefähre starren, weil alles Ohr wird und nichts mehr Auge ist.
Aus dem Radio kam erstaunlicherweise ebenfalls Bela Réthys Stimme. Allerdings tänzelte sie jetzt keineswegs mehr keck und wieselflink dem Bild vorneweg, sondern humpelte nun hinter ihm her wie praktisch den ganzen Abend Arne Friedrich hinter jedem beliebigen türkischen Gegenspieler. Sehr unschön.
Also Radio wieder aus, Fernsehton wieder an; und plötzlich rasteten unverhofft auch alle Scharniere wieder ein, alles war synchron – bis zum nächsten Bildausfall. Wieder switchte das ZDF um aufs Schweizer Fernsehen, wieder erzählte uns Réthy bereits vom 2:2, bevor wir sahen, wie Lehmann höflich das kurze Eck offenließ, damit der Ball auch bequem durchpasste.
Und so ging rumpelig und als Spektakel für alle Sinne ein denkwürdiger Abend zu Ende. Erst nach dem Spiel stellte ich fest, dass auf der Senderliste von Zattoo auch SF-Info zu finden ist. Wir hätten das Spiel die ganze Zeit einfach gemütlich auf dem Rechner gucken können.
Wie ist es eigentlich ausgegangen?
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25 Juni 2008
24 Juni 2008
Ein Wein, der nicht weh tut
Obwohl dort selbst die Fensterscheiben mit roter Folie verhängt sind, damit das Licht schön bordellig durch den Raum schwebt, ist das Komet in der Erichstraße einfach nur eine Kneipe, und zwar eine sehr patente.
Dort läuft heute Abend coole alte Countrymusik, dort schmauchen die Gäste direkt vor den Rauchverbotsschildern gemütlich ihren Joint.
Und dort erläutert uns die dralle Bedienung den einzigen angebotenen Weißwein mit den Worten: „Das ist ein Spanier. Nichts Besonderes, aber er tut auch nicht weh.“
Und ganz genauso ist es auch. Vielleicht gucken wir dort morgen das Halbfinale.
Dort läuft heute Abend coole alte Countrymusik, dort schmauchen die Gäste direkt vor den Rauchverbotsschildern gemütlich ihren Joint.
Und dort erläutert uns die dralle Bedienung den einzigen angebotenen Weißwein mit den Worten: „Das ist ein Spanier. Nichts Besonderes, aber er tut auch nicht weh.“
Und ganz genauso ist es auch. Vielleicht gucken wir dort morgen das Halbfinale.
23 Juni 2008
Die gemütlichsten Ecken auf St. Pauli (3)
Die bleierne Leere eines fußballlosen Abends versuche ich zu füllen – mit Staubsaugen. Seltsamerweise klappt es ganz gut.
Am schlimmsten wird es morgen Abend werden, denn die Wohnung ist sauber. Und die Stille vor dem nächsten Schuss wird ohrenbetäubend sein. Mal schauen, ob Ms. Columbo eine Alternative weiß.
Anderes Thema: Dank der verdienstvollen 3Sat-Wissenschaftssendung „Nano“ erfuhren wir heute, dass es in Deutschland nicht nur „Nabelschnurblutbanken“ gibt, sondern sogar „führende“ Nabelschnurblutbanken. Ein Wissen, mit dem ich jetzt jahrelang leben muss.
Die bleierne Leere eines fußballlosen Abends rechtfertigt geradezu jede beliebige Bebilderung. Deshalb hier völlig zusammenhanglos eine weitere üble Ecke St. Paulis, und keiner kann was dagegen tun. Entdeckt in der Balduinstraße.
Flucht ans Meer
Also eins ist ja wohl mal klar: Solange Hamburg zuverlässig einmal im Jahr von zehntausenden Bräsköppen auf Motorrädern heimgesucht wird, die zwei Tage lang nix anderes tun, als monoton knatternd über den Kiez zu ötteln, solange sind die Benzinpreise ja wohl noch immer nicht hoch genug, und zwar bei weitem nicht.
Wir flohen heute jedenfalls vor den Hamburger Harley Days an den Travemündener Strand, wo sich das Maritimhotel tapfer reckte Richtung Wolkenberge, die ihre nasse Last aber freundlicherweise bei sich behielten.
Der einzige Makel dieses perfekten Tages war ein Plakat an einem Laternenpfahl vorm Bahnhof. Es warb für die Hamburger Harley Days.
Aber wenigstens in aller Stille.
Wir flohen heute jedenfalls vor den Hamburger Harley Days an den Travemündener Strand, wo sich das Maritimhotel tapfer reckte Richtung Wolkenberge, die ihre nasse Last aber freundlicherweise bei sich behielten.
Der einzige Makel dieses perfekten Tages war ein Plakat an einem Laternenpfahl vorm Bahnhof. Es warb für die Hamburger Harley Days.
Aber wenigstens in aller Stille.
21 Juni 2008
Wie niedlich
20 Juni 2008
Keine Flaschen, weder raus noch rein
Kurz vorm Anpfiff wird zu Hause überraschend ein äußerst ernster Biermangel evident, und ich husche mit einer Tüte Pfandflaschen rüber zur Tankstelle am Spielbudenplatz.
Der Automat scheint kaputt zu sein, jedenfalls schluckt er keine der Flaschen, die ich ihm in den Hals stecke. Mit der vollen Tüte tapere ich zur Kasse und erwische zufällig den Geschäftsführer.
