Das Töchterchen meines besten Freundes ist gerade mal zweieinhalb und erschließt sich just die Welt, vor allem verbal. „Hast du einen Pimmel?“, fragt mich die Kleine – und erwischt mich auf dem falschen Fuß. „Ja, hab ich“, verberge ich dennoch nicht ungeschickt meine Überraschung und gebe mich souverän und lebenserfahren: „Wie jeder Mann und jeder Junge.“
„Will sehen!“, kräht sie.
Natürlich wäre es wünschenswert, gegenüber den kleinen Rackern möglichst locker und schamarm mit Nacktheit umzugehen, damit erst gar keine Komplexe und so was entstehen. Nur müsste man dazu wahrscheinlich selber völlig komplexbefreit durchs Leben gehen. Und wer tut das schon?
Ich anscheinend nicht. Jedenfalls sehe ich mich gedrängt, ihr Ansinnen behutsam abtropfen zu lassen. Sie erträgt die Abfuhr fröhlich und wechselt die Strategie. „Ich habe eine Scheide, ich zeig sie dir!“ Irgendwie schaffe ich es, sie auch von diesem Ansinnen abzubringen, indem ich ihre Aufmerksamkeit erfolgreich auf die Strahlkraft des Hochbetts mit angeflanschter Rutschbahn lenke, doch mir wird mal wieder klar: Ich bin nicht geschaffen für Situationen wie diese. Als ich ihrem Papa davon erzähle, lacht der nur: Ach, mit diesen Pimmelforderungen und Scheidenofferten kommt sie zurzeit jedem.
Nicht nur deshalb, sondern u. a. auch wegen der seltsamen kleinkindlichen Hygienevorstellungen und ihrem nachhaltigem Pochen auf komplette elterliche Hingabe kommt mir das Leben ohne Kinder gar nicht mal so schlecht vor. Findet übrigens auch Ms. Columbo.
So, und jetzt ab an die Ostsee (Foto). In den nächsten Tagen teste ich mal das Mail- und Handybloggen.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs über Kinder
1. „Memphis, Tennessee“ von Chuck Berry
2. „Cats in the cradle“ von Harry Chapin
3. „Your mother and I“ von Loudon Wainwright III
„3000 Plattenkritiken“ | „Die Frankensaga – Vollfettstufe“ | RSS-Feed | In memoriam | mattwagner {at} web.de |
02 Juni 2006
01 Juni 2006
30 Mai 2006
Am Polarkiez
Nur ein paar hundert Leute verlieren sich im Millerntorstadion, darunter Alexander, Alexander und ich. Dabei spielt die Türkische Republik Nordzypern beim Fifi Wild Cup gegen Grönland, hey!
Es ist so kalt, als hätten die Männer aus dem Eis eine Methode gefunden, ihr Standardwetter mit nach Hamburg zu schmuggeln. Unsere Hände nehmen die Form des außergewöhnlich steifen Bierplastikbechers an, denn an Fellhandschuhe hat keiner von uns gedacht. Wenn wir ausgetrunken haben, können wir unsere gebogenen Finger als Getränkehalter vermieten. Als Idee nicht schlecht, doch das Vermarktungspotenzial scheint angesichts des dünnbesuchten Turniers begrenzt. Nein, Wärme muss her. Wir müssen auftauen, irgendwie.
Da komischerweise nirgends ein Glühweinstand zu sehen ist, behelfen wir uns mit Currywürsten. Wenn man Gesicht und Hände ganz dicht über die dampfende Masse aus Fleisch und Soße hält, entsteht eine leichte Illusion von Wärme. Mit jedem Bissen allerdings schwindet dieser Effekt; ein Dilemma.
Zur Halbzeit führt Nordzypern mit 1:0. Die Stimmung auf den Rängen ist gedrückt. Keine Wende in der zweiten Hälfte. Wir trippeln auf der Gegengerade hin und her und schauen sinnierend unseren Atemwolken nach, während Grönland sich vergeblich abmüht, den auch auf dem Kiez vereinigungsunwilligen Nordzyprioten ein Remis aufzuschwatzen.
Ich halte Ausschau nach Opa Edi, kann seinen imposanten Grauschopf aber nirgends entdecken. Wir geben uns trotzig der nachgewiesenermaßen falschen Vorstellung hin, Alkohol wärme von innen, und holen uns die nächste Runde Bier. Jetzt spielt die Freie Republik St. Pauli gegen Gibraltar. Einige Hardcorepaulifans machen Stimmung. „Ein Tor, ein Tor, St. Pauli schießt ein Tor!“ fantasiert ein junger Bursche unbeeindruckt von Kälte und mangelnder Unterstützung, was allerdings die Männer vom Affenfelsen zur 1:0-Führung peitscht. Wir klatschen, und nicht nur aus Höflichkeit: Es wärmt.
Zur Halbzeit habe ich das Gefühl, mir werde es alsbald ergehen wie Ötzi, dem Gletschermann vom Hauslabjoch, sofern ich nicht recht bald in eine beheizte Berghütte flüchte. So verabschiede ich mich klappernd von sämtlichen Alexanders, zücke an der Budapester Straße noch kurz die Kamera für die pittoreske Tristesse einer gewissen Bühne 62 und finde muggelige Zuflucht im Grünen Jäger. Dort zieht gerade eine ebenso sympathische wie hochmittelmäßige Band aus Düsseldorf den Abend bis zur Hauptattraktion – Downpilot aus Seattle – in die Länge wie einst die Seiler auf der Reeperbahn ihre Schiffstaue.
Immerhin: Es ist warm. Und Downpilot spielen ihre langsamen Americana-Preziosen mit Ernst und Würde. Außerdem sieht der Sänger aus wie Jackson Browne.
St. Pauli hat übrigens wirklich noch den Ausgleich geschossen, wie ich aus dem Web erfahre. Psychologisch natürlich ganz schlecht für Gibraltar.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs mit Kältebezug
1. „Shiloh Town“ von Tim Hardin
2. „Antarctica starts here“ von John Cale
3. „Frozen“ von Madonna
Es ist so kalt, als hätten die Männer aus dem Eis eine Methode gefunden, ihr Standardwetter mit nach Hamburg zu schmuggeln. Unsere Hände nehmen die Form des außergewöhnlich steifen Bierplastikbechers an, denn an Fellhandschuhe hat keiner von uns gedacht. Wenn wir ausgetrunken haben, können wir unsere gebogenen Finger als Getränkehalter vermieten. Als Idee nicht schlecht, doch das Vermarktungspotenzial scheint angesichts des dünnbesuchten Turniers begrenzt. Nein, Wärme muss her. Wir müssen auftauen, irgendwie.
Da komischerweise nirgends ein Glühweinstand zu sehen ist, behelfen wir uns mit Currywürsten. Wenn man Gesicht und Hände ganz dicht über die dampfende Masse aus Fleisch und Soße hält, entsteht eine leichte Illusion von Wärme. Mit jedem Bissen allerdings schwindet dieser Effekt; ein Dilemma.
Zur Halbzeit führt Nordzypern mit 1:0. Die Stimmung auf den Rängen ist gedrückt. Keine Wende in der zweiten Hälfte. Wir trippeln auf der Gegengerade hin und her und schauen sinnierend unseren Atemwolken nach, während Grönland sich vergeblich abmüht, den auch auf dem Kiez vereinigungsunwilligen Nordzyprioten ein Remis aufzuschwatzen.
Ich halte Ausschau nach Opa Edi, kann seinen imposanten Grauschopf aber nirgends entdecken. Wir geben uns trotzig der nachgewiesenermaßen falschen Vorstellung hin, Alkohol wärme von innen, und holen uns die nächste Runde Bier. Jetzt spielt die Freie Republik St. Pauli gegen Gibraltar. Einige Hardcorepaulifans machen Stimmung. „Ein Tor, ein Tor, St. Pauli schießt ein Tor!“ fantasiert ein junger Bursche unbeeindruckt von Kälte und mangelnder Unterstützung, was allerdings die Männer vom Affenfelsen zur 1:0-Führung peitscht. Wir klatschen, und nicht nur aus Höflichkeit: Es wärmt.
Zur Halbzeit habe ich das Gefühl, mir werde es alsbald ergehen wie Ötzi, dem Gletschermann vom Hauslabjoch, sofern ich nicht recht bald in eine beheizte Berghütte flüchte. So verabschiede ich mich klappernd von sämtlichen Alexanders, zücke an der Budapester Straße noch kurz die Kamera für die pittoreske Tristesse einer gewissen Bühne 62 und finde muggelige Zuflucht im Grünen Jäger. Dort zieht gerade eine ebenso sympathische wie hochmittelmäßige Band aus Düsseldorf den Abend bis zur Hauptattraktion – Downpilot aus Seattle – in die Länge wie einst die Seiler auf der Reeperbahn ihre Schiffstaue.
Immerhin: Es ist warm. Und Downpilot spielen ihre langsamen Americana-Preziosen mit Ernst und Würde. Außerdem sieht der Sänger aus wie Jackson Browne.
St. Pauli hat übrigens wirklich noch den Ausgleich geschossen, wie ich aus dem Web erfahre. Psychologisch natürlich ganz schlecht für Gibraltar.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs mit Kältebezug
1. „Shiloh Town“ von Tim Hardin
2. „Antarctica starts here“ von John Cale
3. „Frozen“ von Madonna
Aufruf
Lieber Unbekannter (falls du eine Frau bist, korrigiere mich bitte),
du hast am Wochenende in der Seilerstraße einen Fahrradsattel samt Stange „gefunden“. Gut, du hast den Drehhebel umlegen müssen, um die Stange aus dem Rohr zu ziehen. Doch das war völlig in Ordnung so; schließlich hätte dies auch ein Dieb tun können. Ich war ja leider zufaul gutgläubig und hatte es versäumt, den Sattel plus Stange abends mit in die Wohnung zu nehmen; nun hast du das vorsorglich für mich übernommen, und das ist fantastisch.
Allerdings irritiert mich die Dauer der Sicherungsverwahrung. Und auch der Ort ist mir bis jetzt noch nicht ganz klar geworden. Wenn ich wüsste, wer du bist und wo du wohnst, wäre mir auch wohler. Deshalb bleibt mir nur dieser Weg, dir meinen Dank auszudrücken, verbunden mit der Zusicherung: Ja, ich habe gelernt aus dieser Sache. Ich werde künftig immer selber den Drehhebel umlegen, den Sattel samt Stange aus dem Rohr ziehen und des nachts an einem sicheren Ort deponieren.
Du kannst mir das Teil also zurückgeben. Du weißt ja, wo das Fahrrad angeschlossen ist. Heute habe ich mal probiert, damit herumzufahren. Es ist doch recht unbequem.
Noch einmal ganz herzlichen Dank für deine fürsorgliche Zivilcourage. Sie hat möglicherweise ein Verbrechen verhindert. Über einen angemessenen Finderlohn lasse ich natürlich mit mir reden, keine Frage.
Dein Matt
du hast am Wochenende in der Seilerstraße einen Fahrradsattel samt Stange „gefunden“. Gut, du hast den Drehhebel umlegen müssen, um die Stange aus dem Rohr zu ziehen. Doch das war völlig in Ordnung so; schließlich hätte dies auch ein Dieb tun können. Ich war ja leider zu
Allerdings irritiert mich die Dauer der Sicherungsverwahrung. Und auch der Ort ist mir bis jetzt noch nicht ganz klar geworden. Wenn ich wüsste, wer du bist und wo du wohnst, wäre mir auch wohler. Deshalb bleibt mir nur dieser Weg, dir meinen Dank auszudrücken, verbunden mit der Zusicherung: Ja, ich habe gelernt aus dieser Sache. Ich werde künftig immer selber den Drehhebel umlegen, den Sattel samt Stange aus dem Rohr ziehen und des nachts an einem sicheren Ort deponieren.
Du kannst mir das Teil also zurückgeben. Du weißt ja, wo das Fahrrad angeschlossen ist. Heute habe ich mal probiert, damit herumzufahren. Es ist doch recht unbequem.