Ich weiß, dass er der Geschäftsführer ist, weil er in jeder Dokumentation, die Spiegel-TV über diese Tanke dreht – und das tut Spiegel-TV gefühlte dreimal im Jahr –, als Geschäftsführer vorgestellt wird und stets gewichtige Dinge über die skurrilen Besucher seiner Tankstelle zu erzählen weiß. Über Leute wie mich also.
Ich benötigte Fußballbier, bedeute ich ihm, und müsse vorher die leeren Flaschen los werden, sonst fehlten mir die Transportkapazitäten. Der Geschäftsführer schüttelt bedächtig den Kopf. Es sei schon nach 8, erklärt er mir mit dem schmerzlichen Tonfall des vom Moloch der Bürokratie schwer geknechteten freien Unternehmers, und er dürfe keine Flaschen mehr annehmen; daher sei auch pünktlich um 8 der Rücknahmeautomat vom Stromnetz getrennt worden.
Von der Kiezregelung, nach 8 keine Flaschen mehr herausgeben zu dürfen, habe ich schon mal gehört. Dass aber auch das Gegenteil verboten ist, trifft bei mir auf große Verwunderung. Eine Phase, die der Geschäftsführer schon hinter sich hat.
Tja, so sei die Lage, sagt er leise, er müsse sich daran halten. Allmählich wird meine Lage prekär. Ich werde a) meine Flaschen nicht los, darf b) keine neuen kaufen, für die ich c) sowieso keine Hand mehr frei hätte, und d) ist gleich Anpfiff.
Eine Situation nah am Abgrund des Fatalen, die zu spontan aufflammender Menschlichkeit beim GF führt – der Samariter erbarmt sich doch noch. Er winkt einen Angestellten herbei und instruiert ihn, meine Pfandflaschen mit dem inzwischen beschafften Büchsenbier zu verrechnen. Strike!
Als ich erhitzt nach Hause komme, läuft gerade die portugiesische Nationalhymne, der Abend kann beginnen. Und er wird perfekt: Ballack nämlich schiss uns nicht nur ins Viertel-, er scheißt uns schließlich auch endgültig ins Halbfinale. Ein Traum.
(Mit Dank an Tommy, der mich auf diesen wunderhübschen Aussetzer bei N24 aufmerksam machte.)
Der Automat scheint kaputt zu sein, jedenfalls schluckt er keine der Flaschen, die ich ihm in den Hals stecke. Mit der vollen Tüte tapere ich zur Kasse und erwische zufällig den Geschäftsführer.
Ich weiß, dass er der Geschäftsführer ist, weil er in jeder Dokumentation, die Spiegel-TV über diese Tanke dreht – und das tut Spiegel-TV gefühlte dreimal im Jahr –, als Geschäftsführer vorgestellt wird und stets gewichtige Dinge über die skurrilen Besucher seiner Tankstelle zu erzählen weiß. Über Leute wie mich also.
Ich benötigte Fußballbier, bedeute ich ihm, und müsse vorher die leeren Flaschen los werden, sonst fehlten mir die Transportkapazitäten. Der Geschäftsführer schüttelt bedächtig den Kopf. Es sei schon nach 8, erklärt er mir mit dem schmerzlichen Tonfall des vom Moloch der Bürokratie schwer geknechteten freien Unternehmers, und er dürfe keine Flaschen mehr annehmen; daher sei auch pünktlich um 8 der Rücknahmeautomat vom Stromnetz getrennt worden.
Von der Kiezregelung, nach 8 keine Flaschen mehr herausgeben zu dürfen, habe ich schon mal gehört. Dass aber auch das Gegenteil verboten ist, trifft bei mir auf große Verwunderung. Eine Phase, die der Geschäftsführer schon hinter sich hat.
Tja, so sei die Lage, sagt er leise, er müsse sich daran halten. Allmählich wird meine Lage prekär. Ich werde a) meine Flaschen nicht los, darf b) keine neuen kaufen, für die ich c) sowieso keine Hand mehr frei hätte, und d) ist gleich Anpfiff.
Eine Situation nah am Abgrund des Fatalen, die zu spontan aufflammender Menschlichkeit beim GF führt – der Samariter erbarmt sich doch noch. Er winkt einen Angestellten herbei und instruiert ihn, meine Pfandflaschen mit dem inzwischen beschafften Büchsenbier zu verrechnen. Strike!
Als ich erhitzt nach Hause komme, läuft gerade die portugiesische Nationalhymne, der Abend kann beginnen. Und er wird perfekt: Ballack nämlich schiss uns nicht nur ins Viertel-, er scheißt uns schließlich auch endgültig ins Halbfinale. Ein Traum.
(Mit Dank an Tommy, der mich auf diesen wunderhübschen Aussetzer bei N24 aufmerksam machte.)
19 Juni 2008
Das Matt’sche Axiom
Fanmeile, Heiligengeistfeld: Vor meinen Füßen liegt doch wahrhaftig ein damen- und herrenloser 5-Euro-Schein im Staub.
Triumphierend halte ich ihn in den milden Schein der Abendsonne und spendiere dann vor lauter Finderglück Ms. Columbo, dem Franken und mir eine Runde Getränke an der polnischen Fressbude.
Sie kostet mich knapp 10 Euro, und das beweist unwiderlegbar das sogenannte Matt’sche Axiom: Gewährte man uns Beschäftigten 5 Prozent mehr Gehalt, so steigerten wir sofort mithilfe des privaten Konsums das deutsche Wirtschaftswachstum um glattweg das Doppelte – aus purer Dankbarkeit.
Zum Juli, Arbeitgeber, gäbe es die nächste Gelegenheit, das Matt’sche Axiom in die Tat umzusetzen. Hier sind schon mal drei, die dafür sind.