Noch einmal ganz herzlichen Dank für deine fürsorgliche Zivilcourage. Sie hat möglicherweise ein Verbrechen verhindert. Über einen angemessenen Finderlohn lasse ich natürlich mit mir reden, keine Frage.
Dein Matt
29 Mai 2006
Zwei neue Kerben im Colt
Im Sanitärbereich der Color Line Arena wedele ich immer hektischer vor den Fotozellen eines Wasserhahns herum, erfolglos. Als ich es bei einem anderen versuche, tritt ein Mann ans erste Waschbecken, streckt kurz und bestimmt die Hand aus und erzwingt mühelos einen prachtvollen Strahl, der mich auch als Rinnsal düpiert hätte. Hmpff.
Im Saal auf der Bühne steht derweil zusammen, was nicht zusammengehört: Mark Knopfler und Emmylou Harris, der schottische Gitarrenstilist also und die Countryikone aus Alabama. Harris sang 1972/73 auf beiden Alben von Gram Parsons, diesem frühvollendeten und -gestorbenen Genie des Countryrock, und sie schaffte 1976 auf Dylans „Desire“ das Unmögliche: mit His Bobness glorios zu duettieren. Ihre Methode war die einzig richtige: einfach drauflossingen mit der ganzen hohen kräftigen Reinheit ihres Jubilierens und gar nicht erst darüber nachdenken, was diese komische Kratzkehle neben ihr vokal so vorhat.
Und heute steht sie in Hamburg auf der Bühne. Oben ist an ihr alles Haar, eine gewaltige weißgraue Löwenmähne; hüftabwärts sieht man zwei Strohhalme in Röhrenjeans, die in Harris' Welt offenbar als Beine durchgehen. Nein, „Emmy“, wie der (nicht mir ihr) verheiratete Knopfler sie irritierend zärtlich nennt, hat kein Gramm Fett zugelegt, seit sie einst den Junkie Parsons beim Dahinsiechen begleiten musste.
Das vieltausendköpfige Publikum scheint allerdings vor allem wegen des Stadionrockers Knopfler da zu sein. Ich würde meine sämtlichen Emmylou-Harris-Alben auf ungefähr folgende berufsspezifische Aufteilung verwetten: Lehrer (48 %), Abteilungsleiter (16 %), Abteilungsleitersekretärinnen (27 %), alle in der verwelkten Blüte ihrer Jahre. Brav klatschen sie jeden Viervierteltakt mit, sie wiegen steif die Köpfe und schauen selig, und zweifellos sind das alles Emotionen mit einer gewissen Substanz, doch ich fremdle sehr auf meinem Platz Nr. 10 im Untergeschoss 16, Reihe 19.
Während der Zugaben stehen sie alle auf, die Lehrer, Abteilungsleiter und Abteilungsleitersekretärinnen, sie klatschen im Takt und wiegen selig die Köpfe. Ich verziehe mich leise, mit zwei weiteren Kerben im Colt. Und neben der größeren der beiden steht Emmy.
Bonustrack: „In my hour of darkness“ von Gram Parsons und Emmylou Harris, 1973
28 Mai 2006
Die Fundstücke des Tages (18)
1. Im Web stößt man immer wieder auf Menschen, die zu viel Zeit haben und somit gegen das erste der Neuen Zehn Gebote verstoßen. Zum Beispiel dieser Geselle hier, der unter dem Eintrag „100 Wege, eine Pizza zu bestellen“ genau das Gegenteil im Schilde führt, nämlich den Pizzaservice in den Wahnsinn zu treiben. Zum Beispiel mit Punkt 31: „Überrasche den Telefonisten mit wenig bekannten Fakten über Volksmusik.“ Aufgelistet werden wirklich 100 solcher Scherzchen.
2. In Polen haben sie zum Papstbesuch neben allerlei erotischer Spots auch Tamponwerbung aus dem Fernsehen verbannt. Konsequenterweise dürften menstruierende Polinnen dann auch bis zu Benedikts Rückflug keine Tampons mehr benutzen. Keine Ahnung, ob er das wirklich möchte - vor allem bei Groupies in der ersten Reihe.
3. Ok, Dylan-Hasser dürfen diesen Punkt überspringen, denn hier gibt es den Link zum vierten Teil seiner Radioshow; diesmal geht es um Baseball. Dylan redet übrigens noch öfter als sonst in Versen. Und hier geht es zu Teil 1, Teil 2 und Teil 3.
4. Neue Suchabfragen, die zu meinem Blog führten:
– „arbeitsmäßig bin ich callboy und in der wehrbebrange tätig“ (El Paso, Texas). Gut, den hier habe ich mir selbst zuzuschreiben. Dass Callboy Torsten aber jetzt auch die Menschen in Texas bewegt, ist schon erstaunlich. Sind das seine fünfzehn Minuten Ruhm? Genieß ihn, Torsten! Du hast schließlich hart dafür gearbeitet ...
– „wie trennt man sich am besten von seiner freundin“ (Bittermark, Nordrhein-Westfalen). Wo das hinführt, ist klar - nämlich alsbald zu dieser Suchabfrage:
– „meine dumme ex“ (Mainz, Rheinland-Pfalz). Weiter geht es mit ...
– „rache aktion an meiner ex“ (Dreieich, Hessen). Ehe es möglicherweise auf das hier hinausläuft:
– „bluterguss tränensack“ (via AOL).
2. In Polen haben sie zum Papstbesuch neben allerlei erotischer Spots auch Tamponwerbung aus dem Fernsehen verbannt. Konsequenterweise dürften menstruierende Polinnen dann auch bis zu Benedikts Rückflug keine Tampons mehr benutzen. Keine Ahnung, ob er das wirklich möchte - vor allem bei Groupies in der ersten Reihe.
3. Ok, Dylan-Hasser dürfen diesen Punkt überspringen, denn hier gibt es den Link zum vierten Teil seiner Radioshow; diesmal geht es um Baseball. Dylan redet übrigens noch öfter als sonst in Versen. Und hier geht es zu Teil 1, Teil 2 und Teil 3.
4. Neue Suchabfragen, die zu meinem Blog führten:
– „arbeitsmäßig bin ich callboy und in der wehrbebrange tätig“ (El Paso, Texas). Gut, den hier habe ich mir selbst zuzuschreiben. Dass Callboy Torsten aber jetzt auch die Menschen in Texas bewegt, ist schon erstaunlich. Sind das seine fünfzehn Minuten Ruhm? Genieß ihn, Torsten! Du hast schließlich hart dafür gearbeitet ...
– „wie trennt man sich am besten von seiner freundin“ (Bittermark, Nordrhein-Westfalen). Wo das hinführt, ist klar - nämlich alsbald zu dieser Suchabfrage:
– „meine dumme ex“ (Mainz, Rheinland-Pfalz). Weiter geht es mit ...
– „rache aktion an meiner ex“ (Dreieich, Hessen). Ehe es möglicherweise auf das hier hinausläuft:
– „bluterguss tränensack“ (via AOL).
26 Mai 2006
In weiter Ferne, so nah
Unglaublich: Der WM-Pokal ist in der Stadt! Genauer gesagt: in einem großen schwarzen Zelt auf dem Rathausmarkt, und als ich das erfuhr, schwang ich mich sofort aufs Rad, um mich mit dieser bedeutendsten aller Trophäen, die zuletzt Ronaldo triumphierend stemmen durfte, fotografieren zu lassen.
Ich weiß: Es gibt plausiblere Bedürfnisse. Aber auch profanere. Als ich ankam, sah ich mich allerdings einer rund 50 Meter langen Menschenschlange gegenüber, die alles mögliche ausstrahlte (z. B. grimmige Entschlossenheit), doch keinerlei Bereitschaft, Quereinsteigern wie mir mit Höflichkeit („Kommen Sie, ich lasse sie vor!“) oder Sanftmut zu begegnen.
Ich orientierte mich einsichtig ein paar Meter weiter, wo die Postbank eine Torwand aufgestellt hatte. Wer oben und unten je drei Bälle versenke, so das elektrisierende Versprechen, gewänne zwei WM-Tickets. An dieser Stelle darf ich mein Expertentum in dieser Disziplin nicht länger verschweigen. Bereits mehrfach ging ich nämlich aus solchen Wettbewerben siegreich hervor.
Vor einigen Jahren etwa gewann ich dank vierer Treffer beim Schauspielhaussommerfest ein Saisonabonnement, tauschte es aber wegen meiner mangelnden Theateraffinität ein gegen zwei schreiendgelbe Struwwelpeter-T-Shirts, die ich seither nie mehr getragen habe. Und bei einem Torwandschießen in meinem Heimatdorf, bei dem ich die Konkurrenz im Stechen niedergerungen hatte, überreichte man mir einst einen Pokal, auf den der Graveur – offenbar dank eines telefonischen Übermittlungsfehlers – die Inschrift „Sieger im Torwartschießen“ eingestanzt hatte. Diese Trophäe wuchs mir daher nie richtig ans Herz.
Wie auch immer: Für die Chance auf zwei WM-Tickets würde ich natürlich jederzeit versuchen, die alte Schusstechnik wieder aus der Versenkung der vegetativen Erinnerung hervorzuholen. Doch auch hier: eine verflixte Menschenschlange, deren fernes Ende sich irgendwo im Rathausmarkttrubel verlor. Die Aussicht auf stundenlanges Warten hatte auf meinen Eifer sofort einen lähmenden Einfluss, und ich trollte mich. Auf der Heimfahrt sonnte ich mich – think positive, verdammt noch mal! – ersatzweise im Bewusstsein, mich nur gefühlte fünf Meter entfernt vom WM-Pokal aufgehalten zu haben.
Neulich entdeckte ich übrigens beim geschätzten Bloggerkollegen ramses101 die oben abgebildete Veräppelung des WM-Emblems, und rückblickend scheint mir das nun doch besser zu diesem Tag zu passen als die Imagination einer gefühlten Nähe.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs über Frust
1. „Creep“ von Radiohead
2. „Summertime blues“ von Eddie Cochran
3. „Loser“ von Beck
Ich weiß: Es gibt plausiblere Bedürfnisse. Aber auch profanere. Als ich ankam, sah ich mich allerdings einer rund 50 Meter langen Menschenschlange gegenüber, die alles mögliche ausstrahlte (z. B. grimmige Entschlossenheit), doch keinerlei Bereitschaft, Quereinsteigern wie mir mit Höflichkeit („Kommen Sie, ich lasse sie vor!“) oder Sanftmut zu begegnen.
Ich orientierte mich einsichtig ein paar Meter weiter, wo die Postbank eine Torwand aufgestellt hatte. Wer oben und unten je drei Bälle versenke, so das elektrisierende Versprechen, gewänne zwei WM-Tickets. An dieser Stelle darf ich mein Expertentum in dieser Disziplin nicht länger verschweigen. Bereits mehrfach ging ich nämlich aus solchen Wettbewerben siegreich hervor.
Vor einigen Jahren etwa gewann ich dank vierer Treffer beim Schauspielhaussommerfest ein Saisonabonnement, tauschte es aber wegen meiner mangelnden Theateraffinität ein gegen zwei schreiendgelbe Struwwelpeter-T-Shirts, die ich seither nie mehr getragen habe. Und bei einem Torwandschießen in meinem Heimatdorf, bei dem ich die Konkurrenz im Stechen niedergerungen hatte, überreichte man mir einst einen Pokal, auf den der Graveur – offenbar dank eines telefonischen Übermittlungsfehlers – die Inschrift „Sieger im Torwartschießen“ eingestanzt hatte. Diese Trophäe wuchs mir daher nie richtig ans Herz.
Wie auch immer: Für die Chance auf zwei WM-Tickets würde ich natürlich jederzeit versuchen, die alte Schusstechnik wieder aus der Versenkung der vegetativen Erinnerung hervorzuholen. Doch auch hier: eine verflixte Menschenschlange, deren fernes Ende sich irgendwo im Rathausmarkttrubel verlor. Die Aussicht auf stundenlanges Warten hatte auf meinen Eifer sofort einen lähmenden Einfluss, und ich trollte mich. Auf der Heimfahrt sonnte ich mich – think positive, verdammt noch mal! – ersatzweise im Bewusstsein, mich nur gefühlte fünf Meter entfernt vom WM-Pokal aufgehalten zu haben.