18 Juni 2008
16 Juni 2008
Danke, Ballack Obama!
Vielleicht ist die Zeitschriftenauswahl ja spezifisch für den Kiosk hier im U-Bahnhof St. Pauli, vielleicht gibt es sie aber auch in der Fußgängerzone von Castrop-Rauxel.
Jedenfalls führt unser Kiosk am Rande des Rotlichtviertels viele Magazine für unterschiedlichste sexuelle Spezialinteressen. Darunter an prominenter Stelle (aber hinter Glas!) auch das verdienstvolle Blatt „Leg Show“, das einer unverhohlenen Vorliebe für Frauenbeine frönt (sowie all das, was direkt darüber anschließt).
Es tut das freilich einen Tuck weniger wagemutig als sein direktes Konkurrenzmedium „Leg Sex“ und rangierte daher bislang etwas höher auf meiner inneren Seriositätsskala. Gestern aber geriet meine Meinung von „Leg Show“ ins Wanken, und zwar wegen eines hammerharten Tippfehlers mitten auf der Titelseite (mehr sehe ich ja nicht vom Heft).
„Ennirenung“ stand da in schonungsloser Obszönität. Da ist wohl dem Schlusskorrektor der Sabber aufgestiegen bis hoch in die Tränendrüsen, so dass er alles nur noch verschwommen sah. Ich habe „Leg Show“ zwar noch nie gekauft, doch jetzt kauf ich’s erst recht nicht mehr.
Obwohl heute Abend beim Spiel Deutschland-Österreich durchaus anregender Lesestoff eine Chance gehabt hätte, so mäßig war die Partie. Yes, we can!, hatte ich zwar vorher erwartungsfroh vermutet, und dann kam er ja auch noch, unser Garant für den „change“: Ballack Obama.
Doch das war’s auch schon, und so lautete meine Fazit am Ende: Not gegen Elend. Ms. Columbo pflichtete mir bei, formulierte es jedoch erheblich hintersinniger. „Ich würde Jogi Löw als Erstes die Frage stellen“, sagte sie, „ob es nicht zu riskant war, gegen Österreich mit einer B-Mannschaft anzutreten.“
Wirklich schade, dass Monica Lierhaus nicht auf diese Idee gekommen ist.
PS: Draußen versuchen übrigens gerade deutsche Fans die türkischen Fans zu imitieren. Es klappt nur im Ansatz.
Jedenfalls führt unser Kiosk am Rande des Rotlichtviertels viele Magazine für unterschiedlichste sexuelle Spezialinteressen. Darunter an prominenter Stelle (aber hinter Glas!) auch das verdienstvolle Blatt „Leg Show“, das einer unverhohlenen Vorliebe für Frauenbeine frönt (sowie all das, was direkt darüber anschließt).
Es tut das freilich einen Tuck weniger wagemutig als sein direktes Konkurrenzmedium „Leg Sex“ und rangierte daher bislang etwas höher auf meiner inneren Seriositätsskala. Gestern aber geriet meine Meinung von „Leg Show“ ins Wanken, und zwar wegen eines hammerharten Tippfehlers mitten auf der Titelseite (mehr sehe ich ja nicht vom Heft).
„Ennirenung“ stand da in schonungsloser Obszönität. Da ist wohl dem Schlusskorrektor der Sabber aufgestiegen bis hoch in die Tränendrüsen, so dass er alles nur noch verschwommen sah. Ich habe „Leg Show“ zwar noch nie gekauft, doch jetzt kauf ich’s erst recht nicht mehr.
Obwohl heute Abend beim Spiel Deutschland-Österreich durchaus anregender Lesestoff eine Chance gehabt hätte, so mäßig war die Partie. Yes, we can!, hatte ich zwar vorher erwartungsfroh vermutet, und dann kam er ja auch noch, unser Garant für den „change“: Ballack Obama.
Doch das war’s auch schon, und so lautete meine Fazit am Ende: Not gegen Elend. Ms. Columbo pflichtete mir bei, formulierte es jedoch erheblich hintersinniger. „Ich würde Jogi Löw als Erstes die Frage stellen“, sagte sie, „ob es nicht zu riskant war, gegen Österreich mit einer B-Mannschaft anzutreten.“
Wirklich schade, dass Monica Lierhaus nicht auf diese Idee gekommen ist.
PS: Draußen versuchen übrigens gerade deutsche Fans die türkischen Fans zu imitieren. Es klappt nur im Ansatz.
Feucht, und am Ende auch fröhlich
Forsch bog ich am Hamburger Berg rechts ein in die Taxigasse der Reeperbahn und sah aus dem Nichts ein Taxi rückwärtsfahrend auf mich zukommen.
Reflexartig stieg ich in die Eisen auf regennasser Straße, legte mich ergo gepflegt hinter den Mercedes, und während ich zappelnd auf dem Rücken lag wie ein betrunkener Maikäfer, wartete ich ergeben darauf, überrollt zu werden.
Doch der nette Mann hatte seinen höflichen Tag und stoppte. Ich rappelte mich auf, alles war noch dran. Er kurbelte das Fenster runter und sagte: „Das war nicht meine Schuld.“
Er schien Türke zu sein. Als wir so dastanden, Schicksalsgenossen im Beinahunglück, wussten wir beide noch nicht, dass sein Team heute Abend ins EM-Viertelfinale einziehen und die Fans erneut hupend und hysterisch den Kiez lahmlegen würden – und zwar zu seinem Schaden, denn wie kann man als Taxifahrer Umsatz machen, wenn man definitiv die ganze Nacht nicht mehr rauskommt aus der Taxigasse, weil zehntausende Fans den Verkehr kollabieren lassen?