Neulich entdeckte ich übrigens beim geschätzten Bloggerkollegen ramses101 die oben abgebildete Veräppelung des WM-Emblems, und rückblickend scheint mir das nun doch besser zu diesem Tag zu passen als die Imagination einer gefühlten Nähe.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs über Frust
1. „Creep“ von Radiohead
2. „Summertime blues“ von Eddie Cochran
3. „Loser“ von Beck
Damen drücken
Ich nehme ja halb unbewusst an, schlechtes Deutsch sei immer auch ein Indiz für die überschaubare Qualität einer offerierten Dienstleistung. Nehmen wir „Rosi's Grillimbi's“: Rosi mischt doch mit Sicherheit Sägemehl unter die Pferdewurst. Auch das Angebot dieses Berliners, der zurzeit etwas im Gerede ist, kommt mir nur deshalb gleich weniger vielversprechend vor, weil er über sich selber schreibt: „Arbeitsmäßig bin ich Callboy und in der Wehrbebrange tätig.“
Ehrlich gesagt würde ich allein dank dieses Satzes all seinen Dienstleistungsarten mit Skepsis entgegenblicken. Vielleicht tue ich ihm auch unrecht, vielleicht war er es ja, der den Slogan „Das König der Biere“ erfunden hat. Das wäre dann ein gutes Beispiel dafür, wie sich aus Legasthenie Kapital schlagen lässt.
Wo wir gerade bei Fehlleistungen sind: Neulich erhielt ich eine Mail mit einem hübschen Tippfehler, versteckt in dem Satz „Jetzt heißt es Damen drücken!“ Oftmals im Leben möchte man dem allzu gerne Folge leisten, seufzte ich als Hetero, und ich denke, auch die lesbischen Damen rundherum unterschrieben dies sehr gerne, so man sie nur dazu aufforderte.
Die Fülle der Fehler indes, die der Film „Der DaVinci Code – Sakrileg“ sich leistet, würde ein eigenes Blog erfordern. Ms. Columbo hatte es heute geschafft, meine Abwehrmauer aus Muffeligkeit und zitierbaren Verrissen zu durchbrechen und mich ins Cinemaxx am Dammtor zu entführen. Der Film ist unfassbar schlecht. Wer sich vom Versprechen, einen Thriller vorgesetzt zu bekommen, ins Kino locken lassen will, dem rufe ich hiermit zu: Tu's nicht, das ist gar kein Thriller! Es sei denn, Langeweile, Geschwätzigkeit, die Spritzigkeit einer bulgarischen Landschildkröte auf Arktisurlaub und Drehbuchlöcher von der Tiefe des Grand Canyons sind neuerdings Thrillerkriterien. Und Tom Hanks hat übrigens die Ausdruckskraft einer Wachsleiche.
All das jedoch will ich eigentlich gar nicht bemäkeln, sondern einen positiven Aspekt des Filmes hervorheben, obwohl dieser nur der Synchronisation anzurechnen ist. An einer Stelle nämlich vermeidet sie sorgsam einen grassierenden Deppenanglizismus: Es ist völlig korrekt die Rede von „DNS“ (Desoxyribonukleinsäure), während immer mehr Leute mit „DNA“ glauben glänzen zu müssen.
Dabei wüsste von diesen anglophilen Möchtegernschlaumeiern wahrscheinlich so gut wie keiner, was das ausgeschrieben überhaupt heißt, nämlich desoxyribonucleic acid. Gut, bei DNS habe ich zur Sicherheit auch bei Wikipedia nachschlagen müssen. Doch nähme man mir auch dieses Argument noch, was bliebe dann von „Der DaVinci Code – Sakrileg“ überhaupt übrig an abspeicherwürdigen Erinnerungen? Also.
Das beste an diesem Nachmittag war übrigens – neben der Gesellschaft von Ms. Columbo – der Anblick der Cinemaxx-Wandlampen.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs übers Malen
1. „Vincent“ von Don McLean
2. „When I paint my masterpiece“ von Bob Dylan
3. „30 coins of gold“ von David Olney
Ehrlich gesagt würde ich allein dank dieses Satzes all seinen Dienstleistungsarten mit Skepsis entgegenblicken. Vielleicht tue ich ihm auch unrecht, vielleicht war er es ja, der den Slogan „Das König der Biere“ erfunden hat. Das wäre dann ein gutes Beispiel dafür, wie sich aus Legasthenie Kapital schlagen lässt.
Wo wir gerade bei Fehlleistungen sind: Neulich erhielt ich eine Mail mit einem hübschen Tippfehler, versteckt in dem Satz „Jetzt heißt es Damen drücken!“ Oftmals im Leben möchte man dem allzu gerne Folge leisten, seufzte ich als Hetero, und ich denke, auch die lesbischen Damen rundherum unterschrieben dies sehr gerne, so man sie nur dazu aufforderte.
Die Fülle der Fehler indes, die der Film „Der DaVinci Code – Sakrileg“ sich leistet, würde ein eigenes Blog erfordern. Ms. Columbo hatte es heute geschafft, meine Abwehrmauer aus Muffeligkeit und zitierbaren Verrissen zu durchbrechen und mich ins Cinemaxx am Dammtor zu entführen. Der Film ist unfassbar schlecht. Wer sich vom Versprechen, einen Thriller vorgesetzt zu bekommen, ins Kino locken lassen will, dem rufe ich hiermit zu: Tu's nicht, das ist gar kein Thriller! Es sei denn, Langeweile, Geschwätzigkeit, die Spritzigkeit einer bulgarischen Landschildkröte auf Arktisurlaub und Drehbuchlöcher von der Tiefe des Grand Canyons sind neuerdings Thrillerkriterien. Und Tom Hanks hat übrigens die Ausdruckskraft einer Wachsleiche.
All das jedoch will ich eigentlich gar nicht bemäkeln, sondern einen positiven Aspekt des Filmes hervorheben, obwohl dieser nur der Synchronisation anzurechnen ist. An einer Stelle nämlich vermeidet sie sorgsam einen grassierenden Deppenanglizismus: Es ist völlig korrekt die Rede von „DNS“ (Desoxyribonukleinsäure), während immer mehr Leute mit „DNA“ glauben glänzen zu müssen.
Dabei wüsste von diesen anglophilen Möchtegernschlaumeiern wahrscheinlich so gut wie keiner, was das ausgeschrieben überhaupt heißt, nämlich desoxyribonucleic acid. Gut, bei DNS habe ich zur Sicherheit auch bei Wikipedia nachschlagen müssen. Doch nähme man mir auch dieses Argument noch, was bliebe dann von „Der DaVinci Code – Sakrileg“ überhaupt übrig an abspeicherwürdigen Erinnerungen? Also.
Das beste an diesem Nachmittag war übrigens – neben der Gesellschaft von Ms. Columbo – der Anblick der Cinemaxx-Wandlampen.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs übers Malen
1. „Vincent“ von Don McLean
2. „When I paint my masterpiece“ von Bob Dylan
3. „30 coins of gold“ von David Olney
24 Mai 2006
Poodle-Bob
Heute Abend in der Tanzhalle spielte der kanadische Songwriter Jason Collett mit seiner Band auf, doch die Idee, Bob Dylan ein Ständchen zum 65. zu singen, kam dem guten Mann nicht. Ich zählte auf die Zugaben, doch Collett spielte störrisch Selbstkomponiertes.
Das war toll, keine Frage, aber ein kleines „Forever young“ oder so hätte mein Herz genauso erfreut wie sein zwischendurch erzählter Jugendschwank von einem Tanzabend, der an einem Joint scheiterte.
Dessen noch nicht ganz verglommener Stummel nämlich war Collett irgendwie in den Kragen seines Polyesterpullovers geraten, was ihn zunächst weder bekümmerte noch davon abhielt, mit einer gewissen Crystal Vanderbilt ins Highschoolfoyer zu marschieren. Darauf aber hatte der perfide Jointstummel nur gewartet – und setzte Colletts Pullover in Flammen. Polyester, das weiß er seither, brennt verdammt gut. „Crystal was screaming and laughing“, schilderte Collett den recht holprigen Verlauf der Rettungsaktion, aber ein Dylanstück spielte er nicht mehr heute Abend.
Dafür liefert der hochgeschätzte Herr Poodle ein ebensolches, was mir die beabsichtigte Eloge vollkommen erspart, die mir eh wieder viel zu lang geraten wäre und einen Teil der Leserschaft zum Augenrollen gezwungen hätte. Bis auf Herrn Boogie natürlich, der mich gar zu einer dylanologischen Abhandlung animieren wollte.
Nicht nur ihn hoffe ich daher mit dem dritten Teil von Dylans Radioshow zu besänftigen, diesmal zum Thema Trinken. Apropos Nahrungsaufnahme: In seiner Autobiografie schildert der Musikmanager Walter Yetnikoff, wie er 1986 mal zum Lunch mit Bob Dylan verabredet war und dieser nicht alleine, sondern mit seiner Mutter, mehreren Onkeln und Kusinen anrauschte.
Während des Mahls musste Yetnikoff dann mit großem Befremden erleben, wie sich der mysteriöse Dichter in Klein-Bobby Zimmerman verwandelte. Dylans Mutter nämlich schnitt Sohnemann das Essen klein, fand ihn zu dünn, drängte darauf, er möge tüchtiger zulangen und sich vor allem klarer artikulieren.
„Bobby", mahnte sie streng das Sprachrohr seiner Generation, „be nice!“
Ergo: Happy birthday, Bob!
*** Exklusiver Bonustrack: „Big River“, ein offiziell unveröffentlichtes Duett von Johnny Cash und Bob Dylan, aufgenommen im Februar 1969 in Nashville, Tennessee.
Das war toll, keine Frage, aber ein kleines „Forever young“ oder so hätte mein Herz genauso erfreut wie sein zwischendurch erzählter Jugendschwank von einem Tanzabend, der an einem Joint scheiterte.
Dessen noch nicht ganz verglommener Stummel nämlich war Collett irgendwie in den Kragen seines Polyesterpullovers geraten, was ihn zunächst weder bekümmerte noch davon abhielt, mit einer gewissen Crystal Vanderbilt ins Highschoolfoyer zu marschieren. Darauf aber hatte der perfide Jointstummel nur gewartet – und setzte Colletts Pullover in Flammen. Polyester, das weiß er seither, brennt verdammt gut. „Crystal was screaming and laughing“, schilderte Collett den recht holprigen Verlauf der Rettungsaktion, aber ein Dylanstück spielte er nicht mehr heute Abend.
Dafür liefert der hochgeschätzte Herr Poodle ein ebensolches, was mir die beabsichtigte Eloge vollkommen erspart, die mir eh wieder viel zu lang geraten wäre und einen Teil der Leserschaft zum Augenrollen gezwungen hätte. Bis auf Herrn Boogie natürlich, der mich gar zu einer dylanologischen Abhandlung animieren wollte.
Nicht nur ihn hoffe ich daher mit dem dritten Teil von Dylans Radioshow zu besänftigen, diesmal zum Thema Trinken. Apropos Nahrungsaufnahme: In seiner Autobiografie schildert der Musikmanager Walter Yetnikoff, wie er 1986 mal zum Lunch mit Bob Dylan verabredet war und dieser nicht alleine, sondern mit seiner Mutter, mehreren Onkeln und Kusinen anrauschte.
Während des Mahls musste Yetnikoff dann mit großem Befremden erleben, wie sich der mysteriöse Dichter in Klein-Bobby Zimmerman verwandelte. Dylans Mutter nämlich schnitt Sohnemann das Essen klein, fand ihn zu dünn, drängte darauf, er möge tüchtiger zulangen und sich vor allem klarer artikulieren.
„Bobby", mahnte sie streng das Sprachrohr seiner Generation, „be nice!“
Ergo: Happy birthday, Bob!
*** Exklusiver Bonustrack: „Big River“, ein offiziell unveröffentlichtes Duett von Johnny Cash und Bob Dylan, aufgenommen im Februar 1969 in Nashville, Tennessee.
Auf heißen Sohlen
Heute gibt es auf Spiegel Online einen Rückblick auf die Geschichte jener Fußballschuhe, die bei Weltmeisterschaften getragen wurden – und ich verweise deswegen darauf, weil ich darin verwickelt bin.
Für meine Zeitschrift u_mag habe ich die Buffergalerie nämlich zusammengestellt. Titel: „Shoeting Stars“ …
Im Druck sehen die Schuhe einfach großartig aus, vor allem Helmut Rahns vergoldeter Linker von 1954. Dieser Treter, mit dem er den Ungarn das unschätzbare 3:2 reinnagelte, prangt majestätisch auf einer Doppelseite – beim heiligen Pelé, das ist wie eine Auravolldusche!
Der Werbeblock ist hier noch nicht zu Ende, denn im Spiegel-Online-Text ist auch die komplette Galerie als Bilderstrecke integriert, versehen mit meinen Kurzkommentaren.
Ach ja, der Tippfehler im Rahn-Text („würde“ statt wurde): Ich war das nicht, das war SpOn! ;-)
Für meine Zeitschrift u_mag habe ich die Buffergalerie nämlich zusammengestellt. Titel: „Shoeting Stars“ …
Im Druck sehen die Schuhe einfach großartig aus, vor allem Helmut Rahns vergoldeter Linker von 1954. Dieser Treter, mit dem er den Ungarn das unschätzbare 3:2 reinnagelte, prangt majestätisch auf einer Doppelseite – beim heiligen Pelé, das ist wie eine Auravolldusche!
Der Werbeblock ist hier noch nicht zu Ende, denn im Spiegel-Online-Text ist auch die komplette Galerie als Bilderstrecke integriert, versehen mit meinen Kurzkommentaren.
Ach ja, der Tippfehler im Rahn-Text („würde“ statt wurde): Ich war das nicht, das war SpOn! ;-)
10 Wörter, die ich schon immer mal lesen wollte (2)
Kraftgriffschraubendreher
Fesselriemchensandalen
Handtuftlangflorteppich
Flockenquetsche
Fremdkörperfalle
Dauerfusselroller
Pomponwuschel
Graupelschauer
Wuschellampe
Zuglufttiere
Teil 1
Fesselriemchensandalen
Handtuftlangflorteppich
Flockenquetsche
Fremdkörperfalle
Dauerfusselroller
Pomponwuschel
Graupelschauer
Wuschellampe
Zuglufttiere
Teil 1
23 Mai 2006
Letzte Geheimnisse: Das Herrenklo (1)
Zeit für eine neue Serie in diesem Blog. Sie soll sich – vor allem visuell – mit dem beschäftigen, was der weiblichen Hälfte der Menschheit gemeinhin verborgen bleibt, sofern sie nicht mit der professionellen Reinigung desselben ihr allzu karges Brot verdienen muss: Herrentoiletten. Genauer gesagt: dem Innern der Kabinen.
Denn dort, wo der Mann noch Mann sein darf und muss, sieht es bisweilen heimelig aus und oft klinisch; und immer, wenn es wenigstens ein bisschen ästhetisch dort zugeht, zücke ich gewöhnlich meine selbst an diesem merkwürdigen Örtchen klaglos treue Digicam. Doch keine Angst: Blicke in die Abgründe des männlichen Seins werde ich mir und uns ersparen.
Heute erregte der Sanitärbereich der Bar Hamburg in der Nähe des Hauptbahnhofs meine Aufmerksamkeit. Die stoffbespannte, an eine Nachttischlampe erinnernde Wandleuchte, die hier warmherzig Spülkasten und Keramik anlächelt, überrascht doch an einem Ort, wo gemeinhin eher Abwaschbarkeit gefragt ist.
Dorthin verschlagen hatte es uns wegen eines Showcase' des schwedischen Künstlers Daniel Cirera, der daherkommt wie ein Folkie, aber ein Vokabular drauf hat wie ein Straßenköter aus Compton. Später, im Smalltalk, stellte sich heraus: Cirera hatte Deutsch in der Schule. Und er kann auch noch einen Satz aufsagen: „Ick bin ajne ajngebildede Ssiege“.
Guter Mann.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs ab 18 (Reihenfolge willkürlich)
1. „Sexy MF“ von Prince
2. „Motherfucker“ von Daniel Cirera
3. „Motherfuckin asshole“ von Martha Wainwright
Denn dort, wo der Mann noch Mann sein darf und muss, sieht es bisweilen heimelig aus und oft klinisch; und immer, wenn es wenigstens ein bisschen ästhetisch dort zugeht, zücke ich gewöhnlich meine selbst an diesem merkwürdigen Örtchen klaglos treue Digicam. Doch keine Angst: Blicke in die Abgründe des männlichen Seins werde ich mir und uns ersparen.
Heute erregte der Sanitärbereich der Bar Hamburg in der Nähe des Hauptbahnhofs meine Aufmerksamkeit. Die stoffbespannte, an eine Nachttischlampe erinnernde Wandleuchte, die hier warmherzig Spülkasten und Keramik anlächelt, überrascht doch an einem Ort, wo gemeinhin eher Abwaschbarkeit gefragt ist.
Dorthin verschlagen hatte es uns wegen eines Showcase' des schwedischen Künstlers Daniel Cirera, der daherkommt wie ein Folkie, aber ein Vokabular drauf hat wie ein Straßenköter aus Compton. Später, im Smalltalk, stellte sich heraus: Cirera hatte Deutsch in der Schule. Und er kann auch noch einen Satz aufsagen: „Ick bin ajne ajngebildede Ssiege“.
Guter Mann.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs ab 18 (Reihenfolge willkürlich)
1. „Sexy MF“ von Prince
2. „Motherfucker“ von Daniel Cirera
3. „Motherfuckin asshole“ von Martha Wainwright
22 Mai 2006
Alarm in Entenhausen
Die Entenmutter mit ihren zehn Küken gehört eindeutig nicht mitten auf die Clemens-Schultz-Straße. Das wird mir sogleich klar, als ich die Bäckerei mit den Sonntagsbrötchen verlasse und die Bescherung sehe. Wo kommen die überhaupt her? Weit und breit kein Teich noch Tümpel.
Ein Passantin mit zum Glück parierendem Hund schirmt die fehlgeleiteten Vögel nach hinten ab, wo bereits eine Kolonne Sonntagsfahrer Ungeduld ausdünstet, angeführt und in Schach gehalten indes von einer sichtbar gerührten Mittelklassewagenlenkerin. Die Enten müssen in den Park, nach Planten un Blomen, so viel ist klar. Das wird tüftelig, denn zwei selbst sonntags stark frequentierte vierspurige Straßen gilt es zu überwinden.
Angesichts dieser nur im Team zu bewältigenden Aufgabe findet sich spontan eine Schicksalsgemeinschaft, der auch ich anzugehören die Ehre habe. Sie besteht aus der Dame mit Hund, einem gemütlichen Schnauzbartträger mit Balkanakzent, der weiterhin hochentzückten Mittelklassewagenlenkerin, die inzwischen geparkt hat und mitsamt ihrer Freundin – Conny, zufällig aus Frankfurt zu Gast – der Entenrettung höchste Priorität einräumt. Eigentlich waren die beiden ja auf dem Weg in die Kunsthalle, wo es ein gutes Frühstück geben soll, doch wat mutt, dat mutt.
Es ist übrigens interessant, wie man als Hüter einer Entenfamilie plötzlich mit den Augen der Schutzbefohlenen in die Welt schaut. Plötzlich scheint aus jeder zweiten Passage ein yetigroßer Hund hervorzustürmen (was ist eigentlich aus dem Leinenzwang geworden, Herr Innensenator?!), und diese lautlos uns entgegenrollenden, ultraschmalen, aber immens hohen Dinger mit nichtsahnenden Menschen obendrauf (sog. „Fahrräder”) nerven ungemein.
Uns gelingt es dennoch irgendwie, die Enten auf den Bürgersteig zu drängen, was immerhin den Verkehrsfluss im Viertel wieder begünstigt. Doch der Gehweg ist eng, die Entenmutter, um die sich die Küken halbkreisförmig scharen, zeigt deutliche Anzeichen aufkeimender Panik. Manchmal versucht sie zur Seite auszubrechen, doch mal der Schnauzbart, mal ich, mal eine der Frauen wissen das jeweils sanft, doch bestimmt zu unterbinden.
Inzwischen haben sich uns auch ein ungefähr 12-jähriges Mädchen namens Lotte (Foto), eine etwa 40-jährige Radlerin und ein so weißhaariger wie solariumsgebräunter Ruheständler angeschlossen. Die illustre, die Gesamtbevölkerung in ihrer Alters- und Milieustruktur verblüffend genau abbildende Rettungstruppe nähert sich mitsamt ihren Schützlingen jetzt der ersten großen Hürde. Sie heißt Budapester Straße und brüllt vor Verkehr.
Der wird kurzerhand gestoppt. Rauf auf die Straße, Blickkontakt zu den Automobilisten und mit breiten Armen entschuldigende Stoppgesten wedeln – die Verblüffung der auf freie Fahrt eingestellten freien Bürger weicht nur in der ersten Reihe dem offenbar genetisch bedingten Entzücken beim Anblick der Vogelfamilie. Dahinter aber geht das Gehupe los. Wir ertragen es mit gandhiesker Gleichmut. Geschafft.
Übers Heiligengeistfeld geht es gut voran. Eins der Küken verschwindet zwar fast zwischen den obszön weit auseinanderliegenden Streben eines Gullydeckels, doch es rettet sich in letzter Sekunde. Puh. Jetzt aber die Glacischaussee; das nächste Problem mit vier Spuren. Wir bringen erneut den Verkehr mit den inzwischen bewährten Mitteln minutenlang zum völligen Erliegen, und die Entenarmada watschelt nervös durchs Spalier.
Nur noch wenige zehn Meter bis zum Parkeingang. Daisy Duck scheint allmählich das rettende Wasser zu riechen, oder ist es die nun doch überhandnehmende Panik? Jedenfalls setzt sie zum Watschelsprint an, der die vor Eifer und Schutzbedürfnis fast platzenden kleinen Wollknäuel in ihrem Gefolge unter höchsten Stress setzt.
Da, der Teich! Die Alte bricht durchs Ufergebüsch, ihre Küken stolpern, klettern, wackeln hinterher, und plötzlich sind alle im Wasser: eine adrenalinüberflutete Entenmama mit ihren zehn Winzlingen, denen nun auch über den heutigen Tag hinaus eine Zukunft beschert sein dürfte.
Für uns alle ein außergewöhnlich schönes Sonntagserlebnis. Wir tauschen Mailadressen, plaudern noch ein wenig, gehen ein Stück gemeinsam und verabschieden uns dann voneinander, fast wie Freunde.
Erst als ich in die Seilerstraße einbiege, dämmert mir: Wir hätten eigentlich die Feuerwehr rufen müssen; die kümmert sich ja professionell um so was. Und sie ist vor allem eins: versichert. Ein von uns verursachter Auffahrunfall beim mutwilligen Stauen einer Hauptverkehrsstraße hätte bei der Assekuranz sicherlich Stirnrunzeln hervorgerufen.
So aber fühlt er sich verdammt gut an, dieser Sonntag. Und zwar nur deshalb, weil wir die Sache selbst in die Hand genommen haben. Wie Jack Bauer in „24“.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs über Vögel (via Andreas)
1. „Surfin' bird“ von The Trashmen
2. „Blackbird“ von The Beatles
3. „Bird on the wire“ von Leonard Cohen
Ein Passantin mit zum Glück parierendem Hund schirmt die fehlgeleiteten Vögel nach hinten ab, wo bereits eine Kolonne Sonntagsfahrer Ungeduld ausdünstet, angeführt und in Schach gehalten indes von einer sichtbar gerührten Mittelklassewagenlenkerin. Die Enten müssen in den Park, nach Planten un Blomen, so viel ist klar. Das wird tüftelig, denn zwei selbst sonntags stark frequentierte vierspurige Straßen gilt es zu überwinden.