Ähm, wo war ich? Ach ja: bei der Schuldfrage. Nein, nein, natürlich treffe ihn keine Schuld, beschwichtigte ich ihn, setzte mich zitternd aufs Rad und fuhr vorsichtig zum Flohmarkt in der Museumsstraße, wo ich stapelweise Vinyl und CDs (Foto) für empörend wenig Geld erstehen konnte, darunter mehrere klasse erhaltene Zappascheiben aus den 60ern für keine drei Euro das Stück.
Nach dem Präludium – dem fast folgenlosen Kontakt mit der feuchten Straße – folgte als Finale also nun der feuchte Traum eines jeden Plattensammlers. So konnte ich ein insgesamt äußerst positives Fazit dieses Sonntags ziehen.
Nur die neue Hose musste gleich am ersten Tag in die Wäsche.
14 Juni 2008
W31/L32!
Immer wenn ich Hosen kaufen will, weiß ich im Laden zuverlässig die Größe nicht mehr. Auch heute wieder.
Daraufhin setzt ein ermüdender Try-and-error-Prozess ein. Haufenweise schleppe ich Hosen in die Kabine und taste mich nach und nach ans Hüft- und Längenoptimum heran.
Wer jetzt einwendet: „Guck doch einfach auf die Hose, die die du am Leib trägst, oder stehst du auf Kilt?“, der hat nur theoretisch recht. Dort steht nämlich was von 50, doch im Laden prasselt ein Wirrwarr aus 96, 30W oder 08 minus 15 auf mich ein. Die Zahlenkombination meines mitgebrachten Beinkleids ist indes nirgends aufzufinden.
Die Internationalisierung der Größencodierungen, das Neben-, Über- und Durcheinander all dieser Zahlen und Länderkürzel führt bei mir eh rasch zu einer Duldungsstarre mit einhergehender Hosengrößenamnesie. Nichts anderes bleibt mir also übrig, als eine um die andere Hose anzuprobieren, und das nervt bis zur Konsumverweigerung.
Dem deutschen Hosenhandel entgehen durch mich beträchtliche Summen jährlich, denn lieber trage ich auch das älteste Exemplar auf oder lasse es reparieren, als mich den Peitschenhieben unverständlicher Zahlenkolonnen auszusetzen und stundenlang in und aus Umkleidekabinen zu schlurfen.
Die einzige Chance, mich für künftige Einkäufe zu rüsten, bietet im Grunde dieses Blog. Hiermit verkünde ich daher ex cathedra meine gestern wieder einmal in mühevollen Anproben deduktiv rekonstruierte optimale Hosengröße und dokumentiere sie so ein für alle mal zitierfähig für mich und die Nachwelt: Es ist W31/L32.
Jetzt braucht der potenzielle Hosenladen meines Vertrauens (zu dem bisher dank meiner seltenen Käufe noch keiner avancieren konnte) nur noch einen öffentlichen Webzugang, ich surfe sodann zur Rückseite der Reeperbahn, suche oben links nach „Hosengröße“, und weiß sofort Bescheid: W31/L32.
Das alles hat natürlich nur wenig mit der abgebildeten Diabetikersocke zu tun. Aber ein bisschen was eben doch.
Daraufhin setzt ein ermüdender Try-and-error-Prozess ein. Haufenweise schleppe ich Hosen in die Kabine und taste mich nach und nach ans Hüft- und Längenoptimum heran.
Wer jetzt einwendet: „Guck doch einfach auf die Hose, die die du am Leib trägst, oder stehst du auf Kilt?“, der hat nur theoretisch recht. Dort steht nämlich was von 50, doch im Laden prasselt ein Wirrwarr aus 96, 30W oder 08 minus 15 auf mich ein. Die Zahlenkombination meines mitgebrachten Beinkleids ist indes nirgends aufzufinden.
Die Internationalisierung der Größencodierungen, das Neben-, Über- und Durcheinander all dieser Zahlen und Länderkürzel führt bei mir eh rasch zu einer Duldungsstarre mit einhergehender Hosengrößenamnesie. Nichts anderes bleibt mir also übrig, als eine um die andere Hose anzuprobieren, und das nervt bis zur Konsumverweigerung.
Dem deutschen Hosenhandel entgehen durch mich beträchtliche Summen jährlich, denn lieber trage ich auch das älteste Exemplar auf oder lasse es reparieren, als mich den Peitschenhieben unverständlicher Zahlenkolonnen auszusetzen und stundenlang in und aus Umkleidekabinen zu schlurfen.
Die einzige Chance, mich für künftige Einkäufe zu rüsten, bietet im Grunde dieses Blog. Hiermit verkünde ich daher ex cathedra meine gestern wieder einmal in mühevollen Anproben deduktiv rekonstruierte optimale Hosengröße und dokumentiere sie so ein für alle mal zitierfähig für mich und die Nachwelt: Es ist W31/L32.
Jetzt braucht der potenzielle Hosenladen meines Vertrauens (zu dem bisher dank meiner seltenen Käufe noch keiner avancieren konnte) nur noch einen öffentlichen Webzugang, ich surfe sodann zur Rückseite der Reeperbahn, suche oben links nach „Hosengröße“, und weiß sofort Bescheid: W31/L32.
Das alles hat natürlich nur wenig mit der abgebildeten Diabetikersocke zu tun. Aber ein bisschen was eben doch.