Angesichts dieser nur im Team zu bewältigenden Aufgabe findet sich spontan eine Schicksalsgemeinschaft, der auch ich anzugehören die Ehre habe. Sie besteht aus der Dame mit Hund, einem gemütlichen Schnauzbartträger mit Balkanakzent, der weiterhin hochentzückten Mittelklassewagenlenkerin, die inzwischen geparkt hat und mitsamt ihrer Freundin – Conny, zufällig aus Frankfurt zu Gast – der Entenrettung höchste Priorität einräumt. Eigentlich waren die beiden ja auf dem Weg in die Kunsthalle, wo es ein gutes Frühstück geben soll, doch wat mutt, dat mutt.
Es ist übrigens interessant, wie man als Hüter einer Entenfamilie plötzlich mit den Augen der Schutzbefohlenen in die Welt schaut. Plötzlich scheint aus jeder zweiten Passage ein yetigroßer Hund hervorzustürmen (was ist eigentlich aus dem Leinenzwang geworden, Herr Innensenator?!), und diese lautlos uns entgegenrollenden, ultraschmalen, aber immens hohen Dinger mit nichtsahnenden Menschen obendrauf (sog. „Fahrräder”) nerven ungemein.
Uns gelingt es dennoch irgendwie, die Enten auf den Bürgersteig zu drängen, was immerhin den Verkehrsfluss im Viertel wieder begünstigt. Doch der Gehweg ist eng, die Entenmutter, um die sich die Küken halbkreisförmig scharen, zeigt deutliche Anzeichen aufkeimender Panik. Manchmal versucht sie zur Seite auszubrechen, doch mal der Schnauzbart, mal ich, mal eine der Frauen wissen das jeweils sanft, doch bestimmt zu unterbinden.
Inzwischen haben sich uns auch ein ungefähr 12-jähriges Mädchen namens Lotte (Foto), eine etwa 40-jährige Radlerin und ein so weißhaariger wie solariumsgebräunter Ruheständler angeschlossen. Die illustre, die Gesamtbevölkerung in ihrer Alters- und Milieustruktur verblüffend genau abbildende Rettungstruppe nähert sich mitsamt ihren Schützlingen jetzt der ersten großen Hürde. Sie heißt Budapester Straße und brüllt vor Verkehr.
Der wird kurzerhand gestoppt. Rauf auf die Straße, Blickkontakt zu den Automobilisten und mit breiten Armen entschuldigende Stoppgesten wedeln – die Verblüffung der auf freie Fahrt eingestellten freien Bürger weicht nur in der ersten Reihe dem offenbar genetisch bedingten Entzücken beim Anblick der Vogelfamilie. Dahinter aber geht das Gehupe los. Wir ertragen es mit gandhiesker Gleichmut. Geschafft.
Übers Heiligengeistfeld geht es gut voran. Eins der Küken verschwindet zwar fast zwischen den obszön weit auseinanderliegenden Streben eines Gullydeckels, doch es rettet sich in letzter Sekunde. Puh. Jetzt aber die Glacischaussee; das nächste Problem mit vier Spuren. Wir bringen erneut den Verkehr mit den inzwischen bewährten Mitteln minutenlang zum völligen Erliegen, und die Entenarmada watschelt nervös durchs Spalier.
Nur noch wenige zehn Meter bis zum Parkeingang. Daisy Duck scheint allmählich das rettende Wasser zu riechen, oder ist es die nun doch überhandnehmende Panik? Jedenfalls setzt sie zum Watschelsprint an, der die vor Eifer und Schutzbedürfnis fast platzenden kleinen Wollknäuel in ihrem Gefolge unter höchsten Stress setzt.
Da, der Teich! Die Alte bricht durchs Ufergebüsch, ihre Küken stolpern, klettern, wackeln hinterher, und plötzlich sind alle im Wasser: eine adrenalinüberflutete Entenmama mit ihren zehn Winzlingen, denen nun auch über den heutigen Tag hinaus eine Zukunft beschert sein dürfte.
Für uns alle ein außergewöhnlich schönes Sonntagserlebnis. Wir tauschen Mailadressen, plaudern noch ein wenig, gehen ein Stück gemeinsam und verabschieden uns dann voneinander, fast wie Freunde.
Erst als ich in die Seilerstraße einbiege, dämmert mir: Wir hätten eigentlich die Feuerwehr rufen müssen; die kümmert sich ja professionell um so was. Und sie ist vor allem eins: versichert. Ein von uns verursachter Auffahrunfall beim mutwilligen Stauen einer Hauptverkehrsstraße hätte bei der Assekuranz sicherlich Stirnrunzeln hervorgerufen.
So aber fühlt er sich verdammt gut an, dieser Sonntag. Und zwar nur deshalb, weil wir die Sache selbst in die Hand genommen haben. Wie Jack Bauer in „24“.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs über Vögel (via Andreas)
1. „Surfin' bird“ von The Trashmen
2. „Blackbird“ von The Beatles
3. „Bird on the wire“ von Leonard Cohen
20 Mai 2006
Wenn Opelflittchen Amok fahren
(Foto via Cabman)
Ok, bisher habe ich mich hier brav mit allen möglichen Themen beschäftigt, ohne etwas zu den tobenden blog wars zu sagen, obwohl auch ich heftig zwischen die Fronten geraten bin. Jetzt muss es doch sein.
Was ist geschehen? Poodle hatte eine heftige, brillant formulierte Polemik gegen vier sogenannte „A-Blogger“ losgelassen, die sich vom Autohersteller Opel einen Wagen leihen ließen, über den sie dann auch vier Wochen lang bitteschön zu bloggen haben. Ist natürlich eklig, die Vorstellung, bei vier der meistfrequentierten Blogs nur noch was über Onkelautos lesen zu müssen (ix schwärmte denn auch gleich von der „absurd kleinen heckscheibe“). Ich fand die Aktion ebenfalls sehr, sehr peinlich und verwies bei MC Winkel und ix, zwei der von Opel Auserwählten, auf Poodles Text und machte zudem kein Hehl aus meiner Parteinahme für den ebenso klar argumentierenden wie kompromisslos harten Blogger aus Schwaben.
Dann geschah Folgendes: Von ix erntete ich aufmunternde Komplimente („flasche“, „penner“), Don Dahlmann lobte mich für mein selbstloses Engagement („kläffendes Schoßhündchen“), und in MC Winkel erwachte der Mutterinstinkt, weshalb er sofort meine Kommentare von seiner Website entfernte, dies aus lauter Fürsorglichkeit auch weiteren Bloggern empfahl und mich anderswo verbal als „Pfeife“ liebkoste. Derweil heizte die Opelflittchen-Fan-Kamarilla (hier von Don Alphonso unnachahmlich zur Schnecke gemacht) auf unfassbare Weise dem guten Poodle ein – vor allem hinter den Kulissen. Folge: Er schloss sein Blog.
All das, die Reaktionen der Opelblogger und ihrer nicht zur Räson gerufenen Bluthunde, erinnert lustigerweise genau an das Image, welches Opelfahrern seit seligen Manta-Zeiten anhängt. Schon immer galten sie als etwas schlicht, ihre begrenzte Fähigkeit zu verbaler Streitkultur war sprichwörtlich. Wichtig war, wer den größten Fuchsschwanz und die blondeste Friseuse hatte. Klar, dass Herr „Schwanzvergleich“ ix und Obermacho Winkel sich in diesem gefühlten Umfeld höchst heimisch fühlen.
Das entscheidende Argument von Poodle ist übrigens dieses: Was die Blogosphäre auszeichnet, ist jene Glaubwürdigkeit, die nur durch Unabhängigkeit entsteht – also genau das, was Werbung nicht hat und niemals haben wird. Wenn ein Autokonzern diese Glaubwürdigkeit anzapfen will, darf man das Spielchen einfach nicht mitspielen; denn egal, was man auch bloggt und wie man versucht, sich zu distanzieren: Die exklusive Währung, welche die Blogosphäre aufzuweisen hat – ihre Subjektivität, Unmittelbarkeit, Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit –, geht dabei flöten. Und ist auch nicht mehr zurückzugewinnen.
Klar: Auf den ersten Blick sieht das mit dem Opelbloggen alles aus wie eine Kleinigkeit. Ist es aber nicht. Eher ein Sündenfall, um mal etwas pathetisch zu werden. Also, ihr Opelblogger: Stellt die Wagen ins Halteverbot (wie es Neobazi mal feinsinnig anregte), schmeißt die Schlüssel in den jeweiligen Fluss, der durch eure Stadt fließt, und bloggt. Über euer Leben oder irgendeinenen anderen Quatsch, der euch so einfällt. Aber macht es für euch.
Poodle ist übrigens wieder online. Die beste Nachricht des Wochenendes.
Und jetzt alle wieder an die Arbeit, husch, husch!
Ok, bisher habe ich mich hier brav mit allen möglichen Themen beschäftigt, ohne etwas zu den tobenden blog wars zu sagen, obwohl auch ich heftig zwischen die Fronten geraten bin. Jetzt muss es doch sein.
Was ist geschehen? Poodle hatte eine heftige, brillant formulierte Polemik gegen vier sogenannte „A-Blogger“ losgelassen, die sich vom Autohersteller Opel einen Wagen leihen ließen, über den sie dann auch vier Wochen lang bitteschön zu bloggen haben. Ist natürlich eklig, die Vorstellung, bei vier der meistfrequentierten Blogs nur noch was über Onkelautos lesen zu müssen (ix schwärmte denn auch gleich von der „absurd kleinen heckscheibe“). Ich fand die Aktion ebenfalls sehr, sehr peinlich und verwies bei MC Winkel und ix, zwei der von Opel Auserwählten, auf Poodles Text und machte zudem kein Hehl aus meiner Parteinahme für den ebenso klar argumentierenden wie kompromisslos harten Blogger aus Schwaben.
Dann geschah Folgendes: Von ix erntete ich aufmunternde Komplimente („flasche“, „penner“), Don Dahlmann lobte mich für mein selbstloses Engagement („kläffendes Schoßhündchen“), und in MC Winkel erwachte der Mutterinstinkt, weshalb er sofort meine Kommentare von seiner Website entfernte, dies aus lauter Fürsorglichkeit auch weiteren Bloggern empfahl und mich anderswo verbal als „Pfeife“ liebkoste. Derweil heizte die Opelflittchen-Fan-Kamarilla (hier von Don Alphonso unnachahmlich zur Schnecke gemacht) auf unfassbare Weise dem guten Poodle ein – vor allem hinter den Kulissen. Folge: Er schloss sein Blog.
All das, die Reaktionen der Opelblogger und ihrer nicht zur Räson gerufenen Bluthunde, erinnert lustigerweise genau an das Image, welches Opelfahrern seit seligen Manta-Zeiten anhängt. Schon immer galten sie als etwas schlicht, ihre begrenzte Fähigkeit zu verbaler Streitkultur war sprichwörtlich. Wichtig war, wer den größten Fuchsschwanz und die blondeste Friseuse hatte. Klar, dass Herr „Schwanzvergleich“ ix und Obermacho Winkel sich in diesem gefühlten Umfeld höchst heimisch fühlen.
Das entscheidende Argument von Poodle ist übrigens dieses: Was die Blogosphäre auszeichnet, ist jene Glaubwürdigkeit, die nur durch Unabhängigkeit entsteht – also genau das, was Werbung nicht hat und niemals haben wird. Wenn ein Autokonzern diese Glaubwürdigkeit anzapfen will, darf man das Spielchen einfach nicht mitspielen; denn egal, was man auch bloggt und wie man versucht, sich zu distanzieren: Die exklusive Währung, welche die Blogosphäre aufzuweisen hat – ihre Subjektivität, Unmittelbarkeit, Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit –, geht dabei flöten. Und ist auch nicht mehr zurückzugewinnen.
Klar: Auf den ersten Blick sieht das mit dem Opelbloggen alles aus wie eine Kleinigkeit. Ist es aber nicht. Eher ein Sündenfall, um mal etwas pathetisch zu werden. Also, ihr Opelblogger: Stellt die Wagen ins Halteverbot (wie es Neobazi mal feinsinnig anregte), schmeißt die Schlüssel in den jeweiligen Fluss, der durch eure Stadt fließt, und bloggt. Über euer Leben oder irgendeinenen anderen Quatsch, der euch so einfällt. Aber macht es für euch.
Poodle ist übrigens wieder online. Die beste Nachricht des Wochenendes.
Und jetzt alle wieder an die Arbeit, husch, husch!
19 Mai 2006
Der Reaktionstest oder Netter Versuch
Gesendet: Donnerstag, 18. Mai 2006 20:25
An: G*******, Jens, WM-Organisationskomitee
Betreff: Bloggen über die WM
Betreff: Re: Bloggen über die WM
Gesendet: 19. Mai 2006 16:13:54 MESZ
An: Wagner, Matthias
Betreff: Re: WG: Bloggen über die WM
Gesendet 19. Mai 2006 16:22:54 MESZ
An: G****, Gerd
An: G*******, Jens, WM-Organisationskomitee
Betreff: Bloggen über die WM
Sehr geehrter Herr G*******,
in den USA ist es längst üblich, dass Blogger zu wichtigen Veranstaltungen in Politik, Kultur und Sport akkreditiert werden.
Ich denke, in Deutschland ist die Zeit ebenfalls reif dafür.
Daher möchte ich Sie bitten, mich als Blogger für die WM-Spiele in Hamburg zu akkreditieren, damit ich in meinem täglich aktualisierten Weblog „Die Rückseite der Reeperbahn“ darüber berichten und diesem globalen Ereignis auch in der Blogosphäre eine entsprechende Resonanz verschaffen kann.
Wenn Sie sich ein Bild meiner Tätigkeit machen wollen, so lade ich Sie gerne zur Lektüre ein.
Die Webadresse lautet: www.mattwagner.de/blog.htm.
Über einen entsprechenden Akkreditierungsantrag würde ich mich sehr freuen.
Vielen Dank für Ihre Mühe
Beste Grüße
Betreff: Re: Bloggen über die WM
Gesendet: 19. Mai 2006 16:13:54 MESZ
An: Wagner, Matthias
Sehr geehrter Herr Wagner,
meine Kollege Jens G******* hat Ihre Anfrage an mich weitergeleitet. Einmal ganz davon abgesehen, dass die Akkreditierungsphase schon seit September 2005 abgeschlossen ist und keine Nachakkreditierungen mehr vorgenommen werden können, wird es auch nicht möglich sein, Blogger zu akkreditieren. Die Zahl der Akkreditierungsgesuche überschritt bei weitem die Zahl des Kontingentes.
Natürlich ist auch uns bewusst, welch rasante Entwicklung das Thema Blogg genommen hat, zu einer Medienakkreditierung genügt dies jedoch bei weitem noch nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Gerd G****
Pressesprecher
OK FIFA WM 2006
Betreff: Re: WG: Bloggen über die WM
Gesendet 19. Mai 2006 16:22:54 MESZ
An: G****, Gerd
Sehr geehrter Herr G****,
danke für Ihre rasche Antwort.
Schade – so kann ich nur über Costa Rica-Ecuador bloggen. Aber immerhin.
Bis zur nächsten WM hat sich die OK-Einschätzung sicher geändert.
Dann können Sie mich ja nach Südafrika schicken.
Möge der Bessere gewinnen – solange er nicht gegen Deutschland spielt.
Beste Grüße
Matthias Wagner
18 Mai 2006
Wie ich mal die Steuerzahler entlastet habe
Was ist denn los? Warum geht es nicht weiter? Seit fünf Minuten steht der Bus an der S Reeperbahn, und mir dämmert das erst allmählich, weil ich auf den Ohren den alten Al Green habe und vor den Augen ein Buch. Ich blicke auf.
Vorn diskutiert ein massiger Mann afrikanischer Prägung erregt mit dem Fahrer. Eine Einigung scheint fern. Der Fahrer ist offenbar nicht gewillt loszufahren, solange der lautstarke Diskutant sich nicht trollt. „Steigen Sie aus!“ schallt es durch den Bus. Der so unfein schroff Aufgeforderte aber denkt nicht im Traum daran, sondern kommt jetzt den Gang herunter und setzt sich schräg hinter mich.
Zu einer Lösung der Lage trägt diese Entscheidung freilich nicht bei, denn der Fahrer stellt den Motor ab und nestelt an seinem Funkgerät. Offenbar ist er zu dem Schluss gekommen, externe Hilfe sei opportun. Immerhin ist die Davidwache (Foto) nah, da könnte in Bälde ein wirksamer Eingriff der Exekutive erfolgen.
„Was ist denn los?“ frage ich den Herrn hinter mir. Froh über ein offenes Ohr, dem er sein Leid klagen kann, erläutert er, sich im Besitz einer Tageskarte zu befinden – und es stimmt, er hält sie mir hin –, die nach Aussage des für den Verkauf zuständigen Schaltermenschen auch für diesen Bus hier Gültigkeit besäße. Doch der Fahrer sei uneinsichtig, ja geradezu renitent. Dieser Bürokrat, führt er sinngemäß weiter aus, habe seiner Auslegung der Tageskartenfunktion gänzlich unaufgeschlossen gegenübergestanden und ihm als Alternative in recht deutlichen Worten den Kauf eines zusätzlichen Tickets anempfohlen. Kostenpunkt: einszwanzig.
Dies hält mein Nachbar weiterhin für inakzeptabel. Schließlich habe er zum einen eine gültige Tageskarte und andererseits zehn Cent zu wenig in der Tasche.
Hm, mir schwant ein Polizeieinsatz, mir schwanen schreiende Menschen, über Muskeln sich spannende Uniformen, ich höre vor meinen geistigen Ohr das silbrige Klirren von Handschellen, sehe Tränengasschwaden, es droht eine Gefährdung des öffentlichen Personennahverkehrs, ich sehe Verhaftung, Abschiebung, eine zerrissene Familie und schließliches Dahindämmern in den Slums von Kinshasa oder Ouagadougou … Und alles nur wegen einer fehlenden Münze, der viertkleinsten überhaupt.
Während der Fahrer vorne offenbar im Begriff ist, eine erfolgreiche Funkverbindung zur Einsatzleitung herzustellen, offeriere ich dem Mann zehn Cent, zunächst in Form einer Ein-Euro-Münze, die er mit einem Wort des Dankes auch annimmt. Damit stapft er ungebrochen verärgert nach vorne und legt wortlos seinen und meinen Euro dem Fahrer hin. Der beendet den Funkkontakt, ratscht – ebenfalls stumm – ein Ticket aus dem Automaten, zählt das Wechselgeld ab, und der Mann steckt es samt Ticket still ein, stapft durch den Gang zurück und gibt mir 90 Cent zurück. Der Bus fährt los, alles ist gut.
Wäre man Haushaltsexperte im Fachbereich polizeiliche Einsatzkräfte, könnte man wohl leicht ausrechnen, wieviele Steuern die Stadt Hamburg just durch die Investition einer Zehn-Cent-Münze zur richtigen Zeit am richtigen Ort gespart hat.
Die Rendite ist jedenfalls atemberaubend. Schade, dass ich bei privaten Finanzgeschäften dagegen immer auf die Schnauze falle.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs von Al Green
1. „Love is a beautiful thing“
2. „I can't stop“
3. „Call me“
Vorn diskutiert ein massiger Mann afrikanischer Prägung erregt mit dem Fahrer. Eine Einigung scheint fern. Der Fahrer ist offenbar nicht gewillt loszufahren, solange der lautstarke Diskutant sich nicht trollt. „Steigen Sie aus!“ schallt es durch den Bus. Der so unfein schroff Aufgeforderte aber denkt nicht im Traum daran, sondern kommt jetzt den Gang herunter und setzt sich schräg hinter mich.
Zu einer Lösung der Lage trägt diese Entscheidung freilich nicht bei, denn der Fahrer stellt den Motor ab und nestelt an seinem Funkgerät. Offenbar ist er zu dem Schluss gekommen, externe Hilfe sei opportun. Immerhin ist die Davidwache (Foto) nah, da könnte in Bälde ein wirksamer Eingriff der Exekutive erfolgen.
„Was ist denn los?“ frage ich den Herrn hinter mir. Froh über ein offenes Ohr, dem er sein Leid klagen kann, erläutert er, sich im Besitz einer Tageskarte zu befinden – und es stimmt, er hält sie mir hin –, die nach Aussage des für den Verkauf zuständigen Schaltermenschen auch für diesen Bus hier Gültigkeit besäße. Doch der Fahrer sei uneinsichtig, ja geradezu renitent. Dieser Bürokrat, führt er sinngemäß weiter aus, habe seiner Auslegung der Tageskartenfunktion gänzlich unaufgeschlossen gegenübergestanden und ihm als Alternative in recht deutlichen Worten den Kauf eines zusätzlichen Tickets anempfohlen. Kostenpunkt: einszwanzig.
Dies hält mein Nachbar weiterhin für inakzeptabel. Schließlich habe er zum einen eine gültige Tageskarte und andererseits zehn Cent zu wenig in der Tasche.
Hm, mir schwant ein Polizeieinsatz, mir schwanen schreiende Menschen, über Muskeln sich spannende Uniformen, ich höre vor meinen geistigen Ohr das silbrige Klirren von Handschellen, sehe Tränengasschwaden, es droht eine Gefährdung des öffentlichen Personennahverkehrs, ich sehe Verhaftung, Abschiebung, eine zerrissene Familie und schließliches Dahindämmern in den Slums von Kinshasa oder Ouagadougou … Und alles nur wegen einer fehlenden Münze, der viertkleinsten überhaupt.
Während der Fahrer vorne offenbar im Begriff ist, eine erfolgreiche Funkverbindung zur Einsatzleitung herzustellen, offeriere ich dem Mann zehn Cent, zunächst in Form einer Ein-Euro-Münze, die er mit einem Wort des Dankes auch annimmt. Damit stapft er ungebrochen verärgert nach vorne und legt wortlos seinen und meinen Euro dem Fahrer hin. Der beendet den Funkkontakt, ratscht – ebenfalls stumm – ein Ticket aus dem Automaten, zählt das Wechselgeld ab, und der Mann steckt es samt Ticket still ein, stapft durch den Gang zurück und gibt mir 90 Cent zurück. Der Bus fährt los, alles ist gut.
Wäre man Haushaltsexperte im Fachbereich polizeiliche Einsatzkräfte, könnte man wohl leicht ausrechnen, wieviele Steuern die Stadt Hamburg just durch die Investition einer Zehn-Cent-Münze zur richtigen Zeit am richtigen Ort gespart hat.
Die Rendite ist jedenfalls atemberaubend. Schade, dass ich bei privaten Finanzgeschäften dagegen immer auf die Schnauze falle.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs von Al Green
1. „Love is a beautiful thing“
2. „I can't stop“
3. „Call me“
Die letzten 36 Stunden
Dienstag
8.15: Wecker klingelt, Bad, Frühstück, Abschiedskuss für Ms. Columbo.
9.15: Radle zur Arbeit. Heute werden 100 Mails auf mich warten. Und tausend Dinge mehr. F…
12.19: Mittagspause. Wir hetzen los. In 30 Minuten müssen wir wieder zurück sein. Verschlinge Viktoriabarschfilet. Esstempo kann nicht gesund sein. Egal. Hetze zurück. Höchstens noch 50 Mails. Beruhigend. Auf eine gewisse Art.
18.15: Radle rasend heim. Willkommenskuss von Ms. Columbo. Schnell was essen. Muss zum Konzert.
21.00: Treffe vorm Knust ein. Der Franke auch. Okkervil River spielen. Folk noir aus den USA. Düster, verletzlich, wild. Band lässt uns aber erst mal eine Stunde warten. Wir trösten uns mit Beck's. Band spielt bis Mitternacht. Radle rasend heim. Muss noch bloggen. Aber was? Am besten die Dylan-Radioshow. Die Welt soll davon erfahren.
2.00: Ins Bett. Kann nicht gleich schlafen wegen irgendwelcher Musik im Ohr. Geht nicht weg; wie ein Loop.
Mittwoch
8.15: Wecker klingelt, Bad, Frühstück, Abschiedskuss für Ms. Columbo.