13 Juni 2008
Telefonprotokolle (3)
Heute rief mich ein Musikpromoter aus Berlin an. Es entspann sich folgender Dialog (Gedächtnisprotokoll):
„Hey, Matt, sag mal, mit was muss ich dich denn bestechen, damit du die Platte besprichst?“
„Der Veröffentlichungstermin ist wichtiger.“
„Die Platte kommt am 25. Juli.“
„Na, dann schick doch mal. Vielleicht kann sie sich ja im August gegen die Konkurrenz durchsetzen.“
„Okay. Aber noch mal: Goldene Rolex? Sportwagen?“
„Sexuelle Vergünstigungen sind mir lieber.“
„Au-ha! … Aber wir sind gut bestückt.“
„Dann leg der CD doch einfach Fotos bei.“
„Alles klar. Du hast bald Post.“
„Hey, Matt, sag mal, mit was muss ich dich denn bestechen, damit du die Platte besprichst?“
„Der Veröffentlichungstermin ist wichtiger.“
„Die Platte kommt am 25. Juli.“
„Na, dann schick doch mal. Vielleicht kann sie sich ja im August gegen die Konkurrenz durchsetzen.“
„Okay. Aber noch mal: Goldene Rolex? Sportwagen?“
„Sexuelle Vergünstigungen sind mir lieber.“
„Au-ha! … Aber wir sind gut bestückt.“
„Dann leg der CD doch einfach Fotos bei.“
„Alles klar. Du hast bald Post.“
Kein Curling auf Tuvalu
Nun gut, jetzt kommt es am kommenden Montag also wirklich zum entscheidenden Duell zwischen Deutschland und Österreich.
Wer nicht bis dahin auf den Spielausgang warten möchte: Erste Hinweise ergeben sich aus einem höchst aufschlussreichen Interview, das ich unlängst mit dem furiosen deutsch-österreichischen Komikerduo Stermann & Grissemann führte. Hier ein kleiner Ausschnitt:
U_mag: Wie können Jogis Löwen Österreichs Pandabären schlagen, mit welcher Killertaktik?
Grissemann: Das wird auch ohne Taktik klappen, garantiert.
Stermann: Österreich gibt sich sehr viel Mühe, ein netter Gastgeber zu sein. Wieso sollte die deutsche Mannschaft also gegen Österreich gewinnen - um erneut das Bild des „hässlichen Deutschen“ abzugeben? Nein. Nach der WM, wo Deutschland der Welt ein neues, positives Gesicht gezeigt hat, muss es jetzt auch auf dem Platz Taten folgen lassen. Ausscheiden nach der Vorrunde muss es heißen, sonst waren alle schönen Worte während der WM nur schöne Worte.
U_mag: Vielleicht kommen wir eh gegen die überlegene Physis der Österreicher nicht an; immerhin können sie die ganze Saison über ihre geografischen Vorteile ausspielen – Stichwort: Höhentraining. Warum geht ihnen trotzdem immer direkt nach der ersten Halbzeit die Luft aus?
Grissemann: Das liegt wohl an der grundsätzlich zerbrechlichen Physis. Der Österreicher ist Künstler, kein Sportler: blass, vornübergebeugt und asthmatisch. Siehe André Heller.
Stermann: Höhentraining? Wovon reden Sie? Wir sind der Keller Europas, hat sich das nicht bis zu Ihnen nach Hamburg rumgesprochen ...? Viele, gerade Jugendliche, wachsen in Kellern auf, in denen man kaum aufrecht stehen kann! Und in den Bergen leben kaum mehr Österreicher, sondern nur noch ostdeutsche Gastarbeiter, die als Kellner und Liftwarte zu teuer gewordene Rumänen abgelöst haben. Deshalb wird es in ein paar Jahren auch wieder gute deutsche Skifahrer geben. The circle of life.
U_mag: Sollte man das Fußballspielen in den Alpen nicht generell verbieten? Immerhin spielt man auf Tuvalu auch kein Curling.
Grissemann: Gute Idee! Ich bin immer für Verbote.
Stermann: In den Bergen gibt es ja sehr wenige Fußballplätze. Dafür aber hat die Seitenwahl zu Beginn eines Spiels eine viel größere Bedeutung: Soll man in der ersten Hälfte bergauf oder bergab spielen?
U_mag: Ein solches Verbot hätte einen weiteren Vorteil: Man könnte es aufs voralpine München ausweiten und wäre schlagartig auch den FC Bayern los.
Stermann: Verbote ändern nichts. Durch Verbote kommen die Menschen überhaupt erst auf den Geschmack. Bevor es die Zehn Gebote gab, hätte niemand im Traum daran gedacht, sich die Nachbarin unter sexuellen Gesichtspunkten anzuschauen oder Gott zu malen. Aber kaum waren die Zehn Gebote da: nix wie rüber und zur Nachbarin unter die Decke. Würde man den FC Bayern verbieten, zehn neue FC Bayerns kämen.
U_mag: Herr Stermann, angenommen, Sie (als Deutscher) dürften einen Tag die Österreicher trainieren: Mit welchen Ad-hoc-Maßnahmen wäre der größte Schaden anzurichten?
Stermann: Ich habe zu meinem 40. Geburtstag von der Republik Österreich das Geschenk bekommen, ein Jahr lang die Nationalmannschaft trainieren zu dürfen. Es war eine schöne Zeit. Ich habe das Spiel ohne Ball forciert. Wir sind viel gereist, haben diskutiert, sind ins Kino gegangen und haben mit Erwin Wurm zusammen Kunstaktionen gemacht. Alle Spieler von damals sind heute an der Universität für Angewandte Kunst als Dozenten tätig oder haben Professuren an der Kunstakademie. Bildung und ein Hang zur Schöngeisterei hat noch niemandem geschadet. Gut, wir haben in der Zeit alle Spiele hoch verloren. Aber wie! Wunderschön … Als ich Teamchef der ÖFB-Elf war, sprachen wir nie über Elfmeter, aber viel über Hexameter. Wir sprachen auch nicht über Ecken, sondern über Rhomben. Einen Elfmeter „verwandeln“ – über diese Formulierung haben wir viel diskutiert. Wir haben dann mit Illusionisten zusammen Elfmeter „verwandelt“: in Hühner, Wurst oder Riesenschnitzel. Das war durchaus politisch gemeint.
Und so ging das noch eine ganze Weile weiter. Wer die zur Hochform auflaufenden Komiker in voller Länge erleben möchte, ist hier an der richtigen Stelle.
Foto: Udo Leitner
12 Juni 2008
Im Türkentrubel
Mittags versagt an sehr delikater Stelle mein Reißverschluss. Die Sache ist komplett irreparabel, zumindest für einen Hosenlatzlaien wie mich.
Ich muss nach Hause, mich umziehen, denn abends steht ein repräsentativer Termin an; es wäre seltsam, stünde ich dort die ganze Zeit herum und zöge mir mit beiden Händen mein St.-Pauli-Weltpokalsiegerbesieger-T-Shirt runter bis zum Oberschenkel.
So handhabe ich es jedenfalls im Bus nach Hause. Auch auf der Reeperbahn, wo mein reißverschlussloses Outfit gewiss noch am ehesten durchginge, verfalle ich in diese verkrampft wirkende Gehhaltung. Zum Glück sind dort – wie immer – viel merkwürdigere Leute unterwegs als meine Durchschnittlichkeit, weshalb mich niemand komisch anschaut.
Zu Hause wechsle ich die Hose und schwinge mich aufs Rad. Auf halber Strecke donnert ein hämischer Regenguss herab, und als ich im Büro ankomme, steht fest: Ich muss mich umziehen. Eigentlich. Doch in Frage kommt jetzt nur noch sukzessives Trocknen im Sitzen.
Als ich kurz vor Mitternacht vom Repräsentieren komme, ist die Reeperbahn ein Tollhaus. Türkische Jugendliche hupen, toben und tanzen herum, als hätte ihr Team das EM-Endspiel just 8:0 für sich entschieden, dabei gewann es nur eine Vorrundenpartie in letzter Sekunde gegen die lahme Schweiz und hat sich bisher noch nicht mal für die K.O.-Spiele qualifiziert.
Wenn man sich aber so anschaut und -hört, was sich bereits jetzt hier abspielt zwischen Boutique Bizarre und Davidwache, dann kristallisiert sich wie von selbst der Wunsch heraus: Bitte, Türkei, lass gut sein, nicht noch mal gewinnen, okay?
Als ich mittendrin war im Türkentrubel, habe ich diesen Wunsch aber nur stumm geäußert. Hey, die hatten Fahnenstangen!
11 Juni 2008
Frauen: Bitte nicht lesen!
Wahrscheinlich stehe ich eh im Ruf, eine Spur zu oft über Obdachlose und Herrentoiletten zu schreiben. Also ist es auch egal, wenn das heute schon wieder passiert, sogar en bloc.
Der Franke und ich sitzen auf dem Alma-Wartenberg-Platz vorm Türkenbistro, das einen Flachbildfernseher zum Fußballgucken aufgestellt hat. Es gibt technische Probleme. Drei Bistromitarbeiter tüfteln am TV herum, um das Erste reinzukriegen, wo das EM-Spiel Spanien-Russland übertragen wird.
Es will nicht klappen. ZDF, NDR, RTL: alles prima, aber wo ist das Erste? Wir ordern schon mal je ein Bier, denn Optimismus ist unser zweiter Vorname.
Plötzlich tritt einer der Obdachlosen heran, die das ganze Jahr über auf dem Platz lagern. Manchmal spielen sie Fußball, dann kriegen sie Ärger mit der Gastronomie. Manchmal prügeln sie sich, dann kriegen sie Ärger mit der Polizei. Immer aber betteln sie und beschleunigen damit den Schritt der Passanten.
Heute jedoch beschwert sich einer. Und zwar über das fehlende Fernsehbild zur Fußballübertragung. Eine Dreistigkeit, die mir Respekt abnötigt. Nicht aber dem Bistrobesitzer, der dem erregten zahnarmen Späthippie schließlich mit einem probaten Stilmittel der körperlichen Gewalt (Schubsen) unmissverständlich bedeutet, sich gefälligst zu trollen.
Geduldet werden hier halt nur Konsumenten von Bier und/oder Döner, und da kann der Hippie nicht mithalten. Weil uns zu kalt ist, wechseln wir in der Halbzeit in die „Bar“ um die Ecke. Dort ist es mollig, das Bier sogar billiger, und Obdachlose trauen sich nicht hinein, selbst nicht zum Beschweren.
Auf dem Klo entdecke ich den abgebildeten fußballaffinen Einsatz im Pissoir und frage mich ernsthaft, was Frauen wohl von uns Männern dächten, wenn sie wüssten, wie großartig wir es finden, mit unserem naturgegebenen kraftvollen Strahl einen Ball in ein Tor zu dirigieren.
Gut, ich weiß schon, was Frauen darüber dächten. Doch zum Glück werden sie dank des Titels dieses Beitrags von unserer Marotte nie erfahren.