9.05: Zur Bushaltestelle, weil Fitnesstasche zu unhandlich fürs Fahrrad. Muss feststellen, dass Haltestelle verlegt worden ist. 800 Meter laufen mit blöder Fitnesstasche. Kriege den Bus noch so eben. Im Büro werden 100 Mails auf mich warten. Und tausend Dinge mehr. F…
12.45: Mittagspause. Wir hetzen los. In 30 Minuten müssen wir wieder zurück sein. Verschlinge Currywurst mit Pommes Frites. Esstempo kann nicht gesund sein. Egal. Hetze zurück. Höchstens noch 50 Mails. Beruhigend. Auf eine gewisse Art.
18.15: Mit dem Bus ins Fitnessstudio. Vorm Bauch/Rückenkurs noch schnell für 20 Minuten auf den Crosstrainer zum Aufwärmen. Sage tschüs zu 317 Kalorien.
20.35: U-Bahn nach St. Pauli. Hetze die Treppen hoch, werfe Tasche ins Bad, stelle Fernseher an: Champions-League-Finale. Genieße beim Laufen in die Küche die Tatsache, die gleiche Luft zu atmen wie Ronaldinho, global gesehen. Esse Käsebrote mit Basilikumtomaten, während erste Halbzeit läuft.
21.45: Zeichne Finale weiter auf. Muss zum Konzert von Gregor Samsa ins Molotow (Foto: die Decke). Club liegt auf der anderen Seite der Reeperbahn, drei Fußminuten weg. Zum Glück.
22.02: Treffe erregt und verschwitzt im Molotow ein. Hatte mich durch den Absperrzaun der Riesenbaustelle Reeperbahn gezwängt, fand aber an der anderen Seite keinen Ausgang. Irrte minutenlang über den Spielbudenplatz. Fühlte mich wie auf Guantanamo Bay. Musste schließlich am Dixieklo den Zaun anheben, quetschte mich durch. Erfahre im Molotow, dass die Band schon gespielt hat. Könnte heulen.
22.15: Eile durch die Seilerstraße zurück nach Hause. Vor mir watschelt ein Typ in Shorts und Hawaiihemd. Er stoppt an einem Auto und stellt, während er seine Wagenschlüssel sucht, eine Motorsäge aufs Dach. Will lieber nicht wissen, warum.
22.50: Aufzeichnung des Champions-League-Finales. Barca schießt zwei Tore in drei Minuten. Ms. Columbo kommt nach Hause. Willkommenskuss. Vertrete die Theorie, Arsenal-Keeper Jens Lehmann habe sich in der ersten Halbzeit beim Stand von 0:0 nur deshalb vom Platz stellen lassen, um seinen Torrekord nicht zu gefährden und vor der WM keinen Treffer mehr zu kassieren. Hat funktioniert.
22:58: Spiel ist aus. Schaue Ronaldinho beim Feiern zu. Atme die gleich Luft wie er, global gesehen, was eine Gnade ist. Aber jetzt Schluss mit lustig: Private Mails müssen erledigt werden. Sind zum Glück nur 19.
23.31: Verdammt, muss noch bloggen! Aber was bloß, WAS? Ach, warum nicht einfach die letzten 36 Stunden im Zeitraffer zusammenfassen? Genau. So mach ich's.
0.14: Jetzt noch geschäftliche Korrespondenz, Banküberweisungen, Kram. Und dann ab ins Bett. Wenn nur diese komische Musik im Ohr wegginge. Ist hartnäckig wie ein Loop. Aber immerhin anderes Stück als gestern.
8.15: Wecker klingelt, Bad, Frühstück, Abschiedskuss für Ms. Columbo.
9.15: Radle zur Arbeit. Heute werden 100 Mails auf mich warten. Und tausend Dinge mehr. F…
12.19: Mittagspause. Wir hetzen los. In 30 Minuten müssen wir wieder zurück sein. Verschlinge Viktoriabarschfilet. Esstempo kann nicht gesund sein. Egal. Hetze zurück. Höchstens noch 50 Mails. Beruhigend. Auf eine gewisse Art.
18.15: Radle rasend heim. Willkommenskuss von Ms. Columbo. Schnell was essen. Muss zum Konzert.
21.00: Treffe vorm Knust ein. Der Franke auch. Okkervil River spielen. Folk noir aus den USA. Düster, verletzlich, wild. Band lässt uns aber erst mal eine Stunde warten. Wir trösten uns mit Beck's. Band spielt bis Mitternacht. Radle rasend heim. Muss noch bloggen. Aber was? Am besten die Dylan-Radioshow. Die Welt soll davon erfahren.
2.00: Ins Bett. Kann nicht gleich schlafen wegen irgendwelcher Musik im Ohr. Geht nicht weg; wie ein Loop.
Mittwoch
8.15: Wecker klingelt, Bad, Frühstück, Abschiedskuss für Ms. Columbo.
9.05: Zur Bushaltestelle, weil Fitnesstasche zu unhandlich fürs Fahrrad. Muss feststellen, dass Haltestelle verlegt worden ist. 800 Meter laufen mit blöder Fitnesstasche. Kriege den Bus noch so eben. Im Büro werden 100 Mails auf mich warten. Und tausend Dinge mehr. F…
12.45: Mittagspause. Wir hetzen los. In 30 Minuten müssen wir wieder zurück sein. Verschlinge Currywurst mit Pommes Frites. Esstempo kann nicht gesund sein. Egal. Hetze zurück. Höchstens noch 50 Mails. Beruhigend. Auf eine gewisse Art.
18.15: Mit dem Bus ins Fitnessstudio. Vorm Bauch/Rückenkurs noch schnell für 20 Minuten auf den Crosstrainer zum Aufwärmen. Sage tschüs zu 317 Kalorien.
20.35: U-Bahn nach St. Pauli. Hetze die Treppen hoch, werfe Tasche ins Bad, stelle Fernseher an: Champions-League-Finale. Genieße beim Laufen in die Küche die Tatsache, die gleiche Luft zu atmen wie Ronaldinho, global gesehen. Esse Käsebrote mit Basilikumtomaten, während erste Halbzeit läuft.
21.45: Zeichne Finale weiter auf. Muss zum Konzert von Gregor Samsa ins Molotow (Foto: die Decke). Club liegt auf der anderen Seite der Reeperbahn, drei Fußminuten weg. Zum Glück.
22.02: Treffe erregt und verschwitzt im Molotow ein. Hatte mich durch den Absperrzaun der Riesenbaustelle Reeperbahn gezwängt, fand aber an der anderen Seite keinen Ausgang. Irrte minutenlang über den Spielbudenplatz. Fühlte mich wie auf Guantanamo Bay. Musste schließlich am Dixieklo den Zaun anheben, quetschte mich durch. Erfahre im Molotow, dass die Band schon gespielt hat. Könnte heulen.
22.15: Eile durch die Seilerstraße zurück nach Hause. Vor mir watschelt ein Typ in Shorts und Hawaiihemd. Er stoppt an einem Auto und stellt, während er seine Wagenschlüssel sucht, eine Motorsäge aufs Dach. Will lieber nicht wissen, warum.
22.50: Aufzeichnung des Champions-League-Finales. Barca schießt zwei Tore in drei Minuten. Ms. Columbo kommt nach Hause. Willkommenskuss. Vertrete die Theorie, Arsenal-Keeper Jens Lehmann habe sich in der ersten Halbzeit beim Stand von 0:0 nur deshalb vom Platz stellen lassen, um seinen Torrekord nicht zu gefährden und vor der WM keinen Treffer mehr zu kassieren. Hat funktioniert.
22:58: Spiel ist aus. Schaue Ronaldinho beim Feiern zu. Atme die gleich Luft wie er, global gesehen, was eine Gnade ist. Aber jetzt Schluss mit lustig: Private Mails müssen erledigt werden. Sind zum Glück nur 19.
23.31: Verdammt, muss noch bloggen! Aber was bloß, WAS? Ach, warum nicht einfach die letzten 36 Stunden im Zeitraffer zusammenfassen? Genau. So mach ich's.
0.14: Jetzt noch geschäftliche Korrespondenz, Banküberweisungen, Kram. Und dann ab ins Bett. Wenn nur diese komische Musik im Ohr wegginge. Ist hartnäckig wie ein Loop. Aber immerhin anderes Stück als gestern.
17 Mai 2006
Bob Dylan: Vom Schweiger zur Plaudertasche
Nicht nur, weil er über lange Zeiten schwieg oder pro Dekade höchstens ein Interview gab (und das an konspirativen Orten), gilt der amerikanische Sänger, Dichter und Komponist Bob Dylan als Mysterium. Selbst auf der Bühne spricht er nicht, er brummt am Ende eines Konzertes allenfalls die Namen der Mitmusiker.
Ein Rätsel, dieser Mann. Und wahrscheinlich der bedeutendste, einflussreichste, geheimnisvollste US-Künstler der letzten 100 Jahre. Als vor einigen Monaten der Regisseur Martin Scorsese auf seiner DVD „No direction home“ gefilmte Interviews mit ihm veröffentlichte, konstatierte die internationale Dylanologie erstaunt und ergriffen: Der Mann kann ja doch sprechen. Und das sogar flüssig und fein mit Witz gewürzt.
Doch nicht genug der Sensationen. Bob Dylan, die Sphinx unserer Zeit, hat jetzt eine eigene Radioshow.
Als DJ.
Ungelogen.
Jede Woche mittwochs geht er auf Sendung. Er knöpft sich ein Thema vor, erzählt mit sonorer Stimme kleine Geschichten über die Künstler, die er gleich spielen wird, wirft uns nonchalant Nachtschattenaphorismen hin und scheint uns dabei zuzuzwinkern.
Ja: Dylan ist jetzt ein DJ, man fasst es nicht. Die Sendung gibt es natürlich nur gegen Bares im Internet, bei XM Satellite Radio. Doch ich habe zwei Links zu MP3-Mitschnitten der Sendungen entdeckt. Die online zu stellen, ist vielleicht illegal, mag sein, aber damit muss sich die Ursprungsquelle herumschlagen. Und wer weiß, wie lange diese 60-Minuten-Wunderwerke der Radiogeschichte noch dort verfügbar sein werden.
Doch solange sie da sind: Hört sie euch an. Ladet sie auf eure Rechner. Dann kann sie euch niemand mehr nehmen. Denn wenn jemand jahrzehntelang mehr oder weniger schwieg und jetzt redet, dann sollte man zuhören, was er zu sagen hat. Es ist ja nicht irgendjemand. Es ist Bob Dylan. Wir haben nicht viele, die größer sind als er.
Hier sind die Links:
3. Mai 2006: Thema „Weather“
10. Mai 2006: Thema „Mothers“.
Aber verpetzt mich nicht, ok?
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs, die DJ Bob aufgelegt hat
1. „Mama don't allow“ von Julia Lee
2. „The wind cries Mary“ von Jimi Hendrix
3. „Have you seen your mother, baby, standing in the shadow“ von The Rolling Stones
Ein Rätsel, dieser Mann. Und wahrscheinlich der bedeutendste, einflussreichste, geheimnisvollste US-Künstler der letzten 100 Jahre. Als vor einigen Monaten der Regisseur Martin Scorsese auf seiner DVD „No direction home“ gefilmte Interviews mit ihm veröffentlichte, konstatierte die internationale Dylanologie erstaunt und ergriffen: Der Mann kann ja doch sprechen. Und das sogar flüssig und fein mit Witz gewürzt.
Doch nicht genug der Sensationen. Bob Dylan, die Sphinx unserer Zeit, hat jetzt eine eigene Radioshow.
Als DJ.
Ungelogen.
Jede Woche mittwochs geht er auf Sendung. Er knöpft sich ein Thema vor, erzählt mit sonorer Stimme kleine Geschichten über die Künstler, die er gleich spielen wird, wirft uns nonchalant Nachtschattenaphorismen hin und scheint uns dabei zuzuzwinkern.