10 Juni 2008
Schock nach Mitternacht
Wenn du dich vorm Schlafengehen noch mal bei deiner Bank eingeloggt hat, um dir die mutmaßlichen Habenstände deiner insgesamt drei Konten anzuschauen, dann ist die abgebildete Statusmeldung nicht gerade ein Quell großer Freude.
Im Gegenteil: Mir wurde entschieden blümerant. Erst nach einer angemessenen Schockstarre fand ich im anschließenden Adrenalinrausch heraus: Es lag an der üblichen Ausfallzeit zwischen ein und zwei Uhr nachts.
Diese Einrichtung hat mich schon öfter genervt, denn wozu soll Onlinebanking gut sein, wenn nicht zu dem Zweck, es nach Belieben betreiben zu können?
Doch auch online gibt es Schalterstunden, und manchmal kommst du nur in einen Vorraum, wo ein Rechenknecht sitzt und nichts weiß von irgendwelchen Konten, die du angeblich mal hier gehabt haben sollst.
Vielleicht ist die klassische Lagermethode Untermkopfkissenverstecken doch die beste – für die Nerven auf alle Fälle.
08 Juni 2008
Nicht traurig sein
Auf Märkten
Kurzzeitig erwog ich heute den Besuch des Eppendorfer „Frauenflohmarkts“. Einfach nur um herauszufinden, was man heutzutage so zahlen muss für Frauen aus zweiter oder dritter Hand.
Wahrscheinlich ist das aber schlicht zustandsabhängig, wie bei jeder Gebrauchtware. Daher entschied ich mich für eine Veranstaltung um die Ecke, und zwar für das „Rewe Family Sommerfest“ auf dem Heiligengeistfeld.
Dort war es sehr voll und sehr merkwürdig. Adipöse Familien liehen sich am Eingang Bollerwagen, um sie dann an diversen Verkaufsständen mit riesigen 5-Euro-Tüten Crunchips, Milramjoghurt, Caprisonne oder Cappuccinopaketen zu füllen.
Um der Herausforderung auch kräftemäßig gewachsen zu bleiben, mümmelten sie zwischendurch an Fressständen Bratwürste für einen Euro das Stück. All das sicherte zweifellos generationsübergreifend die Dauerhaftigkeit ihrer Adipositas, und das trug zu großer Zufriedenheit bei.
Meine Welt war das dennoch nicht. So trollte ich mich bollerwagenlos zum Schlachthofflohmarkt, wo ich einen Stapel vermeintlich seltener und perfekt erhaltener Laserdiscs für 1,60 Euro das Stück erstand, obwohl ich nicht einmal ein Laserdiscabspielgerät besitze.
Ich hielt den Deal dennoch für ausgesprochen pfiffig, doch zu Hause musste ich feststellen: Bei Ebay sind diese Scheiben Ladenhüter. Selbst für einen Euro wird man sie nur noch im Glücksfall los.
Vielleicht wäre der Eppendorfer Frauenflohmarkt heute doch die bessere Alternative gewesen.
Wahrscheinlich ist das aber schlicht zustandsabhängig, wie bei jeder Gebrauchtware. Daher entschied ich mich für eine Veranstaltung um die Ecke, und zwar für das „Rewe Family Sommerfest“ auf dem Heiligengeistfeld.
Dort war es sehr voll und sehr merkwürdig. Adipöse Familien liehen sich am Eingang Bollerwagen, um sie dann an diversen Verkaufsständen mit riesigen 5-Euro-Tüten Crunchips, Milramjoghurt, Caprisonne oder Cappuccinopaketen zu füllen.
Um der Herausforderung auch kräftemäßig gewachsen zu bleiben, mümmelten sie zwischendurch an Fressständen Bratwürste für einen Euro das Stück. All das sicherte zweifellos generationsübergreifend die Dauerhaftigkeit ihrer Adipositas, und das trug zu großer Zufriedenheit bei.
Meine Welt war das dennoch nicht. So trollte ich mich bollerwagenlos zum Schlachthofflohmarkt, wo ich einen Stapel vermeintlich seltener und perfekt erhaltener Laserdiscs für 1,60 Euro das Stück erstand, obwohl ich nicht einmal ein Laserdiscabspielgerät besitze.
Ich hielt den Deal dennoch für ausgesprochen pfiffig, doch zu Hause musste ich feststellen: Bei Ebay sind diese Scheiben Ladenhüter. Selbst für einen Euro wird man sie nur noch im Glücksfall los.
Vielleicht wäre der Eppendorfer Frauenflohmarkt heute doch die bessere Alternative gewesen.
07 Juni 2008
Zwischen Pissoir und Power-Frau
Ausgerechnet die altehrwürdige Laeiszhalle (Foto), ein Konzerthaus in vollem Stuck- und Kronleuchterornat, inspirierte mich heute zu urinalen Gedanken.
Es passiert kurz vor Beginn des Cat-Power-Konzertes, als ich im Herrenklo auf eine freie Kabine warte und etwas Zeit habe, über die Bedingungen des Stehpinkelns nachzudenken.
Pissoirs sind in hygienischer Hinsicht nämlich suboptimal, Näheres später. Ich jedenfalls benutze sie deshalb nur im Notfall und gehöre damit zu einer belächelten Minderheit. Selbst wenn meine Geschlechtsgenossen alle Urinale belegt vorfinden, verschmähen sie oftmals die verlockende Infrastruktur einer Kabine und stehen im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte lieber Schlange vorm Pinkelbecken.
Dabei sind die – wie erwähnt – hygienisch gesehen nicht der Weisheit letzter Schluss. Zwar ist es problemlos möglich, sich nach ihrer Nutzung am Waschbecken die Hände zu säubern, doch wie steht es um jenes Körperteil, dessen Berührung ja gerade das Säubern der Hände erforderlich machte?