Ja: Dylan ist jetzt ein DJ, man fasst es nicht. Die Sendung gibt es natürlich nur gegen Bares im Internet, bei XM Satellite Radio. Doch ich habe zwei Links zu MP3-Mitschnitten der Sendungen entdeckt. Die online zu stellen, ist vielleicht illegal, mag sein, aber damit muss sich die Ursprungsquelle herumschlagen. Und wer weiß, wie lange diese 60-Minuten-Wunderwerke der Radiogeschichte noch dort verfügbar sein werden.
Doch solange sie da sind: Hört sie euch an. Ladet sie auf eure Rechner. Dann kann sie euch niemand mehr nehmen. Denn wenn jemand jahrzehntelang mehr oder weniger schwieg und jetzt redet, dann sollte man zuhören, was er zu sagen hat. Es ist ja nicht irgendjemand. Es ist Bob Dylan. Wir haben nicht viele, die größer sind als er.
Hier sind die Links:
3. Mai 2006: Thema „Weather“
10. Mai 2006: Thema „Mothers“.
Aber verpetzt mich nicht, ok?
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs, die DJ Bob aufgelegt hat
1. „Mama don't allow“ von Julia Lee
2. „The wind cries Mary“ von Jimi Hendrix
3. „Have you seen your mother, baby, standing in the shadow“ von The Rolling Stones
15 Mai 2006
Tannenzapfenzupfen (4)
(Foto via FHS Holztechnik)
Heute gibt es eine weitere Folge mit gruseliger Promoprosa und Pidginpoesie am Rande der Körperverletzung. Alles Blaugefärbte wurde Pressetexten zu neuen CDs entnommen und so belassen, wie der Promoter es schuf. Los geht’s mit dem besonders gruseligen Genre …
… Denglisch:
1. Lässig wie ein Sonnenuntergang, leicht wie ein tighter Surf.
2. Unser neuer general Partner wird uns im nächsten halben Jahr mit einigen Releases versorgen.
3. Der Style der aus Estland stammenden Combo representiert das heftigste und tiefgestimmte Gitarren Riffing des modernen Death Metals. Gemischt mit unheimlichen, komplexen Keyboard Melodien sind Horricane eine einzigartige Erfahrung.
4. Auf Fuse.tv kann man sich zudem noch das neue Amber Pacific Video zu ihrem Song Poetically Pathetic (aus deren full-length Debut "The Possibility And The Promise") anschauen. Und wenn man schonmal da ist, am besten auch gleich Ihren Tourblog von der Take Action! Tour anschauen und/oder sich die exklusive akkustik Version von "Save Me From Me" downloaden.
5. Wenn sich also der Headliner als Langweiler entpuppt, mach dich auf den Weg ins Basement, wo die gutaussehenden Boys und Girls lässig ihre Booties shaken.
Einfach nur schlecht, schlecht, schlecht:
1. Kain heute erschlägt höchstens sein abliges Publikum, und auch dabei findet man sie einfach höllisch sympatisch. (Hier muss eine kleine Anmerkung sein: Denn „ablig“ ist eine äußerst kühne Adjektivierung des Namens Abel. Man glaubt es kaum, aber es ist so.)
2. Wir wissen nicht, ob Glenn Frey und Don Henley während ihrer High School-Zeit Koryphäen in Biologie waren – jedenfalls ist ihnen in späteren Jahren in beeindruckender Weise gelungen, zahlreiche Ohrwürmer hervorzubringen.
3. Unserer Meinung nach braucht Integration Vorbild-Charakter und beide Gruppen beweißen, dass in ihren aktuellen Projekten.
Was bisher geschah
Tannenzapfenzupfen 3
Tannenzapfenzupfen 2
Tannenzapfenzupfen 1
Heute gibt es eine weitere Folge mit gruseliger Promoprosa und Pidginpoesie am Rande der Körperverletzung. Alles Blaugefärbte wurde Pressetexten zu neuen CDs entnommen und so belassen, wie der Promoter es schuf. Los geht’s mit dem besonders gruseligen Genre …
… Denglisch:
1. Lässig wie ein Sonnenuntergang, leicht wie ein tighter Surf.
2. Unser neuer general Partner wird uns im nächsten halben Jahr mit einigen Releases versorgen.
3. Der Style der aus Estland stammenden Combo representiert das heftigste und tiefgestimmte Gitarren Riffing des modernen Death Metals. Gemischt mit unheimlichen, komplexen Keyboard Melodien sind Horricane eine einzigartige Erfahrung.
4. Auf Fuse.tv kann man sich zudem noch das neue Amber Pacific Video zu ihrem Song Poetically Pathetic (aus deren full-length Debut "The Possibility And The Promise") anschauen. Und wenn man schonmal da ist, am besten auch gleich Ihren Tourblog von der Take Action! Tour anschauen und/oder sich die exklusive akkustik Version von "Save Me From Me" downloaden.
5. Wenn sich also der Headliner als Langweiler entpuppt, mach dich auf den Weg ins Basement, wo die gutaussehenden Boys und Girls lässig ihre Booties shaken.
Einfach nur schlecht, schlecht, schlecht:
1. Kain heute erschlägt höchstens sein abliges Publikum, und auch dabei findet man sie einfach höllisch sympatisch. (Hier muss eine kleine Anmerkung sein: Denn „ablig“ ist eine äußerst kühne Adjektivierung des Namens Abel. Man glaubt es kaum, aber es ist so.)
2. Wir wissen nicht, ob Glenn Frey und Don Henley während ihrer High School-Zeit Koryphäen in Biologie waren – jedenfalls ist ihnen in späteren Jahren in beeindruckender Weise gelungen, zahlreiche Ohrwürmer hervorzubringen.
3. Unserer Meinung nach braucht Integration Vorbild-Charakter und beide Gruppen beweißen, dass in ihren aktuellen Projekten.
Was bisher geschah
Tannenzapfenzupfen 3
Tannenzapfenzupfen 2
Tannenzapfenzupfen 1
14 Mai 2006
Cottbus und die Formel 1
Nein, ich bin wirklich kein Fußballjunkie. Bundesliga, Champions League und Länderspiele: Da komme ich allerdings nicht dran vorbei. An der zweiten Liga aber schon. Doch am letzten Spieltag, wenn es um die Dramatik von Ab- und Aufstieg geht, dann darf es auch mal eine als Konferenz aufgezogene Zusammenfassung beim DSF sein. Natürlich weiß ich keine Ergebnisse, schließlich will ich mir die Spannung erhalten.
Kaum habe ich mich indes in den Freischwinger gefläzt und fiebere den Entscheidungen entgegen, kommt Ms. Columbo herein, verbreitet sich elegant auf der Couch, schaut zwei Minuten zu und sagt: „Ich finde es doof, dass Cottbus aufgestiegen ist.“
Super. Resigniert schalte ich den Fernseher aus, checke online die Ergebnisse und führe Ms. Columbo zum Sushi aus, eine Stunde früher als geplant.
Überhaupt war es ein Sonntag der problematischen Aussagen. Nachmittags im Fitnessclub verfolgte ich während des Trainings die Formel-1-Übertragung aus Barcelona. Und was erzählten mir verblüffenderweise die RTL-Reporter Heiko Waßer und Christian Danner? Dass die Formel 1 eine ziemlich öde Veranstaltung sei. Die Wagen, winkten sie müde ab, führen doch eh nur noch hintereinander her, ohne dass auch nur irgendeiner überholen könne oder wolle. Ja, der ganze Sport sei zum schematischen Schachspiel verkommen, Rennen würden nur noch per Boxenstrategie entschieden, und trotzdem wolle Bernie Ecclestone immer mehr Geld.
Erstaunlich! Selten hat man im deutschen Fernsehen – zumal im privaten – zwei Reporter ihr eigenens Produkt derart madig machen gehört. Heiko Waßer und Christian Danner übten sich in Mäkelei, während die Wagen fein hintereinander her fuhren, das Geschehen an ein schematisches Schachspiel erinnerte und alles durch die Boxenstrategie entschieden wurde, zugunsten von Fernando Alonso. Ob Bernie Ecclestone auch heute wieder mehr Geld wollte, war die einzige Info von Waßer und Danner, die nicht unmittelbar verifizierbar war.
Die beiden hatten natürlich in allem Recht, was sie sagten. Aber es war ungefähr so, als hielte der Präsident des WM-Organisationskomitees, Franz Beckenbauer, öffentlich das Vergabesystem der Tickets für hirnrissig, die Sicherheit in den Stadien für unterirdisch und die Fans in ihrer Mehrzahl für grenzdebile Suffköppe.
Natürlich: All das stimmt höchstwahrscheinlich. Doch Beckenbauers Produkt ist die WM; da müsste er schon so tun, als sei das Ticketing gottgesandt, die Stadien unbrennbar und die Fans Shakespeare-Leser mit Gandhi-Buttons am Fanschal.
Ich wüsste gern, wie RTL-Werbekunden die Übertragung so gefunden haben. Tolle Leistung jedenfalls vor Waßer und Danner. Bei Ms. Columbo überlege ich noch.
Allerdings finde ich es, ehrlich gesagt, auch doof, dass Cottbus aufgestiegen ist.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs übers Fahren
1. „Let’s get some drugs and drive around“ von Michael Hall
2. „Cadillac walk“ von Mink de Ville
3. „Me and Bobbie McGhee“ von Kris Kristofferson
Kaum habe ich mich indes in den Freischwinger gefläzt und fiebere den Entscheidungen entgegen, kommt Ms. Columbo herein, verbreitet sich elegant auf der Couch, schaut zwei Minuten zu und sagt: „Ich finde es doof, dass Cottbus aufgestiegen ist.“
Super. Resigniert schalte ich den Fernseher aus, checke online die Ergebnisse und führe Ms. Columbo zum Sushi aus, eine Stunde früher als geplant.
Überhaupt war es ein Sonntag der problematischen Aussagen. Nachmittags im Fitnessclub verfolgte ich während des Trainings die Formel-1-Übertragung aus Barcelona. Und was erzählten mir verblüffenderweise die RTL-Reporter Heiko Waßer und Christian Danner? Dass die Formel 1 eine ziemlich öde Veranstaltung sei. Die Wagen, winkten sie müde ab, führen doch eh nur noch hintereinander her, ohne dass auch nur irgendeiner überholen könne oder wolle. Ja, der ganze Sport sei zum schematischen Schachspiel verkommen, Rennen würden nur noch per Boxenstrategie entschieden, und trotzdem wolle Bernie Ecclestone immer mehr Geld.
Erstaunlich! Selten hat man im deutschen Fernsehen – zumal im privaten – zwei Reporter ihr eigenens Produkt derart madig machen gehört. Heiko Waßer und Christian Danner übten sich in Mäkelei, während die Wagen fein hintereinander her fuhren, das Geschehen an ein schematisches Schachspiel erinnerte und alles durch die Boxenstrategie entschieden wurde, zugunsten von Fernando Alonso. Ob Bernie Ecclestone auch heute wieder mehr Geld wollte, war die einzige Info von Waßer und Danner, die nicht unmittelbar verifizierbar war.
Die beiden hatten natürlich in allem Recht, was sie sagten. Aber es war ungefähr so, als hielte der Präsident des WM-Organisationskomitees, Franz Beckenbauer, öffentlich das Vergabesystem der Tickets für hirnrissig, die Sicherheit in den Stadien für unterirdisch und die Fans in ihrer Mehrzahl für grenzdebile Suffköppe.
Natürlich: All das stimmt höchstwahrscheinlich. Doch Beckenbauers Produkt ist die WM; da müsste er schon so tun, als sei das Ticketing gottgesandt, die Stadien unbrennbar und die Fans Shakespeare-Leser mit Gandhi-Buttons am Fanschal.
Ich wüsste gern, wie RTL-Werbekunden die Übertragung so gefunden haben. Tolle Leistung jedenfalls vor Waßer und Danner. Bei Ms. Columbo überlege ich noch.
Allerdings finde ich es, ehrlich gesagt, auch doof, dass Cottbus aufgestiegen ist.
Ex cathedra: Die Top 3 der Songs übers Fahren
1. „Let’s get some drugs and drive around“ von Michael Hall
2. „Cadillac walk“ von Mink de Ville
3. „Me and Bobbie McGhee“ von Kris Kristofferson
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