Für eine entsprechende Behandlung des männlichen Körperzentrums stellen Urinal und sein Ambiente keinerlei Utensilien zur Verfügung. Frauen machen sich davon wahrscheinlich gar keine Vorstellung, doch der User des Urinals ist zurückgeworfen auf ein mittelfrequentes, aber aus Gründen des Selbst- und Nachbarschaftsschutzes nicht gar zu dolles Schütteln a posteriori.
Das hat allerdings kaum mehr als ein grobes Abtropfen zur Folge. Papier oder gar ein säubernder Wasserstrahl (dessen Zielgenauigkeit eh nicht zu garantieren wäre) stehen am Urinal nirgends zur Verfügung, und in dieser Hinsicht ist das Laeiszhallenklo keinen Deut besser als das stille Örtchen einer Kaschemme wie dem Windjammer in der Davidstraße.
Nein, an jedem verdammten Pissoir ist man alternativlos angewiesen aufs Wegstecken und -gehen, mit doofen Konsequenzen für die Innenseite der Unterhose. „Da hilft kein Schütteln und Klopfen“, weiß schon der Volksmund, „in die Hose geht der letzte Tropfen“ – und recht hat er.
Ja, und deshalb warte ich stets geduldig auf eine freie Kabine, auch in der Laeiszhalle, bevor Cat Power „The dark end of the street“ singen wird, einen meiner ewigen Lieblingssongs.
Jetzt geht eine Tür auf. Ein drahtiger Mann kommt heraus – und hetzt ohne Waschbeckenstopp zum Ausgang, zu Cat Power. Abgezogen hat er auch nicht.
Irgendwie habe ich das Gefühl, er wäre für meine Überlegungen zum Urinal nicht besonders offen gewesen.
05 Juni 2008
Das folgenreiche Kurzarmhemd
Heute Abend treffe ich mich mit dem Stilterroristen GP im Hamburg City Beach Club. Ich weiß, er hasst Kurzarmhemden, deshalb suche ich den Kleiderschrank danach ab und werde schließlich hinten links fündig.
In ganzer karierter Kurzarmhemdpracht tauche ich im Beach Club auf. Ein voller Erfolg. Mein Anblick führt bei GP zu einem ästhetisch induzierten Schock, den er mit gespielter Agilität und einem mühsam inszenierten Grinsen zu übertünchen versucht. Erst die eilends beschaffte Currywurst, in die er temporär starren kann, löst seine Verkrampfung halbwegs.
Dann tritt der Schlagerveräppeler Alexander Marcus auf. In einer rosa Hose singt er „Papaya“ – eine Performance, die GP mit nicht abreißendem Carlsbergnachschub vergleichsweise souverän zu überstehen weiß.
Um meinen Anblick halsabwärts zu meiden, stiert er mir blinzellos in die Augen wie ein Replikant und versucht das Gespräch auf seinen geplanten Fitnessclubeintritt zu lenken. Ich soll ihn werben dürfen.
Seine ersten laienhaften Fragen beschäftigen sich aber nicht mit den angebotenen Kursen, der Sauberkeit der Sauna oder den Knackärschen der geilen Trainerinnen, nein: Er will wissen, was man anziehen muss beim Trainieren.
Kurzarmhemden, sage ich. Man darf nur in Kurzarmhemden trainieren. Er erstarrt und springt in die Elbe.
Zumindest in einer idealen Welt wäre das so abgelaufen, doch ich erzähle ihm irgendetwas von Indoorsneakers, Shorts und T-Shirts, und dann holt er auch schon das nächste Carlsberg, während Alexander Marcus bei „Ciao ciao bella“ angekommen ist.
Ja, das Leben kann so schön sein an einem Sommerabend am Elbstrand in der besten aller Städte und im Kurzarmhemd.
In ganzer karierter Kurzarmhemdpracht tauche ich im Beach Club auf. Ein voller Erfolg. Mein Anblick führt bei GP zu einem ästhetisch induzierten Schock, den er mit gespielter Agilität und einem mühsam inszenierten Grinsen zu übertünchen versucht. Erst die eilends beschaffte Currywurst, in die er temporär starren kann, löst seine Verkrampfung halbwegs.
Dann tritt der Schlagerveräppeler Alexander Marcus auf. In einer rosa Hose singt er „Papaya“ – eine Performance, die GP mit nicht abreißendem Carlsbergnachschub vergleichsweise souverän zu überstehen weiß.
Um meinen Anblick halsabwärts zu meiden, stiert er mir blinzellos in die Augen wie ein Replikant und versucht das Gespräch auf seinen geplanten Fitnessclubeintritt zu lenken. Ich soll ihn werben dürfen.
Seine ersten laienhaften Fragen beschäftigen sich aber nicht mit den angebotenen Kursen, der Sauberkeit der Sauna oder den Knackärschen der geilen Trainerinnen, nein: Er will wissen, was man anziehen muss beim Trainieren.
Kurzarmhemden, sage ich. Man darf nur in Kurzarmhemden trainieren. Er erstarrt und springt in die Elbe.
Zumindest in einer idealen Welt wäre das so abgelaufen, doch ich erzähle ihm irgendetwas von Indoorsneakers, Shorts und T-Shirts, und dann holt er auch schon das nächste Carlsberg, während Alexander Marcus bei „Ciao ciao bella“ angekommen ist.
Ja, das Leben kann so schön sein an einem Sommerabend am Elbstrand in der besten aller Städte und im Kurzarmhemd.
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